McCurley / Maurer | Hunter Killer – Lautlos und tödlich | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

McCurley / Maurer Hunter Killer – Lautlos und tödlich

Amerikas geheimer Drohnenkrieg – Der Insiderbericht
Erscheinungsjahr 2015
ISBN: 978-3-641-15479-0
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Amerikas geheimer Drohnenkrieg – Der Insiderbericht

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

ISBN: 978-3-641-15479-0
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



McCurley ist US-Air-Force-Pilot und fliegt seit zehn Jahren Drohnen vom Typ Predator und Reaper. Er entwickelte das US-Drohnenprogramm entscheidend mit und steuerte selbst einige höchst umstrittene Missionen im Anti-Terror-Krieg des US-Militärs und der CIA. In Hunter Killer erzählt zum ersten Mal ein Insider von einigen der beeindruckendsten US-Drohneneinsätze: Was geht den spektakulären Luftangriffen voraus? Wie werden die Einsätze von Navy SEALs vorbereitet?

Wie funktioniert die Technik der unbemannten Luftfahrzeuge, die unsere moderne Kriegsführung für immer verändert hat? Nur eine Handvoll Menschen weiß, was McCurley weiß, und noch nie hat ein amerikanischer Drohnen-Pilot so hautnah von der modernen Kriegsführung mit den umstrittensten Waffen im Arsenal des US-Militärs berichtet.

Kevin Maurer hat neun Jahre lang über Einsätze von Spezialkräften berichtet, u.a. aus Afghanistan, Ostafrika, Irak und Haiti. Er ist Autor von vier Büchern, mehrere davon über Sondereinsätze.

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PROLOG

Vergeltung

Das Telefon in der Staffeleinsatzzentrale (SOC) klingelte, und ich nahm direkt nach dem ersten Läuten ab.

Es war meine Direktverbindung zur Joint Task Force in Camp Lemonnier in Dschibuti. Wir verfolgten eine wichtige Zielperson, und ich hatte das Gefühl, dies könnte der Anruf sein, auf den wir seit Wochen warteten.

»Squirrel hier«, sagte ich.

Am anderen Ende der Leitung war der Predator-Verbindungsoffizier, der LNO. Er arbeitete für den Kommandanten des Joint Operations Center (JOC), der gemeinsamen Einsatzzentrale. Seine Aufgabe bestand darin, die Predator-Missionen in der Region zu koordinieren. Meine Staffel stellte die Fluggeräte, mit denen die Überwachung und die Schläge gegen verdächtige Terroristen und Piraten durchgeführt wurden.

»Start«, sagte der Verbindungsoffizier.

»Wie viele?«

»Alle drei«, lautete die Antwort.

Drei Predators mit je zwei AGM-114-Hellfire-Raketen warteten auf dem Flugvorfeld. Sie waren in Alarmbereitschaft und konnten jederzeit abheben. Die Telefonverbindung war nicht sicher genug, um es zu bestätigen, doch als ich auflegte, war mir eines klar:

Das Wolfsrudel würde heute auf Jagd gehen.

Es war der 30. September 2011. Ich war Kommandant der 60th Expeditionary Reconnaissance Squadron in Camp Lemonnier, das von der französischen Fremdenlegion in Dschibuti errichtet worden war. Das Land war eine ehemalige französische Kolonie mit drückend heißem Klima und wenigen Vorzügen, abgesehen davon, dass es nordwestlich von Somalia lag und nur durch den Golf von Aden vom Jemen getrennt war. Strategisch gesehen war es der optimale Ort für amerikanische Anti-Terror-Operationen.

Camp Lemonnier nutzt das einzige Rollfeld des internationalen Flughafens Dschibuti-Ambouli mit, der am Rand der Stadt Dschibuti und in der Nähe des einzigen großen Seehafens Ostafrikas liegt. Die USA zahlen dem Staat Dschibuti seit den Angriffen vom 11. September jährlich 38 Millionen Dollar, um von hier aus humanitäre Einsätze im Landesinneren durchführen zu können. Die ersten Amerikaner auf dem Stützpunkt waren 2002 die Marines, die dort rasch eine kleine Basis errichteten, die in der Lage war, Luftbrücken-Operationen durchzuführen. Schon bald gehörte auch das Sammeln von Informationen in ganz Ostafrika zur Mission der »Combined Joint Task Force – Horn of Africa«. Einige Jahre später ging das JOC offen gegen die wachsende terroristische Bedrohung in der Region und auf der arabischen Halbinsel auf der anderen Seite des Golfs von Aden vor.

