Mead Bloodlines - Falsche Versprechen
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8025-8903-4
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 01, 480 Seiten
Reihe: Bloodlines-Reihe
ISBN: 978-3-8025-8903-4
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Richelle Mead wurde in Michigan geboren. Sie studierte Kunst, Religion und Englisch. Mit ihrer Jugendbuchserie Vampire Academy gelang ihr auf Anhieb der Sprung auf die internationalen Bestsellerlisten.
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KAPITEL 2 Einige sogen scharf die Luft ein, zweifellos, weil Keith den Ausdruck Vampirliebchen verwendet hatte. Keins der beiden Worte war für sich genommen allzu schrecklich, aber zusammengefügt … nun ja, sie repräsentierten eine Idee, die so ziemlich allem zuwiderlief, wofür die Alchemisten standen. Wir kämpften, um Menschen vor Vampiren zu beschützen. Mit diesen Kreaturen unter einer Decke zu stecken war so ziemlich das Abscheulichste, was man einem von uns vorwerfen konnte. Selbst bei ihren Befragungen waren die anderen Alchemisten in ihrer Wortwahl sehr vorsichtig gewesen. Keith’ Ausdrucksweise war beinah obszön gewesen. Horowitz wirkte um meinetwillen wütend und öffnete den Mund, wie um etwas gleichermaßen Schneidendes zu erwidern. Nach einem schnellen Blick auf Zoe und mich schien er sich jedoch zu besinnen und wahrte Stillschweigen. Michaelson hingegen konnte sich nicht bezähmen und murmelte: »Beschütze uns alle.« Er machte ein Zeichen gegen das Böse. Doch es war nicht Keith’ Verleumdung, die mich wirklich bestürzte (obwohl mich gewiss ein Schauder überlief). Vielmehr war es Stantons frühere beiläufige Bemerkung. Wir wissen, dass Sie Zoe angefragt haben. Keith hatte also für diesen Auftrag Zoe angefragt? Meine Entschlossenheit, sie aus der Sache herauszuhalten, wuchs rapide an. Bei der Vorstellung, dass sie mit ihm gehen könnte, ballte ich unwillkürlich die Fäuste. Alle hier mochten Keith Darnell für einen Musterknaben halten, aber ich wusste es besser. Kein Mädchen – geschweige denn meine Schwester – sollte mit ihm allein gelassen werden. »Keith«, begann Stanton, eine sanfte Warnung in der Stimme. »Ich respektiere Ihre Gefühle, aber Sie sind nicht in der Position, diese Forderung zu stellen.« Er errötete. »Ich bin in Palm Springs stationiert! Ich habe jedes Recht vorzuschreiben, was auf meinem Territorium geschieht.« »Ich kann durchaus verstehen, warum Sie so empfinden«, bemerkte mein Vater. Unglaublich. Wenn Zoe und ich die Autoritäten so in Frage gestellt hätten, wie Keith es gerade getan hatte, hätte unser Vater nicht gezögert, uns unsere Rechte zu erklären – oder vielmehr, er hätte uns erläutert, dass wir keine hatten. Keith hatte einen Sommer bei meiner Familie verbracht – junge Alchemisten taten das manchmal während der Ausbildung –, und mein Vater hatte sich angewöhnt, ihn wie den Sohn zu betrachten, den er nie gehabt hatte. Schon damals hatte er bei Keith und uns immer mit zweierlei Maß gemessen. Zeit und Entfernung hatten daran offenbar nichts geändert. »Palm Springs mag Ihr Posten sein«, stellte Stanton fest, »aber dieser Auftrag kommt von Stellen in der Organisation, die weit jenseits Ihres Horizonts liegen. Sie sind von großer Wichtigkeit für die Koordinierung, das trifft schon zu. Aber Sie sind hier auf keinen Fall die letzte Autorität.« Im Gegensatz zu mir hatte Stanton dem einen oder anderen zu ihrer Zeit vermutlich was drübergezogen und würde das wahrscheinlich jetzt bei Keith auch gern tun. Es war seltsam, dass sie zu meiner Verteidigerin geworden war – ich war mir ziemlich sicher, dass sie mir meine Geschichte, ich hätte Rose benutzt, um meine Karriere zu fördern, nicht abgekauft hatte. Keith beruhigte sich sichtlich, da er klugerweise einsah, dass ihn ein kindischer Wutanfall nicht weiterbrächte. »Verstehe. Aber ich mache mir einfach Sorgen um den Erfolg dieser Mission. Ich kenne beide Mädchen. Selbst vor Sydneys Zwischenfall hatte ich im Hinblick auf sie ernsthafte Vorbehalte. Ich war jedoch davon ausgegangen, sie würde dem … entwachsen, daher habe ich damals nichts weiter dazu gesagt. Jetzt sehe ich allerdings, dass das falsch war. Damals hielt ich tatsächlich Zoe für die weitaus bessere Wahl für die Familienposition. Nichts für ungut, Jared.« Er bedachte meinen Vater mit einem Lächeln, das wahrscheinlich charmant wirken sollte. Inzwischen fiel es mir immer schwerer und schwerer, meinen Unglauben zu verbergen. »Zoe war elf, als du bei uns gewohnt hast«, sagte ich. »Wie in aller Welt konntest du zu einer solchen Schlussfolgerung gekommen?