E-Book, Deutsch, Band 1, 639 Seiten
Reihe: Die Guenevere-Saga
Miles Die Herrin von Camelot
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-98690-682-5
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Die große Saga (Die Guenevere-Saga 1)
E-Book, Deutsch, Band 1, 639 Seiten
Reihe: Die Guenevere-Saga
ISBN: 978-3-98690-682-5
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Rosalind Miles wurde in Warwickshire geboren und studierte in Oxford, Birmingham und Leicester. Sie ist eine preisgekrönte Schriftstellerin, Journalistin, Kritikerin und Rundfunksprecherin, deren Werke in der ganzen Welt erschienen sind. Unter anderem gewann sie den Network Award für herausragende Leistungen im Schreiben für Frauen. Ihre historischen Romane wurden international gefeiert, insbesondere »Elisabeth, Königin von England«, in der sie das Leben und die Zeit der Tudor-Königin nachzeichnet. Ihr juristisches und soziales Engagement hat sie vom Buckingham Palace bis ins Weiße Haus geführt. Die Website der Autorin: rosalind.net Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin die Romanbiographie »Elisabeth, Königin von England«, ihre historischen Romane der Guinevere-Saga »Die Herrin von Camelot« und »Die Königin des Sommerlandes« und ihre dramatischen Australienromane »Unter der roten Sonne Australiens« sowie die beiden Bände der großen Eden-Saga »Im Schatten des Akazienbaums« und »Das Leuchten der Silbereichen«.
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Kapitel 1
Der alte Mann fröstelte und beugte sich vor, um sich die Hände am Hals seines Pferdes zu wärmen. Von den Bergen vor ihnen schickte Nebel seine weißen Finger ins Tal, und der Märztag neigte sich dem Ende zu. Das Gras war bereits naß vom Abendtau, bald würde es regnen. London lag weit hinter ihnen, und sie waren Meilen von jedem Obdach entfernt. Es würde eine weitere feuchte und hungrige Nacht werden.
Unwichtig. In seinen hellen Augen blitzte es. Wenn sie den Ort ihrer Bestimmung erreichten, würde sich jeder Mann satt essen können.
»Merlin?«
Er zuckte zusammen. »Ja?«
Der junge Reiter neben ihm bewegte sich unbehaglich im Sattel. »Woher wußtest du, daß mich die Könige und Lords als König anerkennen würden, als du sie zusammenriefst, um mein Anrecht zu proklamieren?«
»Ihnen war ein Zeichen verheißen.« Merlin starrte in den Nebel und vermied den Blick seines Gefährten. »Und wir haben ihnen eines gegeben.«
Der junge Mann lachte verlegen. »Was? Das Schwert im Stein?«
»Was sonst?«
Dem jungen Mann schien die zunehmende Verärgerung in Merlins Stimme gleichgültig zu sein. »Aber das war doch kein echtes Zeichen vom Himmel. Du hast es bewirkt, es war deine Tat!«
»Es war das Zeichen, nach dem es sie verlangte.« Merlin wandte sich ihm zu. »Und es hat dich zum König gemacht!«
Merlins Augen funkelten. Wieder hörte er die Hochrufe auf dem Vorhof der Kirche widerhallen, als sich die Versammelten die Kehlen nach Arthur wund schrien. Was machte es da schon aus, daß sich die Kleinkönige und mißgünstigen Lords vor dem Schwur zum Waffengang davonstahlen? Die anderen hatte der Junge mit seiner schlichten Aufrichtigkeit und strahlenden Zuversicht für sich gewonnen.
»Jetzt bist du König Arthur!« knurrte er und musterte mürrisch, was er insgeheim bewunderte – Arthurs Offenheit, sein jungenhaftes Lächeln, seinen nachdenklichen Blick. »Was willst du mehr?«
»Ha!« entfuhr es Arthur kläglich. »Ein König ohne Königreich.«
»Unsinn!« Gereizt schüttelte der alte Mann den Kopf. »Deine Ländereien sind noch in den Händen deiner Feinde. Aber wenn wir Caerleon erreichen, werden alle zu deinen Fahnen eilen.«
Arthur lächelte verhalten. »Alle?«
»Alle deine wahren Untertanen!« lautete die scharfe Antwort. »Und sie werden für dich gegen jene kämpfen, die nach dem Tod deines Vaters dein Königreich unter sich aufteilten.«
Uthers Tod ...
