Michalak / Heidenreich / Williams | Achtsamkeit | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 48, 108 Seiten

Reihe: Fortschritte der Psychotherapie

Michalak / Heidenreich / Williams Achtsamkeit

E-Book, Deutsch, Band 48, 108 Seiten

Reihe: Fortschritte der Psychotherapie

ISBN: 978-3-8444-3040-0
Verlag: Hogrefe Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Achtsamkeit ist das Bemühen, sich den Erfahrungen im Hier und Jetzt mit möglichst großer Bewusstheit und Offenheit zuzuwenden. Dieses ursprünglich aus dem Bereich östlicher Meditationsansätze stammende Prinzip wurde in den letzten Jahren vermehrt in die Behandlung von Depressionen und unterschiedlichen anderen psychischen und körperlichen Störungen integriert. Der Band gibt einen praxisorientierten Einblick in die Hintergründe und die Methoden achtsamkeitsbasierter therapeutischer Arbeit.
Der Band stellt die Grundzüge achtsamkeitsbasierter Behandlungsverfahren wie Mindfulness-based Stress Reduction (MBSR) oder Mindfulness-based Cognitive Therapy (MBCT) sowie zentrale Modelle zur Wirkungsweise achtsamkeitsbasierter Verfahren dar. Weiterhin gibt er einen Überblick über wichtige Forschungsergebnisse zur Wirksamkeit von achtsamkeitsbasierten Verfahren. Neben der Anwendung in der Rückfallprophylaxe bei Depressionen wird auch auf die Integration von Achtsamkeit bei der Therapie anderer Störungsbilder und in unterschiedlichen therapeutischen Settings eingegangen. Der Schwerpunkt des Bandes liegt auf der konkreten Darstellung der Behandlungsmethoden. Dabei wird das Vorgehen bei einzelnen Achtsamkeitsübungen, wie z.B. beim Body-Scan oder bei der Sitzmeditation, beschrieben und der Umgang mit möglichen Schwierigkeiten thematisiert. Die Neuauflage referiert aktuelle Forschungsbefunde und stellt ausführlich die achtsamkeitsbasierte Arbeit im Einzelsetting vor. Zudem werden in der Neubearbeitung kritische Aspekte im Kontext von Achtsamkeit diskutiert, wie z.B. die Frage von „Nebenwirkungen“ von Achtsamkeitsübungen oder das Problem einer „Kommerzialisierung“ und „Verflachung“ von Achtsamkeit.
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Zielgruppe


Psychotherapeut_innen, Klinische Psycholog_innen, Studierende und Lehrende in der psychotherapeutischen Aus-, Fort- und Weiterbildung.

