Mittelstaedt | Der Tod des Tyrannen | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 246 Seiten

Mittelstaedt Der Tod des Tyrannen

Putalins Ende
2. Auflage 2025
ISBN: 978-3-565-03231-0
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Putalins Ende

E-Book, Deutsch, 246 Seiten

ISBN: 978-3-565-03231-0
Verlag: epubli
Format: EPUB
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Dies ist die Geschichte eines jungen Russen, der Zeuge würde, wie Wladimir Josefowitsch Putalin, von niemandem gehindert, als Staatsoberhaupt der Russischen Föderation in der Ukraine mit Hilfe der Soldaten der russischen Streitkräfte die allerschrecklichsten und abscheulichsten Verbrechen beging. Die russische Gesellschaft, die in Apathie und Passivität verharrte, ließ ihn gewähren, und die Welt-gemeinschaft schien zaudernd und eher kraftlos zu sehen, wie das Volk der Ukraine von Putalin nach dem mörderischen Überfall in die Knechtschaft geführt werden sollte. Boris Leginski, Informatiker, Programmierer und Hacker, erkannte die Möglichkeit, dem Verbrechen Einhalt zu gebieten und dieses Geschehen aufzuhalten. Dazu setzte er die Mittel der Künstlichen Intelligenz ein.

Axel Mittelstaedt ist Urheber juristisch-wirtschaftswissenschaftlicher Sachbücher und auch philosophisch-literarischer Werke.
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32.


Als Boris Jewgenij das nächste Mal in dessen Lieblingsrestaurant traf und sie danach wieder spazieren gingen, meinte dieser zu Boris: „Es liegt eine tiefe Tragik in unserem Verharren in Opposition zur – sagen wir mal vereinfacht – westlichen Welt. Bei dieser Gegenseitigkeit sind wir nicht in der Lage und werden auch nicht dazu kommen, die erlösende Erfahrung zu machen, dass objektiv schlicht und einfach niemand uns bedroht, absolut keiner in Russland einfallen und uns unterjochen will und unsere Sicherheit angesichts unserer aufgeblähten Atombewaffnung größer gar nicht sein kann als jetzt. Zudem verhindert das Bild, das wir der internationalen Gemeinschaft von uns bieten, dass wir als achtenswerte, vielleicht sogar als liebenswerte Menschen erkennbar und erfahrbar werden. Es ist ein Teufelskreis, aus dem ein Entrinnen gegenwärtig nicht zu erkennen ist.“

33.


Boris kam bei seinem weiteren Verhalten entgegen, dass er in seinem Beruf an sich wenig gefordert war. Die Erfüllung seiner Aufgaben beanspruchte ihn wenig und ließ ihm reichlich Zeit. Die nutzte er, um seine Fähigkeiten als Informatiker, Programmierer und Hacker zu perfektionieren und in diesem Bereich an praktischer Erfahrung zu gewinnen. Die von Jewgenij erhaltenen Informationen über die Künstliche Intelligenz waren von besonderem Wert. Sein besonderer Hackerehrgeiz bestand darin, in fremde digitale Systeme einzudringen, ohne dass seine Anwesenheit dort auffiel, sich darin zu bewegen, ohne Spuren zu hinterlassen. Sein Ziel war, dort Inhalte abzulegen oder zu kopieren und zu speichern, ohne dass das bemerkt werden konnte und nachvollziehbar war. Er durfte keine Fußabdrücke zurücklassen, die bis zu ihm verfolgt werden konnten. Und er musste lernen, die Künstliche Intelligenz dazu zu bringen, einen einmal eingeschlagenen Kurs deutlich zu intensivieren.

Nachdem er das an verschiedenen Netzwerken geübt, fremden und auch russischen, z. B. dem der Moskauer Stadtverwaltung und Feuerwehr, oder den Netzwerken der Gewerkschaften oder der unbedeutenden politischen Parteien in Russland, und dabei einige Routine erworben hatte, wagte er sich probehalber das erste Mal an das Netzwerk des Kremls. Boris war zunächst nur neugierig festzustellen, welche Barrieren er dabei zu überwinden hatte. Er fand heraus, dass der Zugang für ihn aus dem Bereich der Geheimdienste überraschend einfach zu erlangen war. Ohne auf sich aufmerksam zu machen, gelang es ihm, bis in Duma-Bereiche, Netze der Geheimdienste oder sogar auch bis ins Präsidialamt vorzudringen.

