E-Book, Deutsch, 362 Seiten
Mader China, Opium und die Verlorenen
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7693-6635-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Aus der Sicht der protestantischen Missionspioniere
E-Book, Deutsch, 362 Seiten
ISBN: 978-3-7693-6635-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Anfänge der protestantischen Mission in China fielen in die Blütezeit des indobritischen Opiumhandels und hatten vor dem Hintergrund der Abschottung Chinas nach außen einerseits und den Folgen des Opiumkonsums vieler Chinesen zwangsläufig zahllose Berührungspunkte. War es nicht offenkund, dass Gott sich des britischen Weltreiches bediente zur Verwirklichung seiner geistlichen Pläne? Nutzte nicht der Allmächtige England als Türöffner nach China für den Einzug seines Evangeliums? Wer aber ist der Mensch, dass er sich den Ratschlüssen Gottes widersetze? War nicht die Förderung des Fortkommens des British Empire geradezu Forderung? Und schließlich, wenn es dem liebenden Schöpfer, der alles zum Guten wenden kann, nicht missfiel, zu diesem Zweck selbst den Opiumhandel, in den England durch die East India Company verwickelt war, zuzulassen, konnten dann nicht auch die von ihm bestellten Diener getroßt sein, dass die freizügige Wahl ihrer Mittel ebensolche Sanktifikation durch Gott erfahren würde? Für die meisten von ihnen konnte daran mit Nunacen und unterschiedlicher Gewichtung kein Zweifel bestehen. Die Spannweite der Darstellung deckt grob ein Jahrhundert ab, ist aber in den vorgenommenen Betrachtungen im Wesentlichen auf die drei prominenten Missionarspersönlichkeiten Robert Morrison, Karl Gützlaff unf Hudson Taylor begrenzt, deren außerordentlichen Eigenschaften es aber als passendes Pendent zu der Ereignisfülle in ihrem Wirkraum an nichts mangelte.
Friedrich Mader, MTh, Theologiestudium an der Universität Hamburg, dem Martin Bucer Seminar und Whitefield Theological Seminary.
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Vorwort
Ziel des vorliegenden Textes ist es, den Spannungsbogen seit dem Beginn der protestantischen Mission in China bis zum Ende des indobritischen Opiumhandels und deren Zusammenhänge sowie wechselseitige Abhängigkeiten nachzeichnen. Allerdings soll es nicht bei einem historischen Abriss der protestantischen Chinamission im Kontext der imperialistischen Bestrebungen des britischen Emperiums bleiben. Den missionarischen Pionieren jener Zeit ist häufig vorgehalten worden, sie hätten unter dem Vorzeichen einer vermeintlich überlegenen Zivilisation, der sie angehörten, das Christentum als ihr höchstes Exportgut in alle Welt verschifft. Dabei hätten sie sich bedenkenlos ihren Regierungen angebiedert, die als Kolonialisten und Ausbeuter fremde Länder und Völker unterjochten. Vor allem am Beispiel Chinas, das von westlichen Nationen, allen voran England, mit Opium überflutet wurde und Widerstand mit Kanonenbooten begenete, sei dies augenfällig. Dort hätten die Missionare sich zum Mittäter gemacht. Wenngleich die Missionare vieles mit ihren Landsleuten und anderen Westlern gemein hatten, neben Kultur und Religion nicht zuletzt auch idiologische Überzeugungen, und sich gegenseitig Hilfestellung leisteten, unterschieden sie sich doch in einem wesentlich voneinander. Für die einen war es der Zweck, für die Missionare das Mittel: Während alle anderen in China waren, weil sie sich davon einen Vorteil versprachen oder es sie aus politischem Anlass dorthin verschlagen hatte, kamen die Missionare aus nur einem Grund, nämlich zur Verkündigung des Evangeliums, das sie als den einzigen Weg für alle Menschen heraus aus der ewigen Verdammnis am Ende des irdischen