Ein schmerzlicher Schatten überflog Merlins Gesicht. Er erinnerte sich, wie vor langer Zeit, vor vielen Lebensaltern, das Land nach dem Abzug der Römer und ihrer Legionen in Anarchie abgeglitten war. Doch das war nichts im Vergleich zu der Dunkelheit, die sich herabsenkte, als König Uther fiel.
Merlin holte tief und pfeifend Luft. »Wehe dem Land, dessen König ein Kind ist, sagen die Christen. Das Mittlere Königreich gehörte seit undenklichen Zeiten dem Haus von Pendragon. Hätte dein Vater gelebt, bis du ein erwachsener Mann bist, hätte kein Mensch auf Erden gewagt, dir dein Recht streitig zu machen. Wir bräuchten nicht um deinen Thron zu kämpfen. Wir bräuchten Caerleon nicht zu stürmen, um dich wieder in den Besitz deines Reiches zu bringen.«
»Die Christen ...« Arthurs Gedanken nahmen eine andere Wendung. »Unser Volk hier hält sich an den alten Glauben. Was hätten uns die Christen zu sagen?«
Merlins Blick wurde undurchdringlich. »Sie sind die kommenden Männer. Wir brauchen ihre Unterstützung.«
»Aber die alten Götter werden nie sterben.« Ehrfurchtsvoll sah Arthur zu den bemoosten Eichen am Weg auf, zu den dunklen Bergen vor ihnen und dem Himmel, an dem die ersten Sterne funkelten. »Und auch nicht ...«
»... die Große Mutter, die es bereits vor ihnen allen gab?« lachte Merlin rauh. »Keine Bange, Junge! Wie alle echten Frauen hat die Göttin eine Schwäche für junge Männer. Sie wird es dir verzeihen, wenn du den Christen ein wenig huldvoll entgegenkommst. Und ein Herrscher muß der König all seiner Untertanen sein, nicht nur jener eines Glaubens.«
Es begann zu nieseln. Arthur sah sich zu der kleinen Kolonne seiner Gefolgsleute um. »Wir müssen ein Lager aufschlagen«, sagte er. »Die Männer haben seit Tagen nicht mehr ordentlich geschlafen. Sie sind erschöpft. Wir müssen eine Rast einlegen.«
Der mitleidlose Blick des alten Mannes entging ihm nicht. »Deine Feinde rasten und ruhen nicht. Jeder Tag Aufschub macht sie nur stärker.«
Arthur holte tief Atem. »Sie sind bereits stark, Sir. Nach zwanzig Jahren macht ein Tag mehr oder weniger keinen großen Unterschied.«
Merlin knirschte mit den Zähnen. »Weiter, sage ich! Schlag schnell und hart zu, um sie aus deinem Reich zu vertreiben!« Der alte Mann fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Schlag erbarmungslos zu, zerschmettere sie zu Brei!«
Sein Puls raste. Ja, zu Knochenbrei und Matsch, zu Futter für Krähen und Hunde. Und vor allem einer mußte hundertfach büßen. König Lot von Lothian sollte seinen Zorn spüren wie glühende Flammen.
Lot der Lothier, König der Orkneys, Lord der Inseln.
Lot der Abscheuliche, Lot der Verfluchte.
Vor Merlins innerem Auge tauchte ein breites, schwarzbärtiges Gesicht auf einem stiernackigen Hals auf. Bald würden Lot und die anderen das Schwert zu kosten bekommen und an ihrem eigenen Blut ersticken.
Mit sinnlicher Genugtuung stellte er sich vor, wie er seine Schwertspitze in Lots Kehle stieß, seine schwarzen Augen hervorquellen sah, seinen letzten gurgelnden Schrei hörte. Endlich, endlich ...
