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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 480 Seiten

Reihe: Tudor-Trilogie

Mantel Falken

Roman
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-8321-8696-8
Verlag: DuMont Buchverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, Band 2, 480 Seiten

Reihe: Tudor-Trilogie

ISBN: 978-3-8321-8696-8
Verlag: DuMont Buchverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die mit dem Booker-Preis ausgezeichnete Fortsetzung von »Wölfe« – das Schicksal der Anne Boleyn

»Sieh meinen Sohn Thomas böse an, und er sticht dir ein Auge aus. Stell ihm ein Bein, und er schneidet es dir ab«, sagt sein Vater über den jungen Cromwell. 35 Jahre später hat Thomas Cromwell die bescheidenen Verhältnisse des Elternhauses hinter sich gelassen. Sein Aufstieg am Hofe von Henry VIII verläuft parallel mit dem von Anne Boleyn, Henrys zweiter Frau, deretwegen dieser mit Rom gebrochen und eine eigene Kirche gegründet hat. Doch Henrys Verhalten hat England ins Abseits manövriert, und Anne konnte ihm keinen Thronfolger gebären. In Wolf Hall verliebt sich der König in die stille Jane Seymour. Cromwell begreift, was auf dem Spiel steht: das Wohl der gesamten Nation. Im Versuch, die erotischen Fallstricke und das Gespinst der Intrigen zu entwirren, muss er eine »Wahrheit« ans Licht bringen, die Henry befriedigen und seine eigene Karriere sichern wird. Doch weder Minister noch König gehen unbeschadet aus dem blutigen Drama um Annes letzte Tage hervor.

›Falken‹ ist die kühne Vision einer Tudor-Gesellschaft, deren Schatten bis in unsere Zeit reicht. Und es ist das Werk einer großen Autorin auf der Höhe ihres Könnens.

»Spiegel und Licht«, der lang erwartete Abschluss der großen Tudor-Trilogie, erscheint am 20. März 2020!

