Maier / Simsa | Management solidarökonomischer Unternehmen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 139 Seiten, E-Book

Maier / Simsa Management solidarökonomischer Unternehmen

Ein Leitfaden für Demokratie und Nachhaltigkeit

E-Book, Deutsch, 139 Seiten, E-Book

ISBN: 978-3-7910-4593-1
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Offene Nähwerkstatt, Umsonstläden und Repair-Cafés sind kleine Beispiele für die wachsende Zahl von alternativen Wirtschaftsinitiativen. Aber nicht nur die Bedeutung solidarökonomischer Unternehmen nimmt zu, auch in gewinnorientierten Unternehmen werden die Methoden der solidarischen Ökonomie, wie z.B. Holacracy, Soziokratie oder Gemeinwohlbilanz zunehmend nachgefragt.

Das Buch beleuchtet Fragen der Solidarökonomie aus Managementperspektive. Im Fokus dabei Themen, wie:

- Demokratische Organisation
- Alternative ökonomische Herangehensweisen
- Ziele gesellschaftlicher Veränderung, die für solidarökonomische Betriebe essenziell sind
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Weitere Infos & Material


1 Einleitung: 'Das werden wir schon managen!' Einstimmung und Ziel des Buches

2 Werte schaffen für NutzerInnen

3 Rechtliche Gestaltungsformen für solidarökonomische Unternehmen

4 Demokratische Organisation

5 Die Gestaltung demokratischer Meetings

6 Demokratische Entscheidungsverfahren

7 Leadership in demokratischen Organisationen

8 Crowdfunding als Finanzierungsinstrument für solidarökonomische Betriebe

9 Grundsatzfragen des Rechnungswesens und Finanzmanagements in solidarökonomischen Unternehmen


2 Werte schaffen für NutzerInnen
Florentine Maier/Christina Amrhein/Ruth Simsa Werte sind in der solidarischen Ökonomie ein großes Thema. Meist geht es dabei um ethische Werte, z. B. Nachhaltigkeit, Demokratie und bedürfnisorientiertes Wirtschaften. Um bedürfnisorientiertes Wirtschaften geht es in diesem Kapitel: Wie können Unternehmen für ihre NutzerInnen Werte schaffen, die deren Bedürfnissen – aber auch den Bedürfnissen anderer Stakeholder – entsprechen? 2.1 User value: der direkte Wert für die NutzerInnen
Damit ein solidarökonomisches Unternehmen langfristig erfolgreich sein kann, muss es einen Vorteil für die Menschen bringen, die seine Angebote wahrnehmen. Der Fachausdruck für diesen Vorteil lautet user value. Die Vorteile, die ein Unternehmen seinen NutzerInnen und anderen Gruppen verspricht, nennt man value propositions. Je nach Art des Unternehmens können andere Personengruppen die NutzerInnen sein: In einer Foodcoop sind es die Mitglieder, die Lebensmittel kaufen; in einem Wohnprojekt sind es die BewohnerInnen; in einem Gemeinschaftsgarten sind es die GärtnerInnen. Nur wenn sichergestellt ist, dass diese Zielgruppe vom Unternehmen profitiert, können auch Beiträge für das Gemeinwohl nachhaltig erbracht werden. Denn ohne zufriedene NutzerInnen kann kein solidarökonomisches Unternehmen bestehen. Es ist ja auf die freiwillige Mitwirkung der NutzerInnen angewiesen. NutzerInnen nehmen in solidarökonomischen Unternehmen oft gleichzeitig mehrere Rollen ein. Zum Beispiel sind in der Foodcoop die NutzerInnen nicht nur KonsumentInnen von Lebensmitteln, sondern arbeiten auch aktiv an der Bereitstellung dieser Lebensmittel mit. Diese Kombination von Rollen nennt man »Prosumention«, ProduzentInnen sind also auch KonsumentInnen. Wenn es solche Rollenüberschneidungen gibt, dann sollte man diese bei der Analyse und Gestaltung von user value berücksichtigen. Manchmal ist bei