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Michaels | Der Hinduismus | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 6520, 430 Seiten

Reihe: Beck Paperback

Michaels Der Hinduismus

Geschichte und Gegenwart
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-406-80707-7
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Geschichte und Gegenwart

E-Book, Deutsch, Band 6520, 430 Seiten

Reihe: Beck Paperback

ISBN: 978-3-406-80707-7
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Hinduismus ist nach Christentum und Islam die drittgrößte Weltreligion und für Europäer sicher die fremdartigste. Der renommierte Indologe Axel Michaels erklärt anschaulich Traditionen und kanonische Texte des Hinduismus, seine Riten und Feste, Götter und Tempel, das Kastensystem sowie die hinduistischen Vorstellungen vonTod, Wiedergeburt und Erlösung. Nicht zuletzt geht er der Frage nach, was die Modernisierung Indiens für den Hinduismus bedeutet – und umgekehrt.

Axel Michaels erforscht den Hinduismus nicht nur vom Schreibtisch aus und durch die Letüre von Texten. Er schaut zusätzlich auf die Tempel, Opferstätten, Rituale, Götter und sozialen Kasten in Indien und beschreibt, welche Haltungen und Denkweisen den Hindus gemeinsam sind. So ergibt sich ein ganz neuer Blick auf den brahmanischen Hinduismus mit seinen Priestern, Tempeln, heiligen Schriften und Hochgöttern, auf die hinduistischen Volksreligionen mit ihren Ritualen und Geistern sowie auf die «Sekten» mit ihren Stiftern und Gurus, die auch in der westlichen Welt Anhänger gefunden haben. Dabei versteht er es meisterhaft, Geschichte und Traditionen des Hinduismus einzubeziehen und der Gegenwart historische Tiefenschärfe zu verleihen, denn zu erklären ist nicht zuletzt, warum der Hinduismus den auch in Südasien missionierenden Religionen wie Buddhismus, Christentum und Islam standgehalten hat.

