E-Book, Deutsch, Band 2, 0 Seiten
Reihe: Pawl der Gärtner
Mann Der Fall der Familien -
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-641-11665-1
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Pawl der Gärtner 2 - Roman
E-Book, Deutsch, Band 2, 0 Seiten
Reihe: Pawl der Gärtner
ISBN: 978-3-641-11665-1
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Noch beherrschen die Elf Großen Familien die von den Menschen eroberte Galaxis. Die anderen intelligenten Spezies, immer wieder von den Menschen brutal dezimiert und versklavt, leben im Verborgenen. Der „Innere Kreis“, eine Geheimorganisation, der Vertreter aller Intelligenzwesen, auch Menschen, angehören, arbeitet daran, die Macht der Familien zu brechen. Denn der Friede unter den machthungrigen Herrschern ist äußerst brüchig. Pawl Praxwax ist, nach dem plötzlichen Tod seines Vaters und Bruders, das Oberhaupt der Fünften Familie. Er ist ein Außenseiter und nicht auf seine Rolle als Herrscher vorbereitet. Als seine Frau ermordet wird, verbündet er sich mit den Aliens. Während die Familien noch machtbesessen und gierig übereinander herfallen, zerrinnt ihnen die Macht zwischen den Fingern …
Phillip Mann wurde 1942 in Northallerton, Yorkshire geboren und lebt seit 1969 in Neuseeland. Von 1970 bis 1998 unterrichtete er Theaterwissenschaften an der Victoria University of Wellington, diesen Posten gab er auf, um sich anderen Projekten zu widmen. 1982 erschien sein erster Roman „Das Auge der Königin“, der den Auftakt zu einer Reihe weiterer SF-Romanen bildete (z. B. „Der Herr von Paxwax“, „Der Fall der Familien“, „Pioniere“, „Wolfsgarn“ und die „Ein Land für Helden“-Tetralogie). Ab Mitte der 1990er Jahre schrieb Mann keine Science Fiction mehr, um sich vor allem dem Theater zu widmen; erst 2013 kehrte er zu diesem Genre zurück.
Weitere Infos & Material
2
AUF BENNET, DER HEIMATWELT DES PAWL PAXWAX
Dem Mutigen lächelt das Glück, heißt es … dennoch hilft es, mächtige Freunde zu haben, und Pawl Paxwax, jetzt unbestrittenes Oberhaupt der fünftmächtigsten Familie in der bekannten Galaxis, wusste nicht, wie glücklich er war. Ganz gewiss hatte er keine Ahnung, in welchem Ausmaß Odin und der Orden des Inneren Kreises sein Überleben gesichert hatten.
Nun war der kurze, aber blutige Krieg zu Ende. Eine eilige Inventur seines Reiches mit dem Ziel, die erlittenen Schäden einzuschätzen, ergab ein trauriges Bild.
Pawl war Sieger geblieben, weil er überlebt hatte. Er hatte überlebt, weil es gelungen war, den Zangenangriff der Xerxes und Lamprey abzuwehren. Aber es hatte auf Messers Schneide gestanden. Der Krieg war tief in sein Reich vorgedrungen und hatte einen schrecklichen Tribut an verbrannten Welten, Mord und Verwüstung gefordert. Eine dieser unglücklichen Welten war Thalatta, die Heimat Laurel Beltanes. Der Krieg hatte das weiträumige und dichtmaschige Netzwerk der Torwege zerbrochen, welche die Imperien der Elf Familien miteinander verbanden, und es würde Jahre erfordern, bis allein diese Schäden behoben werden konnten. Viele Welten waren überrannt worden, und allgemein wurde angenommen, dass in einigen, jetzt unerreichbaren Teilen seines Reiches noch immer Kämpfe tobten. Der größte Teil der angerichteten Schäden war das Ergebnis von Verzweiflungsakten im Endstadium des Krieges, als die Losung lautete: »Töten oder getötet werden.«
Nun aber war Pawls Reich endlich gesichert. Die Familien, die ihn angegriffen hatten, die Xerxes de la Tour Souvent Vier, und die Lamprey Sechs, waren in Ungnade gefallen und leckten sich die Wunden. Die Lamprey hatten ihre Rolle als bedeutender Machtfaktor vorläufig ausgespielt. Die Schwestern, die über das Reich der Xerxes herrschten, waren aus härterem Holz geschnitzt, sie nahmen die Niederlage mit einem bitteren, zornigen Stolz hin.