solidarökonomischen Unternehmen nicht eindeutig, wer die NutzerInnen sind. Schließlich sollen ja viele Stakeholder – idealerweise sogar die Allgemeinheit – einen Nutzen haben. Um beim Foodoop-Beispiel zu bleiben: Sind nicht auch die BäuerInnen NutzerInnen? Für eine hilfreiche Anwendung der nachfolgend geschilderten Methoden zur Analyse und Gestaltung von user value empfehlen wir, fokussiert zu bleiben. Als NutzerInnen soll hier primär jene Zielgruppe verstanden werden, die in einem herkömmlichen Unternehmen am ehesten der Rolle der KundInnen entspräche: Jene Zielgruppe, die in erster Linie ihr Geld oder ihre Arbeit für das Unternehmen aufbringen soll, um dafür (auch) eine bestimmte Leistung zu erhalten. Diese Fokussierung empfiehlt sich, weil die meisten Unternehmen – auch die solidarökonomischen – vor dem Problem stehen, dass für potenzielle NutzerInnen ein Angebotsüberschuss herrscht: Es gibt viele AnbieterInnen, die ihnen Befriedigung ihrer Bedürfnisse versprechen, wenn auch zu unterschiedlichen individuellen und gesamtgesellschaftlichen Kosten. NutzerInnen zu überzeugen, ist daher meist eine Herausforderung. Bedürfnisse und Vorlieben von NutzerInnen sind individuell unterschiedlich. Dennoch kann man allgemeine Aussagen über user value treffen. Ein erster wichtiger Punkt ist: NutzerInnen wägen ab, welchen Nutzen Sie vom Angebot des Unternehmens haben, und welche Kosten ihnen dadurch entstehen. Diese Abwägung kann mehr oder weniger bewusst ablaufen und mehr oder weniger langfristig orientiert sein. Realistischer Weise ist diese Abwägung keine perfekt rationale Entscheidung eines homo oeconomicus, basierend auf vollständigen Informationen und unter Einbezug aller denkbaren relevanten Aspekte. Trotzdem kann es für die Analyse und Gestaltung von user value nützlich, sich die Abwägung in dieser Art vorzustellen: User Value = Nutzen für die NutzerInnen – Kosten für die NutzerInnen Diese Kosten und Nutzen sind nicht nur als Geldwerte oder materiell zu verstehen. Zum Beispiel kann in der Foodcoop neben der Qualität des dort gekauften Gemüses auch das freundschaftliche Miteinander ein Nutzen für das Mitglied sein. Umgekehrt zählen zu den Kosten nicht nur der Preis des Gemüses, sondern auch der Zeitaufwand und etwaiger Ärger mit anderen Coop-Mitgliedern. Welche Arten von user value können solidarökonomische Unternehmen schaffen? Die konventionelle Management- bzw. Marketing-Literatur unterscheidet hier zwischen Grundnutzen und hedonistischem Nutzen (vgl., Sweeney/Soutar, 2001; Vershofen, 1940). Diese Unterscheidung ist von der Grundidee her auch für solidarökonomische Unternehmen nützlich, aber der Begriff des »hedonistischen« Nutzens kann hier unpassend sein. Es wäre z. B. recht zynisch, den Wunsch nach Vermeidung einer Klimakatastrophe als »hedonistisch« einzuordnen. Sinnvoller erscheint eine Unterscheidung zwischen Grundnutzen und ökologischem/sozialem/emotionalem Nutzen: Grundnutzen: Das Angebot des Unternehmens entspricht in Bezug auf seine grundlegende Funktionalität und Leistung. Zum Beispiel: Die Karotten aus der Foodcoop schmecken gut, die Räumlichkeiten des Wohnprojekts sind gemütlich, der Boden des Gemeinschaftsgartens ist fruchtbar. Ökologischer/sozialer/emotionaler Nutzen: Das Angebot des Unternehmens schafft in der Wahrnehmung der NutzerInnen einen weiteren Nutzen in ökologischer, sozialer oder persönlicher emotionaler Hinsicht. Zum Beispiel freut man sich, etwas für die Umwelt, gegen die Macht von Großkonzernen und für faire