E-Book, Deutsch, 96 Seiten
Märtin Smalltalk
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-943835-67-0
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Die große Kunst des kleinen Gesprächs
E-Book, Deutsch, 96 Seiten
ISBN: 978-3-943835-67-0
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Dr. phil. Doris Märtin ist promovierte Anglistin und arbeitet seit 1992 als freiberufliche Autorin, Texterin und Kommunikationsberaterin. Derzeit lehrt sie in der Vorlesung 'Berufliches Schreiben' an der Fachhochschule Augsburg, wie man Fachwissen klar, lebhaft und deutlich in Wort und Schrift verarbeitet. Weitere erfolgreiche Titel von Doris Märtin befassen sich mit 'Smart Talk', 'Love Talk' und 'Erfolgreich Texten'. Sie hat weit über 300.000 Bücher in zahlreichen Ländern verkauft. Die Autorin im Internet: www.dorismaertin.de Von Doris Märtin erschien bei dotbooks 'Smalltalk. Die große Kunst des kleinen Gesprächs'.
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II. Wie Sie sich beim Smalltalk im Weg stehen
»Er blickte von neuem dem gesellschaftlichen Tod ins Auge. Er war ein Mensch, der an einer Dinnertafel völlig allein saß. Der Bienenschwarm summte überall um ihn herum. Auf allen anderen ruhte der gesellschaftliche Segen. Nur er war gestrandet. Nur er war ein Mauerblümchen ohne Gesprächspartner, eine Gesellschaftsleuchte ohne Wattleistung. «
Tom Wolfe, Fegefeuer der Eitelkeiten
Haben Sie schon einmal überlegt, weshalb gesellschaftliche Anlässe ein Unbehagen in Ihnen hervorrufen? Warum Sie sich unter fremden Menschen schüchtern und verloren fühlen? Oder warum Sie so verbissen Ihr Terrain verteidigen – indem Sie auf Ihren Standpunkt pochen, mit Ihren Erfolgen glänzen, andere mit Ihrem Wissen bombardieren? Später, zu Hause, ärgern wir uns dann über uns selbst: Weil wir beim Sommerfest der Agentur wie üblich bei Astrid und Kurt hängengeblieben sind, statt ungezwungen von Gruppe zu Gruppe zu wandern. Weil im Familienkreis wieder mal die brillante Karriere des Jüngsten im Mittelpunkt stand und die eigene Beförderung unbeachtet blieb. Oder weil wir es uns nicht verkneifen konnten, der früheren Klassenkameradin, die gerade das dritte Kind erwartet, vom Weihnachts-Shopping in New York vorzuschwärmen. Wenn es beim Smalltalk klemmt, ist oft eine der folgenden fünf Barrieren im Spiel.
Smalltalk-Hemmer 1: Die Angst, nicht geliebt zu werden
Wehren Sie Komplimente meistens ab? Erzählen Sie eher von Problemen als von Erfolgen? Kennen Sie das Gefühl, unversehens in die unterlegene Position zu geraten: zum Beispiel, wenn ein Kollege Ihnen Ratschläge gibt, obwohl er viel weniger von der Sache versteht als Sie?