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Weitere Infos & Material


II Krähen London und Kimbolton, Herbst 1535 Stephen Gardiner! Kommt herein, als er hinausgeht, schreitet auf das Gemach des Königs zu, einen Folianten unter dem Arm, der andere, freie Arm schwingt durch die Luft. Gardiner, Bischof von Winchester: bläst heran wie ein Gewittersturm, als wir ausnahmsweise einmal einen schönen Tag haben. Wenn Stephen in einen Raum kommt, weichen die Möbel vor ihm zurück. Stühle rücken nach hinten, Hocker ziehen sich zusammen wie pinkelnde Hündinnen, und die wollenen biblischen Figuren auf den Wandteppichen des Königs heben die Hände, um sich die Ohren zuzuhalten. Bei Hofe könnte man mit ihm rechnen. Seine Ankunft vorausahnen. Aber hier? Während wir noch durchs Land jagen und es (in Gedanken) ruhig angehen lassen? »Was für ein Vergnügen, Mylord Bischof«, sagt er. »Es erfreut mein Herz, Sie in so guter Verfassung zu sehen. Der Hof wird bald nach Winchester ziehen, und ich hatte nicht gedacht, schon vorher in den Genuss Ihrer Gesellschaft zu kommen.« »Ich habe Ihnen eins ausgewischt, Cromwell.« »Befinden wir uns im Krieg?« Das Gesicht des Bischofs sagt: Sie wissen, dass wir das tun. »Sie waren es, der mich verbannt hat.« »Ich? Denken Sie das nicht, Stephen. Jeden Tag habe ich Sie vermisst. Im Übrigen wurden Sie nicht verbannt, sondern aufs Land versetzt.« Gardiner leckt sich die Lippen. »Sie werden sehen, wie ich meine Zeit auf dem Land verbracht habe.« Als Gardiner seinen Posten als Sekretär verlor, und zwar an ihn, Cromwell, wurde dem Bischof nahegelegt, ein Aufenthalt in seiner Diözese in Winchester könne ratsam sein, war er dem König und seiner zweiten Frau doch zu oft in die Quere gekommen. Wie er es ausgedrückt hatte: »Mylord von Winchester, eine überlegte Aussage zum Supremat des Königs könnte willkommen sein, nur damit es zu keinem Fehlschluss in Bezug auf Ihre Treue kommt. Eine verbindliche Erklärung, dass er das Oberhaupt der englischen Kirche ist und es, richtig betrachtet, immer war. Die Versicherung, dass der Papst ein ausländischer Fürst ist, dessen Wort hier keine Gesetzeskraft hat – als niedergeschriebene Predigt vielleicht, oder als offener Brief. Um alle Zweifel an Ihrer Meinung auszuräumen, anderen Kirchenmännern eine Richtung vorzugeben und Botschafter Chapuys von dem Irrtum zu befreien, Sie seien vom Kaiser gekauft worden. Sie sollten eine Erklärung für das gesamte Christentum abgeben. Ehrlich gesagt, warum gehen Sie nicht zurück in Ihre Diözese und schreiben ein Buch?« Jetzt steht er hier, Gardiner, und tätschelt ein Manuskript, als wäre es die Wange eines drallen Babys: »Es wird dem König gefallen, diese Ausführungen zu lesen. Ich habe sie Vom wahren Gehorsam genannt.« »Sie zeigen sie mir besser, bevor Sie sie zum Drucker geben.« »Der König selbst wird sie Ihnen erläutern. Sie zeigen, warum Eide dem Papsttum gegenüber ohne Wirkung sind, unser Eid auf den König als Oberhaupt der Kirche aber gut ist. Sie betonen äußerst eindringlich, dass die Autorität des Königs göttlich ist und ihm direkt von Gott übertragen wird.« »Und nicht vom Papst.« »Keineswegs vom Papst, sondern ohne Mittler von Gott, und sie fließt auch nicht von seinen Untertanen nach oben, wie Sie es ihm gegenüber einmal festgestellt haben.« »Habe ich das? Als aufwärts fließend? Das scheint schwierig zu sein.« »Sie haben dem König ein Buch dieser Aussage gebracht, das Buch von Marsiglio von Padua, seine zweiundvierzig Artikel. Der König sagt, Sie hätten ihn so damit traktiert, dass sein Kopf heute noch schmerzt.« »Ich hätte die Sache abkürzen sollen«, sagt er mit einem Lächeln. »Praktisch, Stephen, macht es kaum einen Unterschied, ob nun von unten oder von oben: ›Denn das Wort des Königs ist mächtig, und wer darf zu ihm sagen: Was tust du?‹« »Henry ist kein Tyrann«, sagt Gardiner steif. »Ich weise jeden Verdacht zurück, seine Herrschaft könnte nicht rechtmäßig begründet sein. Wenn ich König wäre, würde ich wollen, dass meine Autorität rechtmäßig und allgemein anerkannt ist und, wo man sie infrage stellt, entschieden verteidigt wird. Sie nicht?« »Wenn ich König wäre …« Er wollte sagen, dass er ihn dann aus dem Fenster werfen würde. Gardiner sagt: »Warum sehen Sie aus dem Fenster?« Er lächelt gedankenverloren. »Ich frage mich, was Thomas More zu Ihrem Buch sagen würde.« »Oh, dem würde es sehr missfallen, aber seine Meinung schert mich nicht«, sagt der Bischof mit Inbrunst, »da sein Gehirn von Vögeln gefressen und sein Schädel von seiner Tochter zu einer Reliquie gemacht wurde, der sie auf Knien huldigt. Warum haben Sie zugelassen, dass sie seinen Kopf von der London Bridge geholt hat?« »Sie kennen mich, Stephen. Güte fließt durch meine Adern, und manchmal läuft sie über. Aber hören Sie, wenn Sie so stolz auf Ihr Buch sind, vielleicht sollten Sie dann mehr Zeit auf dem Land verbringen und schreiben?« Gardiner macht ein finsteres Gesicht. »Sie sollten selbst ein Buch schreiben. Das wäre etwas. Sie mit Ihrem Küchenlatein und Ihren wenigen Brocken Griechisch.« »Ich würde es auf Englisch schreiben«, sagt er. »Das Englische ist eine gute Sprache für alle möglichen Themen. Gehen Sie hinein, Stephen, lassen Sie den König nicht warten. Sie finden ihn gut aufgelegt. Harry Norris ist heute bei ihm. Und Francis Weston.