E-Book, Deutsch, Band 0318, 144 Seiten
Reihe: Historical MyLady
Marshall Stets zu Diensten, Mylady!
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-95446-027-4
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 0318, 144 Seiten
Reihe: Historical MyLady
ISBN: 978-3-95446-027-4
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Beinahe steht der Hochzeitstermin mit der reichen Sarah Allenby fest, als die ruinöse Finanzlage des Bräutigams Will Shafto doch noch publik wird. Der Traum vom rettenden Geld zerplatzt, und die Lage des verarmten Großgrundbesitzers ist prekär! Da nehmen die Dinge einen unerwarteten Verlauf: Lady Rebecca Rowallan, Cousine der entgangenen Sarah, bittet ihn um seine Aufwartung - und um seine Hand! Die Gründe für die Ehe, die sie ihm vorschlägt, sind so kühl und sachlich wie sie selbst. Die Bedingungen knapp und klar: Lady Rebecca bestimmt den Kurs. Die Ehe wird nicht vollzogen und nach fünf Jahren geschieden. Da sieh die Apanage, die Rebecca zahlen will, durchaus sehen lassen kann, scheint das Arrangement perfekt - bis nicht eingeplante Gefühle ihre Verbindung in höchst stürmische Gewässer führen...
Als Bibliothekarin hatte Paula Marshall ihr Leben lang mit Büchern zu tun. Doch sie kam erst relativ spät dazu, ihren ersten eigenen Roman zu verfassen, bei dem ihre ausgezeichneten Geschichtskenntnisse ihr sehr hilfreich waren. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie fast die ganze Welt bereist. Ihr großes Hobby ist das Malen.
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1. KAPITEL
Den eleganten Zylinder ein wenig schief auf dem Kopf, schritt Will Shafto fröhlich die Piccadilly Street hinunter. Er hatte allen Grund, wohlgemut zu sein, denn alle Sorgen gehörten mit einem Schlag der Vergangenheit an. Vor ihm lag eine wunderbare, sonnige Zukunft. Er hatte Sarah Allenby um ihre Hand gebeten und war von ihr und ihrer Familie akzeptiert worden.
Dabei kümmerte es ihn nicht im Geringsten, dass sie sich wahrscheinlich völlig falsche Vorstellungen über die Gründe seines Heiratsantrags machte. Sie war zwar die gefeierte Ballkönigin der Saison, doch nicht ihr jugendlicher Liebreiz und ihre goldenen Locken hatten ihn angezogen, sondern die nüchterne Tatsache, dass sie eine reiche Erbin war. Ihre Schönheit und ihr Charme waren höchst willkommene Beigaben, in seiner Lage aber gewiss nicht von vorrangiger Bedeutung.
Schließlich sollte sie ihn – wenn auch ohne es zu ahnen – vor Marshalsea bewahren, dem gefürchteten Schuldnergefängnis, das ihn unwiderruflich erwartete, hätte sie ihn abgewiesen. Zehn furchtbare Jahre lagen hinter ihm, in denen er wohlhabend und sorglos erscheinen musste, obwohl er in Wahrheit nahezu mittellos war. Nur sein schneller Verstand und seine Geschicklichkeit hatten ihn am Leben gehalten. Doch das war jetzt alles vorbei. Endlich konnte er wieder Will Shafto von Shafto Hall sein, mit allem, was das bedeutete.
Den alten Familiensitz Shafto Hall könnte er schon bald wieder herrichten lassen, die umliegenden Ländereien, die sein verschwendungssüchtiger Vater verloren hatte, zumindest teilweise zurückkaufen, und der Name Shafto würde wieder seinen alten Glanz erhalten. Wenn er dafür den Preis zahlen musste, sich selbst an eine Frau zu verkaufen, die er zwar mochte, aber keineswegs liebte, dann war er bereit dazu.
Letzten Endes wurden nicht wenige Ehen unter seinen Standesgenossen auf weitaus geringerer Grundlage geschlossen, als er sie seiner reichen zukünftigen Gemahlin bot. Er würde sich nach Kräften bemühen, ihr ein guter und treuer Ehemann zu sein – allein seine Dankbarkeit dafür, dass mit ihrem Vermögen die Shaftos aus dem Elend herauskamen, verpflichtete ihn zu unbedingter Treue.