Boris hatte bis dahin keine konkreten Absichten, diese neuen Fähigkeiten zu nutzen. Er sprach mit niemandem darüber und machte natürlich auch keinerlei Aufzeichnungen über seine Versuche.

34.


Zwischenzeitlich fragten Boris und Nadja sich, wie es kam und woran es lag, dass es der russischen Gesellschaft so offenkundig schwerfiel, sich zu ändern und weiterzuentwickeln.

Nadja meinte dazu: „Ich denke, das liegt an einer traditionell verfestigten und unbeweglich gewordenen Gesellschaftsstruktur. Russland ist seit viel zu langer Zeit unabänderlich eine Zweiklassengesellschaft. Der Klasse der gewöhnlichen Bürger steht die Klasse der Herrschenden und Wohlhabenden gegenüber. Sie sind Inhaber der Macht oder machtnah. Die einfachen Bürger sind demgegenüber machtfern. Zu ihren Gewohnheiten gehört es, sich nicht in politische Fragen einzumischen. Sie verhalten sich politisch eher teilnahmslos und uninteressiert und misstrauen sich untereinander, soweit sie sich kennen, und allen anderen auch. Natürlich auch den Reichen und Mächtigen. Aber solange sie sich ernährt und beschützt fühlen, sehen sie keinen Grund, an diesem System ernsthaft Anstoß zu nehmen oder gar Änderungen zu fordern. Dass unter solchen Umständen insbesondere unter Nutzung der weitverbreiteten Korruption die Inhaber und Diener von Herrschaft kleptokratisch agieren, stört die gewöhnlichen russischen Bürger nicht, so ist es eben, da kann man nichts machen!“

Nadja griff diese Haltung an: „Das ist die Haltung der Gleichgültigkeit. Sie und die Vulgarität sind die Einfallstore des Bösen. Und das ist eine besondere Eigenschaft der russischen Gesellschaft, dass ihre Mitglieder sich durch Indifferenz und besonders hervorstechende Gewöhnlichkeit auszeichnen, besonders die männlichen. Niemand kann so fluchen, wie ein Russe! Und ich frage mich, ob mit der Obszönität des Ausdrucks nicht auch die ausgeprägte Gewaltbereitschaft russischer Männer zusammenhängt. Generationen von russischen Ehefrauen können davon ganze Trauerarien singen. Die eheliche Gewaltrealität in Russland ist doch erschreckend.“

„Das gibt mir ein Stichwort“, reagiert Boris. „Unter Putalins Herrschaft ist die Strafbarkeit der Gewalt in der Ehe beseitigt worden. Ich halte das für typisch für die Funktion des Rechts in unserer gegenwärtigen Gesellschaft. Entgegen seiner Rolle in Rechtsstaaten, eine lebendige und sich entwickelnde Gesellschaft zu fördern, hat es in Russland die Aufgabe, die Zustände zu verfestigen und Entwicklungen zu verhindern, letztlich der Macht zu dienen. Damit steht es allen Tendenzen entgegen, gesellschaftliche Schöpfungskraft zu entfalten, Weiterentwicklung zu ermöglichen und Leben erblühen zu lassen.“

„Mein juristischer Vater“, ergänzte Nadja, „der sich nicht gerade aufsässig verhält, vertritt zu diesem Punkt den Gedanken, dass die vornehmste Aufgabe des Rechts darin besteht, für Frieden zu sorgen, ihn für Menschen innerhalb einer Gesellschaft zu gewährleisten und in der Welt für die Staaten untereinander. Das beschreibt natürlich nicht gerade unsere Wirklichkeit hier. Das Recht hat noch viel Arbeit vor sich!“

35.


Nadja lag daran, einmal Boris´ Bruder Wanja kennenzulernen, von dem er dann doch hin und wieder sprach. Boris lud ihn ein. Man traf sich in Boris´ Wohnung.

