Marquardt | Das Insolvenzgeld als Mittel zur Fortführung und Sanierung von Unternehmen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 231 Seiten, PB, Format (B × H): 148 mm x 210 mm, Gewicht: 401 g

Reihe: Betriebs-Berater Schriftenreihe/ Wirtschaftsrecht

Marquardt Das Insolvenzgeld als Mittel zur Fortführung und Sanierung von Unternehmen

E-Book, Deutsch, 231 Seiten, PB, Format (B × H): 148 mm x 210 mm, Gewicht: 401 g

Reihe: Betriebs-Berater Schriftenreihe/ Wirtschaftsrecht

ISBN: 978-3-8005-9444-3
Verlag: Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Keine Sanierung ohne Insolvenzgeld! So oder so ähnlich könnte die Losung im Insolvenzverfahren lauten. Fragen rund um das Insolvenzgeld und dessen Vorfinanzierung spielen in der Sanierungspraxis eine erhebliche – wenn nicht sogar die entscheidende –
Rolle. Zur Praxis und Dogmatik des Insolvenzgelds fehlt es bislang an einer umfassenden Monografie, die aus insolvenzrechtlicher Sicht die arbeits- und sozialrechtlichen Besonderheiten leicht und verständlich darstellt, aber sich zugleich auch wissenschaftlich
mit den juristischen Problemen auseinandersetzt und neue Lösungen aufzeigt.

So werden vorliegend die Voraussetzungen für die Gewährung von Insolvenzgeld, die Technik der Insolvenzgeldvorfinanzierung sowie die Problematik der Plansanierung, Eigenverwaltung und das Scheitern der Sanierungsbemühungen im Zusammenhang mit
dem Insolvenzgeld umfangreich und anschaulich dargestellt. Fallen und Risiken für die Beteiligten werden aufgezeigt. Da die Insolvenzgeldvorfinanzierung auch während der Corona-Pandemie eines der Hauptwerkzeuge zur Schaffung von Liquidität bleiben wird, soll es vor allem Geschäftsführern, Beratern und Insolvenzverwaltern als wissenschaftlich
orientierte Arbeitshilfe dienen.
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Zielgruppe


Geschäftsführer (von Wirtschaftsunternehmen), Unternehmensberater, Insolvenzverwalter, Sanierungsberater, Restrukturierungsberater, Steuerberater


