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E-Book

E-Book, Deutsch, 344 Seiten

Major Caribou

Roman

E-Book, Deutsch, 344 Seiten

ISBN: 978-3-86532-729-1
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Roman nach einem historischen Ereignis!

Neufundland im Oktober 1942: Als die Caribou ihren Hafen verlässt, ahnen weder Passagiere noch Mannschaft, dass sie nur wenige Stunden später von einem deutschen U-Boot angegriffen werden. An Bord von U 69 hat der junge und ehrgeizige Offizier Ulrich Gräf das Kommando. Trotz aller Gefahren hofft er darauf, unbeschadet zu seiner großen Liebe Elise zurückkehren zu können. Währenddessen träumt auf der Caribou der draufgängerische Steward John Gilbert von einem abenteuerlichen Leben. Jäh aus ihren Hoffnungen gerissen, müssen die beiden Männer in der tosenden See ums Überleben kämpfen.

Kevin Major zeichnet ein lebendiges Bild der menschlichen Tragödien während der Schlacht im Atlantik. Er verleiht den Menschen ein Gesicht und eine Geschichte, ohne in ein simples Täter-Opfer-Schema zu fallen.
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2 Noch nie war eine Transatlantik-Überquerung so problemlos, noch nie lauerten so wenige Tommies in den Gewässern vor der französischen Küste. Trotzdem war es natürlich ein wunderbares Gefühl, an Port-Louis vorbei den Blavet hinaufzufahren und in einem der U-Boot-Bunker von Lorient anzudocken. Mit seinen drei Meter dicken Mauern aus stahlverstärktem Zement war es ein Zufluchtsort, dem Bomben nichts anhaben konnten. 16 Stunden lang hatte sich U 69 über der gesunkenen Fähre unsichtbar gemacht. Einmal waren wir auf Sehrohrtiefe hochgekommen und hatten kurz die Lage gepeilt, waren aber ansonsten damit zufrieden, den Tag einfach auszusitzen. Wir konnten nicht wissen, wann die Bergung der Überlebenden abgeschlossen sein würde. Nicht auszuschließen, dass danach noch mehr kanadische Einheiten anrücken würden, um uns mit einem glücklichen Treffer den Garaus zu machen. Wir wollten erst jubeln, wenn wir über alle Berge waren. Wir entkamen im Schutz der folgenden Nacht und waren überrascht, von niemandem behelligt zu werden. Das Begleitschiff war lange verschwunden – und bis auf ein schwaches Signal auf dem Metox, unserem Radarwarngerät, war von der kanadischen Marine weit und breit nichts zu sehen. Als das Signal lauter wurde, änderten wir einfach den Kurs. Mit unseren Ferngläsern schauten wir noch einmal auf das vom Mond beleuchtete Areal zurück, das in der Nacht zuvor Schauplatz eines brennenden Infernos gewesen war. Es passiert selten, dass wir den zweifelhaften Luxus einer zweiten Visite bekommen. Normalerweise gibt es nur einen Knall, Panik und die augenblickliche Flucht. Hagemann zeigte ein breites Grinsen, was man wohlwollend als ein Lächeln bezeichnen konnte. Genau wie ich war er mit dem Ausgang hochzufrieden – auch wenn der Nervenkitzel der geschlagenen Schlacht längst abgeklungen war. Die Konsequenzen waren natürlich noch immer die gleichen: Ein Kommandant, der seines Dienstgrades würdig ist, empfindet keine Genugtuung im Angesicht menschlicher Opfer. Ein feindliches Schiff auf den Boden des Meeres zu befördern – kein Problem. Wir befinden uns schließlich im Krieg. Wir waren zwei Monate auf See gewesen. Die Mannschaft fieberte danach, endlich von Bord gehen zu können. Ich konnte es ihnen nicht verübeln. Der immer schlimmer werdende Gestank hat die Eigenschaft jede Begeisterung im Keim zu ersticken. Seltsam, dass Neufundlands Küste mich noch immer in ihren Bann zog. Wenn ich mich für ein paar Minuten hinter meinen Vorhang zurückziehen konnte, griff ich zum Zeichenblock und brachte meine Erinnerungen zu Papier. Stand ich auf der Brücke, versuchte ich mir vorzustellen, wie das Land wohl hinter der majestätisch zerklüfteten Küste aussah – und wünschte mir heimlich, allein an Land gehen zu können. „Genießen Sie die schöne Aussicht?