Arthurs Worte rissen ihn aus seinem Wachtraum: »Wenn die Männer zu schwach sind, werden wir gar nichts erreichen.« Er lächelte, aber seine Stimme klang fest. »Verzeih, Merlin. Du sollst alles andere bestimmen, aber die Männer muß ich anführen.« Wieder warf er einen Blick über die Schulter. »Sie haben ihre Lords verlassen, ihre Könige, ihr Land, um sich mir anzuschließen. Ich bin für sie verantwortlich.«
Merlin wandte seinen Blick den Sternen zu. Sein ganzer Körper zuckte in dem Bemühen, seinen Rachedurst zu zügeln. »Nun, nach zwanzig Jahren kann ich mich auch noch ein wenig länger gedulden.« Sein Lachen hörte sich schrill an. »Als mich König Lot vertrieb, habe ich geschworen zurückzukehren. Er wird noch dort sein, wenn ich komme.«
»Wo? In Caerleon?«
Merlin zuckte mit den schmalen Schultern. »Seine Vasallen-Könige regieren dort an seiner Stelle über dein Land. Er wird sich im Norden aufhalten, in seinem eigenen fernen Reich. Von dem er ganz gut lebte, bis der Tod deines Vaters dein Königreich habgierigen Schurken wie ihm schutzlos preisgab.« Seine Zähne blitzten gelblich im Abendlicht. »Aber wir werden ihn in den Süden locken, dessen bin ich mir sicher.«
Arthur nickte. »Und ihn in gerechter Schlacht schlagen, Mann gegen Mann. Nur auf diese Weise werde ich meinen Thron und mein Reich wiedererhalten.«
Merlins Augen funkelten. »Und auf diese Weise wirst du dich zum Hochkönig machen!«
Arthur zögerte. »Ich weiß, daß sich mein Vater zum Hochkönig machte, als alle anderen Könige bereit waren, ihm zu folgen. Aber er mußte viele Kriege führen, um sie zu befrieden. Ich strebe lediglich nach dem, was ich mein Eigen nennen kann. Wenn ich das Mittlere Reich wieder unter die Herrschaft von Pendragon bringen kann, bin ich es zufrieden.«
An Merlins Schläfen traten die Adern hervor. »Pendragon bedeutet das Hochkönigtum, Herrscher aller Briten!« knirschte er zwischen den Zähnen hervor. »Verspiele deine Bestimmung nicht, Junge! Du bist berufen, sie jetzt zu erfüllen.«
»Wenn es meine wahrhafte Bestimmung ist, werde ich sie erfüllen«, entgegnete Arthur ruhig.
Merlin schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Du wirst Hochkönig! Das habe ich vor der gesamten Versammlung kundgetan, als ich dich zum König erklärte.«
Arthur lächelte versöhnlich. »Wenn das Schicksal es will, wird es kommen, wie du sagst. Aber erst einmal muß ich mich der nächstliegenden Aufgabe stellen.« Er wurde wieder ernst. »Deinen Worten zufolge stehen mir zu Hause einige harte Gefechte bevor, bis alle vertrieben sind, die sich des Mittleren Königreichs bemächtigt haben. Der Angriff auf Caerleon kann erst ein Anfang sein.« Er lachte verlegen. »Und diese Waffengänge sind längst noch nicht alles. Ein König braucht eine Königin. Wenn ich meinem Volk ein wahrer Herrscher sein soll, muß ich mir eine Gemahlin suchen.«
In Merlins Augen zuckte es. In diese Richtung gingen die Gedanken des Jungen also bereits? »Eines Tages sicherlich. Aber du bist noch jung – dafür ist noch viel Zeit.«
»Männer meines Alters sind bereits verheiratet, haben Kinder.« Arthurs Stimme veränderte sich. »Und vor einem oder zwei Monden bin ich einer Dame begegnet ...«
»Als du an dem Turnier teilgenommen hast? Die Jungfrau von der Burg?«
Überrascht sah Arthur ihn an. »Du weißt von ihr?« Röte stieg ihm in die Wangen, als wäre er geschlagen worden. »Woher?«
Unbeeindruckt hielt Merlin seinem verärgerten Blick stand. »Ich weiß es eben.« Natürlich wußte er es. Es war seine Pflicht, so etwas zu wissen. Er lachte rauh auf. »Und ich weiß auch, daß sie in deinem Leben von keinerlei Bedeutung sein wird. Ein gutaussehender junger Mann von Stand kann jede Jungfrau haben.«
»Sie ist nicht ›jede‹ Jungfrau.« Wieder errötete Arthur. »Sie ...« Er verstummte und wandte den Blick ab.
Merlin musterte ihn ohne jedes Mitgefühl. Wie jung er ist, dachte er.
Arthur spürte Merlins Verachtung. »Sie ist nicht ›jede‹ Maid«, wiederholte er trotzig.
Merlin blieb ungerührt. »Schlag dir die Jungfrauen aus dem Kopf!« befahl er...