Ich beendete das Telefonat und gab den Befehl zum Start. Mein Einsatzleiter beorderte die Wartungstechniker auf das Vorfeld und leitete die Instruktionen weiter. Die Propeller am hinteren Ende der Predators begannen zu summen, während die Piloten in der Bodenkontrollstation – einem ISO-Container mit Cockpits, die alles enthielten, was man zur Steuerung eines Flugzeuges braucht – die Vorflugkontrollen vornahmen. Langsam lenkten meine Piloten die Predators vom Vorfeld auf die Startbahn. Knapp 13000 Kilometer entfernt in den Vereinigten Staaten hasteten drei Crews in ihre Cockpits, setzten sich in der klimatisierten Unterkunft auf der Creech Air Force Base in Nevada an ihre Steuerpulte und warteten darauf, die Vögel zu übernehmen. Meine Piloten in Dschibuti würden den Start durchführen und die Kontrolle über die Predators dann an die Piloten in den USA übergeben, die den Einsatz flogen. Während meiner zehn Jahre im Predator-Programm hatte ich mich selbst schon unzählige Male auf jener Seite dieser Missionen befunden. Kein anderes Flugzeug der Air Force hatte zwei Crews – eine für den Start und eine weitere für den Einsatz selbst. Doch nicht nur das war einzigartig an unserem Programm.

Ich ging hinaus, um mir den Start anzusehen. Laut dem Thermometer beim Gebäude waren es um die 35 Grad, als sich die Propeller der drei Flugzeuge zu drehen begannen. Die Hitze setzte den Predators schlimmer zu als al-Qaida. Wir mussten auf das »Hitzefenster« achten. Sollte es noch wärmer werden, konnte sich die empfindliche Elektronik im Innern der Predators überhitzen und schmelzen, bevor das Flugzeug die kühleren Temperaturen höherer Lagen erreicht hatte.

Zurück in der Einsatzzentrale hörte ich über Funk, wie der Tower des Flughafens von Dschibuti den Predators die Startfreigabe erteilte. Ich sah von einer Betonabsperrung aus zu, wie die Predators über die Startbahn rollten. Ohne das leichte Gefälle am Ende des Feldes wären sie kaum in der Lage abzuheben. Sobald sie in der Luft waren, flogen sie aufs Meer hinaus und drehten ab in Richtung Jemen. Ich sah auf die Uhr. Es würde ein paar Stunden dauern, bis die Predators den Golf von Aden überquert hätten und vor Ort wären. Ich wandte mich meinen anderen Aufgaben zu, machte mir aber im Kopf eine Notiz, mich später zur Task-Force zu begeben, um mir die Videobilder anzusehen.

Es war immer noch heiß, als ich zur Task-Force-Unterkunft kam. Das Thermometer an der Tür zeigte »milde« 49 Grad an. Hier gab es im Sommer keine lindernde Brise vom Meer, nur einen Wind, der konstant mit 25 bis 35 Kilometern pro Stunde aus der Wüste herüberwehte und sich eher wie Luft aus einem Föhn anfühlte. Eine an der Wand angebrachte Klimaanlage sirrte, als ich das Fertiggebäude aus Metall betrat. Das kleine Gerät gab sich alle Mühe, gegen die erdrückenden Temperaturen draußen anzukämpfen.

An den Wänden rund um die Empore des JOC-Kommandanten hingen sechs Fünfzig-Zoll-Plasmabildschirme. Auf jedem waren Videostreams der verschiedenen Predators und Reapers zu sehen, die in der Region unterwegs waren.

Einige in Afrika.

Die meisten im Jemen.

Die Piloten und Sensoroperatoren, die die Flugzeuge flogen, waren an zahlreichen Orten rund um den Globus stationiert, aber digital so mit unserem Fluggerät verbunden, als befänden sie sich auf der anderen Seite des Korridors.

Die Spannung im Raum war bei meinem Eintreten deutlich spürbar. Der JOC-Kommandant war ein kleiner Offizier, der auf einem niedrigen Podium in der Mitte des Raumes stand. Von dort aus konnte er alle sechs Bildschirme sehen. Der Predator-LNO stand an seinem Arbeitsplatz wenige Schritte rechts vom Kommandanten.