Da er war, der er war, hatte Pawl nach dem Krieg nichts Eiligeres zu tun, als zu heiraten. Er heiratete Laurel Beltane und bekräftigte dadurch seine Unabhängigkeit. Seine Entscheidung, diese Dame zu heiraten, hatte den Krieg ausgelöst, und nun markierte sie sein Ende. In einigen Familien wurde gemurrt, dass Pawl sich nicht um den Ehrencodex schere, der alle Beziehungen zwischen den elf herrschenden Familien regelte, denn Laurel Beltane war eine Außenseiterin: Ihre Familie war die Sechsundfünfzigste und befand sich mithin in der Hackordnung weit unten. Aber die Herren der Elf großen Familien, ohne Zweifel von der Euphorie des Kampfes mitgerissen, zeigten sich großmütig. Pawl sei jung, sagten sie. Er habe Mut bewiesen. Er habe eine gewisse Ausstrahlung. Und schließlich habe er sich als ein harter und unbarmherziger Gegner erwiesen (und das bewunderten sie). Sollte er sein Mädchen haben. Mit den Jahren würde er dazulernen. Bald würde die Macht ihren zersetzenden Einfluss ausüben und seinen Idealismus aushöhlen. Früher oder später würde er sich einfügen.
Pawl ließ sich nicht aufhalten. Wenige Stunden nach dem Sieg gab er seine Eheschließung bekannt. Er nahm die Glückwünsche der Proctor Eins und der Shell-Bogdanovic-Verschwörung Zwei entgegen. (Er erkannte, dass die Shell-Bogdanovic seine wichtigsten Verbündeten gewesen waren, und Angehörige dieser Familie waren die einzigen, die zu seiner Hochzeit geladen waren). Der alte Wong, Oberhaupt der Wong Drei, sandte ihm wertvolle Geschenke: Ikonen, die angeblich von der Heimatwelt aller Heimatwelten, der Erde stammten. Die Xerxes Vier und die Lamprey Sechs spielten keine Rolle mehr, ebenso wie die Konföderation der Freilander und Porterhouse. Diese unglückliche Familie war in einen Bürgerkrieg verstrickt, und während Pawl noch seine verlorenen Welten zählte, begannen die Proctors und Wongs ihr Reich unter sich aufzuteilen. Bald würden die Führer der Freilander und Porterhouse wenig mehr sein als unbedeutende Häuptlinge.
Die Longstock Acht waren höflich und distanziert. Sie hatten gehofft, dass Pawl eine ihrer Töchter erwählen würde. Doch als seine Bekanntmachung hinausging, beugten sie sich dem Unabänderlichen.
Die äußeren Familien, die Paragon, Sith und Felice, waren alle bestrebt, wieder stabile Verhältnisse zu bekommen. Sie waren allesamt sehr ehrgeizig und sahen in guten Beziehungen zum Sieger Vorteile für sich selbst.
So wurde Pawls unstandesgemäße Ehe trotz der Verletzung des Ehrencodex' akzeptiert. Aber er heiratete eine traurige Braut.
Der Verlust ihrer Heimatwelt und der Tod ihres Vaters hatten in Laurel Beltane eine große Leere hinterlassen. Sie und ihr Bruder waren jetzt die einzigen Überlebenden der Beltane. Sie konnten sich damit abfinden. Paris, da er jung war – noch keine achtzehn – fand Ablenkung und Trost auf dem Fechtboden und im Übungsraum auf Bennet. Er trainierte von früh bis spät, und jeden Abend fiel er erschöpft ins Bett, nachdem er eine imaginäre Armee von Araneen und Sennetfledermäusen getötet hatte.
Laurels Verdrängung war komplizierter. Sie redete sich ein, dass ihr Vater noch lebe, und ihre Heimatwelt noch immer im Glanz ihrer blauen Meere und grünen Inseln irgendwo draußen im Raum leuchte. Sie redete sich ein, dass ihr Vater sie eines Tages rufen würde, freundlich und gütig und weise, und dass sie dann wieder zusammen schwimmen und nach dem gefleckten Kraken tauchen würden, wie sie es in ihrer Mädchenzeit getan hatten.
Manchmal aber brach diese Verdrängung vor der Wirklichkeit zusammen, und dann war ihr bewusst, dass die Heimatwelt nichts als schwarze Schlacke war. Pawl tat, was er konnte, sie zu trösten. Er liebte sie und drückte sie an sich und flüsterte ihr Zärtlichkeiten ins Ohr, in jeder erdenklichen Weise bemüht, die Dunkelheit zu bekämpfen, die ihren Geist verdüsterte. In solchen Zeiten klammerte sie sich verzweifelt an ihn, und gemeinsam versuchten sie, die Erinnerung mit der Leidenschaft ihrer Liebe auszulöschen. Aber am Morgen kehrten die trüben Gedanken zurück, und in ihrem Herzen machte sie Pawl für die Zerstörung ihrer Familie verantwortlich. Gleichzeitig liebte sie ihn, denn er war gut, freundlich und sanft, und war alles, was sie hatte.