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1. Ist Indien anders?
In den Hinduismus einführende Bücher beginnen oft mit Entschuldigungen: Indien sei geographisch, ethnisch, sprachlich und religiös viel zu komplex, um etwas Verbindliches sagen zu können: Millionen Götter, tausend Kasten, hundert Sprachen und Dialekte. Im Grunde sei der Hinduismus gar keine einheitliche Religion, sondern ein Potpourri von Religionen, Doktrinen und Lebensanschauungen, Riten und Kulten, sittlichen und gesellschaftlichen Normen. Der Leser möge sich bei jeder Behauptung im Klaren sein, «dass mit geringerem oder größerem Recht auch das Gegenteil behauptet werden könnte».[1] So gleichen sich die Bilder, die für den Hinduismus gewählt werden: ein undurchdringbarer Dschungel, ein Schwamm, der alles aufsaugt,[2] ein Netz, in dem sich alles verfängt,[3] ein Banyan-Baum, bei dem alles verkehrt herum ist,[4] weil unendlich viele Wurzeln von den Ästen in den Boden wachsen. Angesichts solcher Metaphern hält es manch einer denn auch mit Johann Wolfgang von Goethe: «Abgeneigt bin ich dem Indischen keineswegs, aber ich fürchte mich davor, denn es zieht meine Einbildungskraft ins Formlose und Difforme …». Dies schrieb Goethe am 15. Dezember 1824 in einem Brief[5] an August Wilhelm Schlegel, den Mitbegründer der deutschen Indologie. Er rückte damit von seiner ursprünglichen Begeisterung für Indien deutlich ab; berühmt ist sein Vers «Will ich den Himmel, die Erde mit einem Namen begreifen, nenn ich, Sakontala[6], dich, und so ist alles gesagt.» Formlos aber ist der Hinduismus nicht. Was fehlt, ist allenfalls eine vom Monotheismus her gewohnte Form von Religion: Weder gibt es einen Religionsstifter noch eine Kirche oder ein religiöses Oberhaupt. Es gibt auch nicht ein heiliges Buch oder eine Lehre, nicht ein religiöses Symbol oder ein heiliges Zentrum. Somit konnte auch keine für alle Hindus verbindliche religiöse Autorität entstehen. Doch was Goethes Einbildungskraft bedrohte, ist für viele heute gerade faszinierend. Da steht der Glaube an die Beseeltheit von Steinen oder Bäumen (Animismus, Pantheismus) neben dem Glauben an Hochgötter. Die monotheistische Verehrung eines Gottes ist ebenso möglich wie die Anbetung vieler Götter, Dämonen und Geister. Ein Gott ausklammernder Monismus existiert neben Dualismus, Materialismus und Agnostizismus. Gelebt wird die Religiosität in ritualisierten (Brahmanismus, Tantrismus), devotionalen (Bhakti), spirituell-mystischen (Askese, Yoga, Meditation) und heroischen Formen. Es gibt ein Gebot zur Nichtverletzung von Lebewesen, die ahimsa, aber auch Tieropfer und Spuren von Menschenopfern. Nichts scheint allgemein akzeptiert zu sein, nicht einmal die Lehre vom Karma, der Tatvergeltung durch Wiedergeburt, die nach Max Weber das «vielleicht einzige Dogma des Hinduismus» ausmacht. Und doch werden all diese Religionsformen weitgehend friedlich nebeneinander praktiziert. Fast möchte man meinen, in Indien sei die religiöse Postmoderne verwirklicht: «Anything goes.» Was ermöglichte Indien, so viele Gegensätze und Widersprüche auszuhalten und Fremdes zu absorbieren? War es Toleranz oder Ignoranz? Steckt dahinter gar eine Form von Religion und Religiosität, die in Duldung von Andersartigkeiten Vorbild für die multikulturellen und -religiösen Probleme der Gegenwart sein könnte? Kann man mit dem Hinduismus das «Lob des Polytheismus»[7] gegen das Unbehagen am Monotheismus singen? Verstehen heißt nach Gadamer: anders verstehen. Man kann es nur in sich verwirklichen, nicht aber delegieren; es wird nicht erreicht durch gedankenloses Einfühlen, aber auch nicht durch gefühllose Gedanken. Prima facie sind große Unterschiede zwischen Indien und dem Westen zu verstehen, die mit ein Grund dafür sind, dass der Hinduismus meist die paradigmatisch andere Religion in religionsvergleichenden Studien bildet: warum Menschen nicht als gleich gelten, warum Indien hierarchisch ist, warum Familie, Clan und Subkaste höher bewertet werden als das Individuum, warum Indien asketisch, weltverneinend ist. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – diese Ideale der Französischen Revolution und Grundlagen westlicher Verfassungen und der Menschenrechte sind im traditionellen Indien nicht die höchsten Werte der Gesellschaft. Indien ist, so scheint es, wirklich anders. Östlich und westlich von Indien sind viele Religionen untergegangen bzw. von Christentum, Islam und Buddhismus aufgesogen worden. Der Hinduismus aber hat den anderen Weltreligionen widerstanden, obwohl er von ihren missionarischen oder universalistischen Ansprüchen in die Zange genommen wurde. Wie hat es dazu kommen können? Machtpolitische oder geographische Faktoren werden es kaum gewesen sein, denn schließlich hat sich der Buddhismus, obwohl in Indien selbst aufgekommen und durch Kaiser Ashoka politisch erheblich gefördert, in seinem Stammland nicht durchsetzen können. Es müssen also innere Kriterien sein, die die besondere «Kraft» und die Form des Hinduismus ausmachen. Der identifikatorische Habitus
Diese kohäsive Kraft bezeichne ich als «identifikatorischen Habitus». Ich messe diesem einen herausragenden Wert zu, weil er in besonderer Weise an die (fiktive) Deszendenz gebunden ist, die auf soteriologischen, heilsbezogenen Identifikationen bzw. Substitutionen beruht und in Indien einen entscheidenden Heilsbezug hat. Demnach stelle ich nicht die Kaste, das Individuum oder die rituelle Reinheit in den Vordergrund und schon gar nicht sich stets wandelnde Götter oder Glaubenslehren, sondern den Familienverbund als Deszendenzgruppe. Sie hat modernen Einflüssen mehr widerstanden als die kastenbezogenen Normen der Hierarchie und der Reinheit.[8] Wie der französische Sozialanthropologe Dumont sehe ich im traditionellen Hinduismus ein Gegenmodell zur westlichen Welt, in der vorrangig das Individuum zählt, in der das Selbst gegenüber dem Nicht-Selbst bevorzugt wird, in der die Freiheit in der Welt wichtiger ist als die Befreiung von der Welt. Was mit dem identifikatorischen Habitus gemeint ist, versuche ich in den nachfolgenden Kapiteln herauszuarbeiten, bevor ich am Schluss noch einmal systematisch auf ihn zurückkomme. Er ist eine besonders Hindus kennzeichnende Art zu denken, zu handeln, zu fühlen und zu kommunizieren. Es gilt nachzuweisen, dass in Indien eine solche Art, die Welt zu begreifen und zu gestalten, vorherrscht, und zu begründen, warum sie so erfolgreich war und ist. Mit «Habitus» greife ich einen Begriff auf, der von Max Weber eingeführt wurde und durch den französischen Soziologen und Ethnologen Pierre Bourdieu große Beachtung gefunden hat.[9] «Habitus» bezeichnet kulturell erworbene Lebenshaltungen und -einstellungen, Gewohnheiten und Veranlagungen ebenso wie bewusste, zielgerichtete Handlungen oder mythologische, theologische, philosophische Arte- und Mentefakte. Im Sinne von Bourdieu gehe ich davon aus, dass die Handlungsmuster des Einzelnen in einer Gesellschaft weitgehend festgelegt sind. Der sich daraus ergebende Habitus sozialen Handelns ist aber nicht angeboren, sondern «gewährleistet die aktive Präsenz früherer Erfahrungen, die sich in jedem Organismus in Gestalt von Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata niederschlagen».[10] Diese kognitiven, normativen und ästhetischen Muster machen den «sozialen Sinn» aus, mit dem sich Menschen in einer Kultur orientieren. Bourdieu spricht sogar von «der automatischen Sicherheit eines Instinkts»[11] und bezieht den sozialen Sinn auch auf körperliche Ausdrucksformen, Sprechweisen oder Manieren. Er löst sich mit diesem Konzept sowohl von voluntaristischen Vorstellungen, nach denen der Einzelne in einer Kultur in seinem Denken und Wollen frei ist bzw. die Gedanken und Taten losgelöst vom sozialen Kontext betrachtet werden können, als auch von einem sozialwissenschaftlichen Determinismus bzw. Materialismus, nach dem das Kollektiv oder die (ökonomische) Realität über den Einzelnen herrscht. Gerade für den Hinduismus erweist sich der Habitusbegriff Bourdieus als fruchtbar. Kollektive, familiär gebundene Gewohnheiten widerstehen dort hartnäckig allen politischen Vorsätzen zu Veränderungen, weil sie früh, in...


Axel Michaels ist Seniorprofessor für Klassische Indologie an der Universität Heidelberg und Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Er gilt «international als einer der kreativsten Köpfe seiner Disziplin» (Die ZEIT).



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