Lächelnd stieg er die Freitreppe des großartigen Stadthauses im italienischen Stil hinauf, den ein längst verstorbener Allenby Anfang des achtzehnten Jahrhunderts hatte errichten lassen, und betätigte den Türklopfer. Auch dieses Palais würde bald ihm gehören. In wenigen Minuten sollte er den Ehevertrag unterzeichnen, den sein Anwalt Wilmot mit den Rechtsberatern der Familie Allenby am Morgen ausgehandelt hatte.
Amüsiert stellte er sich den schlauen Fuchs Wilmot vor, wie er den Allenbys Papiere unterbreitete, die Will Shafto nicht nur als wohlhabend, sondern sogar als reich erscheinen ließen. Niemand wäre aufgrund dieser Schriftstücke darauf gekommen, wie es in Wahrheit um seine Finanzen stand.
Ganz verloren in seinen rosigen Traum, nahm er den frostigen Blick des Butlers gar nicht wahr, und auch die Tatsache, dass er in einen Vorraum geführt wurde statt, wie bei seinen früheren Besuchen, in den Empfangssalon, störte ihn nicht. So blieb ihm wenigstens Zeit, in einem prachtvoll gerahmten venezianischen Spiegel sein Erscheinungsbild zu überprüfen.
An seinem Äußeren gab es nun wirklich nichts auszusetzen. Seine dunklen Locken waren modisch und korrekt à la Brutus frisiert, das Krawattentuch bauschte sich in makellos weißer Seide, der blauschwarze Überrock saß perfekt, ebenso die eng geschnittenen cremefarbenen Pantalons. Ohne eitel zu sein, musste er sogar selbst eingestehen, dass er in Aussehen und Auftreten die meisten Gentlemen seines Alters in den Schatten stellte. Alles war folglich in bester Ordnung.
Da kehrte auch schon der Butler zurück und führte ihn mit eisiger Miene einen langen, schwarz-weiß gefliesten Gang entlang. Eine gut gekleidete junge Dame, gefolgt von ihrer Anstandsdame, kam ihnen entgegen. Wills artige Verbeugung beantwortete sie mit einem Blick, der dem des Butlers an Eiseskälte in nichts nachstand. Will Shafto hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, auch der geringsten Kleinigkeit Beachtung zu schenken, denn alles Wissen konnte sich irgendwann als sehr nützlich erweisen. So entging ihm nicht, dass diese junge mittelgroße Dame mit ihrer geraden Nase, den klaren grauen Augen, der hohen Stirn und dem modisch aufgesteckten kastanienbraunen Haar von einer strahlenden, wenn auch klassisch strengen Schönheit war, beinahe, als wäre eine antike Marmorstatue zum Leben erwacht.
Am Ende des Ganges drängte der Butler ihn ungeduldig in einen Raum, den er bisher noch nie betreten hatte. Dort erwartete ihn allerdings nicht seine zukünftige Braut, sondern eine Gruppe von Herren, offenbar alles Mitglieder der Familie Allenby. Wie eine Krähe zwischen prächtigen Pfauen stand Simpson unter ihnen, der Anwalt der Familie. Nach Josiah Wilmot, seinem eigenen Rechtsbeistand, hielt Will vergeblich Ausschau.
Am anderen Ende des Raumes, hinter den Allenbys, entdeckte er dafür zwei extrem kräftig gebaute Männer, in denen er auf der Stelle Bow Street Runners erkannte, die gefürchteten Londoner Ordnungshüter. Irgendetwas war hier ganz und gar nicht in Ordnung. Man ließ ihn nicht lange im Unklaren.
John Allenby, Sarahs Onkel und Vormund, ergriff als Erster das Wort.
“Nach allem, was und wer Sie sind, Sir, werden Sie Verständnis dafür haben, dass wir Sie auf diese Weise empfangen.”
Ohne lange zu überlegen, beschloss Will, unverfroren an seinem bisherigen Auftreten festzuhalten. Ihm blieb kaum etwas anderes übrig.
“Ganz im Gegenteil, Sir. Ich habe nicht die geringste Ahnung.”
