E-Book, Deutsch, 250 Seiten
Maibach Escape Room: Mörderspiel
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-492-98894-0
Verlag: Piper Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Thriller
E-Book, Deutsch, 250 Seiten
ISBN: 978-3-492-98894-0
Verlag: Piper Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Sie ist erfolgreich, schön, beliebt - und tot. Und einer ihrer Freunde hat sie umgebracht. Ein fesselnder Escape Room-Roman für Fans von Karen McManus und Agatha Christie »Mein Tod war kein Unfall.« Der Escape Room »Mörderspiel« bringt sechs Freunde an ihre Grenzen, und darüber hinaus: Gefangen in einem Zimmer und beobachtet durch einen mysteriösen Spielleiter müssen sie herausfinden, was am Todestag ihrer Freundin Valerie wirklich geschehen ist. Denn viele hatten Grund, sie zu hassen - und der Mörder ist unter ihnen ... »Also das Ende! Wow!« ((Leserstimme auf Netgalley)) »Garantierte Spannung bis zum Ende!« ((Leserstimme auf Netgalley)) »Bereits nach kurzer Zeit fiebert man mit und kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen Ein wirklich guter Thriller den ich gern empfehle.« ((Leserstimme auf Netgalley)) »Spannend, spannend und nochmal spannend. Ich mag Bücher, Filme ... alles was mit Escape Rooms zusammenhängt, aber dieses Buch hat alles vorherige übertroffen.« ((Leserstimme auf Netgalley))
Alexandra Maibach wurde 1994 in Mainburg geboren und entdeckte schon früh ihre Liebe zu Geschichten. Sie hat ihr Medizinstudium in Ulm 2019 abgeschlossen und absolviert nun ihre Ausbildung zur Fachärztin. Sie lebt und arbeitet in Regensburg und im Allgäu.
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Jetzt. Als ich die Augen aufschlage, weiß ich bereits, dass heute der schlimmste Tag meines Lebens sein wird. Es ist dieser Moment zwischen Träumen und Wachen, in dem die Gefühle schon auf mich einstürmen, noch bevor die Erinnerungen kommen. Nicht dass die Erinnerungen, die sich danach aufdrängen, etwas besser machen. Ich unterdrücke den Impuls, mir die Decke wieder über den Kopf zu ziehen und einfach hierzubleiben, in der Hoffnung, dass sie mich vergessen. Nur wird mich heute leider niemand vergessen. Widerwillig richte ich mich auf und werfe einen Blick auf den Wecker. Es ist kurz vor halb elf Uhr. Höchste Zeit, um aufzustehen. Meine Beine sind schwer und der Weg zum Badezimmer kommt mir noch weiter vor als sonst. Es ist der gleiche Weg, den ich gegangen bin, seit ich denken kann. Das hier ist das Haus meiner Eltern. Unendlich vertraut, und trotzdem kommt mir alles anders vor, seit ich wieder hier eingezogen bin. Als hätten die Monate, die ich in einer eigenen Wohnung gewohnt habe, die ganze Welt verändert. Doch sie haben nicht die Welt verändert, sondern nur mich. Meine Eltern sind bei der Arbeit und meine jüngeren Geschwister in der Schule, also ist die Küche leer, als ich hinunterkomme. Die aufmunternden Notizen, die ich anfangs häufig auf dem Tisch gefunden habe, haben schon vor einiger Zeit aufgehört. Ebenso die Bitten, mir einen Therapeuten zu suchen. Nur die sorgenvollen Blicke sind geblieben. Der Zeiger der Küchenuhr steht kurz vor elf Uhr. Gleich werden sie da sein. Das gibt mir einen Moment, um mich zu sammeln. Die Tage, an denen ich der Realität entfliehen konnte, sind vorbei. Dann läutet es an der Tür. Wie mechanisch gehe ich durch den Flur und öffne. Sie stehen zu dritt vor der Haustür. Alle haben ein Lächeln aufgesetzt, und jedes einzelne davon wirkt anders als vorher. Romy ist die Erste, die nach vorn tritt. Sie trägt wieder etwas Buntes, einen orangen Pulli, der im leuchtenden Kontrast zu ihrer gebräunten Haut steht. Ich habe sie nur ein einziges Mal Schwarz tragen sehen. Am Tag der Beerdigung. Die Farbe hatte Romy eigenartig blass aussehen lassen. Jetzt hat sie ihr Leuchten wiedergefunden. Ihr Lächeln wirkt angespannt, aber ehrlich. »Alles Gute zum Geburtstag, Toni!