Marsh | Du erinnerst mich an morgen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 432 Seiten

Marsh Du erinnerst mich an morgen

Roman
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-641-20970-4
Verlag: Diana
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 432 Seiten

ISBN: 978-3-641-20970-4
Verlag: Diana
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Zoe will gerade die Zukunft mit ihrer großen Liebe Jamie beginnen, als sie ihre Vergangenheit einholt. Kurz vor der Trauung erreicht sie der Hilferuf ihrer Mutter, mit der sie seit Jahren nicht gesprochen hat. Ohne nachzudenken verlässt Zoe die eigene Hochzeit und findet eine veränderte Mutter. Die Neuigkeit trifft sie mit voller Wucht: Gina ist mit gerade mal Anfang fünfzig an Alzheimer erkrankt. Der Alltag wird bedrohlicher, die Versöhnung mit ihrer Tochter immer dringlicher. Zoe will Gina beistehen, ist aber auch damit konfrontiert, dass Jamie sie nach der geplatzten Hochzeit verlassen hat. Ist er bereit, ihr eine zweite Chance zu geben? Und können Mutter und Tochter die Vergangenheit überwinden, jetzt da Gina ihre Erinnerung langsam, aber unaufhaltsam verliert?

Katie Marsh lebt mit ihrer Familie in London, schreibt Bücher und ist im Gesundheitswesen tätig. Die Inspiration zu ihrem Debüt 'Die Liebe ist ein schlechter Verlierer' verdankt sie ihrer Arbeit mit Schlaganfallpatienten. Sie liebt es, mit ihrer Tochter im Park zu toben, ihrem Mann den Toast zu stehlen und Karaoke zu singen. Ihr zweiter Roman ist bereits in Arbeit.
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KAPITEL 1

Das Sandwich war eindeutig ein Fehler gewesen.

Zoe presste eine Hand gegen ihre feuchtkalte Stirn und griff mit der anderen zur Zahnbürste. Der Stapel weicher weißer Handtücher neben dem Marmorbecken schien sie mit seiner duftenden Perfektion zu verspotten, als sie Zahnpasta auftrug und zu putzen begann.

»Komm schon, Zoe.« Ihr Vater klopfte energisch an die Badezimmertür. »Lass dich nicht unterkriegen!« Seine Stimme klang eher drohend als aufmunternd.

Sie spuckte, spülte den Mund aus und richtete sich auf, um in den Spiegel zu blicken, was sie sogleich bereute. Nicht einmal die übereifrige Visagistin hatte es geschafft, die Schatten der Erschöpfung unter ihren Augen zu überschminken.

»Bin gleich da, Dad.« Sie unterdrückte ein erneutes Gähnen. In der letzten Zeit hatte sie viel zu oft in den frühen Morgenstunden wach gelegen. Sie spürte, wie ihr am ganzen Körper der Schweiß ausbrach, und versuchte, die Spitze zu lockern, die sich an ihren Hals zu klammern schien. Doch der Stoff weigerte sich beharrlich, und sie gab nach einem kurzen Ringen auf und ließ stattdessen kaltes Wasser über ihre Handgelenke laufen. Wenigstens war die Übelkeit nicht mehr so schlimm. Blieben nur noch die hämmernden Kopfschmerzen und die Panik.

Sie trocknete sich die Hände ab und sah beim Aufrichten, wie das cremefarbene Seidenkleid, das in eleganten Falten bis zum Boden fiel, ihre Beine umspielte. Sie war wie eine Braut gekleidet, und ihre kunstvoll hochgesteckten Haare waren bereit für den großen Auftritt.

Irgendwie fühlte sie sich auch wie eine Braut. Erwartungsvoll. Glücklich.

Wenn da nicht diese beharrliche Stimme gewesen wäre, die sie fragte, ob es wirklich richtig war, hier zu sein. Ob Jamie und sie nach allem, was geschehen und gesagt worden war, überhaupt jemals miteinander glücklich werden konnten.

Ihr Magen krampfte sich erneut zusammen, sie stürzte zur Toilettenschüssel hinüber und beugte sich über sie. Das hier entsprach nicht so ganz dem erhofften glamourösen Einstieg in ihren Hochzeitstag. Sie wartete vorsichtshalber ab, ob noch irgendein Rest in ihrem Magen übrig war. Offenbar nicht. Wenigstens etwas. Sie richtete sich mit etwas wackeligen Beinen auf.

Es klopfte erneut. »Zoe. Ich muss jetzt wieder runter.«

Sie vernahm die Ungeduld in seiner Stimme. Im Ablaufprogramm ihrer Hochzeit war kein Platz für Krisen irgendwelcher Art. Jede Sekunde des Tages war verplant. Abweichungen nicht gestattet.