Lebens ansahen. Das war ihre Gewissheit, dafür traten sie ein, dafür arbeiteten sie ohne Unterlass, dafür beschritten sie neue Wege, dafür setzten sie ihr Leben ein, dafür nutzten sie alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, die nicht konträr zu ihrem Glauben standen – vor dem Hintergrund ihrer Zeit. Wer die jeweiligen Umstände, eine Konstante die die in Rede stehende Zeit bedingte und die teilweise bis in die Gegenwart hineinreichen, mit einbezieht in die Betrachtung, wird zu einer anderen Bewertung der Ereignisse und des Vorgehen der protestantischen Missionare gelangen ohne dabei auszublenden, dass es schon damals kritische Stimmen gab. Der „Zeitgeist“, das heißt die vorherrschenden religiösen, gesellschaftsethischen und politischen Überzeugungen und Empfindungen mit all ihren Überschneidungen, dieser Geist, dem damals wie allezeit sich zu entziehen so schwierig ist, bildet gewissermaßen den Rahmen in dem sich das Original des Bildes in jener Zeit präsentierte – eine Neurahmung nach anderen Standards ist nicht mehr das Original. Zu diesen erwähnten Umständen oder dem Hintergrund, vor dem die Geschehnisse beurteilt werden müssen, gehörte das nahzu allgegenwärtige britische Imperium, dessen Einfluss als größte Kolonialmacht sich nicht nur auf das Selbstverständnis seiner Staatssubjekte auswirkte oder gar übertrug, sondern auch die gegenseitige Wahrnehmung der christlichen und nichtchristlichen Umwelt (mit-)prägte und Wirkung bis hinein in das nach außen hermetisch abgeriegelte chinesische „Reich der Mitte“, uralte Hochkultur und selbst (noch) Kolonialmacht, zeitigte. War nicht offenkund, dass Gott sich dieses Weltreiches bediente zur Verwirklichung seiner geistlichen Pläne? Nutzte nicht der Allmächtige England als Türöffner nach China für den Einzug seines Evangeliums? Wer aber ist der Mensch, dass er sich den Ratschlüssen Gottes widersetze? War nicht die Förderung des Fortkommens des British Empire geradezu Forderung? Und schließlich, wenn es dem liebenden Schöpfer, der alles zum Guten wenden kann, nicht missfiel, zu diesem Zweck selbst den Opiumhandel, in den England durch die East India Company verwickelt war, zuzulassen, konnten dann nicht auch die von ihm bestellten Diener getroßt sein, dass die freizügige Wahl ihrer Mittel ebensolche Sanktifikation durch Gott erfahren würde? Für die meisten von ihnen konnte daran mit Nunacen und unterschiedlicher Gewichtung kein Zweifel bestehen. Die Spannweite der Darstellung deckt grob ein Jahrhundert ab, ist aber in den vorgenommenen Betrachtungen im Wesentlichen auf die drei prominenten Missionarspersönlichkeiten Robert Morrison, Karl Gützlaff unf Hudson Taylor begrenzt, deren außerordentlichen Eigenschaften es aber als passendes Pendent zu der Ereignisfülle in ihrem Wirkraum an nichts mangelt. Neben dem beschriebenen Ziel, einen relativistischen Zugang in die Welt der Pioniere der protestantischen Chinamission zu eröffnen, ist es außerdem die Hoffnung des Autors, dass trotz aller gehegter Kritik am partiellen Opportunismus, dem teils überschießenden Enthusiasmus für die christliche Sache oder der Einsatz dieser kühnen Verkündiger beim Leser dieser Arbeit wahrhaft inspirierend wirken möge. Aufbau der Arbeit Je nach Phase der protestantischen Mission in China und parallel zu den Entwicklungen des Opiumhandels sind es drei Namen, die herausstechen und deren Einsatz den anvisierten Zeitraum abdeckt: Robert Morrison erreichte 1807 als erster protestantischer Missionar das chinesische Festland. Sein Aufenthalt in China war eng verbunden mit der East India Company, die den britischen Opiumanbau in Britisch-Indien als Monopol für den Handel mit