Milkau | Banken am digitalen Scheideweg | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 168 Seiten

Milkau Banken am digitalen Scheideweg

Verharren in der Vergangenheit oder Mut zur Zulkunft?

E-Book, Deutsch, 168 Seiten

ISBN: 978-3-8314-0906-8
Verlag: Fritz Knapp
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Digitalisierung ist ein inflationär verwendeter Begriff. Dabei wird "Digitalisierung" auf der einen Seite gerne im Sinne der Aufmerksamkeitsökonomie eingesetzt, um "alternativlose" Projekte durchzuführen, aber auf der anderen Seite genutzt, keine Entscheidungen unter Unsicherheit treffen zu müssen und nichts falsch zu machen.

Die gute Nachricht ist, dass es Banken auch noch weiterhin geben mag – es gibt auch 25 Jahre nach Beginn des E-Commerce noch Buchhandlungen oder Reisebüros. Die schlechte Nachricht ist, dass dies verschiedenen Gegebenheiten geschuldet ist: Zum einen der nichtlinearen Entwicklung von digitalen Geschäftsmodellen, welche unterschwellig starten, dann nicht aufzuhalten sind, aber (begrenzte) Nischen für traditionelle Geschäftsmodelle offenlassen. Zum anderen einem dynamischen Nichtgleichgewicht, welches von traditionellen Marktmodellen nicht abgebildet werden kann. Und schließlich einer "Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen", da sich Konzepte der Vergangenheit, aktuelle Entwicklungen der Gegenwart und beginnende Entwicklungspfade überschneiden.

In diesem Spannungsfeld der "Digitalisierung" werden für Banken zwei Faktoren ausschlaggebend sein. Ein Mut zur Zukunft muss sich in einer Entscheidungsbereitschaft der handelnden Personen widerspiegeln. Denn jede bewusst getroffene Entscheidung ist ein Schritt in die Zukunft und damit ein Fort"schritt", wohingegen eine Nichtentscheidung immer ein Verharren sein muss. Und ein Mut zum Wissen muss zu einer gezielten Aus- und Weiterbildung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch aller Führungskräfte führen. In diesem Sinne soll das vorliegende Buch die Digitalisierung von Banken ausgehend von den traditionellen Kernfunktionen über die Frage nach der Bedeutung von Daten und Künstlicher Intelligenz als Schlüsseltechnologie bis zum Prüfstein von Entscheidung unter Unsicherheit beleuchten und dabei herausstellen, dass Digitalisierung gerade nicht "Technik" ist, sondern die Neuinterpretation von vorausblickenden Kaufleuten im 21. Jahrhundert.
Milkau Banken am digitalen Scheideweg jetzt bestellen!

