Matolycz Kommunikation in der Pflege
2009
ISBN: 978-3-211-89012-7
Verlag: Springer Wien
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
E-Book, Deutsch, 258 Seiten, eBook
ISBN: 978-3-211-89012-7
Verlag: Springer Wien
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Zielgruppe
Professional/practitioner
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Statt einer Einleitung: zum Umgang mit diesem Buch.- Statt einer Einleitung: zum Umgang mit diesem Buch.- Klassiker der Kommunikations- und Pflegetheorie. Grundlagen.- Paul Watzlawick: Fünf Axiome der Kommunikation und ihre Bedeutung für die Pflege.- Friedemann Schulz von Thun: Die Anatomie einer Nachricht und die Bedeutung für die Pflege.- Florence Nightingale über Kommunikation in der Pflege.- Verstehen und verstanden werden.- Wenn Kommunikation schwierig wird — spezielle Problemfelder und Lösungsansätze.- „1 + 1 = 3“ (Kreisläufe oder Spiele).- „Wie ich es auch mache: Immer ist es falsch!“ (Double-Bind).- „Wir pflegen hier nach Böhm!“ (Die „Bibel“ in Gruppen nach W. R. Bion).- „Das will ich ihr die ganze Zeit schon zeigen …!“ (Komplementäre Schismogenese).- „Könnten wir bitte ernst bleiben?“ (Störungen haben Vorrang).- „Ihr Ton gefällt mir nicht“ (Metakommunikation und „Therapeutenfalle“).- Pflegeabhängigkeit und Kommunikation.- „Sie waren sicher einmal eine schöne Frau“ (Die besondere Asymmetrie der Kommunikation in der Pflege).- „Was der nur immer mit dieser Allergie hat!“ (Die Botschaft hinter der Botschaft).- „Den Fraß können Sie behalten, Schwester!“ (Affekt, Angst und Aggression).- Transkulturelle Pflege und Kommunikation.- „Die sind da nicht so locker“ (Kommunikation zwischen den Kulturen — worum es dabei geht).- Kommunikationspartner und ausgewählte Gesprächssituationen in der Pflege.- Kommunikation zwischen Pflegenden und Patienten.- Kommunikation zwischen Pflegenden und Angehörigen von Klienten der Pflege.
III. Pflegeabhängigkeit und Kommunikation (S. 167-168)
Die Situationen, in denen Pflege stattfindet, sind vielfältig und könnten, was ihre kommunikativen Bedingungen betrifft, unterschiedlicher nicht sein. Ein Gespräch zwischen einer Pflegeperson auf einer chirurgischen Abteilung und einem jungen Patienten, der zur Appendektomie aufgenommen wird, gestaltet sich anders als eines, in dem ein in einer geriatrischen Wohneinrichtung praktizierender Pfleger versucht, mit einer demenziell erkrankten Frau Kontakt aufzunehmen. Pflegende bringen je unterschiedliche persönliche Befindlichkeiten und kommunikative Möglichkeiten in verschiedenartigste Situationen mit. Menschen, die einer der vielen Formen von Pflege bedürfen, können ebenfalls gut oder schlecht gestimmt sein und mehr oder weniger die Fähigkeit haben, das Geschehen rund um das Aussenden und den Empfang von Botschaften zu reflektieren.
Im vorliegenden Kapitel möchte ich versuchen, ausgesuchte Elemente auszumachen, die Kommunikation, die im Pflegekontext stattfindet, mitbestimmen können.
Wer – in welcher Form auch immer – der Pflege bedarf, ist in manchen Belangen seines Lebens von Anderen abhängig. Das hat natürlich Auswirkungen auf das kommunikative Geschehen. Zunächst möchte ich mich darum auch mit der Asymmetrie beschäftigen. Ein weiteres Phänomen, mit dem man es im Zusammenhang mit pflegerischem Geschehen immer wieder zu tun bekommen kann, ist das der „Botschaft hinter der Botschaft“. Häufig ist das Phänomen bereits eine Folge der asymmetrischen Interaktions-, auch Kommunikationsstruktur rund um das Miteinander in Einrichtungen, in denen gepflegt wird. Ein besonderes Augenmerk soll hier auf die Langzeitpflege gelegt werden.
Weiters soll Affektivität samt Angst und Aggression Thema sein, und zwar einerseits jene, die Klienten der Pflege empfinden können, andererseits die, die Pflegende selbst betrifft.
1. „Sie waren sicher einmal eine schöne Frau“ (Die besondere Asymmetrie der Kommunikation in der Pflege)
Aus der Praxis (Operationsvorbereitung)
Herr Müller liegt auf der Chirurgie und wird von Susanne auf die Operation vorbereitet. Dazu gehört ein Einlauf. Susanne führt alle Arbeitsschritte durch, kündigt sie Herrn Müller auch jeweils an und führt die Pflegehandlung korrekt aus. Dem Patienten ist die Situation sichtlich peinlich. „Ich habe das zu Hause auch schon einmal bei mir selbst gemacht“, sagt er. „Ja?“, gibt Susanne zurück, „Sie hätten es auch gerne selbst tun können. Wäre Ihnen das lieber gewesen?“ „Nein, Schwester“, beteuert Herr Müller. „Es wäre, wie gesagt, kein Problem gewesen.
Wir zwingen hier ja niemanden zu etwas, das er auch selbst kann.“ Herr Müller nestelt an seinem Nachthemd und legt sich ins Bett. „Danke, Schwester“, sagt er und Susanne verlässt das Zimmer. Als einige Zeit später Carmen, Praktikantin auf der Abteilung, den Patienten fragt, ob er wegen der Operation ein wenig nervös sei, bestätigt er das. „Das habe ich mir gedacht“, sagt Carmen, „Sie sind ganz weiß im Gesicht. Aber“, lacht sie, „wissen Sie, wenn Sie dann im Operationssaal sind, sind Sie der Mittelpunkt, nach allen Regeln der Kunst. Was meinen Sie, wer da alles gleichzeitig auf Sie aufpasst!“ Als der Transportdienst Herrn Müller zur Operation abholt, halten beide, Herr Müller und Carmen, die Arme nach oben und drücken je beide Daumen. Erst zwinkert Carmen mit den Augen und ruft „Genießen Sie’s!“, dann zwinkert der Patient zurück und lacht. Seine Frau bedankt sich später bei Carmen.