Pawl wusste nicht, was er tun sollte. Nur gelegentlich kam für kurze Zeit wieder seine vormalige übermütige und unbekümmerte Geliebte in ihr zum Vorschein … und diese hegte er wie ein Mann, der in kalter Finsternis eine winzige Flamme beschützt.
Seine Liebe zu Laurel ließ ihn verzweifelt nach Auswegen suchen. Insgeheim verfluchte er die Xerxes und die Lamprey und die ganze Ordnung der Familien, die zu dieser Zerstörung geführt hatte. Aber keine Flüche und Verwünschungen konnten ungeschehen machen, was eingetreten war.
Er wusste, dass Laurel gern schwamm, und ließ die schönsten Buchten der Insel durch Pontons absperren, um den roten Seetang fernzuhalten, dessen treibende Stränge das Meer bedeckten. Die Insel war vor Generationen von Pawls Vorfahren künstlich vergrößert worden und besaß zahlreiche idyllische Buchten. Er entdeckte, dass Laurel sich am wohlsten fühlte, wenn sie fern von den Gebäuden und Höfen und der Geschäftigkeit der Residenz war. Wann immer es ihm möglich war, unternahm er mit ihr Ausflüge in die unberührte Natur jenseits der Ackerflächen und Weiden. Ihren Proviant trugen sie auf dem Rücken. Wynn, das große biokristalline Gehirn, kümmerte sich während ihrer Abwesenheit um die Tagesgeschäfte der Heimatwelt.
Diesmal waren sie an einer Stelle, wo das vom malerischen Kegel des Vulkans Frautus überragte Mendelgebirge mit seinen Ausläufern die See erreichte. Ein sanft geneigter Kiesstrand führte ins ruhige, klare Wasser. Auf einer Seite begrenzte eine felsige Landzunge die Bucht, und Pawl, der nicht schwimmen konnte, lief und kletterte über die Felsen hinaus und hielt so Schritt mit Laurel, die in der Bucht tauchte und schwamm. In dieser immer wieder unterbrochenen Art und Weise besprachen sie eine geplante Urlaubsreise.
»Es wird nicht alles geschäftlich sein, das verspreche ich dir«, sagte Pawl. Laurel lag auf dem Rücken im Wasser und hielt mit leichten Bewegungen der Hände, deren Finger durch Schwimmhäute miteinander verbunden waren, ihre Position. »Wir werden viel Zeit für uns haben. Wir werden einmal etwas anderes sehen als diese Insel. Aber ich möchte, dass die Leute dich und uns sehen und kennenlernen. Die Paxwax haben sich zu lange abgesondert. Das war eine unserer Schwierigkeiten. Wir zogen uns hinter Verträge zurück. Blieben unzugänglich, verkehrten nur untereinander. Einmal sagte ich zu einer Bekannten …« – Pawl dachte an Neddelia Proctor, ohne ihren Namen zu erwähnen – »dass ich, wenn ich Herr von Paxwax wäre, die Fenster aufstoßen und frische Luft einlassen würde. Das haben wir alle nötig.«
Laurel wälzte sich im Wasser herum und tauchte mit einer mühelosen Schaufelbewegung der Hände. Sie berührte den sandigen Grund, dass eine Wolke feinen Schlamms aufgewühlt wurde, dann tauchte sie auf und blies prustend die Luft aus. »Hört sich lustig an«, sagte sie, aber ihren Worten fehlte die innere Überzeugung.
Die Wahrheit war, dass Pawl die äußeren Bezirke seines Reiches besuchen musste. Es war notwendig, Herrschaftswillen und Stärke der Paxwax zu demonstrieren. In einigen Gegenden hatten sich ehemals unbedeutende Beamte als kleine Feudalherren etabliert und betrieben ihre Loslösung von den Paxwax. Solche Bestrebungen mussten im Keim erstickt werden. Außerdem waren diplomatische Verbindungen wieder anzuknüpfen und neue Verträge auszuhandeln. Wenn er sich mit seiner neuen Frau in allen Teilen des Reiches sehen ließ und bekannt machte, sollte es ihm gelingen, die...




