E-Book, Deutsch, Band 1, 208 Seiten
Reihe: Heart of Texas
Macomber Heart of Texas - Der Himmel so frei
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7457-5282-3
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 1, 208 Seiten
Reihe: Heart of Texas
ISBN: 978-3-7457-5282-3
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Weites Land - einsames Herz
Savannahs Leben verläuft beschaulich: Sie unterstützt ihren Bruder bei der harten Arbeit auf der Familienranch, während ihre wahre Leidenschaft den alten Rosenstöcken gilt, die sie im Garten hinter dem Haus pflegt. Doch dann begegnet sie Laredo Smith und bietet ihm einen Job auf der Ranch an. Ohne dass sie es erwartet hätte, schleicht sich der einsame Cowboy in Savannahs Herz. Aber kann sie dem Fremden trauen, oder verschweigt er etwas vor ihr, das ihre heile Welt in Gefahr bringen könnte?
SPIEGEL-Bestsellerautorin Debbie Macomber hat weltweit mehr als 200 Millionen Bücher verkauft. Sie ist die internationale Sprecherin der World-Vision-Wohltätigkeitsinitiative Knit for Kids. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Wayne lebt sie inmitten ihrer Kinder und Enkelkinder in Port Orchard im Bundesstaat Washington, der Stadt, die sie zu ihrer -Serie inspiriert hat.
Weitere Infos & Material
1. Kapitel
Grady hatte sie gewarnt. Immer wieder hatte er ihr gesagt, die Geisterstadt sei ein gefährlicher, verstörender Ort. Er hatte sie inständig gebeten, nicht danach zu suchen. Und all die Jahre hatte Savannah sich an seine Bitte gehalten. Doch je eindringlicher ihr Bruder ihr davon abgeraten hatte, desto sicherer hatte sie gewusst, dass sie die Stadt finden musste. Schon allein wegen der Rosen. Die waren ihre Leidenschaft – vor allem die alten, vor 1867 gepflanzten Sorten, die man heutzutage hauptsächlich auf Friedhöfen und den Farmen der früheren Siedler fand.
Sechs Wochen lang war sie auf der Suche nach der Stadt durch das texanische Hügelland gestreift. Erst mit dem Pick-up, dann auf dem Pferd und schließlich war sie sogar zu Fuß und ohne Handyempfang in der Gegend umhergeirrt. Doch es war ihr gelungen – sie hatte die Geisterstadt gefunden. Bitter End. Was für ein seltsamer Name! Allerdings passte er zu der Stadt.
Wenn Grady von ihrem kleinen Abenteuertrip erfahren würde, würde er furchtbar wütend werden. So viel stand fest. In letzter Zeit lächelte er sowieso kaum noch. Immer schien er die Last der Welt auf seinen Schultern zu tragen. Doch diesmal würde er mit ihrer Entscheidung zurechtkommen müssen. Sie war nicht mehr das kleine Mädchen, das es nicht wagte, sich dem älteren Bruder zu widersetzen. Es würde sicher nicht das erste und auch nicht das letzte Mal sein, dass sie seine Warnungen in den Wind schlug. Sie konnte genauso stur sein wie er. Dieses Mal hatte es sich jedenfalls mehr als gelohnt.
Savannah warf einen Blick auf den Tacho und trat aufs Gaspedal. Wenn sie vor Grady zu Hause eintraf, würde er sich nicht ganz so sehr aufregen.
In letzter Zeit war er oft gereizt. Die sinkenden Rindfleischpreise und die Bewirtschaftung einer großen Ranch brachten viele Probleme mit sich. Das ging nicht spurlos an ihm vorbei. Dazu kam, dass sie wegen der Sache mit Richard nach wie vor Schulden hatten.
Savannah zwang sich, nicht an die grauenvollen Ereignisse zu denken, die nun sechs Jahre zurücklagen. Es war schlimm genug, dass sie ihre Eltern bei dem schrecklichen Unfall verloren hatten. Doch der Betrug ihres Bruders Richard würde ihnen bis an ihr Lebensende anhaften.
