Mamczak / Vogl | Es ist dein Planet | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Reihe: Heyne fliegt

Mamczak / Vogl Es ist dein Planet

Ideen gegen den Irrsinn
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-641-16122-4
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ideen gegen den Irrsinn

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Reihe: Heyne fliegt

ISBN: 978-3-641-16122-4
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Klimakatastrophe, Meere voller Müll, zubetonierte Landschaften – mit diesem Irrsinn machen die Erwachsenen den Planeten kaputt und klauen ihren eigenen Kindern die Zukunft. Das ist jedenfalls Pauls Meinung. Und genau so sagt er es auch seinem Lehrer in der Projektwoche zum Thema Umwelt. Doch er ahnt nicht, was er damit lostritt. Denn es geht nicht nur darum, wer was vermasselt hat. Es geht vor allem darum, wie man es besser machen kann ...

Neue Ideen, neue Gedanken und ein neuer Blick auf die Welt!

Sascha Mamczak, Jahrgang 1970, beschäftigt sich seit vielen Jahren als Autor und Lektor mit gesellschaftlichen Zukunftsthemen und ihrer Verbindung zum fantastischen Genre. Er studierte Politische Wissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Öffentliches Recht in München und Edinburgh. Zuletzt sind von ihm bei Heyne die Bücher »Die Zukunft – Eine Einführung« sowie »Es ist dein Planet – Ideen gegen den Irrsinn« erschienen.

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Schuld an der ganzen Sache war Paul. Paul war ja immer an irgendwas schuld. Aber diesmal hatte er den Lehrer wirklich auf die Palme gebracht. Und dabei hatte es doch so friedlich begonnen …

WIR TUN WAS FÜR DIE UMWELT!

stand in großen Buchstaben und doppelt unterstrichen auf der Tafel. Es war Montagmorgen. Es war die vorletzte Woche des Schuljahres. Die Sonne glänzte, und überall roch es nach Sommerferien. Die Klasse hatte längst die letzten Schulaufgaben geschrieben, aber es gab noch etwas zu tun – denn die vorletzte Woche des Schuljahres war eine Projektwoche zum Thema »Umweltprobleme«. Die Schüler sollten sich in Arbeitsgruppen jeweils einem ganz konkreten Problem widmen und dann am Freitag ihre Ergebnisse präsentieren. In einer Gruppe etwa ging es um »Energie sparen – zu Hause und in der Schule«. Eine zweite beschäftigte sich mit »Mehr Bio in der Schulmensa«. Und eine dritte sollte eine »Forschungsexpedition« in den neben dem Schulgebäude liegenden Park unternehmen.

Bevor es aber mit den Arbeitsgruppen losging, sprach der Klassenlehrer Herr Riesling (den insgeheim alle »Riesel« nannten) an diesem Montagmorgen mit kräftiger Stimme erst einmal davon, wie wichtig die Sache mit der Umwelt sei. Er sagte, man müsse endlich etwas tun. Es genüge nicht, nur herumzusitzen und ab und zu im Internet etwas zu liken, sondern man müsse den Hintern vom Sofa kriegen und aktiv werden. Er sagte: »Der Plastikmüll, der im Meer schwimmt, kommt auch von uns.« Dann sagte er: »Wir in den reichen Ländern werfen jede Menge Essen weg, und im armen Süden hungern viele Menschen.« Und dann sagte er: »Dieses Thema geht euch alle an. Es geht um eure Zukunft!« Und in diesem Moment machte es »Pfff«. Oder genauer gesagt: Paul presste die Luft durch die Lippen und machte »Pfff«.

Riesel verzog mürrisch den Mund und sah Paul an. »Ist das alles, was dir dazu einfällt, Paul?«, fragte er.

Paul setzte seine übliche gelangweilte Miene auf und zuckte mit den Schultern.

»Die Umwelt interessiert dich also nicht«, sagte Riesel.

»Doch«, sagte Paul, »die Umwelt interessiert mich schon.«

»Ach ja? Dann wäre es wirklich toll, wenn du uns deine Aufmerksamkeit schenkst.«

»Es ist nur …«, begann Paul.

»Ja?«, fragte Riesel.

»Warum müssen wir eigentlich etwas tun?«, sagte Paul. »Ihr Erwachsene habt es doch vermasselt!«

Ein leises Raunen ging durch die Klasse. Riesel verschränkte die Arme vor der Brust. »Was meinst du mit vermasselt?«, fragte er.

