E-Book, Deutsch, 228 Seiten
Menzel Rückenwind
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7392-7793-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Atlantik rund - ein Segeltraum in zwei Etappen
E-Book, Deutsch, 228 Seiten
ISBN: 978-3-7392-7793-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Peter Menzel, 1968 weit weg von der See in Bad Kreuznach geboren, zog es schon immer ans Meer. Sein Vater schenkte ihm als Kind ein Schlauchboot mit Segelaufsatz. Er brachte sich selbst das Segeln bei und erkundete schon bald die umliegenden Buchten seines Urlaubsortes am Mittelmeer. Als er größer wurde, stieg er auf das Surfbrett um. Nach einem Studium der Rechtswissenschaft in Heidelberg fasste er beruflich in Hannover Fuß, wo er Freunde fand, die ihn wieder für das Segeln begeisterten. Schon bald waren ihm die Chartertörns im Urlaub nicht mehr genug und seine Segelleidenschaft, gepaart mit seinem Fernweh, ließ ihn nach einem größeren Abenteuer suchen. Eine Suchmeldung im Internet nach Mitseglern über den Atlantik führte ihn zur Teilnahme an zwei großen Regatten. Das Buch erzählt die Geschichte seines Sabbaticals voller Abenteuer, grandioser Naturerlebnisse, Freundschaften und Gefahren auf hoher See sowie Begegnungen mit ungewöhnlichen Menschen und Tieren an exotischen Orten.
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Ein Törn zum Kennenlernen
Wie kam es überhaupt dazu, dass ich die Chance bekam, an der ARC1 teilzunehmen? Schließlich habe ich selbst kein eigenes Boot, und einen Platz auf einem der vielen Teilnehmerboote zu bekommen ist nicht so einfach und meist auch gar nicht so billig. Auch werden die Boote häufig voll belegt, also jeweils mit zwei Personen in einer Kajüte, das ist mir bei so einem langen Törn einfach zu eng. Wie haben sich also Skipper, Boot und Crew gefunden? Das Internet macht es möglich. Immer mal wieder schaute ich in Internetbörsen wie »Hand gegen Koje« rein und suchte nach interessanten Angeboten, fand aber nie etwas, das eine Auszeit wirklich attraktiv gemacht hätte. Dann, an einem Tag im April 2011, las ich das Inserat: »Echte Hand gegen Koje, ich will kein Geld verdienen … Wer hat Interesse, die ARC mitzusegeln? André«. Sofort habe ich mich per E-Mail gemeldet und noch am selben Abend einen Anruf bekommen. André, ein Holländer, der beruflich viel in der Welt herumgekommen ist und eine 25 Jahre alte Grand Soleil 46 mit Liegeplatz in der Marina Port Ginesta, Castelldefels Amarre besitzt, plante einen Probeschlag zum Kennenlernen, der in gerade mal zehn Tagen beginnen sollte. Ich kann nur jedem raten, einen solchen Törn zum Kennenlernen zu machen. Wir haben einige Crews im Rahmen der ARC kennengelernt, die sich dadurch viel Ärger hätten ersparen können. Teilweise konnte man die Auseinandersetzungen der Crew mit ihren Skippern sogar in der Zeitschrift mitverfolgen. Unfassbares Glück, dass ich in diesem Zeitraum gerade mal keine unverschiebbaren Termine hatte, also schnell Urlaub geblockt. Das mit dem Flug hat schließlich auch noch geklappt und so traf ich André und drei weitere Bewerber um einen der begehrten Plätze in dem Yachthafen nahe Barcelona. Am kommenden Tag sollte es weitergehen nach Mallorca, das sind ca. 120 sm. Ich kam erst um 22:00 Uhr im Hafen an, als André und die Crewanwärter schon ein gemeinsames Abendessen zum Kennenlernen eingenommen hatten. Auch die Kojen waren schon vergeben, so blieb mir nur die kleine Behelfskoje in der Kajüte des Skippers. Bei meiner Körperlänge von 1,91 Meter nicht wirklich komfortabel. Außer mir waren noch ein Vater mit seinem Sohn und eine weitere Person dabei. Also Koje beziehen und schlafen gehen, morgen wollten wir früh raus.
