Milford / KateMilford | Boneshaker | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 381 Seiten

Milford / KateMilford Boneshaker


Novität
ISBN: 978-3-7725-4140-7
Verlag: Freies Geistesleben
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 381 Seiten

ISBN: 978-3-7725-4140-7
Verlag: Freies Geistesleben
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Merkwürdige Dinge können an Kreuzungen geschehen. Und die Kreuzung vor Arcane macht da keine Ausnahme. Die dreizehnjährige Natalie kennt die alten Geschichten über ihre kleine Stadt, z.B. die vom wunderbaren Gitarristen Tom Guyot und seiner Begegnung mit dem Teufel. Aber nicht einmal sie ist auf das Ungeheuerliche gefasst, das mit Dr. Jake Biegebeins Technologischer Medizinausstellung in Arcane Einzug hält. Genial verschmilzt Kate Milford in ihrem Roman alte, unheimliche Geschichten mit der Gegenwart einer Stadt mitten in Amerika im frühen 20. Jahrhundert.

Kate Milford hat für Bühne und Fernsehen geschrieben, bevor sie ihren ersten Roman 'The Boneshaker' veröffentlichte, der sie als Jugendbuchautorin bekannt machte. Ihr zweiter Roman 'Broken Lands' liegt bereits im Verlag Freies Geistesleben vor. Regelmäßig erscheinen ihre Reisekolumnen bei nagspeake.com. Kate Milford lebt in Brooklyn, New York.
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Weitere Infos & Material


1. Die Stadt an der Kreuzung 2. Das schnellste Fahrrad der Welt 3. Der Teufel und Tom Guyot 4. Eine besondere Anmut 5. Die Quacksalber 6. Vitamine 7. Der missmutige Dämon 8. Für Ihre Gesundheit nur das Beste 9. Die alte Stadt 10. Dr. Biegebeins pharmazeutischer Markt und technologische Medizinausstellung 11. Phrenologie 12. Biegebeins Ingwer-Arnika-Bitter 13. Zuversicht 14. Hände 15. Bernsteintherapie 16. Springer 17. Jasper Bellinspires Vertrag 18. Nach uns die Sintflut 19. Ich schwöre, niemandem zu schaden 20. Ingwerfuß 21. Kreuzungen


1


DIE STADT AN DER KREUZUNG


Missouri, 1913

An Kreuzungen können merkwürdige Dinge geschehen.

Oft sieht es gar nicht so aus, nur wie eine Stelle, wo sich zwei staubige Straßen treffen, aber eine Kreuzung kann viel mehr sein als das. Eine Kreuzung kann etwas Besonderes sein, ein Kompass mit Nadeln, die den Weg zu Orten weisen, die man einmal und nie wieder findet, Orte, die nur vielleicht existieren oder früher einmal existiert haben, vielleicht auch erst irgendwann existieren werden, je nachdem, ob man danach sucht oder nicht.

Aber abgesehen von allem anderen ist eine Kreuzung ein Ort, an dem man eine Entscheidung trifft.

Arcane befand sich in der Nähe eines solchen Ortes. Die Kreuzung außerhalb der Stadt lag in einer flachen Senke, wo wogendes Gras und knorrige Bäume wuchsen und wo sich zwei Landstraßen neben einem ausgetrockneten Flussbett trafen. Eine dieser Straßen führte geradewegs von Los Angeles in Kalifornien nach Washington D.C. Und wenn ein Reisender sein Haus in Baton Rouge, Louisiana, verließ, konnte er auf der anderen Straße bis weit in den Norden gelangen, um seine Verwandtschaft in Kanada zu besuchen. Es waren viel begangene Straßen, doch führten sie oft durch weite, unbewohnte Landschaften. In Arcane und den anderen kleinen Städten, die entlang der Straßen entstanden waren, gab es für die Durchreisenden Hotels und Saloons, Gemischtwarenläden, Wasserpumpen und Ställe.

Vor hundert Jahren hatte an der Stelle, an der sich die beiden Straßen kreuzten, eine Stadt gestanden, aber übrig geblieben waren nur verlassene Ruinen – die Fundamente und bröckelige Wände, die sich gefährlich unter einsackenden Dächern neigten. Die Gründerväter von Arcane hatten ein Stück weiter die Ost-West-Straße entlang eine neue Siedlung aus dem Boden gestampft, und diese Stadt war größer und stärker geworden als der Trümmerhaufen, den man nur die «alte Stadt» nannte. Aber  – und vielleicht war die Nähe zu dieser unheimlichen, halb zerfallenen Geisterstadt der Grund dafür – Reisende blieben nicht länger als nötig in Arcane. Die Leute kauften hier Benzin oder Hufeisen oder ließen ein Wagenrad erneuern, doch wenn sie glaubten, es bis in die nächste Stadt zu schaffen – selbst wenn das Rad eierte oder das Pferd lahmte –, dann machten sie einen Bogen um Arcane. Sie betraten die Stadt nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ, obwohl sie nicht hätten sagen können, warum das so war. Selbst der Wanderer mit der Reisetasche aus festem Stoff und der alten Blechlaterne, die an einem Stecken über seiner Schulter baumelte, würde nur für eine Mahlzeit und ein Nachtlager bleiben, bevor er sich am nächsten Morgen wieder auf den Weg machte. Obwohl … bei diesem speziellen Wanderer war das schwer zu sagen.