»Ist er das?«, fragte ich den LNO, einen großgewachsenen Major der Air Force.

»Wir sind uns nicht sicher«, sagte er. »Vor fünf Stunden wurde bestätigt, er sei aktiv.«

Der LNO wandte den Blick nicht von den Monitoren mit den Videostreams ab.

»Wir versuchen immer noch, Sicht auf ihn zu bekommen.«

»Keine Sicht haben« hieß, wir konnten die Zielperson nicht sehen. Woher die Hinweise stammten, erfuhren wir nie.

Die Zielperson war Anwar al-Awlaki.

Al-Awlaki, 38, der als Sohn jemenitischer Eltern in New Mexico zur Welt kam, hatte Kontakt zu zweien der Flugzeugentführer vom 11. September gehabt und stand via E-Mail mit Major Nidal Malik Hasan in Verbindung, bevor Hasan 2009 bei einer Schießerei im texanischen Fort Hood 13 Menschen tötete. Außerdem hatte al-Awlaki den nigerianischen Studenten Umar Farouk Abdulmutallab zu dem Versuch angeregt, Weihnachten 2009 mit einer in der Unterwäsche versteckten Bombe ein nach Detroit fliegendes Flugzeug in die Luft zu sprengen.

Als das FBI wegen seiner Verbindungen zu al-Qaida gegen al-Awlaki ermittelte, floh er nach London und dann weiter in den Jemen, wo er als Chefredakteur für Inspire, das englischsprachige Rekrutierungsmagazin von al-Qaida, tätig war. Das Magazin brachte auch einen Artikel darüber, wie man eine Bombe baut. Diesen Artikel machten sich die Boston-Marathon-Bomber später für ihren Anschlag zunutze.

Auf dem Monitor sah ich das Dorf Khashef, einen kleinen Ort nördlich von Sanaa, der Hauptstadt des Jemen.

Der Ort sah aus, als hätte jemand Häuser aus Lehmziegeln und Schalsteinen wild durcheinandergeworfen. Er war unscheinbar genug, um als Versteck zu dienen, und so nahe an der Großstadt, dass alle Annehmlichkeiten mit dem Auto schnell zu erreichen waren.

»Die Zielperson ist aktiv«, meldete ein Analyst, der in der Nähe saß. »Wir sehen Hinweise darauf, dass sie in Bewegung ist.«

Zwei weiße Pick-ups der Marke Toyota HiLux hielten vor einem Haus im Dorf. Beide hatten große Fahrerkabinen, in denen etwa fünf Personen Platz fanden. Die schwarz-weißen Predator-Bilder auf dem Plasmabildschirm nahmen den vorderen Wagen in den Fokus.

Der Offizier gab al-Awlakis Koordinaten durch, und ich überprüfte das Videobild. Die beiden Pick-ups befanden sich ganz in der Nähe der Koordinaten. Meine Predators waren nahe genug dran, dass man sie als vor Ort bezeichnen konnte. Wir sahen alle gemeinsam zu, wie acht Männer aus einem benachbarten Haus kamen und eilig in die Wagen kletterten. Sie trugen die traditionelle Kleidung der Gegend, weiße Gewänder und Kopftücher. Einer von ihnen war ganz in Weiß gekleidet und stieg in den vorderen Pick-up. Kaum waren die Türen zu, fuhr der Fahrer des ersten Autos los und hinterließ dabei eine Wolke aus Staub und Abgasen. Das zweite Fahrzeug folgte einen Augenblick später.

»Draufbleiben«, ordnete der JOC-Kommandant an.

Ich sah, wie der LNO den Befehl auf seiner Tastatur eingab und ihn über einen gesicherten Internet-Chat den Predator-Crews in Nevada übermittelte. Sekunden später richtete der Sensoroperator das Fadenkreuz ruhig auf den vorderen Wagen, sodass die Kamera unter der Nase des Flugzeugs ihm automatisch folgte. Die Crew arbeitete effizient, das war gut. Ich wusste, dass ein fähiges Team heute wichtig wäre.

»Sir«, sagte der Army-Offizier,...


Maurer, Kevin
Kevin Maurer hat neun Jahre lang über Einsätze von Spezialkräften berichtet, u.a. aus Afghanistan, Ostafrika, Irak und Haiti. Er ist Autor von vier Büchern, mehrere davon über Sondereinsätze.



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