« Sie zieht mich in eine Umarmung. Dann tritt Linnea heran. Auch sie umarmt mich, jedoch ohne etwas zu sagen. Sie hat Tränen in den Augen, die wahrscheinlich überlaufen werden, sobald sie den Mund aufmacht. Ich kann dieses Gefühl gut nachvollziehen. Für sich allein kommt man klar, doch wenn man die anderen trifft, kommen die Erinnerungen hoch. Nils ist der Letzte. Er drückt meine Hand, bevor auch er mich umarmt, mit einem traurigen Lächeln. Trotzdem überrascht es mich, wie gut er aussieht. Die Trauer hat dem Strahlen seiner blauen Augen nichts anhaben können. Wie Romy scheinen ihm die letzten vier Wochen nicht so sehr zugesetzt zu haben wie mir oder Linnea. »Alles Gute, Toni. Und danke für alles.« Den letzten Satz flüstert er so leise in mein Ohr, dass die anderen ihn nicht hören können. »Danke dir.« Ohne ihn hätte ich es nicht geschafft. In letzter Zeit haben wir stundenlang telefoniert, oft ohne ein Wort zu sagen. Der Gedanke, dass jemand am anderen Ende der Leitung ist, der das Gleiche empfindet, ist tröstlich. Er hat mich erreicht, obwohl ich mein Handy abgeschaltet habe. Er muss meine Festnetznummer herausgesucht haben. Romy räuspert sich, bevor die Stille zwischen uns drückend werden kann. »Lass uns losfahren. Wir treffen Sabrina und Ben dort.« Sabrina und Ben. Damit wäre unsere Clique wieder vereint. Alle, bis auf Valli. Der Gedanke lässt mich beinahe würgen. Mir hat es davor gegraut, sie alle wiederzusehen. Wenn wir uns treffen würden, wäre es nur umso deutlicher zu spüren, dass das wichtigste Gruppenmitglied fehlt. Die anderen warten, während ich mir die Schuhe anziehe. Ich vermeide einen Blick in den Spiegel, wie ich es schon im Bad getan habe. Ich weiß, was ich sehen würde: zu blasse Haut und zu tiefe Augenringe. Nicht einmal meine Hosen passen mir mehr, weil ich kaum noch Appetit habe, seit Valli weg ist. Romy legt mir einen Arm um die Schultern, während wir gemeinsam zu ihrem alten Fiat gehen, der vor meinem Elternhaus parkt. »Du wirst sehen, das heute wird lustig.« Ich zwinge mich zu einem Lächeln. Romys und meine Vorstellungen von lustig sind nicht immer unbedingt die gleichen. »Romy …« Sie lächelt verschwörerisch. »Keine Sorge. Wir unternehmen etwas, was uns alle ablenkt.« Nils öffnet mir die Beifahrertür, während Linnea hinten Platz nimmt. »Was habt ihr geplant?« »Ich will die Überraschung nicht verderben.« Er sieht mich nicht an, als er antwortet. Warum weicht er meinem Blick aus? Obwohl Romy die Musik aufdreht, noch bevor sie einen Gang einlegt, türmt sich das Schweigen zwischen uns auf. Ich klammere mich an dem abgewetzten Stoffsitz fest. Worüber hatten sie wohl gesprochen, bevor sie mich abgeholt haben? Oder war da auch dieses Schweigen zwischen ihnen? Ich versuche mir etwas Unverfängliches auszudenken. Etwas, worüber wir reden können, doch Valli geht mir nicht aus dem Sinn. Ihr wäre sicher etwas eingefallen, um diese Stille zu überbrücken. Meine Augen brennen, doch geweint habe ich schon lange nicht mehr. Nicht seit der Trauerfeier. Vorher. Tag der Beerdigung.