«Genau meine Stadt», murmelte er vor sich hin, als er an der Kreuzung stehen blieb und die einstürzenden Wände des ehemaligen Kurzwarenladens betrachtete. Trotz der gleißenden Sonne am Himmel drang das Licht der Laterne durch ein Lochmuster, das man in das Metall gestanzt hatte. Der Ring, mit dem die Laterne an dem Stecken befestigt war, klirrte leicht, als der Wanderer sich umdrehte und einem kleinen Staubteufel nachschaute, der seinen Pfad kreuzte.

Mit der freien Hand zog er sich den Filzhut vom Kopf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann schüttelte er seinen langen Ledermantel vom Körper. Er holte seine Uhr aus der Tasche – eine hübschere Uhr als man bei einem Landstreicher wie ihm erwarten durfte – und klappte den Deckel auf. Er schaute die nach Osten verlaufende Straße entlang, die von Arcane wegführte, und stieß ein ungeduldiges Schnauben aus. Dann packte er die Reisetasche fester, rückte den Stab mit der Laterne auf seiner Schulter zurecht und ging weiter. Er hatte die drahtigen Muskeln eines Hafenarbeiters, und obwohl das Leben auf der Straße einem Mann gewöhnlich schneller die Last des Alters auf die Schultern legte als ein Leben in der Stadt, wirkte das Gesicht des Wanderers unter dem Schmutz und dem Staub jung. Nur seine Augen, hellgrün wie altes Glas und umrahmt von Blinzelfältchen, ließen sein wahres Alter erahnen.

Mit einem Lächeln auf den Lippen schlenderte der Wanderer in Richtung Arcane, aber das Lächeln war verzerrt und unbehaglich, und selbst er ging ein bisschen schneller aus der alten Stadt heraus, als er hineingegangen war.

Die Menschen, die in Arcane lebten, waren nicht anders als anderswo. Sie gingen zur Arbeit, legten Gemüsegärten an, hielten Katzen und Hunde, hatten Berufe, Kinder und Häuser mit windschiefen Fliegengittertüren oder knarrenden Verandastufen. Die Kinder warteten das ganze Jahr auf die Sommerferien, dann auf die Winterferien und die Weihnachtsgeschenke, und dann wieder auf den Sommer. Es gab Rabauken und Duckmäuser, reiche und arme Kinder, wie überall.

Aber an Kreuzungen können merkwürdige Dinge geschehen, und selbst wenn man als ganz normales Kind in einer Kreuzungsstadt aufwächst, hört man die eine oder andere Geschichte. Und es kann sogar passieren, dass man so ein merkwürdiges Ereignis selbst miterlebt. Im Alter von dreizehn Jahren kannte Natalie Minks alle Geschichten auswendig. Sie wusste, wieso die alte Stadt verlassen worden war, und hatte alle Erzählungen über den uralten Wald südwestlich von Arcane gehört, in dem vor langer Zeit seltsame Kreaturen ihr Unwesen getrieben hatten. Sie wusste sogar, warum Mrs. Corusk, die am nördlichen Rand der Stadt eine kleine Farm betrieb, darauf bestand, mit Kerzenlicht zu leben, während doch fast alle anderen schon vor Natalies Geburt auf elektrisches Licht umgesattelt hatten.

Es war manchmal nicht leicht zu entscheiden, welche Geschichten wahr waren und welche nicht, aber wenn sich Natalie einer Sache sicher war, dann der, dass niemand in Arcane alles ganz genau wusste.

Außer vielleicht meine Familie, dachte Natalie, während ihr Vater sich in der großen Scheunentür den Finger einquetschte, wie jedes Mal, wenn er in seine Werkstatt kam. Auf ihre Familie war Verlass.

«Gefunden!», rief er und hielt mit seiner unverletzten Hand einen Schraubenschlüssel in die Höhe.

Natalie griff nach einem Fahrradreifen, der an der Wand hing, und zog sich mit seiner Hilfe auf eine der Werkbänke ihres Vaters hoch. «Wie weit ist es denn?»