Wenn Sie sich in diesen Fragen wiedererkennen, spricht viel dafür, dass Sie Ihr Selbstwertgefühl vor allem daraus beziehen, von anderen geliebt und gemocht zu werden. Deshalb betonen Sie in Gesprächen die Gleichheit und harmonische Übereinstimmung mit dem Gesprächspartner. Instinktiv stimmen Sie Ihre Selbstdarstellung auf Ihr Gegenüber ab. Weil Sie auf keinen Fall möchten, dass die Anderen Sie für eingebildet oder abgehoben halten, spielen Sie Schwächen hoch und Erfolge herunter. »Wir wohnen ja nur zur Miete,« erzählen Sie der Gesprächspartnerin, die Ihnen von ihrem neu bezogenen Haus im Grünen vorschwärmt. Und lassen unerwähnt, dass Sie die Vorzüge Ihrer Dachwohnung mitten in der Innenstadt nicht missen möchten. Um sich hinterher zu ärgern, dass Sie Ihr Licht unter den Scheffel gestellt haben – weil Ihre falsche Bescheidenheit Ihrer Gesprächspartnerin den Eindruck vermittelt hat, Sie aufmuntern zu müssen: »Das kommt noch. Wenn wir damals nicht diesen guten Finanzberater gehabt hätten … Wissen Sie was, ich maile Ihnen einfach mal seine Adresse.«
Daran können Sie arbeiten: Immer nur nett zu sein, führt in die Sackgasse. Wer Harmonie über alles stellt, reagiert irgendwann enttäuscht, wenn er keine Gegenleistung erhält. Denn die bekommen Sie wahrscheinlich nicht: Die Siegertypen unter Ihren Gesprächspartnern nutzen Ihren Altruismus aus. Sie schwärmen egomanisch von ihrer steilen Karriere oder führen ungerührt Foto um Foto oder App um App auf ihrem Smartphone vor. Aber auch Gespräche mit Menschen, die genauso bescheiden auftreten wie Sie, verlaufen oft nicht besonders positiv: Unterhaltungen, bei denen die Höhen des Lebens ausgeblendet und seine Tiefen resigniert akzeptiert werden, heben weder die Stimmung noch das Selbstwertgefühl. Wahrscheinlich fühlen Sie sich hinterher freudlos und bedrückt.
Machen Sie sich klar: Worum es Ihnen wirklich geht, ist Symmetrie, das Geben und Nehmen im Gespräch. Sie wollen niemanden übertrumpfen. Aber Sie sollten sich auch von niemandem in den Schatten stellen lassen. Selbstdarstellung und Sensibilität für andere schließen einander nicht aus: Zeigen Sie sich ruhig begeistert von dem anregenden Rhetorik-Seminar, das Sie am Wochenende besucht haben. Dafür ermuntern Sie bei nächster Gelegenheit Ihre Kollegin, ausführlich von Ihrer Englandreise zu berichten. Mit dieser Gesprächsstrategie gewinnen Sie an Ausstrahlung und Lebensfreude, ohne Ihrem Gegenüber die Show zu stehlen.
Smalltalk-Hemmer 2: Die Angst, sich aufzudrängen
Hassen Sie es, wenn Bekannte spontan vorbeischauen – einfach so, weil sie gerade in der Gegend waren? Finden Sie es unangenehm, wenn Freunde Sie auf eine Party mitschleppen, zu der Sie nicht ausdrücklich eingeladen wurden? Missfällt es Ihnen, wenn andere vorschnell zum Du übergehen oder in der Warteschlange keinen Abstand halten?
Ihre Gefühle zeigen: Sie sind von Natur aus zurückhaltend und beanspruchen für sich den Freiraum, den Sie umgekehrt auch anderen gewähren. Ein freundliches Kopfnicken ist Ihnen lieber als ein Schwatz über den Gartenzaun, bei Parties gehen Sie lieber zu früh als zu spät und bei Zufallsbegegnungen im Restaurant oder in der Fußgängerzone halten Sie den Smalltalk so kurz wie es die Höflichkeit erlaubt. Keinesfalls wollen Sie Ihrer Umgebung das Gefühl geben, von Ihnen bedrängt zu werden.
Hinter Ihrer Distanziertheit kann ein geringes Selbstwertgefühl stecken: Um nicht ausgegrenzt zu werden, grenzen Sie sich konsequent ab. Ebenso gut kann Ihre Reserviertheit aber auch in einem stark ausgeprägten Bedürfnis nach Privatheit wurzeln. Diese Zurückhaltung kann anerzogen sein. Sie kann aber auch damit zusammenhängen, dass Sie von Natur aus besonders heftig auf äußere sensorische Reize ansprechen und deshalb Nähe schnell als störend und anstrengend empfinden. Um diese intensiven Emotionen in Schach zu halten, gehen Sie auf Distanz. Dabei sind Sie weder unkommunikativ noch ungastlich. Nur: Alles hat für Sie seine Zeit – das Zusammensein mit anderen ebenso wie der Rückzug ins Private.