China betrieb. Sein Leben und Wirken stehen deshalb am Anfang der Arbeit. Der preußische Missionar Karl Gützlaff trat seinen Missionseinsatz nicht für eine britische, sondern niederländische Missionsgesellschaf an. Da er sich jedoch recht bald von seiner Entsendegesellschaft löste und fortan selbständig agierte, aber in enger Bindung an die britischen Aktivitäten in China tätig war, nachdem er mit einiger Begeisterung für die Arbeit Morrisons seine Vorliebe für China entdeckt hatte, wird anhand seiner Person den Entwicklungen in der protestantischen Chinamission und den Zusammenhängen zum Opiumhandel weiter nachgegangen. Auch Hudson Taylor hatte sich mit der Arbeit Gützlaff, vor allem dessen Missionsansatz, vertraut gemacht und wollte diesen für sich fruchtbar machen. Taylors Einsatz in China fiel in die zweite Hälfte des 19. sowie den Anfang des 20. Jahrhunderts und reichte damit an das Ende des Opiumhandels. Mit seiner starken Persönlichkeit baute er nicht nur die China Inland Mission auf und mit ihr die bis heute erfolgreichste protestantische Missionsgesellschaft in China, sondern er war auch ein ausgesprochener Gegner des Opiums. Aus diesem Grund wurde Taylor mit seiner Lebensgeschichte als dritte Persönlichkeit in dieser Arbeit herangezogen. Die thematischen Nebenaspekte sind zahlreich und vieles könnte ohne eine erklärende Kurzdarstellung der Umstände unklar oder missverständlich sein. Deshalb ist zunächst in der Einleitung der Versuch unternommen worden, einen „Panoramablick“ auf die wesentlichen Sachzusammenhänge und die den Verlauf der Entwicklungen des 19. Jahrhunderts in Großbritannien bedingenden Faktoren zu geben. Außerdem sind im Anhang der Arbeit einige weitere Punkte, die in Verbindung mit dem British Empire und der protestantischen Mission in China wichtig erschienen, eigenständig erörtert worden. Vor allem die protestantischen Missionare beschäftigten sich ausgiebig mit der chinesischen Sprache, Gesellschaft und Topografie. Dabei wurden auch chinesische Ortsnamen so transkribiert, wie es dem Original nach dem Empfinden des Verfassers am nächsten kam, woraus es in der Folge häufig eine verschiedene Schreibung desselben geographischen Ortes ergab. Aus diesem Grund sei auf die Umwandlungstabelle chinesischer Ortsnamen mit alter und moderner Transkription bei ARCHIE, Christianity, S. XLIIIff., verwiesen. Das gesichtete Material besteht aus Primär- und Sekundärliteratur. Dabei sind einerseits ein Großteil von Morrisons, Gützlaffs und Taylors Schriften herangezogen worden, andererseits wurde der Absicht gefolgt, mit einem möglichst breiten Spektrum verschiedener Gattungen aus der Georgianischen (etwa ab 1720) und Viktorianischen Epoche (etwa ab 1840) einen möglichst realistischen Gesamteindruck aus der Anfangszeit der protestantischen Mission in China zu geben. So sind neben Periodika vor allem aus dem Kreis der Chinamission auch Dokumente der parlamentarischen Debatten des britischen Unter- und Oberhauses sowie Reporte in parlamentarischem Auftrag über den Opiumhandel und die indische Kronkolonie einbezogen worden, wo diese Aussagen im Zusammenhang von Chinamission und Opium machten. Schließlich wurde eine Fülle neuzeitlicher Fachliteratur zu diesem Thema für die Analyse und Einschätzung der Ereignisse aus der Vergangenheit in der Gegenwart herangezogen. Wo Debatten des britischen Parlaments angeführt werden, erfolgen Angaben durch Verweis auf die Sammlung von Hansar, dem der Hinweis auf das House of Commons (HC) beziehungsweise das House of Lords (HL) folgt. Bei allen mehrbändigen Werken wird der Band, auf den Bezug genommen wird, nach dem Titel mit römischer Ziffer oder dem Jahrgang...