Sie holte tief Luft, trat auf die Badezimmertür zu, öffnete sie und versuchte sich an einem Lächeln. Offenbar mit Erfolg, denn ihr Vater grinste sie an.

»Scheint ja alles in Ordnung zu sein. Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann«, sagte er und musterte sie dabei von oben bis unten. Groß gewachsen, wie er war, gab er im Cut eine stattliche Figur ab. Er hatte sich das graue Haar mit Wachs zurückgekämmt, und seine schwarzen Schuhe glänzten. »Kann ich doch immer.«

Sie nickte. »Alles prima. Ich musste nur mal meine Nase pudern.« Ihr Magen gab ein Unheil verheißendes Geräusch von sich, und sie kämpfte schon wieder mit dieser verflixten Übelkeit. Sie erblickte den Stolz in seinen braunen Augen. Er sah immer nur ihre Schokoladenseite. Eine andere hatte sie ihm auch noch nie gezeigt.

»Hier, Zo, für dich.« Ihre Schwester hielt ihr ein Glas Champagner hin.

»Danke, Lily.«

Vielleicht war Alkohol ja die Lösung. Alles andere hatte bisher versagt: Magenmittel, Tiefenatmung, klassische Musik – nichts hatte genützt. Zoe sah, wie die Bläschen im randvoll gefüllten Glas nach oben perlten und platzten, während sich ihre Finger um den Stiel schlossen. Sie nahm einen vorsichtigen Schluck und setzte das Glas auf dem niedrigen dunklen Eichentisch ab. Atmete langsam aus. Sie würde das schon hinkriegen.

Ihr Vater lächelte, und die blasse Narbe an seinem Kinn verzog sich zu einem nach oben gebogenen schiefen C. Nordirland 1986. Er konnte die Herkunft jeder einzelnen Narbe an seinem Körper benennen, die er in den vielen Jahren seines Militärdienstes davongetragen hatte. »Jamie ist ein Glückspilz. Ich hoffe, er weiß das.« Da war ein warnender Unterton in seiner Stimme. Jamie scherzte manchmal, dass er Zoe erst aus einem brennenden Gebäude retten oder einen Mordanschlag auf sie vereiteln müsste, ehe ihr Vater ihn ihrer würdig erachtete.

»Also dann. Es wird Zeit.« Er machte auf dem Absatz kehrt und marschierte auf die Zimmertür zu, blieb dann aber stehen, kam noch einmal zurück und umarmte Zoe so fest, dass sie spürte, wie sein Herz gegen ihre Rippen schlug. Diese Umarmung war seine Art, ihr zu zeigen, dass er sie liebte. Was er niemals in Worte fassen würde.

Er presste sie noch etwas fester an sich. »Auf einen wunderschönen Tag.«

Nun ja, sie hatte sich seit mindestens fünf Minuten nicht mehr übergeben, also schienen sich die Dinge in die richtige Richtung zu entwickeln.

»Danke, Dad.« Sie kuschelte sich unter sein Kinn, erinnerte sich daran, wie Lily und sie aus den Fenstern einer schier endlosen Reihe von Häusern in Militärwohnanlagen hinausgespäht hatten, um die Ankunft ihres Vaters, des Helden, mitzuerleben. Die Nasen an das Glas gepresst. Die Stimmen erhoben, während sie darum wetteiferten, wer ihn zuerst sah. Dann dieses wundervolle Gefühl, wenn er sie zum ersten Mal nach langer Zeit wieder in die Arme nahm und an sich drückte.

Er ließ Zoe los, und sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn auf die Wange zu küssen. »Es wird bestimmt perfekt. Ich kann es kaum erwarten.«

Sie ignorierte ihren schnellen Puls. Die Dunkelheit, die sie erfüllte. Alle hatten sie schon lange vorgewarnt, dass eine Hochzeit nicht unbedingt ein Vergnügen für Braut und Bräutigam war. Vielleicht fühlte sich ja jede Braut wie sie gerade. Überfordert. Unsicher.

Ihr Vater tätschelte ihre Schulter. »Zeit, die Platzanweiser auf Trab zu bringen. Wir sehen uns dann in zwanzig Minuten unten. Verspätet euch nicht!« Er ging zur Tür und öffnete sie.

Zoe hätte ihn um ein Haar aufgehalten. Ihm um ein Haar die Sorgen gestanden, die an ihr nagten. Doch dann schluckte sie sie hinunter. Ihre lebenslange Übung half ihr dabei. Sie war wirklich gut darin, Ruhe zu bewahren und weiterzumachen.