Arbeitsbedingungen getan zu haben. Oder man genießt die mit dem Angebot verbundenen menschlichen Kontakte. Oft spielen mehrere solche Aspekte gleichzeitig eine Rolle für NutzerInnen. Auch mehrere Arten von Kosten können unterschieden werden (siehe z. B. Beldona/Kher, 2015): Direkte monetäre Kosten: Oft müssen die NutzerInnen für das Angebot Geld bezahlen. Hier ist zu bedenken, wie der Preis des Angebots im Vergleich zu Alternativen abschneidet. Indirekte monetäre Kosten: Diese bezeichnen Kosten für notwendige zusätzliche Ausgaben. Wenn ich zum Beispiel für das Arbeiten im Gemeinschaftsgarten meine eigenen Geräte mitbringen muss, dann verursacht das Zusatzkosten. Anstrengung: Damit ist gemeint, wie aufwändig die Nutzung des Angebots ist. Muss ich mir viele Gedanken machen, wie ich an die Leistung komme? Zum Beispiel kann das Einkaufen in einer Foodcoop abhängig vom Bestellvorgang mit mehr oder weniger Anstrengung verbunden sein. Die Entwicklung smartphone-tauglicher Bestellsoftware hat diese Kosten deutlich gesenkt. Emotionale Kosten: Auch negative Gefühle können mit der Nutzung solidarökonomischer Angebote verbunden sein. Das betrifft oft Aspekte der Selbstorganisation, etwa die Abstimmung mit anderen. Die möglichst reibungslose und vergnügliche Gestaltung aller Aspekte der Mitbestimmung und Selbstorganisation ist daher aus User-value-Perspektive wichtig. Zeitaufwand: Durch zunehmenden Leistungsdruck im Alltag leiden immer mehr Menschen unter Zeitmangel. Solidarökonomische Angebote sollten daher mit der Zeit der Menschen achtsam umgehen. Unangenehme Tätigkeiten sollten möglichst effizient gestaltet werden. Ideal ist, wenn solidarökonomische Angebote Menschen helfen, in anderen Lebensbereichen weniger Zeit zu vergeuden. Opportunitätskosten: Ein solidarökonomisches Angebot zu nutzen bedeutet immer, auf andere Dinge zu verzichten. Man kann sich nicht alles kaufen, hat nur begrenzten Platz für Dinge, hat nicht genug Zeit für die tatkräftige Unterstützung jeder guten Idee. Deshalb stehen solidarökonomische Angebote immer im Aufmerksamkeitswettbewerb mit allen anderen möglichen Dingen, die Menschen stattdessen tun oder kaufen könnten. Ist das eigene Angebot – an Produkten und Dienstleistungen, aber auch an Zielen, Werten, Ideen – überzeugend genug, um in diesem Wettbewerb bestehen zu können? Solidarökonomische Unternehmen sollten ein klares Bild über den von ihnen geschaffenen user value haben. Idealerweise überlegt man das im Zuge der Gründung und im laufenden Betrieb immer wieder, um am Ball zu bleiben. Umsetzen kann man das z. B. folgendermaßen: Gespräche mit Nicht-NutzerInnen, die man gerne ansprechen würde, und mit NutzerInnen:
Man fragt sie, was ihnen am Angebot besonders wichtig ist, und welche negativen Aspekte für sie besonders unangenehm wären. Noch ergiebiger kann man diese Informationssammlung gestalten, indem man die Fragen mit mehreren Personen aus der Zielgruppe in einer Gruppe diskutiert. Hochprofessionell geht es in Form einer Fokusgruppe, die man mit einem...


Simsa, Ruth
ao. Univ. Prof. Dr. Ruth Simsa, NPO-Institut, WU Wien.

Maier, Florentine
PD Dr. Florentine Maier ist Senior Researcher am Institut für Nonprofit Management der Wirtschaftsuniversität Wien.

Florentine Maier

PD Dr. Florentine Maier ist Senior Researcher am Institut für Nonprofit Management der Wirtschaftsuniversität Wien.





Ruth Simsa

ao. Univ. Prof. Dr. Ruth Simsa, NPO-Institut, WU Wien.


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