« Ich kaufte ihm keinen Moment lang ab, dass er damals im Hinblick auf mich Vorbehalte gehabt hatte. Das war Unfug. Seine Bedenken sind ihm wahrscheinlich am letzten Tag seines Aufenthaltes bei uns gekommen, als ich ihn auf ein schmutziges Geheimnis angesprochen hatte, das er hütete. Das war es, da war ich mir fast sicher, worum es hier bei alldem ging. Er wollte mich zum Schweigen bringen. Meine Abenteuer mit Rose waren lediglich ein Vorwand, um mich aus dem Weg zu räumen. »Zoe war ihrem Alter immer voraus«, widersprach Keith. »Manchmal weiß man so etwas einfach.« »Zoe hat noch nie einen Strigoi gesehen, geschweige denn einen Moroi! Würde sie einen sehen, würde sie wahrscheinlich vor Angst erstarren. Wie die meisten Alchemisten«, bemerkte ich. »Wen auch immer Sie hinschicken, die Person wird in der Lage sein müssen, ihre Nähe zu ertragen. Und was Sie auch immer über meine Gründe denken mögen, ich bin jedenfalls an diese Leute gewöhnt. Ich mag sie nicht, aber ich kann sie tolerieren. Zoe steht noch am Anfang ihrer Ausbildung – und die hat sie bei uns zu Hause bekommen. Alle sagen immer wieder, dies sei ein ernster Auftrag. Wollen Sie das Ergebnis wirklich wegen eines Mangels an Erfahrung und aus grundlosen Befürchtungen gefährden?«, beendete ich meine Erklärung, stolz auf mich selbst, weil ich ruhig geblieben war und ein so vernünftiges Argument vorgebracht hatte. Unbehaglich trat Barnes von einem Fuß auf den anderen. »Aber wenn Keith schon vor Jahren Zweifel hatte …« »Zoes Ausbildung ist wahrscheinlich weit genug gediehen, dass sie zurechtkommt«, warf mein Vater ein. Vor fünf Minuten hatte sich mein Vater für mich ausgesprochen und nicht für sie! Hörte mir denn überhaupt jemand zu? Jetzt, da Keith hier war, war es ganz so, als sei ich gar nicht vorhanden. Horowitz war damit beschäftigt gewesen, sein Tätowierbesteck zu säubern und wegzuräumen, schaute aber auf und bedachte Barnes’ Bemerkung mit einem spöttischen Lachen. »Sie haben die magischen Worte ausgesprochen: Vor Jahren. Keith kann damals nicht viel älter gewesen sein, als diese Mädchen es jetzt sind.« Horowitz schloss seine Werkzeugtasche, lehnte sich lässig an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich zweifle nicht an Ihnen, Keith. Nicht direkt jedenfalls. Aber ich weiß wirklich nicht genau, ob Sie sich Ihre Meinung aufgrund von Erinnerungen bilden können, die aus einer Zeit stammen, da Sie alle noch Kinder waren.« Nach Horowitz’ Logik sagte er, ich sei noch ein Kind, aber das kümmerte mich nicht. Er hatte leicht und unbefangen gesprochen und Keith dennoch wie einen Idioten dastehen lassen. Keith hatte dies ebenfalls empfunden und wurde flammend rot. »Ich stimme dem zu«, sagte Stanton, die sichtlich ungeduldig wurde. »Sydney will den Auftrag unbedingt bekommen, und das könnten nur wenige tun, wenn man bedenkt, dass sie tatsächlich mit einem Vampir leben müssen.« Sie will den Auftrag unbedingt? Nicht so ganz. Aber ich wollte sehr wohl Zoe um jeden Preis beschützen und meine Glaubwürdigkeit wiederherstellen. Wenn das bedeutete, Keith Darnells Pläne von Anfang bis Ende zu durchkreuzen, dann umso … »Moment«, unterbrach ich, nachdem ich noch einmal über Stantons Worte nachgedacht hatte. »Haben Sie gesagt, ich müsste mit einem Vampir leben?« »Ja«, bestätigte Stanton. »Selbst wenn sie sich versteckt, braucht das Moroi-Mädchen doch immer noch so etwas wie ein ansatzweise normales Leben. Wir haben überlegt, dass wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und sie in einem privaten Internat einschreiben könnten. Wir kümmern uns um ihre Ausbildung und um ihr Quartier. Wir würden dafür sorgen, dass Sie ihre Mitbewohnerin wären.« »Würde das nicht bedeuten … würde das nicht auch bedeuten, dass ich zur Schule gehen müsste?«, fragte ich, jetzt ein wenig verwirrt. »Ich habe aber bereits meinen Abschluss gemacht.« Zumindest an der Highschool. Ich hatte meinem Vater etliche Male klargemacht, dass ich schrecklich gern aufs College gehen würde. Er hatte mir aber gleichermaßen klargemacht, dass er das für überflüssig hielt. »Sehen Sie?« Keith stürzte sich auf die Gelegenheit, die sich jetzt bot. »Sie ist zu alt. Zoe passt besser, was das Alter betrifft.« »Sydney geht noch als Oberstufenschülerin durch. Sie hat das richtige Alter.« Stanton unterzog mich einer gründlichen Musterung. »Außerdem sind Sie zu Hause unterrichtet worden, nicht wahr? Das wird eine neue Erfahrung für Sie sein. Sie können sehen, was Sie versäumt haben.« »Es würde dir wahrscheinlich leichtfallen«, meinte mein Vater widerstrebend. »Deine Ausbildung war allem überlegen, was sie zu bieten haben.« Hübsches zweischneidiges Kompliment, Dad. Ich wagte es nicht, mir anmerken zu lassen, welches Unbehagen mir dieses Arrangement bereitete. An meiner Entschlossenheit, auf Zoe und auf mich selbst aufzupassen, hatte sich nichts geändert, aber die Komplikationen wurden immer größer. Die Highschool wiederholen. Mit einem Vampir leben. Sie unter Zeugenschutz halten. Und obwohl ich so herumgetönt hatte, wie wohl ich mich unter Vampiren fühlte, war der Gedanke, ein Zimmer mit einem zu...