Matthäus / Bajohr | Alfred Rosenberg | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 656 Seiten

Reihe: Die Zeit des Nationalsozialismus ? »Schwarze Reihe«

Matthäus / Bajohr Alfred Rosenberg

Die Tagebücher von 1934 bis 1944
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-10-403383-9
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die Tagebücher von 1934 bis 1944

E-Book, Deutsch, 656 Seiten

Reihe: Die Zeit des Nationalsozialismus ? »Schwarze Reihe«

ISBN: 978-3-10-403383-9
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



+++Die lange verschwundenen Tagebücher von Alfred Rosenberg, dem Chef-Ideologen der NSDAP, erstmals in einer Gesamtausgabe - ein Schlüsseldokument zur Geschichte von Nationalsozialismus und Holocaust+++ Seit 1946 verschollen, wurden die Tagebücher des NSDAP-Reichsleiters Alfred Rosenberg erst 2013 aufgefunden. Hier liegen sie erstmals als Gesamtausgabe vor, ausführlich kommentiert von den renommierten Historikern Frank Bajohr(Zentrum für Holocaust-Studien, München) und Jürgen Matthäus (US Holocaust Memorial Museum, Washington). Rosenbergs Aufzeichnungen zeigen, dass seine Rolle bei der Vorbereitung und Umsetzung des Holocaust lange unterschätzt wurde. Schon früh einer der radikalsten Antisemiten, unterstützte er bis zuletzt die deutsche Vernichtungspolitik. Seine Notizen verdeutlichen neben seiner unbedingten Ergebenheit gegenüber Hitler die erbitterte Konkurrenz innerhalb der Funktionselite um den »Führer«, insbesondere die intime Feindschaft zwischen Rosenberg und Joseph Goebbels. Aus der Perspektive eines der Hauptverantwortlichen eröffnet dieses Schlüsseldokument neue, wichtige Einblicke in die vom NS-Regime erzeugte Gewaltdynamik.

Dr. Jürgen Matthäus,geboren 1959, ist Direktor der Forschungsabteilung am Jack, Joseph and Morton Mandel Center for Advanced Holocaust Studies des United States Holocaust Memorial Museum in Washington, DC. Auf Deutsch erschien von ihm zuletzt ?Dokumente der Einsatzgruppen in der Sowjetunion?, 3 Bde. (Hg. mit Klaus-Michael Mallmann, Martin Cüppers und Andrej Angrick, 2011 - 2014). Dr. Frank Bajohr,geboren 1961, ist Wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Er war bis 2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg und arbeitete als Fellow u. a. in Yad Vashem/Israel und am US Holocaust Memorial Museum in Washington. Bei Fischer erschien von ihm u. a.: ?Parvenüs und Profiteure. Korruption in der NS-Zeit? (2001) und ?»Unser Hotel ist judenfrei«. Bäder-Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert? (2003).
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I. Einleitung


Alfred Rosenberg: Eine biographische Skizze


Der am 12. Januar 1893 im damals russischen Reval (estnisch: Tallinn) geborene Alfred Rosenberg entstammte einer deutsch-baltischen Familie und siedelte nach seinem Architekturstudium in Riga und Moskau Ende 1918 ins von Weltkriegsniederlage und Revolutionswirren geschüttelte Deutschland über. In München schloss sich Rosenberg rasch dem völkischen Milieu an und reüssierte mit einigem Erfolg als Verfasser politischer Kampfschriften mit betont antisemitisch-antikommunistischer Spitze. In der noch jungen NSDAP gehörte er vor allem aufgrund seines Anspruchs, aus eigener Erfahrung die wahre Natur »jüdisch-bolschewistischer Herrschaft« offenzulegen, zum engeren Kreis um Hitler und zum Stammpersonal des Parteiorgans dessen Herausgeberschaft er 1923 übernahm. Angesichts seiner Frühschriften attestiert ihm sein Biograph zu Recht einen »geradezu monomanischen Antisemitismus«;[1] zu den einschlägigen Titeln gehören Rosenbergs erstes Buch (veröffentlicht 1920), das wir in Teil III auszugsweise abdrucken;[2] »Unmoral im Talmud« (1920); (1922); (1923) sowie zahllose judenfeindliche Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, im von ihm seit 1924 herausgegebenen Periodikum sogar mit internationalem, an »die weiße Rasse« gerichtetem Anspruch.[3]

Seine weitere Karriere wäre ohne die beachtliche journalistische und konzeptionelle Produktivität dieser Jahre, die in der Parteileitung nur selten anzutreffen war, kaum vorstellbar. Sein publizistischer Fleiß glich offensichtliche Defizite als Propagandaredner und Organisator aus und untermauerte seine Stellung als Hitler-Vertrauter. Rosenbergs 1919 fertiggestelltes erstes Buch prägte zumindest teilweise die antisemitischen Passagen in Hitlers [4] Wahrscheinlich beeinflusste er auch indirekt das im Februar 1920 verkündete NSDAP-Programm, vor allem Punkt 4: »Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksicht auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.« Darauf deutet auch der Umstand hin, dass Rosenberg später als berufener Kommentator des Parteiprogramms fungierte.[5]