Weitere Infos & Material


|5|1  Beschreibung der Methode bzw. des Behandlungsprinzips
Im Folgenden wird zunächst die Methode bzw. das Therapieprinzip Achtsamkeit genauer beschrieben, anschließend folgt ein kurzer Überblick über achtsamkeitsbasierte Verfahren. 1.1  Darstellung des Therapieprinzips Achtsamkeit
1.1.1  Arbeitsdefinition von Kabat-Zinn Der beste Zugang zum Thema Achtsamkeit ist die eigene Erfahrung mit der Praxis von Achtsamkeit. Nähert man sich dem Thema auf sprachliche Weise, stößt man im Bereich der Psychologie vor allem auf zwei Arbeitsdefinitionen. Hier ist zum einen die Definition von Kabat-Zinn (1990/2013) zu nennen. Definition: Achtsamkeit nach Kabat-Zinn (1990) Kabat-Zinn beschreibt Achtsamkeit als eine bestimmte Form der Aufmerksamkeitslenkung, die durch folgende Aspekte gekennzeichnet ist: „present moment, on purpose and non-judgemental“. Hilfreich für das Verständnis dieser Charakteristika von Achtsamkeit ist es, wenn man sich vor Augen führt, wie unsere Aufmerksamkeit im Alltag häufig ausgerichtet ist. Wer achtsam ist, wird sehr schnell feststellen, dass wir nur recht selten in lebendigem Kontakt mit den unmittelbaren Erfahrungen des Hier und Jetzt sind. Stattdessen beschäftigen wir uns häufig gedanklich mit der Vergangenheit oder der Zukunft, hängen Tagträumen nach oder beschäftigen uns mit abstrakten Gedankengebäuden. Unter einer achtsamen Aufmerksamkeitslenkung auf den aktuellen Moment wird demgegenüber verstanden, dass den derzeit vorhandenen Bewusstseinsinhalten (Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühle, Körperempfindungen) Aufmerksamkeit geschenkt wird. In einer klassischen Achtsamkeitsübung – der Atemmeditation, die wir in Kapitel 4.2.1.4 ausführlich beschreiben – wird beispielsweise der Atem als Fokus der Aufmerksamkeit achtsam begleitet. Die Aufgabe bei dieser Übung |6|besteht darin, die körperlichen Empfindungen beim Ein- und Ausströmen des Atems achtsam wahrzunehmen. Die Übenden sollen dabei nicht an den Atem „denken“, sondern – so gut es geht – in „lebendigem Kontakt“ mit den sich ständig verändernden körperlichen Empfindungen des Atems bleiben. Wer diese Übung für einige Minuten selbst ausprobiert, wird in der Regel direkt merken, wie schwierig diese „einfache“ Übung eigentlich ist. Meist erleben wir schnell, dass wir in Gedanken abschweifen oder von der Wahrnehmung anderer sensorischer Empfindungen von der Atmung „weggetragen“ werden. Plötzlich „sind“ wir also nicht mehr im Hier und Jetzt, sondern bei der Unterhaltung mit einem Kollegen, die vor zwei Stunden stattgefunden hat oder bei der Sorge um die Kinder, die in der Schule Schwierigkeiten haben. Praktiziert man Achtsamkeit, so können wir dieses Abschweifen einfach wahrnehmen und dann absichtsvoll – und damit sind wir beim zweiten Bestimmungsstück der Definition von Kabat-Zinn – mit unserer Aufmerksamkeit zum Hier und Jetzt zurückkommen. Bleiben wir beim Beispiel der Atemmeditation, so würden wir – nachdem wir das Abschweifen bemerkt haben – wieder zu den Empfindungen der Atmung im Hier und Jetzt zurückkommen. Dieses absichtsvolle Verweilen im gegenwärtigen Augenblick wird dabei nicht nur punktuell – zum Beispiel bei der Durchführung von formalen Achtsamkeitsübungen wie der Atemmeditation – praktiziert, sondern kontinuierlich, also so gut es geht in allen Situationen des Lebens. Im Alltag können wir dabei die Aufmerksamkeit immer wieder zu den Tätigkeiten des gegenwärtigen Augenblicks zurücklenken. Diese alltäglichen Tätigkeiten werden dabei mit Bewusstheit durchgeführt und nicht wie im „Autopilotenmodus“. Merke: Autopilotenmodus Der „Autopilotenmodus“ meint die in unserem Alltagsbewusstsein häufig zu beobachtende Tendenz, Tätigkeiten nur halbbewusst auszuführen: Der Körper geht wie bei einem Autopiloten seiner Aufgabe nach (z.?B. Treppensteigen), während wir geistig mit etwas ganz anderem beschäftigt sind (z.?B. mit der Sitzung, die in einer halben Stunde beginnt). Im Gegensatz dazu meint Achtsamkeit, Geist und Körper in der Gegenwart „zusammenzuführen“, also