“, fragte Hagemann. Es war genug, um mich aus meinen magischen Träumen zu reißen. Als wir an besagter Küste vorbeifuhren, luden wir unseren letzten Torpedo und hielten die Augen nach einem passenden Ziel offen. Am 20. Oktober 1942 raste er in den Eisenerz-Frachter Rose Castle mit 7 800 BRT, ohne aber zu zünden. Hagemann war nicht glücklich: „Eine gottverdammte Niete“, befand er mehrfach. Wir ließen uns keine grauen Haare wachsen. Wie die Zeit und die Kameraden von U 518 später bestätigen sollten, gab es dazu auch keinerlei Anlass. U 518 wurde von meinem guten Freund Friedrich-Wilhelm Wissmann kommandiert, einem Kameraden aus der Crew von ’35. Fredy Wissmännchen nannten wir ihn. Er war ein kluges und durchsetzungsfähiges Bürschchen. Ich erinnerte mich, dass wir fast gleich alt waren, nur ein Tag lag zwischen der Stunde unserer Geburt. Auf dem Dänholm bekam ich die Geburtstagsabreibung von den anderen Kadetten, um gleich am nächsten Tag selbst aktiv werden zu können. Als ich am 15. Dezember in Lorient meinen Geburtstag feierte, war es niemand anderes als Wissmann, der zu später Stunde in die trunkene Party platzte. Es war der Tag, an dem er gerade von seinem ersten Einsatz als Kommandant heimgekehrt war. Er sah entsprechend struppig aus, doch sein Grinsen war so breit, dass sein Äußeres keine Rolle mehr spielte. Der bärtige Schurke hatte sechs Schiffe getroffen und vier davon versenkt: 30 000 BRT. Ich hatte zwei Unternehmungen hinter mir und kam gerade mal auf die Hälfte. „Anfängerglück, Wissmann“, sagte ich wohlwollend und lachte – weil man das unter Freunden nun mal tut. „Der Letzte war ein Yankee-Tanker auf dem Weg nach Island“, erzählte er, inzwischen schon so angeheitert wie ich, „bis zum Rand mit Öl beladen. Der Schweinehund kam nie weiter als Neufundland.“ U 518 rettete den Kapitän und Ersten Offizier und nahm sie als Kriegsgefangene an Bord, während sich der Rest mit den Rettungsboten begnügen musste. „Und diesen armen Schweinen konnte man nur viel Glück wünschen.“ Wissmann schwelgte in seinen Erfolgen und gab mir das Gefühl, nur unter ‚ferner liefen‘ gelandet zu sein. Ich erzählte ihm von meiner eigenen Trophäe, dem Abschuss der Caribou in der Cabotstraße. Am Rande stellte sich heraus, dass die Rose Castle – der unser Rohrkrepierer nur einen Schrecken eingejagt hatte – dasselbe Schiff war, dem U 518 dann den Rest gegeben hatte. Mit Eisenerz beladen, war sie vor Neufundland vor Anker gegangen, um dort auf einen schützenden Konvoi zu warten. „Man muss es dir lassen, Wissmann, du bist schon ein ausgekochter Kanonier.“ Bier und Schnaps hatten inzwischen die gewünschte Wirkung gezeigt. Es wurde jedenfalls eine feuchtfröhliche Nacht mit Wissmann, mir und Werner Witte, einem anderen Kameraden aus der ’35er Crew, der immerhin 24 000 BRT vor der marokkanischen Küste abgeschossen hatte. Nachdem die Kriegsmarine den Hafen von Lorient übernommen hatte, waren hilfreiche Geister auf die Idee gekommen, in einem Außenbezirk ein Refugium für Offiziere einzurichten. Es war ein chaotisches Etablissement mit plüschigen Sofas, roten Samtvorhängen und einer von künstlichen Weinreben umrankten Bühne, auf der sich gelegentlich unbedarfte Musikkapellen an Jazz versuchten. Drei vollbusige Französinnen waren angeheuert worden, um Bier zu servieren und die Stimmung all jener Seeleute aufzuhellen, die schon bald wieder in See stechen mussten. Wittes nächste Unternehmung war bereits für die kommende Woche eingeplant. Er durfte die Weihnachtszeit mit der Jagd auf Konvois verbringen und sich die Frage beantworten, welches Überraschungsgeschenk die Tommies wohl diesmal für ihn bereithalten würden. In diesem Jahr waren bereits weit über 200 U-Boote auf dem Meeresboden gelandet. Ein zünftiger Abend in dem krachledernen Biertempel war da nicht zu verachten. „Wie sehen denn deine Pläne aus, Gräf? Du hast doch noch ein paar Wochen Landurlaub.