Der nächste Morgen erwartet uns mit warmen Temperaturen und Sonnenschein, aber leider auch kaum Wind, und so wird fast ausschließlich motort. Seglerisch nicht das, was wir uns erhofft haben, aber schließlich geht es um das gegenseitige Kennenlernen, und das geht auch unter Motor. Wir bekommen Besuch von einer Delfinschule, die eine ganze Zeit lang um unseren Bug herum spielt. Auf große Entfernung sehen wir den Blas eines Wales und einige merkwürdige Flossen an der Wasseroberfläche, die sich langsam hin und her bewegen. Was kann das bloß sein, Haiflossen jedenfalls nicht. Eine Recherche im Internet ergibt zu meiner Überraschung, dass es sich um Mondfische handelt. Ich wusste gar nicht, dass diese skurrilen, bis zu drei Meter großen Knochenfische im Mittelmeer vorkommen. Abends laufen wir in die Bucht von Sóller im Nordwesten von Mallorca ein und ergattern den letzten freien Liegeplatz am Kommunalsteg, werden aber von einem deutschen Segler wieder vertrieben, da sein Bekannter, ein Motorbootfahrer, dem der Platz gehört, noch am selben Abend kommen soll. Also verholen wir uns an die Mole, an der auch die Tankstelle ist, und gehen erst mal gemütlich essen. Es gibt leckeren Fisch und dazu Weißwein. Als wir am nächsten Morgen um 8:00 Uhr für die Nacht bezahlen wollen, bevor wir nach einem gemütlichen Frühstück nur wenige Seemeilen weiter in die Nachbarbucht von Pollensa segeln, macht uns der Tankstellenwart darauf aufmerksam, dass das Übernachten in der Nähe der Tankstelle verboten ist und eine empfindliche Strafe nach sich ziehen kann. Der Skipper kann ihn jedoch davon überzeugen, dass wir das nicht wussten und natürlich sofort ablegen werden. Er lässt sich darauf ein, und so ziehen wir überhastet und ohne Frühstück ab, bevor die Polizei kommen kann, die vielleicht weniger verständnisvoll ist.
Es geht nach Puerto Cocodrilo de Bonaire in der Bahía de Pollensa. Mittags sitzen wir im Hafenrestaurant. Hier stößt noch ein Österreicher hinzu, womit alle fünf Kandidaten zusammen sind und wir uns nach einem kurzen Kennenlernen auf den Weg zurück nach Barcelona machen. Der Neuankömmling zieht sich, kaum dass wir offenen Seeraum erreichen, mit Anzeichen von Seekrankheit in die Koje zurück und lässt sich auch für den Rest der Überfahrt nur sehr sporadisch an Deck blicken. Außerdem halten sich Vater und Sohn aus der ruppigen Rückfahrt fast ganz heraus. Dafür bekommen wir auf halber Strecke einen Besucher: Eine scheinbar entkräftete Schwalbe versucht auf der Reling zu landen, schafft es aber nicht, da der Wind ordentlich bläst und das Boot stark schaukelt. Nach mehreren erfolglosen Versuchen machen wir uns etwas Sorgen um den Vogel, der gibt aber nicht auf und schafft es schließlich. Er verharrt kurz auf dem obersten Draht des Seezauns und fliegt los, kommt aber gleich darauf wieder. Er wollte scheinbar nur sehen, ob er etwas von uns zu befürchten hat, denn bei seinem nächsten Anflug landet er im Cockpit auf dem Fuß des Skippers. Von dort geht es auf den Rahmen des geöffneten Backbordkojenfensters und schließlich in den Salon, wo er sich hinter den Vorhang eines Fensters verzieht und gleich einnickt. Der Vater folgt dem Beispiel des erschöpften Vogels und bettet sich um 17:00 Uhr zum Schlaf, um sich bis nach Mitternacht nicht mehr zu rühren. Wir fahren mit fast Vollzeug in die untergehende Sonne. Wind immer so um die 15 