beispielsweise beim Treppensteigen „ganz in der Situation zu sein“ (bewusste Wahrnehmung des Körpers und der äußeren Situation). Wer es mit der Integration von Achtsamkeit in das Leben selbst versucht hat, dem wird in der Regel schnell klar, dass hierfür ein ausgeprägtes Maß an Bescheidenheit und Durchhaltevermögen notwendig ist. Auch wenn wir am Tag tausende Male den Fokus im Hier und Jetzt verlieren, so sollen wir oder, besser gesagt, dürfen wir immer wieder in die Gegenwart zurückkommen. Das dritte Bestimmungsstück von Achtsamkeit ist nach der Definition von Kabat-Zinn die nicht wertende Haltung gegenüber den Erlebnisinhalten des gegenwärtigen Augenblicks. Meist neigen wir dazu, unsere Erfahrungen in |7|Kategorien wie „das ist angenehm, das soll so bleiben“ oder „das ist unangenehm, das soll sich möglichst schnell verändern“ oder „das ist neutral und deswegen uninteressant“ einzuordnen. Im Gegensatz dazu ist Achtsamkeit durch eine möglichst große Offenheit und mitfühlende Akzeptanz gegenüber den Erfahrungen des gegenwärtigen Augenblicks gekennzeichnet. Dabei werden die sich in der Gegenwart entfaltenden Erfahrungen weder unterdrückt, noch verlieren wir uns in diesen (z.?B. indem wir über sie nachdenken oder sie uns in Grübelprozesse stoßen), sondern wir geben uns gleichsam die „innere Erlaubnis“, dass alles, was auftaucht, auch da sein darf. Ein Bild aus der buddhistischen Literatur mag an dieser Stelle hilfreich sein, um diese Haltung genauer zu beschreiben: Ein weiser und gelassener Großvater oder eine weise und gelassene Großmutter kann ihren Enkelkindern (möglicherweise leichter, als dies Eltern möglich ist) wohlwollend, interessiert und liebevoll beim Spielen zusehen, ohne sie mit all ihren „Ecken und Kanten“ übertrieben ernst zu nehmen. Er oder sie kann also eine gesunde Distanz zum Treiben bewahren, ohne sich zu sehr in die Interaktion der Kinder „hineinziehen“ zu lassen. 1.1.2  Definition von Bishop et al. Die operationale Definition von Bishop et al. (2004) wurde in einem Konsensusverfahren unterschiedlicher Forscher im Bereich Achtsamkeit entwickelt. In dieser Definition werden zwei Unterkomponenten von Achtsamkeit vorgeschlagen. Die erste Komponente beinhaltet die Selbstregulation der Aufmerksamkeit, sodass sie auf den unmittelbaren Erfahrungen des gegenwärtigen Augenblicks gehalten wird. So soll eine erhöhte Wahrnehmung von mentalen Ereignissen im gegenwärtigen Moment ermöglicht werden. Diese Form der Selbstregulation ist mit einer erhöhten Wachheit gegenüber dem sich ständig ändernden Strom von Gedanken, Gefühlen und Empfindungen verbunden. Subjektiv geht dies mit dem Gefühl, völlig präsent und lebendig in der Gegenwart zu sein, einher. Diese Selbstregulation der Aufmerksamkeit soll außerdem eine nicht elaborative Bewusstheit von Gedanken, Gefühlen und Empfindungen fördern. Im Gegensatz dazu, sich in Grübeleien oder elaborierten Gedanken über seine Erfahrungen und deren Ursprünge, Folgen oder anderen Assoziationen zu verfangen, beinhaltet Achtsamkeit eine direkte Erfahrung von körperlichen oder mentalen Ereignissen. Außerdem soll diese direkte Form der Erfahrung unsere gewohnheitsmäßige Neigung, Erfahrungen durch die Filter unserer Überzeugungen, Annahmen, Wünsche und Erwartungen zu betrachten, vermindern. Die zweite Komponente von Achtsamkeit ist nach dem Modell von Bishop et al. (2004) durch eine bestimmte Orientierung gekennzeichnet. Diese Orientierung beginnt mit der Entscheidung, eine Haltung der Neugierde gegenüber den unterschiedlichen Objekten der Erfahrung in jedem Moment auf|8|rechtzuerhalten und auch dem gegenüber, wohin der Geist wandert, wenn er vom primären Objekt der Aufmerksamkeit abschweift. Insgesamt wird also eine Haltung der Akzeptanz gegenüber den eigenen Erfahrungen eingenommen. Unter Akzeptanz wird dabei verstanden, erfahrungsmäßig offen gegenüber der Realität des gegenwärtigen Moments zu sein. Sie beinhaltet die bewusste Entscheidung, auf Bestrebungen zu verzichten, eine andere Erfahrung...


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