“ „Zum Fest ist Dresden angesagt. Dann noch ein Zwischenstopp in Paris.“ „Ah, Paris. Dann willst du dich wohl dort flachlegen lassen“, meinte Wissmann. „Erinnerungen an prickelnde Erlebnisse sind immer hilfreich – egal, wann deine nächste Unternehmung ansteht.“ „Du warst schon immer ein praktisch veranlagter Zeitgenosse, Fredy.“ „Es heißt auch, dass Gräf sich bereits die Hörner abgestoßen habe. Hier in Lorient, aber mit einem Mädel aus der Heimat.“ Ich konnte mir das Erröten gerade noch verkneifen. „Nun mach mal halblang, Witte. Du riechst schon arg streng vor lauter Eifersucht.“ Er widersprach natürlich lautstark, gab mir aber noch einen guten Rat: „Nimm dich vor den amourösen Fallstricken in Acht, Gräf. In der Kriegsmarine gibt’s keinen Platz für gebrochene Herzen.“ Ich ließ ihnen den Spaß. Jede weitere Widerrede hätte sie nur noch zum Weitermachen animiert. Zum Glück kamen gerade die Musiker zurück auf die Bühne und wurden von den angeheiterten Offizieren umgehend ausgebuht. Ich konnte mir ein paar unangebrachte Zurufe ebenfalls nicht verkneifen. Die drei Französinnen taten ihr Bestes, um die Musiker vor Schlimmerem zu schützen, mussten aber gleichzeitig ein Auge aufs Mobiliar haben. Mehr als einmal waren hier schon die Bierkrüge geflogen, oft genug baumelten die Lampen nur noch an einem nackten Draht. Wenn ich das Gefühl hatte, die Stimmung würde zu stürmisch, machte ich mich für gewöhnlich schnell aus dem Staub, hätte heute aber Wissmann und Witte partout nicht entkommen können. Plötzlich stand Hagemann in der Tür und hatte sogar den Zweiten Offizier im Schlepptau. Für einen Moment dachte ich schon, zwischen den beiden Streithähnen sei die große Freundschaft ausgebrochen, stellte dann aber fest, dass Umbeck hoffnungslos betrunken war. Ohne Hagemanns energischen Griff am Oberarm hätte er sich überhaupt nicht mehr aufrecht halten können. Das ungleiche Paar ließ sich an einem Tisch nahe der Bar nieder. Als Hagemann mich sah, zuckte es in ihm, als müsse er innerlich strammstehen. Er legte Wert darauf, stets als untadeliger Offizier und Vize wahrgenommen zu werden. Doch diesmal zumindest konnte er seinen hohen Ansprüchen nicht genügen: Als er das Bierglas hob, verpasste er den direkten Weg zum Mund und schüttete das Bier prompt auf seine Uniform. Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen und hob den Arm – was auf den ersten Blick vielleicht wie der Nazi-Salut aussah und ihn noch mehr verwirrte. Natürlich wusste ich von seiner Bewunderung für den Führer, hatte mich aber wohlweislich nie dazu geäußert. Hoffentlich war seine Alkoholisierung bereits so fortgeschritten, dass er meine missverständliche Geste schnellstens vergessen würde. Sicher war ich mir allerdings nicht. Ich...


Kevin Major wurde 1949 in Stephenville? auf Neufundland geboren. Einige seiner Werke wurden bereits verfilmt, fürs Theater bearbeitet und übersetzt. 1992 wurde er mit dem Vicky Metcalf Award ausgezeichnet. Mit seiner Frau und seinem Hund lebt Major in St. John's, im Osten von Kanada.


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