Zielgruppe


Banken, Dienstleister, Wirtschaftsleute


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1.Digitalisierung – der Versuch einer Definition
Digitalisierung ist ein mittlerweile inflationär verwendeter Begriff. Oft wird „Digitalisierung“ bewusst im Sinne der Aufmerksamkeitsökonomie6 eingesetzt, wie dies die Soziologin Stefanie Büchner (2017) auf dem Punkt brachte. Mit Digitalisierung als Schlagwort im Sinne eines fast schon alternativlosen Megatrends, lassen sich Produkte von Beratern, Bücher von selbsternannten Digitalisierungsgurus und Projekte in Unternehmen gut verkaufen. Es entsteht ein Perpetuum Mobile aus Jubelbotschaften, Angst etwas zu verpassen7, Absicherungsbestreben und Aktionismus. Im Diskurs – oder im Kampf um Projektbudgets – sind zurückhaltendere Meinungen oftmals nicht statthaft, denn wer möchte schon ein „analoger“ Ewiggestriger sein. Dennoch kann der Versuch nicht schaden, die Digitalisierung vom Anschein eines Naturereignisses zu befreien, auf dem Boden der Tatsachen zurückzuholen und im langfristigen Kontext zu betrachten. 1.1„Digitization“ versus „Digitalization“
Ein Grund für die unscharfe Verwendung von „Digitalisierung“ mag in einem sprachlichen Unterschied von deutscher und englischer Begriffsbildung liegen: Während Digitization für die Umwandeln von analogen Speichermedien (Texts auf Paper, Fotos, Audio- & Video-Bänder usw.) in digitale Formate steht, steht Digitalization für die private, öffentliche und unternehmerische Nutzung von digitalen Daten. Während Digitization einfach eine Technik bezeichnet, beschreibt Digitalization ganze soziotechnische Systeme von der App-Nutzung auf Smartphones durch Heranwachsende über den Einsatz von Artificial Intelligence in der medizinischen Diagnose bis zur „Tokenisierung“ von Wertpapiermärkten für Anleger. Diese konzeptionelle Unterscheidung fehlt im Deutschen und macht Schreiben und Diskutieren über Digitalisierung schon fast analog – im Sinne der fehlenden Unterscheidung zwischen „0“ und „1“. Andererseits verweist dies auf eine kontinuierliche Entwicklung von der Digitaltechnik der 1950er Jahre bis zum aktuellen „Deep Learning“ oder „Machine Reasoning“. Im Folgenden soll daher Digitalisierung so verstanden werden, dass damit die Gesamtheit einer langen, pfadabhängigen und oft sprunghaften Entwicklung angesprochen wird, wie man sie auch von Kulturtechniken wie dem Buchdruck (bis zum E-Book) oder der Industrialisierung u.a. durch die Dampfmaschine (bis zu aktuellen Überlegungen für eine Quanten-Dampfmaschine von Nicole Yunger Halpern – kein Scherz!) kennt. Daher steht Digitalisierung nicht für eine überraschend eingetretene Situation, sondern für einen Prozess, welcher mit der Proliferation von Technik im Alltag begann, sich mit gesellschaftlichen Auswirkungen in soziotechnische Systeme fortsetzte und heute primär im Sinne einer ubiquitären digitalen Wirtschaft zu verstehen ist. Natürlich – und diese Frage stellt sich sofort – gibt es eine „vor-digitale“ Wirtschaft, aber ein schneller Blick auf Tabelle 1 (vor Seite 1) mit einer Liste der wertvollsten Unternehmen der Welt zeigt, dass digitale Unternehmen heute diese Liste dominieren, d.h. dass Investoren in diesem Unternehmen trotz aller Unwägbarkeiten langfristig die Zukunft und einen nachhaltigen Unternehmenswert sehen.8 Zwar sind die globalen „digitalen“ Unternehmen facettenreich und umfassen Firmen mit klassischen Wurzeln in der Computertechnik über E-Commerce und Social Media bis zu Plattformen für den Zahlungsverkehr. Allen diesen Firmen ist aber mittlerweile gemeinsam, dass sie ganz oder teilweise das Geschäftsmodell von „Business Platforms“ verfolgen, welche später noch ausführlich betrachtet werden sollen. Unter der Gefahr der Simplifizierung, beruhen diese Plattform-Unternehmen nicht mehr auf Herstellung von Produkten (d.h. nicht mehr primär auf Boden, Maschinen und Arbeit), sondern auf der Schaffung von digitalen Marktplätzen für Transaktionen zwischen zwei Seiten eines Marktes. Noch eines fällt in dieser Tabelle auf: Banken sind unter dem Top-100-Unternehmen nur noch in der zweiten Reihe zu finden; und wenn, sind es die Großbanken aus China und den USA. Die gleiche Duopol-Struktur findet sich auch bei den globalen digitalen Unternehmen, nämlich China und USA. Dieser globale Wettbewerb begleitet sowohl die Digitalisierung als auch die Entwicklung der führenden Banken weltweit und muss in die Frage nach der Rolle von Banken aus europäischer Sicht als ein weiterer Faktor einbezogen werden. Insgesamt kann man Digitalisierung als Phänomen der Entwicklung eines soziotechnischen Systems beschreiben, welches (i) weder über Technologie zu verstehen ist noch (ii) zeitlich auf das hier und heute begrenzt ist. Zum Verständnis sind vielmehr die beteiligten Menschen (als ökonomische Akteure in verschiedenen Rollen von Entscheidern über Verhinderer bis zu Betroffenen sowie Ausgegrenzten) und die wirtschaftlichen Strukturen und deren dynamische Veränderungen ausschlaggebend. Die Digitalisierung schreibt nicht Gesetze der Ökonomie neu. Aber grundsätzliche Gesetzmäßigkeiten werden durch sie in extremer Form und mit teilweise erstaunlichen Folgen ausgeprägt. Wie noch später diskutiert werden soll, führt beispielsweise die (fast) kostenfreie Verfügbarkeit von Informationen zu radikal veränderten „Transaction Costs“ (im Sinne des Nobelpreisträgers O. E. Williamson) und in der Folge aber nicht zu einer Desintermediation, sondern zu „natürlichen“ Monopolen und den Strukturen einer „Plattformökonomie“. Wie schon Friedrich August von Hayek auf den Punkt brachte, gibt es in der Ökonomie weder die „eine“ Wahrheit, noch setzen sich erkannte oder historisch erfahrene Zusammenhänge ein für alle Mal durch, sondern jede Generation muss aufs Neue von den Zusammenhängen überzeugt werden. Um die Rolle der Banken am digitalen Scheideweg zu beschreiben, sind langfristigen Zusammenhänge wichtig und nicht technologische Details. 1.2Technologiewandel, die Dampfmaschine und das Beispiel der „Cutty Sark“
In der öffentlichen Diskussion zur Digitalisierung werden gerne Analogien zur industriellen Revolution gezogen, und der heutige Wandel in Unternehmen und Gesellschaft wird mit der Zeit der „ersten“ Dampfmaschine von 1769 verglichen. Dies mag zwar als Vergleich eingängig sein, ist aber mehrfach falsch. An der Historie der Dampfmaschine und am Beispiel des Segelklippers „Cutty Sark“ lassen sich charakteristische Strukturen eines vermeidlich plötzlichen Wandels illustrativ darstellen. Auch wenn der folgende Ausflug in die Industriegeschichte auf den ersten Blick nicht viel mit der Digitalisierung zu tun haben mag, so lässt sich vieles auf die heutige Situation übertragen, wenn man von unterschiedlichen Zeitskalen her verallgemeinert. Der Wandel damals wie heute hängt von Zufällen, Vorarbeiten und speziellen Konstellationen ab. Menschen sind für Durchbrüche wichtiger als Technik: d.h. der Kaufmann anstelle des Technikers. Und Ängste sind ebenso wichtig wie Erfindungen. Insbesondere aber bestimmt eine Pfadabhängigkeit die Erfolgsgeschichte: innovative Ideen + Fortschritt in der Stahlbearbeitung + Technologietransfer aus anderen Bereichen + Eröffnung der Suez-Kanals + unternehmerischer Mut. Daher mag die Dampfmaschine viel über die heutige Digitalisierung und den digitalen Scheideweg erkennen lassen. Basierend auf Vorüberlegungen im 17. Jahrhundert entwarf der französischer Physiker Denis Papin die erste atmosphärischen Kolbendampfmaschine schon 1690. Dennoch gilt die kolbenlose Dampfpumpe (als „The Miner’s Friend: Or, an Engine to Raise Water by Fire“) von Thomas Savery aus dem Jahr 1698 gilt als erste praktische Anwendung von Dampfkraft (zur Entwässerung von Bergwerken). Eine besser atmosphärische Dampfmaschine mit einem Kolben-Zylinder-System wurde 1712 von Thomas Newcomen konstruiert, der aber noch anfangs mit Thomas Savery aufgrund von Patentschutz zusammenarbeiten musste. Auch wenn der Wirkungsgrad magere 0,5 Prozent betrug, wurden diese Ungetüme erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts durch die verbesserten Dampfmaschinen von James Watt verdrängt. Aus der Beschäftigung mit Maschinen von Thomas Newcomen heraus gelang es dann James Watt den Wirkungsgrad zu steigern und den Einsatzbereich zu erweitern. Er patentierte 1769 den separaten Kondensator als erstes Kernelement. Aber es dauerte bis 1776, um die erste Dampfmaschine nach dem Prinzip James Watt auch zu bauen, da erst John Wilkinson einen Zylinder aus Eisen in der erforderlichen Qualität fertigen konnte und dabei ein von ihm entwickeltes Verfahren für Kanonenrohre nutzte. Die Firma Wilkinson liefere dann diese Zylinder direkt an den Aufstellungsort, während die Firma Boulton & Watt für den Zusammenbau beim Kunden verantwortlich war und zuerst auch die Dampfmaschinen keineswegs verkaufte, sondern gegen ein Nutzungsentgelt...