bis 18 kn, schönes Segeln bei etwa halbem Wind und relativ kurzer Welle. Als es schon dunkel ist, nimmt der Wind langsam, aber stetig zu. Wir reffen die Genua etwa zur Hälfte, bis plötzlich nichts mehr geht. Wir haben die Genua über die Rollreffanlage mit Druck im Tuch eingeholt, wodurch sie sich sehr eng aufrollte, und jetzt ist die Rollreffleine zu Ende, sie ist also zu kurz dimensioniert. Das kommt sofort auf die To-do-Liste. Wir sind als Team nicht eingespielt, und so unterlassen wir das Reffen des Großsegels, denn dazu müsste mindestens eine Person an den Mast. Bis um die 20 kn Wind sollte es bei dieser Besegelung ohne Probleme klappen. Es wird stündlich frischer, wir frieren. Junior hält bis ca. 21:00 Uhr durch, bevor auch er der Meinung ist, einen Schönheitsschlaf zu benötigen, zudem kann er so der Kälte entgehen. Jetzt sind wir nur noch zu dritt im Cockpit. Gegen 22:00 Uhr haben wir schon 20, in Böen 24 kn Wind. Eine Stunde später sind es schon 25, in Böen bis zu 28 kn. Trotz – nach meiner Ansicht – etwas zu viel Segelfläche läuft die SY Paraty ohne zu viel Lage, das ist sicher auch den 2,5 m Tiefgang zu verdanken. Diese Nachtfahrt gibt mir auf jeden Fall schon einmal Vertrauen in die Stabilität und Qualität des Bootes, aber auch das Bewusstsein, dass wir uns noch um die Segelmanöver kümmern müssen. Anders als bei den meisten Charterschifen lässt sich das Groß nicht aus dem Cockpit reffen, sondern nur klassisch auf dem Vorschiff mit Großfall fieren, Refkausch am Reffhaken des Mastes einhaken, Segel wieder durchsetzen und so weiter. Als wir uns der Küste von Barcelona nähern, ist diese in der Nacht hell erleuchtet, sodass man die Lichter der Stadt nicht von Seezeichen oder anderen Booten unterscheiden kann. Plötzlich erkennen wir, dass ein einfaches weißes Licht vor uns ein Boot ist, das auf uns zukommt. Es hat nur das Toplicht an, eine Farbenlaterne ist nicht zu erkennen. Es ist ein Katamaran, der uns weniger als 50 m an Backbord passiert. Wir sind echt sauer auf die schlechte Seemannschaft auf dem Kat. So entstehen Unfälle.
Morgens um kurz vor 3:00 Uhr, wieder in Port Ginesta, pflücken wir die Schwalbe von dem Vorhang und entlassen sie ins nächtliche Festlandspanien.
Zu der Zusammensetzung der Crew habe ich mir eine für mich abschließende Meinung bilden können. Allerdings trifft André als Skipper die Entscheidung, wofür er sich aber vorher in Gesprächen die Meinung von jedem Einzelnen einholt. Doch zunächst schlafen wir uns erst einmal so richtig aus. Dann wird in kleinen Grüppchen gefrühstückt, gerade so, wie wir wach werden. Am späten Nachmittag holt uns André mit seinem Wagen ab und zeigt uns Barcelona. Wir essen in einer sehr modernen Tapas-Bar, danach bummeln wir die Rambla entlang, die Flaniermeile von Barcelona, vorbei am Stadthafen bis hinunter zum Stadtstrand. Dort sind, direkt an der Promenade, zahlreiche Bars und Restaurants. Barcelona zieht mich in seinen Bann. Ich bin begeistert von dem pulsierenden Leben dieser Stadt. Es wird 1:00 Uhr, bis wir zurück auf dem Boot sind, obwohl zu dieser Uhrzeit das Nachtleben eigentlich erst so richtig anfängt. Am nächsten Morgen geht mein Flieger zurück nach Hannover.
Eine Woche später die erlösende E-Mail von André, dass er sich entschieden hat, ohne Vater und Sohn, dafür aber mit uns drei anderen die ARC zu bestreiten. Ich werde also dabei...