Daran können Sie arbeiten: Wenn Sie dazu neigen, sich ins Schneckenhaus zurückzuziehen, um niemanden durch Ihre Gegenwart zu belästigen, springen Sie beim nächsten Mal über Ihren Schatten: Knüpfen Sie ein Gespräch mit dem Sitznachbarn in der Arztpraxis an, bewundern Sie die herrlichen Sonnenblumen im Nachbarsgarten, zeigen Sie offen Ihre Freude über ein Mitbringsel, essen Sie, wenn es Ihnen angeboten wird, ruhig auch das dritte Stück Kuchen. Außerdem sollten Sie üben, Ihr Unbehagen bei körperlicher Nähe etwas abzubauen – zum Beispiel, indem Sie sich im Zug bewusst einen Sitzplatz in einem Abteil suchen, in dem schon mehrere andere Fahrgäste sitzen. Dadurch bereichern Sie Ihr Verhaltensrepertoire und erweitern Ihre Komfortzone. Ihre Fähigkeit zu höflicher Rücksichtnahme bleibt davon unberührt: Ein Gewinn an Selbstbewusstsein muss nicht mit einem Verlust an Sensibilität verbunden sein.
Smalltalk-Hemmer 3: Die Angst, sich zu blamieren
Kennen Sie das Gefühl? Sie sind verlegen, wenn Sie bei einem Event zu formell oder zu lässig gekleidet sind. Es ist Ihnen peinlich, wenn Sie einem Anrufer gedankenlos um drei Uhr nachmittags einen guten Morgen wünschen. Sie möchten in den Erdboden versinken, wenn beim Abendessen mit neuen Bekannten offenkundig wird, dass Sie nur lückenhaft über das anstehende Volksbegehren informiert sind. Als ginge es ums nackte Überleben, achten Sie im Zusammensein mit anderen darauf, nur ja keinen Fehler zu machen.
Die Angst vor der Blamage kann verschiedene Gründe haben: die Erziehung, den eigenen Perfektionsanspruch, aber auch das gesellschaftliche Umfeld, in dem man sich bewegt. Wer als Kind häufig durch Liebesentzug oder Verächtlichmachung bestraft wurde, dem werden als Erwachsenem peinliche Situationen mehr als anderen zu schaffen machen. Wer an sich den Anspruch stellt, kulturell auf dem Laufenden zu sein, empfindet es vielleicht schon als Schmach, den neuen Film von Wim Wenders nicht zu kennen. Und natürlich ist es unangenehmer, ein Glas Rotwein an einer in Damast eingedeckten Festtafel umzustoßen als bei einem zwanglosen Grillabend am Baggersee.
Daran können Sie arbeiten: Es ist schwer, die Angst vor dem Gesichtsverlust zu überwinden: Schließlich hängen Erfolg und Ansehen in unserer Gesellschaft mehr als je zuvor vom guten Eindruck ab. Trotzdem: Versuchen Sie, sich von unrealistischen Perfektionsansprüchen zu befreien. Machen Sie sich vor sozialen Begegnungen immer wieder klar, dass mehr als drei Viertel aller Menschen genau wie Sie Angst haben zu versagen. Die wenigsten Menschen, denen Sie begegnen, sind so cool, wie sie sich geben. Dazu kommt: Mit einer Hochglanz-Oberfläche gewinnen Sie nur selten Sympathie. Wo alle krampfhaft ihre Nonchalance und Trendkompetenz nachzuweisen suchen, wirkt ein Versprecher oder eine kleine Wissenslücke eher erfrischend als peinlich – und ist oft der Anstoß dafür, dass auch die Anderen mehr Spontaneität wagen.
Smalltalk-Hemmer 4: Der Wunsch, andere zu übertrumpfen
Halten Sie sich zugute, ein unterhaltsamer Erzähler zu sein? Kennen Sie eine Menge einflussreicher Leute? Sind Sie selten um ein Gesprächsthema verlegen, schließlich ist in...