«Etwa hundertzehn Meilen.» Ihr Vater hielt den Atem an. «Natalie, sei …»

Ein Steckschlüssel rutschte unter ihrem Fuß nach hinten und fiel polternd zu Boden – kein Wunder, dass ihr Vater ständig über alles Mögliche stolperte. Natalie packte wieder den Fahrradreifen, damit sie nicht in die Einzelteile des Radios trat, die auf der Werkbank verstreut lagen, aber der Reifen löste sich mit einem Ruck. Ihre Arme fingen an zu rudern.

Ihr Vater sprang vor, um sie aufzufangen, wobei er den Weg wählte, auf dem die meisten Hindernisse lagen. Ein ohrenbetäubendes Getöse umstürzender und herunterfallender Gegenstände erhob sich. Natalie fand ihr Gleichgewicht wieder und vermied es, auf dem Hosenboden zu landen, auf die Radioröhren zu treten oder – schlimmer noch – auf das kleine, uhrwerkbetriebene Flugzeug, an dem sie und ihr Vater bastelten.

«Sei vorsichtig», beendete sie seinen Satz, als ihr Vater schlitternd neben ihr zu stehen kam. «Ich weiß.»

Er warf ihr einen ernsten Blick zu und bahnte sich den Weg zurück zu seiner Arbeit.

Einen blauen Fleck auf dem Hintern hätte sie verschmerzen können, nicht aber die Zerstörung des kleinen Flugapparates, einer liebevoll gebauten mechanischen Meisterleistung, die ihr Vater und sie Wilbur genannt hatten, nach dem einen der Wright-Brüder, der letztes Jahr gestorben war. Es war ein Automat – dieser Begriff war die neueste und wertvollste Bereicherung von Natalies Wortschatz –, eine kleine Maschine, die sich eigenständig bewegen konnte, nachdem man sie mit einem Schlüssel aufgezogen hatte. Sie stellte ihn behutsam beiseite und achtete darauf, dass sie die Zahnrädchen im Inneren, mit denen die Propeller und Flügel angetrieben wurden, nicht durcheinanderbrachte.

Auf Zehenspitzen stehend konnte sie gerade so aus dem kleinen Fenster blicken, das sich an der Wand über der Werkbank befand. Sie wischte den etliche Jahre alten Ruß von der Glasscheibe und betrachtete die Menge auf der Straße. Natürlich gaben sich die Leute Mühe, unbeteiligt zu wirken, und alle taten so, als seien sie zufällig hier, aber an einem gewöhnlichen Mittwochmorgen wäre es keinem Einwohner von Arcane eingefallen, ausgerechnet vor Minks Fahrradgeschäft herumzulungern.

«Du hast ein Publikum.» Natalie streckte sich noch ein bisschen mehr und sah ein paar Jungen von der Schule, die halbherzig auf einem Brett balancierten, das sie über eine große Blechdose gelegt hatten. Daneben standen ein paar Mädchen und taten so, als würden sie ihnen dabei zuschauen. Es war der erste Tag der Sommerferien. Eigentlich hatten all diese Kinder etwas Besseres zu tun. «Ein großes Publikum», ergänzte Natalie selbstgefällig.

Die bullige Maschine in der Mitte des Ladens stieß ein Geräusch aus wie...


Offermann, Andrea
Andrea Offermann ist freie Designerin mit einem leidenschaftlichen Faible für Buchillustration. Sie hat am Art Center College of Design in den USA studiert. 2013 gewann sie in New York bei der Jahreskonferenz der Society of Children's Book Writers and Illustrators (SCBWI) den Portfolio Award.

Ernst, Alexandra
Alexandra Ernst, geboren 1965 in Wiesbaden, studierte Literaturwissenschaft und war als Presse- und Werbeleiterin in einem Verlag tätig. Seit 2000 arbeitet sie als Übersetzerin von historischen Romanen, Fantasy und Jugendliteratur. Hierfür wurde sie u. a. mehrfach für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert und auch mit ihm ausgezeichnet. Neben ihren Übersetzungen veröffentlicht sie auch Beiträge als Journalistin und Literaturkritikerin. Alexandra Ernst lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in der Nähe von Mainz.

Milford, Kate
Kate Milford geboren in Annapolis, Maryland, hat für Bühne und Fernsehen geschrieben, bevor sie 2010 ihren ersten Roman ›The Boneshaker‹ veröffentlichte, der sie als Jugendbuchautorin schlagartig bekannt machte.  Kate Milford lebt mit ihrem Mann, ihren zwei Kindern und ihrem Hund in Brooklyn, New York.
clockworkfoundry.com

Kate Milford hat für Bühne und Fernsehen geschrieben, bevor sie ihren ersten Roman "The Boneshaker" veröffentlichte, der sie als Jugendbuchautorin bekannt machte. Ihr zweiter Roman "Broken Lands" liegt bereits im Verlag Freies Geistesleben vor. Regelmäßig erscheinen ihre Reisekolumnen bei nagspeake.com. Kate Milford lebt in Brooklyn, New York.



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