»Ihr habt den Planeten kaputtgemacht. Und jetzt verlangt ihr von uns, ihn zu retten. Das ist nicht fair.«

»Hm«, machte Riesel. »Das ist eine wirklich interessante Sicht der Dinge.« Er wandte sich an die ganze Klasse. »Was meinen die anderen dazu?«

Schweigen. Alle sahen irgendwohin. Nur nicht drangenommen werden.

Also drehte sich Riesel wieder zu Paul und sagte: »Weißt du, auch Erwachsene machen sich um die Umwelt Sorgen. Und wir haben schon viel erreicht. Zum Beispiel habe ich bereits in meiner Jugend für den Atomausstieg gekämpft. Wir haben unsere Verantwortung übernommen – und jetzt seid ihr dran!«

»Wieso?«, fragte Paul. »Wir haben der Umwelt doch gar nichts getan.«

»Nichts getan?«, erwiderte Riesel. »Vielleicht denkst du mal darüber nach, was du alles so den ganzen Tag über benutzt. Handy, Computer, Fernseher, Kühlschrank – die ganzen Dinge, die euer Leben angenehmer machen. Mit alldem hinterlasst auch ihr einen ökologischen Fußabdruck.«

Paul zuckte wieder mit den Schultern. »Niemand hat uns gefragt, ob wir das alles überhaupt wollen. Diesen ganzen Irrsinn habt ihr euch doch ausgedacht.«

Jetzt konnte man hier und da ein Kichern in der Klasse hören. Hatte Paul wirklich »Irrsinn« gesagt? Ja, hatte er!

Riesels Mundwinkel wanderten nach unten. Er sah nun aus wie ein schlecht gelaunter alter Dackel. »Was genau meinst du mit Irrsinn, Paul?«, fragte er.

Paul lehnte sich zurück. »Na, das alles eben. Die Zerstörung, die Verschmutzung, die Ausbeutung. Die Umwelt ist völlig im Eimer. Das weiß doch jeder. Da ist nichts mehr zu machen.«

»Das ist also dein Standpunkt: Du schiebst die Schuld den Erwachsenen zu und tust einfach, als ginge dich das alles nichts an? Ist das nicht ein bisschen wenig? Wir reden hier doch schließlich auch über eure Zukunft.«

»Unsere Zukunft? Ihr Erwachsene habt uns die Zukunft geklaut«, sagte Paul. »Und jetzt wollt ihr, dass wir Energie sparen und mehr Bio essen. Pfff!«

Für eine Weile war Riesel still. Das kam nicht sehr häufig vor, außer wenn er wirklich genervt war. Schließlich räusperte er sich und sagte: »Also gut, Paul. Ich schlage vor, wir bilden für dich eine extra Arbeitsgruppe. Dann kannst du dich in aller Ruhe mit dem Irrsinn befassen. Und am Freitag hören wir uns an, wie du es besser machen willst. Wenn dir überhaupt irgendetwas einfällt.« Riesel wandte sich wieder der Tafel zu. »Schön, wo waren wir gerade …«

Und das war das. Auf dem Zettel, auf dem man sich für die einzelnen Arbeitsgruppen eintragen musste, stand nun zusätzlich »Pauls Gruppe«. Erst sah es so aus, als wäre Paul auch der Einzige in »Pauls Gruppe« (worauf Riesel eindeutig spekuliert hatte). Aber als der Zettel wieder vorne ankam und Riesel laut die Gruppeneinteilung vorlas, standen fünf weitere Namen unter dem von Paul: Anton, Lina, Jan, Emma und Marie.

Paul blickte ziemlich verdutzt drein.

Riesel auch. Er legte die Stirn in Falten, klatschte den Zettel auf sein Pult und sah in die Klasse. »Na, da bin ich ja mal wirklich gespannt, welche Ideen gegen den Irrsinn euch bis Ende der Woche so einfallen.« Er seufzte. »Gut, jede Gruppe sucht sich jetzt irgendwo im Gebäude einen Tisch zum Arbeiten. Ich schaue dann immer mal wieder vorbei.«

Die Schüler der 7C sprangen auf, packten ihre Sachen zusammen und redeten wild durcheinander. Beim Hinausgehen rief einer: »Cool, jetzt haben wir eine Irrsinnsgruppe!« Und ein anderer meinte: »Die Irren sind los!« Und so erhielt Pauls Gruppe ihren Spitznamen: die »Irren«.