Außerdem konnte sie im Augenblick sowieso nicht viel ausrichten. Die Blumen, das Essen, der Saal, die Gäste – allein der Gedanke daran, diesen Hochzeits-Monstertruck aufzuhalten, reichte schon aus, um in ihr wieder das Bedürfnis zu wecken, ins Badezimmer zu rennen, die Tür abzuschließen und sich einen Fluchttunnel nach Australien zu graben.

»Wir werden pünktlich sein, Dad.«

Als die Tür hinter ihm zufiel, salutierten beide Frauen zum Spaß. Sie sahen einander an und lächelten bei der Erinnerung an ihre Kindheit, in der sie von den Ausflügen ins Museum bis zum Fußballspiel im Garten bei allem immer pünktlich auf die Minute hatten antreten müssen.

Zoe ging zu dem großen Schiebefenster hinüber. Sie hatte ein so beklemmendes Gefühl in der Brust, dass ihr das Atmen schwerfiel. Sie brauchte unbedingt Luft. Doch als sie versuchte, es zu öffnen, rührte es sich nicht. Und als sie daran ruckelte, brach der Riegel ab und fiel zu Boden.

Heute war wirklich nicht ihr Tag.

Sie wandte sich vom Fenster ab und begann sich mit der Hand Luft zuzufächeln. Die Haarklammern, die dafür sorgten, dass ihre Frisur hielt, begannen zu ziepen. Sie massierte sich die Schläfen. »Mein Gott, hast du eine Ahnung, was er mit uns anstellt, wenn wir uns tatsächlich verspäten sollten?«

»Darüber denke ich lieber nicht nach.« Lily schüttelte energisch den Kopf, während sie sich eine Halskette mit einem Silberanhänger anlegte.

»Spielverderberin.«

Zoe musste bei dem Gedanken schlucken, wie viele Menschen unten im Wintergarten des Hotels auf sie warteten. Die Gästeliste war einfach immer länger geworden – von anfänglich vierzig Leuten war sie bis auf hundertfünfzig angewachsen, die nun vermutlich dort herumstanden. Die Freunde ihres Vaters. Jamies und ihre Freunde. Und alle warteten darauf, dass es losging. Warteten nur auf sie.

»Alles in Ordnung?« Lily legte einen schlanken Arm um ihre Schultern. Ihre silbrig lackierten Nägel funkelten im Sonnenlicht.

Zoe nickte. »Ja, alles klar. Aber es trägt nicht gerade zu einer entspannten Atmosphäre bei, Dad in Gefechtsbereitschaft zu erleben.« Sie versuchte sich an einem Lachen, doch es klang eher wie ein spitzer Schrei. Sie war total aufgedreht, ihr Körper übersensibel, als rechne er mit einer Katastrophe, die nur sie kommen sehen würde. Sie war vor Schreck zusammengezuckt, als Lily vorhin ihren Koffer zugeschlagen hatte, und der Hochzeitsfotograf hatte es längst aufgegeben, sie zu fotografieren, und war nach unten verschwunden, um Fotos von Leuten zu schießen, die tatsächlich ein Lächeln zustande brachten.

»Bist du dir sicher, dass das alles ist? Liegt es wirklich nur daran, dass Dad dich stresst?«, erkundigte sich Lily mit leiser Stimme.

Zoe setzte sich auf die Kante des riesigen Doppelbetts. Die purpurrote Bettdecke unter ihr gab ein Rascheln von sich. »Absolut. Einer der Platzanweiser hat mir vorhin sogar eine SMS geschickt, weil ihm Dad Angst einjagt. Er fürchtet, er könnte irgendwo ein altes Armeegewehr versteckt haben, falls einer von ihnen aus der Reihe tanzt. Bei all der Anspannung hab ich ja wohl nicht viel zu lachen, oder?«

Dieses Mal wirkte Lily überzeugter. »Stimmt.« Sie schob sich eine mit Strass besetzte Spange ins kurze blonde Haar. »Ich wollte...


Marsh, Katie
Katie Marsh lebt mit ihrer Familie in London, schreibt Bücher und ist im Gesundheitswesen tätig. Die Inspiration zu ihrem Debüt "Die Liebe ist ein schlechter Verlierer" verdankt sie ihrer Arbeit mit Schlaganfallpatienten. Sie liebt es, mit ihrer Tochter im Park zu toben, ihrem Mann den Toast zu stehlen und Karaoke zu singen. Ihr zweiter Roman ist bereits in Arbeit.



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