Als Hitler und andere NS-Größen nach dem gescheiterten »Marsch auf die Feldherrnhalle« am 9. November 1923 verhaftet wurden, versuchte Rosenberg, vom Parteiführer ermächtigt, die disparaten Flügel und Gruppen innerhalb der Organisation zusammenzuhalten. Zwar konnte er dazu beitragen, die Partei auf einen parlamentarischen Kurs hin auszurichten, doch fehlte es ihm an persönlicher Statur und interner Hausmacht, um sich in den Kompetenzkämpfen völkischer Fanatiker zu behaupten. Nach Hitlers Haftentlassung verlegte sich Rosenberg daher ganz auf seine schriftstellerische Tätigkeit. Neben seiner Schlüsselrolle als Herausgeber von und Autor für NS-Periodika gelang es ihm, sein Opus Magnum zu beenden, das als 1930 erschien und seinen Ruf als Spiritus Rector der Parteiideologie festigte. Anknüpfend an Houston Stewart Chamberlain und Paul de Lagarde konstruierte Rosenberg ein dichotomisches System, in dem sich »Rasse« und »Gegen-Rasse«,[6] Deutsche und Juden kategorisch gegenüberstanden; historisch angeblich tief verwurzelt, ließe sich dieser Gegensatz nur konfrontativ mit dem Sieg der einen oder anderen Seite überwinden. Kein anderer NS-Funktionär produzierte ein ähnlich ambitioniertes Denkmodell, und den Unterschied in der konzeptionellen Reichweite zu Hitlers Bestseller verdeutlicht schon der Vergleich der beiden Buchtitel. Nach 1933 wurde der trotz seines sperrigen Stils und eines esoterischen, über weite Strecken logisch kaum nachvollziehbaren Eklektizismus – beides Merkmale von Rosenbergs Konzeptschriften – bis Kriegsende mit mehr als einer Million Exemplaren zum Kassenschlager, der neben als autoritativer Schulungstext, konformistischer Zitatensteinbruch oder zeitgemäßes Geschenk breite Verwendung fand.[7]

Rosenbergs Fähigkeit, ideologische Grundsatztreue mit taktischer Flexibilität und politischem Gespür zu kombinieren, zeigte sich seit der zweiten Hälfte der 1920er Jahre in seinem Bemühen, das Feld der Außenpolitik für sich zu reklamieren, das von anderen NS-Spitzen weitgehend ignoriert wurde. In seiner 1927 publizierten Schrift erklärte er Russland zum Feind und betonte eine Übereinstimmung der deutsch-britischen Interessen. Er nahm damit Gedanken vorweg, die Hitler ein Jahr später in seinem zu Lebzeiten unveröffentlichten »zweiten Buch« zu Papier brachte.[8] Als Rosenberg nach dem Wahlerfolg der NSDAP von 1930 Reichstagsabgeordneter wurde, konnte er so als außenpolitischer Experte der Partei auftreten, was ihm kurz nach Hitlers Machtantritt die Leitung des Außenpolitischen Amts der NSDAP (APA) – eine inoffizielle Konkurrenzinstanz zum Auswärtigen Amt – einbrachte, gefolgt von seiner Ernennung zum Reichsleiter (2. Juni 1933) und »Beauftragten des Führers für die gesamte weltanschauliche Schulung und Erziehung der NSDAP« (24. Januar 1934).[9] Über alles, was im NS-Verständnis »jüdisch-bolschewistische« Angelegenheiten betraf, beanspruchte Rosenberg Mitspracherecht und konnte es nicht selten auch gegen mächtige Konkurrenten durchsetzen. Doch im Vergleich zu Göring, Ribbentrop oder Goebbels nahm Rosenberg bis 1941 in der Führungsriege des Regimes dennoch eine Randstellung ein, da ihm ein Ministeramt und damit staatliche Kompetenzen fehlten. Ehrgeiz besaß Rosenberg genug, doch machte er es sich durch seine kleinliche Streitsucht, geringe Kooperationsbereitschaft und Neigung zum Grundsätzlichen nicht eben leicht. So stimmte Hitler Mitte 1938 Rosenbergs Plan zur Schaffung eines nazifizierten Universitätsmodells in Gestalt der »Hohen Schule« zwar zu, schob die Gründung des als wissenschaftliches Pilotprojekt und politikbegleitenden Think-Tank konzipierten »Instituts zur Erforschung der Judenfrage« aber bis März 1941 hinaus, was den begrenzten politischen Einfluss des Reichsleiters verdeutlicht.[10]