Was eindeutig ziemlich gemein war. Denn natürlich hatten sich die »Irren« nicht in Pauls Gruppe eingetragen, weil sie irre waren. Und noch nicht einmal, weil sie Pauls Meinung teilten – oder überhaupt irgendeine bestimmte Meinung teilten. Nein, jeder von ihnen hatte seine ganz eigenen Gründe:

Lina zum Beispiel wusste von ihren Eltern schon ziemlich viel über Umweltprobleme – es hieß, sie wäre auch schon auf Demos gewesen. Jedenfalls hatte sie keine Lust darauf, mit den anderen über das Essen in der Schulmensa oder so was zu reden. Ihr ging es um mehr.

Jan dagegen hatte keine Ahnung von Umweltproblemen. Dafür hatte er ziemlich viel Ahnung von Fußball. Er hatte den Zettel mit den Gruppen als Letzter bekommen, und alle anderen außer Pauls Gruppe waren schon voll gewesen. Aber egal, er interessierte sich ja eh nicht für die ganze Sache, also war die eine Gruppe so gut wie die andere.

Emma wiederum hoffte, dass sie in Pauls Gruppe mit möglichst wenig Stress durch die Woche kam. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, mit den anderen durch den Park zu kriechen und irgendwelche Kröten zu retten. Sie hatte echt andere Sorgen.

Für Anton war die Sache spannend geworden, als Paul das Wort »Planet« in den Mund genommen hatte. Denn mit Planeten kannte sich Anton ziemlich gut aus. Er wusste beispielsweise, warum es im Erdinneren heiß war. Und warum die Luft immer dünner wurde, je höher man auf einen Berg stieg. Was Planeten anging, konnte ihm keiner was vormachen.

Und schließlich war da noch Marie. Niemand in der Klasse wusste so genau, wofür sie sich eigentlich interessierte, da sie fast nie etwas sagte. Sie wussten eigentlich nur, dass Marie in der Schulmensa kein Fleisch aß und dass sie einen Kater zu Hause hatte, mit dem sie nach der Schule spielte. Und sie zeichnete immer – den ganzen Tag lang zeichnete sie.

Zusammen mit Paul waren sie jetzt also die Gruppe der »Irren«. Und sollten Ideen liefern, wie man das mit der Umwelt besser machen konnte. Nichts leichter als das, oder? Pfff!

»Und was machen wir jetzt?«, fragte Anton.

Es war zehn Uhr. Die einzelnen Arbeitsgruppen hatten sich im Schulgebäude verteilt, und alle diskutierten bereits lebhaft. Nur Pauls Gruppe saß still an einem der Tische in der Schulbibliothek. Anton, Lina, Emma, Jan und Marie blickten Paul an. Immerhin war das ja alles auf seinem Mist gewachsen – sollte er ihnen doch sagen, was sie zu tun hatten.

Paul jedoch sah das offenbar ganz anders. »Was fragt ihr mich?«, sagte er mürrisch. »Ich habe euch nicht gezwungen, in diese Gruppe zu gehen.«

Jan lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Super! Ich schlage vor, wir spielen Fußball. Oder wir tun einfach vier Tage lang nichts

Lina sah genervt zu Jan. »Klar, das würde dir gefallen. Und was machen wir dann am Freitag, wenn die anderen Gruppen ihre Ergebnisse präsentieren? In der Nase bohren?«

»Hihi«, kicherte Anton.

»Das wäre oberpeinlich, wenn wir mit leeren Händen dastehen«, sagte Lina.

Emma strich sich die Haare aus dem Gesicht; das machte sie übrigens die ganze Zeit. »Wir können ja ein bisschen im Internet rumsuchen. Da steht doch überall was über die Umwelt.«

»Seit wann interessierst du dich eigentlich dafür?«, sagte Jan. »Ich wette, du willst nur auf irgendeine Mode-Seite.«

»Und du willst nur die Fußballergebnisse...


Vogl, Martina
Martina Vogl, 1975 geboren, hat Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in München studiert und anschließend viele Jahre als Lektorin im Heyne Verlag gearbeitet, bevor sie sich selbstständig machte. Mittlerweile ist sie freie und beratende Lektorin und Mitbegründerin einer Schreibwerkstätte für Kinder und Jugendliche. Sie lebt mit ihren zwei Töchtern in München.

Mamczak, Sascha
Sascha Mamczak, Jahrgang 1970, beschäftigt sich seit vielen Jahren als Autor und Lektor mit gesellschaftlichen Zukunftsthemen und ihrer Verbindung zum fantastischen Genre. Er studierte Politische Wissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Öffentliches Recht in München und Edinburgh. Zuletzt sind von ihm bei Heyne die Bücher »Die Zukunft – Eine Einführung« sowie »Es ist dein Planet – Ideen gegen den Irrsinn« erschienen.



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