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


I. Historischer Kontext
1. Sinn und Unsinn einer historischen Darstellung
Die historische Auslegung steht nicht isoliert neben anderen Auslegungsmethoden, sondern ergänzt und stützt sie.26 Wie einzelne Buchstaben erst zusammen ein Wort ergeben und erst das Zusammenspiel von Prädikat und Subjekt einen Satz ergibt, so lassen sich Gesetze erst verstehen, wenn man neben Wortlaut, Systematik und Telos den Kontext ihrer Entstehung nachvollzieht. Es geht dabei weniger um „neue“ historische Erkenntnisse, als vielmehr um die Einordnung der Norm in einen Zeitkontext. Ein umfangreicher historischer Exkurs ist nur dann sinnvoll, wenn damit tatsächlich ein Mehrwert für die Auslegung und die Lösung eines rechtlichen Problems verbunden ist. Es muss sich um Informationen handeln, die zum Verständnis einer Norm unabdingbar sind. Unbestritten kann die Betrachtung der Geschichte das Verständnis schärfen. Manchmal ist die historische Auslegung sogar der einzige Zugang zum Verständnis einer Norm. Sie sollte aber kein seitenfüllender Selbstzweck sein. Die Geschichte kann nur Ausgangspunkt, aber nicht Ziel einer methodischen Annäherung an den objektiv gültigen Sinn eines Rechtssatzes sein.27 Andererseits ist zu beachten, dass der Wille des historischen Gesetzgebers sich meist abschließend im Normtext manifestiert hat.28 Es folgt somit nur ein kurzer Abriss einiger wesentlicher historischer Schritte. Diese sind Grundlage für den Zugang zum Sozialrecht allgemein und speziell zum Insolvenzgeld. Am Ende dieses Exkurses werden einige Erkenntnisse stehen, die auch für die zukünftige Ausrichtung des Insolvenzgelds interessant sind. 2. Vom Konkursausfallgeld zum heutigen Insolvenzgeld
Die Regelung, damals noch in §§ 141a bis 141n AFG normiert, begründete erstmals den sozialversicherungsrechtlichen Schutz der Arbeitnehmer für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. Grundlage war das 3. AFG-ÄndG vom 17. Juli 1974.29 § 141b AFG regelte dabei die Insolvenzereignisse (Eröffnung des Konkursverfahrens, Abweisung mangels Masse, Beendigung der Betriebstätigkeit), während § 141a AFG Konkursausfallgeld folgendermaßen legaldefinierte: „Arbeitnehmer haben bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers nach diesem Unterabschnitt Anspruch auf Ausgleich ihres ausgefallenen Arbeitsentgeltes (Konkursausfallgeld).“30 Die Einführung wurde kurze Zeit später im Jahre 1980 durch die Richtlinie des Rates der EWG 80/987 vom 20. Oktober 1980 überholt. Damit wurden alle Mitgliedstaaten der damaligen EWG durch die Richtlinie europarechtlich verpflichtet, entsprechende Garantieeinrichtungen zu schaffen. Diese sollten sicherstellen, dass Arbeitnehmer auch in der Insolvenz ihre Arbeitsleistung zumindest teilweise vergütet bekommen.31 Eine konkrete Höhe gab die Richtlinie nicht vor. Träger der deutschen Garantieeinrichtung ist die Bundesagentur für Arbeit, die – so jedenfalls die damalige Überlegung des Gesetzgebers – aufgrund der weit verzweigten Einrichtungen am besten in der Lage sei, eine zeitnahe Prüfung und Auszahlung zu gewährleisten.32 Die 1974 eingeführten Normen galten im Wesentlichen inhaltlich unverändert bis zum 1. Januar 1999 fort.33 Als die Insolvenzordnung die Konkursordnung abgelöst hatte, wurden die Vorschriften in die §§ 183 bis 189 a SGB III implementiert. Dabei blieb der wesentliche Kernbereich der Regelungen erneut unangetastet.34 Mit dem Job-AQTIV-Gesetz vom 10. Dezember 2001 wurden die Normen dann hauptsächlich im Hinblick auf grenzüberschreitende Sachverhalte in § 183 Abs. 1 S. 1 und Abs. 1 S. 2 angepasst.35 Zudem wurden in S. 3 und 4 Vorschriften eingefügt, die spezielle Regelungen zum Arbeitszeitguthaben trafen. Auch hierbei blieben umfangreiche Reformen am Regelungskonzept und am Prinzip des Insolvenzgelds aus. Letztlich führte das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20. Dezember 2011 zu einer neuen Systematisierung des SGB III, sodass nunmehr die Regelungen zum Insolvenzgeld von den §§ 183ff. SGB III a.F. in die §§ 165ff. SGB III überführt wurden.36 Inhaltliche Änderungen waren damit, wenn man von redaktionellen Anpassungen und der sprachlichen Gleichsetzung von Männern und Frauen absieht, nicht verbunden und vom Gesetzgeber auch nicht beabsichtigt.37 3. Die gleichzeitige Entwicklung des Insolvenzrechts