Grady hatte sich seitdem völlig verändert. Er hatte alles darangesetzt, die Yellow Rose Ranch zu retten, und dank harter Arbeit und seiner Hartnäckigkeit war es ihm gelungen. Doch es hatte ihn viel gekostet. Er hatte seine Jugend geopfert, um das Land behalten zu können, das sich seit Generationen im Besitz der Familie befand. Ihr Ururgroßvater hatte es kurz nach dem Bürgerkrieg besiedelt.
Savannah hatte ihrem Bruder angeboten, sich finanziell am Unterhalt der Ranch zu beteiligen. Sie hätte ihr Lehramtsstudium jederzeit wiederaufnehmen und abschließen können. Die Schulbehörde in Promise suchte häufig Teilzeitlehrkräfte. Aber davon wollte Grady nichts wissen. Er brauchte sie auf der Ranch, und das akzeptierte sie. Sie erledigte den größten Teil der Büroarbeit, kümmerte sich um den Haushalt und hielt den Garten in Schuss. Trotzdem hatte sie immer das Gefühl, im Vergleich zu ihm viel zu wenig zu tun.
Um etwas mehr zum Einkommen beitragen zu können, hatte sie eine Versandfirma für Rosen gegründet. Nun warf ihre Firma endlich Profit ab, und darauf war sie unheimlich stolz. In den letzten Monaten hatte sie ihre Abende damit verbracht, einen Katalog und einen Onlineshop zu erstellen.
Was Grady ihrer Meinung nach brauchte, waren eine Frau und Kinder. Immerhin war er mittlerweile fünfunddreißig, und wahrscheinlich hätte er längst eine Familie gegründet, wenn er sich nicht voll und ganz der Ranch hätte verschreiben müssen.
Eine Familie. Die wünschte sie sich ebenfalls. Sie war einunddreißig, doch seit vier oder fünf Jahren mit niemandem mehr ausgegangen. Die Männer hatten normalerweise kein Verständnis für ihre ruhige Art und wussten ihre Charakterstärke und ihre Sanftmut nicht zu schätzen. Vermutlich gab es für sie einfach nicht den Einen, mit dem sie ihr Leben verbringen würde. Es spielte auch keine Rolle mehr. Sie war mit ihrem Leben zufrieden, denn sie hatte gelernt, sich an den kleinen Dingen des Alltags zu erfreuen.
Blühendes Habichtskraut und Zwerglupinen säumten die gewundene Landstraße, auf der sie fuhr. Sie liebte den Frühling, denn er verhieß wärmeres Wetter und neues Leben. Grady und Wiley, ihr Vorarbeiter, der schon so lange bei ihnen angestellt war, dass er fast zur Familie gehörte, hatten in dieser Woche bei der Geburt von vierzehn Kälbern geholfen, und noch einmal so viele würden in den nächsten Tagen das Licht der Welt erblicken.
Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Hoffentlich kam Grady heute später nach Hause!
Seufzend fuhr sie um die nächste Kurve und sah dann einen Pick-up, der am Straßenrand stand und den sie nicht kannte. Das war ungewöhnlich. Normalerweise verirrten sich keine Fremden in diese abgelegene Gegend.
Der Wagen hatte schon bessere Zeiten gesehen und war ziemlich verrostet. Unwillkürlich fragte sie sich, ob dort irgendetwas nicht stimmte. Wenn sie nicht so in Eile gewesen wäre, hätte sie vielleicht angehalten.
Die Entscheidung wurde ihr jedoch abgenommen. Einige Meilen weiter entdeckte Savannah einen Cowboy, der einen Sattel über der Schulter trug und die Straße entlangging. Selbst aus der Entfernung sah sie, wie müde er war und dass er leicht humpelte. Als er ihren Wagen hörte, straffte er sich, verlagerte das Gewicht des Sattels und streckte den Arm mit erhobenem Daumen aus.