“Dem kann schnell abgeholfen werden”, entgegnete Allenby mit schneidender Stimme. “Von einer Heirat zwischen Ihnen und meiner Nichte kann keine Rede mehr sein. Mithilfe dieser beiden Herren hier”, wobei er auf die Konstabler wies, “mussten wir feststellen, dass Ihre eigenen Angaben wie auch die Ihres Anwalts nicht der Wahrheit entsprechen. Sie sind nichts weiter als ein mittelloser, hoch verschuldeter, hergelaufener Bursche, was sage ich, ein Schurke und elender Mitgiftjäger der übelsten Sorte. Nicht einmal der Ring, den Sie meiner Nichte gaben und der jetzt vor Ihnen auf dem Tisch liegt, ist bezahlt. Ihr gesamtes Einkommen beläuft sich auf weniger als zweihundert Pfund pro Jahr. Hätten wir auch nur im Entferntesten eine Ahnung über Ihren wahren Charakter und Ihre wahren Lebensumstände gehabt, Sir, wir hätten Ihnen nicht einmal erlaubt, mit unserer Nichte zu sprechen, geschweige denn, um ihre Hand anzuhalten.”
Mit einem Schlag war der Traum von einer sorglosen Zukunft vorbei. Will Shafto schluckte einmal, doch die Unverfrorenheit und Selbstbeherrschung, die viele Jahre lang seine wichtigste Überlebensquelle gewesen waren, ließen ihn auch jetzt nicht im Stich.
“Und Ihre Nichte, Sir?”, fragte er, äußerlich vollkommen gefasst und scheinbar unbeeindruckt. “Was sagt sie zu dieser Ablehnung meines Antrags? Kann ich nicht mit ihr sprechen?”
“Was meine Nichte wünscht oder nicht wünscht, ist für Sie ohne Belang. Sie wird den Wünschen ihres Vormunds und ihrer Familie Folge leisten, und wir werden keinem weiteren Kontakt mit Ihnen stattgeben. Um Sarahs Namen vor einem Skandal zu schützen, werden wir diese ganze Angelegenheit diskret behandeln, erwarten allerdings, dass Sie auf der Stelle das Haus verlassen und diesen Ring mitnehmen. Sollten Sie so uneinsichtig sein, auf einer weiteren Diskussion zu bestehen, haben die beiden Bow Street Runners den Auftrag, Sie zur Tür hinauszubefördern.”
Will machte keine Anstalten, den Raum zu verlassen oder den Ring vom Schreibtisch zu nehmen. Sein bisheriges Leben war nicht gerade arm gewesen an unangenehmen Augenblicken, doch diese Demütigung war das Schlimmste, was ihm je widerfahren war. Er schaute Harry Fitzalan an, Sarahs Cousin, der ihn mit ihr bekannt gemacht hatte.
“Und du, Harry?”, fragte er. “Du stimmst all dem hier zu?”
John Allenby gab ihm keine Gelegenheit zur Antwort.
“Natürlich, zumal er einsieht, dass seine Torheit uns dazu brachte, einem Menschen wie Ihnen Zutritt zu unserem Haus zu gewähren und Ihre Werbung um unsere Nichte zu dulden.”
Will blieb nichts weiter übrig, als den letzten Rest Würde zu retten und zu gehen, bevor die Konstabler sich seiner bemächtigten. Nach einer kurzen wortlosen Verbeugung wandte er sich um und ging zur Tür. Er würde diesen Männern weder widersprechen noch sich rechtfertigen. Beides wäre sinnlos gewesen. Er hatte einen handfesten Täuschungsversuch unternommen und war entlarvt worden, daran war nicht zu rütteln. Warum Sarahs Onkel ihm allerdings die Bow Street Runners auf den Leib gehetzt hatte, blieb ihm unverständlich. Er war schließlich kein Krimineller. Doch in den Augen dieser Männer war Armut offenbar ein Verbrechen, für sie war er folglich ein Schurke.
Bevor er die Tür öffnete, wandte er sich noch einmal um und sagte mit erhobenem Kopf und ruhiger, unbeteiligt klingender Stimme: “Ich wäre ihr ein besserer Ehemann geworden als jeder andere, den Sie ihr zu heiraten befehlen werden.”
Das waren prophetische Worte, und manch einer der Anwesenden sollte Grund genug bekommen, sich ihrer zu erinnern. Zu diesem Zeitpunkt starrte John Allenby ihn jedoch lediglich unversöhnlich an und drohte, ihn von den Konstablern die Treppe hinunter werfen zu lassen.
“Bemühen Sie sich nicht”, erklärte Will Shafto mit einer angedeuteten Verbeugung. “Und du, Harry, wirst Sarah gegenüber mein Bedauern zum Ausdruck bringen. Ich verlasse mich auf dich als einen Mann von Ehre.”
Harry Fitzalan schaute ihn verlegen an, biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf.
“Nun denn, dann nicht”, war...