« »Oh, dieser schwatzende Laffe«, sagt Stephen. Er macht eine ohrfeigende Bewegung. »Danke für Ihre Aufklärung.« Spürt Westons Geist den Schlag? Eine Bö Lachen weht aus Henrys Räumen. Das schöne Wetter überdauerte ihren Aufenthalt in Wolf Hall nicht lange. Sie hatten kaum den Wald von Savernake hinter sich gelassen, als sie in nassen Nebel gehüllt wurden. In England regnet es mehr oder weniger seit zehn Jahren, und die Ernte wird erneut dürftig ausfallen. Der Weizenpreis soll der Voraussage nach um zwanzig Schillinge pro Quarter steigen. Was wird der Arbeiter also in diesem Winter tun? Der Mann, der fünf oder sechs Pence am Tag verdient? Die Profiteure sind längst am Werk, nicht nur auf der Isle of Thanet, sondern in allen Grafschaften. Seine Männer haben die Fährten aufgenommen. Es überraschte den Kardinal immer, dass ein Engländer einen anderen aushungern konnte, um daran zu verdienen. Aber er, Cromwell, sagte darauf: »Ich habe einen englischen Söldner gesehen, der seinem Kameraden die Kehle durchschnitt, die Decke unter ihm wegzog, während er noch zuckte, seine Taschen durchsuchte und ihm ein heiliges Medaillon und sein Geld stahl.« »Ah, Söldner sind gedungene Mörder«, sagte der Kardinal. »Solche Männer haben keine Seele zu verlieren. Aber die meisten Engländer fürchten Gott.« »Das glauben die Italiener nicht. Sie sagen, der Weg zwischen England und der Hölle ist ausgetreten von zahllosen Füßen und führt immer nur bergab.« Täglich grübelt er über seine rätselhaften Landsleute nach. Er hat Mörder gesehen, ja, aber auch einen hungrigen Soldaten, der einer Frau einen Laib Brot schenkte, einer Frau, die ihm fremd war und von der er sich gleich darauf mit einem Achselzucken abwandte. Es ist besser, die Menschen nicht zu versuchen, sie nicht in die Verzweiflung zu zwingen. Lass sie gedeihen, aus dem Überfluss heraus werden sie großzügig. Volle Bäuche mehren die guten Sitten. Das Beißen des Hungers schafft Ungeheuer. Als der reisende Hof einige Tage nach seinem Zusammentreffen mit Stephen Gardiner in Winchester eintraf, waren in der Kathedrale gerade neue Bischöfe geweiht worden. »Meine Bischöfe«, nennt Anne sie: Erweckungsprediger, Reformer, Männer, die in Anne eine Gelegenheit sehen. Wer hätte gedacht, Hugh Latimer könnte Bischof werden? Dem hätte man eher vorausgesagt, er werde auf dem Scheiterhaufen enden, in Smithfield zu Asche werden, das Evangelium auf der Zunge. Sicher, aber wer hätte gedacht, dass aus Thomas Cromwell einmal etwas würde? Als Wolsey fiel, hätte man annehmen sollen, dass er als dessen Diener ruiniert wäre, und als seine Frau und seine Töchter starben, dass der Verlust ihn umbringen würde. Aber Henry wandte sich ihm zu. Henry schwor ihn auf sich ein, nahm sich Zeit für ihn und sagte, kommen Sie, Master Cromwell, nehmen Sie meinen Arm: durch Höfe und Thronsäle; heute ist sein Lebensweg eben und klar. Als junger Mann musste er sich immer durch Mengen drängen und nach vorne schieben, um das Spektakel zu sehen. Heute zerstreuen sich die Leute, wenn er durch Westminster oder die Umgebung eines der Königspaläste geht. Seit seiner Vereidigung als Rat werden Hindernisse, Kisten und herrenlose Hunde aus seinem Weg geräumt. Seit er Master of the Rolls ist, hören die Frauen auf zu flüstern, wenn er sich nähert, ziehen sich die Ärmel herunter und schieben die Ringe an ihren Fingern zurecht. Küchenabfälle, Bürodurcheinander und die Schemel der Geringen werden in die Ecken und außer Sicht getreten, seit er der persönliche Sekretär des Königs ist. Und niemand bis auf Stephen Gardiner verbessert sein Griechisch: jetzt nicht mehr, da er auch Kanzler der Universität Cambridge ist. Henrys Sommer war, alles in allem betrachtet, ein Erfolg: In Berkshire, Wiltshire und Somerset hat er sich den Leuten auf der Straße gezeigt, und sie warteten auf ihn (wenn es nicht gerade wie aus Kübeln schüttete) und jubelten ihm zu. Warum sollten sie auch nicht? Wer Henry sieht, muss staunen. Immer wieder aufs Neue begeistert er einen, als wäre es das erste Mal: dieser massige Mann, stiernackig, mit zurückweichendem Haar und dem fleischiger werdenden Gesicht, die Augen blau, und der kleine Mund, der fast scheu wirkt. Er ist einen Meter neunzig groß, und jeder...


Löcher-Lawrence, Werner
WERNER LÖCHER-LAWRENCE war lange als Lektor in verschiedenen Verlagen tätig. Heute ist er literarischer Agent und Übersetzer. Zu den von ihm übersetzten Autor*innen gehören John Boyne, Nathan Englander, Hilary Mantel, Hisham Matar und Louis Sachar.

Mantel, Hilary
Hilary Mantel, geboren 1952 in Glossop, England, war nach dem Jurastudium in London als Sozialarbeiterin tätig. Für den Roman ›Wölfe‹ (DuMont 2010) wurde sie 2009 mit dem Booker-Preis, dem wichtigsten britischen Literaturpreis, ausgezeichnet. Mit ›Falken‹, dem zweiten Band der Tudor-Trilogie, gewann Hilary Mantel 2012 den Booker erneut. Bei DuMont erschienen zuletzt die Romane ›Der Hilfsprediger‹ (2017) und ›Spiegel und Licht‹ (2020, dritter Band der Tudor-Trilogie).



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