Dr. Udo Milkau ist ein "digitaler Dinosaurier", welcher sich seit 1974 mit Digitaltechnik beschäftigte, selbst noch Computer mit Lochkarten und Lochstreifen erlebt hat, aber auch u.a. 1995 bei der ersten Implementierung eines "Online-Wertpapierkauf" per Internet in Deutschland beteiligt war.

Nach dem Studium der Physik und Forschung an verschiedenen europäischen Großforschungszentren vom CERN über Saclay bis zur GSI arbeitete er für ein Mechatronik-Unternehmen und betreute Kunden aus der Automobilindustrie in Asien und Europa. Danach hatte er verschiedene Managementpositionen in Consulting-Unternehmen inne, und war zuletzt als Chief Digital Officer im Transaction Banking verantwortlich. Außerdem war er Chairman der Arbeitsgruppe Digitalisierung und Mitglied der Arbeitsgruppe Zahlungsverkehr der European Association of Co-operative Banks (EACB) sowie Mitglied der Operation Managers Group der Europäischen Zentralbank (ECB).

Er hat speziell zu den Themen der Digitalisierung und der strategischen Geschäftsentwicklung auf nationalen und internationalen Konferenzen vorgetragen sowie insgesamt rund 100 Veröffentlichungen publiziert. Darüber hinaus war er als Lehrbeauftragter an der Frankfurt School of Finance and Management und an der Goethe Universität Frankfurt sowie als Vortragender an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar. Ab 2021 wird er seine Lehrtätigkeit an der Dualen Hochschule Baden-Würtemberg in Mosbach fortsetzen.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.