Dies änderte sich jedoch im Lauf der ersten beiden Kriegsjahre. Im Oktober 1940 konnte Rosenberg den umkämpften Leitungsposten einer um die »Sicherung« jüdischer Kunstsammlungen, Archivbestände, Bibliotheken und anderer Werte bemühten Zentrale für sich verbuchen; in der Folgezeit wurde sein »Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg« (ERR) europaweit zur erfolgreichsten Rauborganisation des Regimes, aus dessen überreichem Fundus sich neben Hitler und Göring auch deutsche Museen bedienen konnten.[11] Den eigentlichen Karrieresprung markierte jedoch der Überfall auf die Sowjetunion, in dessen Planungen Rosenberg im Vorfeld eingebunden war. Am 20. April 1941 wurde er zum »Beauftragten für die zentrale Bearbeitung der Fragen des osteuropäischen Raumes« ernannt. Seine »große Stunde«, das spricht aus den Tagebuchnotizen dieser Zeit, war nun gekommen, und Rosenberg bemühte sich nach Kräften, Hitlers Vertrauen durch Nutzung neuer, radikaler Möglichkeiten zur Durchsetzung nationalsozialistischer Ziele im Osten gerecht zu werden. Mit seiner formellen, allerdings erst Monate später öffentlich bekanntgemachten Ernennung zum Reichsminister für die besetzten Ostgebiete am 17. Juli 1941 wurde Rosenberg Herrscher über eine Region, die von der Ostsee bis zum Kaspischen Meer reichen sollte. Sie war ausersehen, die Versorgung von Wehrmacht und »Heimatfront« zu gewährleisten, wertvollen »Siedlungsraum im Osten« zu erschließen und langfristig die Unangreifbarkeit der deutschen Machtstellung in Europa zu sichern. Das Scheitern der deutschen Offensive Ende 1941 vor Moskau setzte den NS-Visionen engere Grenzen, doch umfasste Rosenbergs Machtsphäre mit den Reichskommissariaten Ostland und Ukraine immer noch mehr als eine halbe Million Quadratkilometer mit rund 30 Millionen Einwohnern; Rosenberg sah hier den Raum, in dem »die nationalsozialistische Weltanschauung sich erprobt«.[12]

Wie unten näher ausgeführt, gehörte Alfred Rosenberg zu den Hauptverantwortlichen einer Politik, die die deutsche Strategie des »Vernichtungskriegs« hinter der Front in Besatzungsalltag umsetzte, mit fatalen Folgen für die Betroffenen. Wenngleich er in seinen Denkschriften im Vergleich zu anderen NS-Größen für eine moderate Herrschaftspolitik gegenüber Ukrainern und einigen anderen nichtrussischen Volksgruppen eintrat, um dem deutschen Kriegseinsatz Ressourcen...


Matthäus, Jürgen
Dr. Jürgen Matthäus,geboren 1959, ist Direktor der Forschungsabteilung am Jack, Joseph and Morton Mandel Center for Advanced Holocaust Studies des United States Holocaust Memorial Museum in Washington, DC. Auf Deutsch erschien von ihm zuletzt ›Dokumente der Einsatzgruppen in der Sowjetunion‹, 3 Bde. (Hg. mit Klaus-Michael Mallmann, Martin Cüppers und Andrej Angrick, 2011 – 2014).

Bajohr, Frank
Dr. Frank Bajohr,geboren 1961, ist Wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Er war bis 2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg und arbeitete als Fellow u. a. in Yad Vashem/Israel und am US Holocaust Memorial Museum in Washington.
Bei Fischer erschien von ihm u. a.: ›Parvenüs und Profiteure. Korruption in der NS-Zeit‹ (2001) und ›'Unser Hotel ist judenfrei'. Bäder-Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert‹ (2003).

Jürgen MatthäusDr. Jürgen Matthäus,geboren 1959, ist Direktor der Forschungsabteilung am Jack, Joseph and Morton Mandel Center for Advanced Holocaust Studies des United States Holocaust Memorial Museum in Washington, DC. Auf Deutsch erschien von ihm zuletzt ›Dokumente der Einsatzgruppen in der Sowjetunion‹, 3 Bde. (Hg. mit Klaus-Michael Mallmann, Martin Cüppers und Andrej Angrick, 2011 – 2014).
Frank BajohrDr. Frank Bajohr,geboren 1961, ist Wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Er war bis 2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg und arbeitete als Fellow u. a. in Yad Vashem/Israel und am US Holocaust Memorial Museum in Washington.
Bei Fischer erschien von ihm u. a.: ›Parvenüs und Profiteure. Korruption in der NS-Zeit‹ (2001) und ›'Unser Hotel ist judenfrei'. Bäder-Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert‹ (2003).



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