a) Die Anfänge des Insolvenzrechts Das Insolvenzrecht hat im Laufe der Zeit wie kaum ein anderes Rechtsgebiet tiefgreifende Veränderungen erfahren. Es ist daher weder sinnvoll noch möglich, alle diese Veränderungen bis ins letzte Detail darzustellen. Die Betrachtung soll sich ausschließlich darauf beschränken, einen Vergleich zwischen der insolvenzrechtlichen und der sozialrechtlichen Entwicklung zu ermöglichen. Das gibt dem Leser Gelegenheit, die Normen im Kontext einzuordnen. Die Geschichte des Insolvenzrechts beginnt bereits im römischen Recht. Dieser Einfluss hat auch in anderen Bereichen das deutsche Zivilrecht maßgeblich mitgeprägt. Im römischen Recht gab es eine Gesamtvollstreckung durch die missio in bona bzw. der missio in possesionem als Regelform der Vollstreckung eines Urteils aus dem Formularprozess gegen den nicht leistenden Schuldner.38 Wörtlich ist damit die Einweisung in das Vermögen bzw. den Besitz gemeint, um sich dann daraus zu befriedigen. Schon zur damaligen Zeit wurde das Vermögen des Betroffenen beschlagnahmt, um anschließend die Gläubiger gleichmäßig befriedigen zu können.39 Dieses Konzept ist bis heute erhalten geblieben und deckt sich mit dem Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter in § 80 Abs. 1 S. 1 InsO. Die Beschlagnahme tritt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein. Bis in die Gegenwart ist die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger sowie deren Gleichbehandlung ein wichtiger Grundsatz des Insolvenzrechts. Meist entzündet sich ein Streit über diesen Grundsatz unmittelbar an einzelnen Rechtsfragen innerhalb eines Insolvenzverfahrens.40 Das römische Recht sah weder Sanierung noch Restschuldbefreiung vor.41 Zugegeben: Global agierende Konzerne mit tausenden Beschäftigten waren selbst für römische Verhältnisse – Rom war immerhin die erste Millionenmetropole – nicht mal entfernt denkbar. Die Wirtschaft gab das noch nicht her. Dennoch waren die römischen Verhältnisse im Hinblick auf das Vollstreckungsverfahren eher martialisch. Die Personalexekution erlaubte die Vollstreckung nicht nur in das Vermögen selbst, sondern auch in andere Rechtsgüter.42 Der Schuldner wurde wortwörtlich in Stücke geschnitten und aufgeteilt. Ein Schuldner verlor sogar seine Stellung als Bürger, wenn er seine Verpflichtungen nicht erfüllen konnte.43 Im späteren germanischen Recht – zur Zeit von 500 v. Chr. bis 100 v. Chr. – fanden sich unter anderem Treuegelöbnisse, die eine Schuldknechtschaft vorsahen, falls jemand sein gesamtes Vermögen verloren hatte.44 Der heute bekannte schuldrechtliche Grundsatz des „pacta sunt servanda“, der unser Verständnis des Insolvenzrechts und Vollstreckungsrechts maßgeblich prägte, entwickelte sich aber erst später als Teil des kanonischen Rechts.45 Die Entwicklung des Vollstreckungsrechts im mittelalterlichen Deutschland hingegen war zunächst noch geprägt vom Prioritätsprinzip („Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“). Bereits der Sachsenspiegel und der Schwabenspiegel enthielten Regeln zur Vollstreckung gegen den säumigen Schuldner.46 Eine gemeinsame Befriedigung der Gläubiger fand nicht statt. Erst nach und nach setzte sich – anfänglich noch ausschließlich in den Städten – die Gesamtvollstreckung im Sinne einer gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger nach römischem Vorbild durch.47 Innerhalb dieser Phase entwickelten sich vom 15. Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert hinein wesentliche Grundzüge des heutigen Insolvenzrechts, die bis heute prägend sind. Das ist natürlich sehr verkürzt und vereinfacht dargestellt, aber die Wiederentdeckung des römischen Rechts beeinflusste das spätere gesamtdeutsche Konkursrecht.48 Diese Entwicklungen gipfelten dann 1877 in der ersten Konkursordnung. Die Schwierigkeit (damals wie heute) bestand in der Verknüpfung von materiellem Recht und Zivilprozessrecht.49 Noch heute zeigt sich dieses Phänomen beispielsweise bei der Prozessaufrechnung.50 b) Von der Konkursordnung zur Insolvenzordnung Mit der Ausarbeitung des BGB wurde die Konkursordnung in den Folgejahren ebenfalls angepasst. Die neue Konkursordnung trat dann zusammen mit dem BGB am 1. Januar 1900 in Kraft. Sie sah bereits in § 174ff. KO die Möglichkeit eines Zwangsvergleiches vor. Der Zwangsvergleich war aber stets noch Teil des eigentlichen Konkursverfahrens.51 Erstmals entwickelte sich dann 1927 mit der Vergleichsordnung ein System zur Abwendung von reinen Abwicklungsverfahren, das aber noch nicht betriebswirtschaftlich orientiert war.52 Hier beginnt bereits in der Weimarer Zeit die Geschichte der Sanierung und Fortführung von Unternehmen. Durch die deutsche Teilung nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich das Recht unterschiedlich weiter. In der BRD wurden gleichzeitig mit der Einführung des Insolvenzgelds im Jahr 1974 Bestrebungen angestellt, den „Konkurs des Konkurses“53 (gemeint sind massearme Verfahren) zu vermeiden.54 Es sollten mehr ausproduzierte und halbfertige Leistungen fertig gestellt...


Nick Marquardt ist Rechtsanwalt bei einer überregionalen insolvenzrechtlichen Boutique-Kanzlei. Er ist spezialisiert auf Insolvenzverwaltung, Sanierung und Restrukturierung. Regelmäßig veröffentlicht er Beiträge in wissenschaftlichen Fachzeitschriften, wann immer er glaubt, dass die Praxis die Theorie überholt.


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