Obwohl sie noch nie einen Anhalter mitgenommen hatte, fuhr sie an den Straßenrand und stieg aus. »Ist das Ihr Pick-up, der dahinten steht?«
»Ja, Ma’am«, erwiderte er höflich. Er war groß und schlank und etwa in ihrem Alter. Den Stetson hatte er tief in die Stirn gezogen. Als er zum Gruß an den Hut tippte, stellte sie fest, dass seine Augen hellblau waren. »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich mitnehmen könnten.«
Savannah war unschlüssig, obwohl sie ja angehalten hatte. »Ich fahre nicht in die Stadt.«
»Das macht nichts. Seit über zwei Stunden ist kein anderes Fahrzeug vorbeigekommen.« Er lächelte müde. »Ich hatte gehofft, dass es hier irgendwo eine Ranch gibt, auf der ich telefonieren und etwas trinken kann. Mein Handyakku hat den Geist aufgegeben. Ich bin schon den ganzen Tag unterwegs.«
Offenbar war ihm nicht klar, dass er sich immer weiter von Promise entfernte, das in entgegengesetzter Richtung über fünfzehn Meilen von hier lag.
»Ich wohne ungefähr zehn Meilen von hier.« Savannah deutete in Richtung der Yellow Rose Ranch. Sie wollte ihm gerade erklären, dass er sich noch weiter von Promise entfernen würde, wenn sie ihn mitnahm, als ihr klar wurde, dass er müde war und wahrscheinlich schon seit Stunden, wenn nicht sogar Tagen nichts Vernünftiges mehr gegessen haben musste. Also fasste sie einen Entschluss. Grady würde alles andere als begeistert darüber sein …
»Wenn Sie wollen, können Sie auf unserem Hof in der alten Blockhütte übernachten, und ich fahre Sie morgen in die Stadt.«
Der Mann wirkte überrascht. »Das ist sehr nett von Ihnen, Ma’am.«
»Ma’am« – er redete wie ein altmodischer Südstaatengentleman mit ihr. Sie lächelte und strich sich eine Strähne ihres langen blonden Haars hinters Ohr.
»Ich bin Savannah Weston.«
»Laredo Smith.« Wieder tippte der Mann sich an den Stetson.
»Freut mich, Sie kennenzulernen. ›Laredo‹ ist ein ungewöhnlicher Name.«
Er lächelte ebenfalls. »Eigentlich heiße ich Matthew, aber als ich klein war und wir aus Texas weggezogen sind, wollte ich einen Teil davon mitnehmen. Von dem Tag an habe ich nur noch auf ›Laredo‹ gehört.«
Savannah hatte den Eindruck, dass er nicht oft darüber sprach. Obwohl es albern war, fühlte sie sich geehrt.
Das Lächeln ließ seine harten Züge viel weicher erscheinen, und sie betrachtete ihn wie gebannt. Als ihr bewusst wurde, dass sie ihn gerade anstarrte, wandte sie schnell den Blick ab. Laredo Smith war ein Fremder, und sie musste vorsichtig sein.
»Wenn Sie wollen, können Sie den Sattel hinten auf den Wagen legen.« Sie ging nach hinten, um die Ladeklappe ihres Pick-ups zu öffnen.
Laredo folgte ihr und schwang den Sattel auf die Ladefläche. Als er die Rosen sah, zögerte er. Dann berührte er vorsichtig eine rosafarbene Blüte. Seine Hand war schwielig.
»Das sind alte Rosen, stimmt’s?« Er schloss die Augen und schnupperte an der Blume.
Savannah war überrascht. Nur wenige Leute kannten sich mit alten Rosen aus oder hatten überhaupt von dem Begriff gehört. Ihre Nachforschungen hatten ergeben, dass viele der in Texas wachsenden Rosen unbekannter Herkunft waren, weil man sie genau wie diese hier irgendwo gefunden hatte. Viele hätten sie vielleicht als Rosendiebin bezeichnet, doch ihr einziger Antrieb war ihre Liebe zu den Blumen.
»Sie kennen sich mit alten Rosen aus?«, fragte sie.
»Meine Großmutter hatte einen Rosengarten und hat Rosen gezüchtet, die schon von ihrer Großmutter stammten. Ich habe seit mindestens fünfundzwanzig Jahren keine mehr gesehen. Wo haben Sie die hier gefunden?«
Sie zögerte einen Moment, bevor sie antwortete: »Auf einem alten Friedhof. In einer … verlassenen Stadt.« Mehr wollte sie ihm auf keinen Fall erzählen, denn in Promise hatten nur wenige Leute überhaupt von Bitter End gehört. Selbst Grady hatte ihr trotz all seiner Warnungen nie gesagt, was genau an der Stadt so unheimlich war.
Allerdings verstand sie...