Toni. Die Kirche war ein kalter Klotz aus Marmor und alles daran kam mir falsch vor. Valli war nicht religiös gewesen, weshalb die Kirche an und für sich fehl am Platz war, außerdem war sie viel zu voll. Vallis Eltern hatten sich für eine große Trauerfeier entschieden, zu der jeder kommen konnte, der sich verabschieden wollte. Zahlreiche Kommilitonen drängten sich in den Bänken, dazu noch viel zu viele fremde Menschen, denen Valli nichts bedeutet haben konnte. Sie waren nur aus Sensationsgier hier. Am schlimmsten fand ich die Zeitungsvertreter, die sich nicht einmal schämten, sich offen Notizen zu machen. Der Trauergottesdienst fand an einem schönen Septembernachmittag statt, trotzdem war es in der Kirche düster und kalt. Es kam mir vor, als könnte die hohe Decke über unseren Köpfen jeden Moment auf uns einstürzen, als wir den langen Weg nach vorn gingen. Die erste Reihe war für Vallis Familie reserviert. Ich schüttelte die Hände ihrer Eltern, die ich hauptsächlich aus Geschichten kannte und die mir vorkamen wie Figuren aus einem Buch, die nur durch Vallis Tod hierhergelangt waren. Simon, Vallis älterer Bruder, umarmte mich. Ich hatte ihn nur einmal gesehen, an Vallis Geburtstag im ersten Semester. Trotzdem wusste ich, dass sich die Geschwister sehr nahegestanden hatten. Vallis enge Freunde saßen in der zweiten Reihe. Ich setzte mich ganz an den Rand, auch wenn ich mich lieber irgendwohin verkrochen hätte, wo man mich nicht anstarren konnte. Linnea neben mir weinte die ganze Zeit stumm in ihr Taschentuch. Zu ihrer Rechten saß Nils, dessen klamme Blicke mir ab und zu begegneten. Er hatte mir die Hand gedrückt, um sich dafür zu bedanken, dass ich die Trauerrede halten würde. Mir war vorher nie aufgefallen, wie schlecht er mit Worten war. Ich war nicht viel besser. Ich hasste die Rede, die ich mir auf einem Zettel aufgeschrieben hatte, der mittlerweile zerknittert und eingerissen war. Während der Priester den Gottesdienst abhielt, konnte ich nur auf das Papier in meinen Händen starren und daran denken, dass Valli ihre Rede ordentlich aufgeschrieben hätte, wäre sie an meiner Stelle gewesen. »Antonia, eine enge Freundin der Verstorbenen, hat darum gebeten, einige Worte sagen zu dürfen.« So war das nicht gewesen. Sie hatten darum gebeten, dass jemand aus Vallis Freundeskreis etwas sagte. Eigentlich wäre Nils als ihr Freund die naheliegende Wahl gewesen, doch ich hatte ihm die Bürde abgenommen. Meine Füße schlurften über den Marmorboden, als ich nach vorn ging. Hunderte von Augenpaaren folgten mir. Langsam stieg ich die Stufen hoch und stellte mich hinter das Rednerpult. Strich den zerknitterten Zettel glatt. Eine einzelne Träne fiel darauf, ließ die Buchstaben verschwimmen. Ich hatte mir kein Taschentuch mitgenommen, also wischte ich mir mit dem Handrücken über die...