Zuvor klärte Boris sie über seine Beziehung zu seinem Bruder auf. Das Verhältnis zwischen ihnen war nie gut gewesen. Es war belastet durch die Erlebnisse, die Boris mit seinem Bruder schon früh gehabt hatte und die die Kindheit und frühe Jugend des Jüngeren überschattet und eingetrübt hatten. Der ältere Wanja war immer ein Stück größer als Boris und ihm an Kraft stets überlegen gewesen. Überlegen aber auch hinsichtlich der für Wanja offenbar unkontrollierbaren Tendenz, an seinem kleinen Bruder jähzornig Gewalt auszuüben. Dazu fand Wanja genügend Anlass, weil er die Anwesenheit eines zweiten Sohnes in der Familie als eine nicht hinzunehmende Störung erlebte und betrachtete. Daran änderte sich grundsätzlich nichts bis zum Auszug Wanjas aus der elterlichen Wohnung, als er in St. Petersburg sein Studium der Mathematik aufnahm. Immerhin hatten die körperlichen Beeinträchtigungen, die Wanja Boris zufügte, im Laufe der Jugendzeit allmählich abgenommen, aber die Grundlage für Distanz und Abneigung war gelegt. Boris betrachtete seinen Bruder aber nicht nur wegen der zurückliegenden Geschehnisse als problematischen Menschen; Wanja tat sich nie leicht mit anderen und hatte, soweit Boris wusste, nur wenige Freunde, die wohl auch noch häufig wechselten. Diese grundsätzliche Einschätzung seines Bruders wurde verstärkt durch den Umstand, dass es Wanja nie leichtfiel, eine Beziehung mit einer Frau einzugehen. Er war nach wie vor unverheiratet und hatte, soweit Boris wusste, kaum je eine Freundin gehabt.

„Ich halte ihn für einen eher angepassten, unkritisch systemtreuen, traditionalistischen Russen, der nie das geringste Interesse für andere Länder hatte. Alle Informationen bezog er aus dem staatlichen Fernsehen. Neugier ging ihm ab.“ „Ist er nie gereist?“ wollte Nadja wissen. „Nein, nie, jedenfalls nicht ins Ausland. Er spricht auch keine andere Sprache als Russisch. Seine Welt ist die Mathematik. Darin geht er auf. Und er ist jedenfalls ein so guter Mathematiker, dass er sich als unangreifbar erleben kann, was ihm offenbar reicht. Er hängt im Übrigen sehr an unserer Mutter und kümmert sich durchaus auch sehr liebevoll um sie, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Darin jedenfalls sind wir uns nah.“

Als Wanja eintraf, fiel Nadja die nüchterne und eher unterkühlte Begrüßung seines Bruders durch Boris auf. Die emotionale Beziehung zwischen den beiden Brüdern schien in der Tat nicht sehr reich entwickelt und glücklich zu sein. Boris hatte besonders leckere Kekse besorgt und alle drei genossen den guten Kaffee, auf den Boris großen Wert legte.

Es fiel Boris nicht schwer, seinen Bruder dazu zu bringen, seine Auffassungen zu der durch die „militärische Spezialoperation“ in der Ukraine entstandene Situation mitzuteilen. Was er dazu von sich gab, kannten Nadja und Boris hinlänglich aus der Regierungspropaganda. Das war die teils wörtliche Wiedergabe der Informationen, die das staatliche Fernsehen den russischen Bürgern tagtäglich lieferte. Und auch der Einschätzungen und Beurteilungen, die der Staat auf diese Weise den Russen nahebrachte.

Auch Wanja meinte, die historische Rus müsse wiederauferstehen und erneut vereinigt werden, damit Russland den anderen Staaten der Welt trotzen könnte. Die Regierung habe die historische Aufgabe, jedenfalls Belarus und die Ukraine wieder in das russische Reich einzugliedern. Russland müsse dafür sorgen, dass die Identität der Russen geschützt würde. Sie beruhe in erster Linie darauf, dass alle Russen in einem starken und wehrhaften Staat lebten, der hochgerüstet allen als unangreifbar erscheine. Die russische Regierung müsse dafür sorgen, dass alle anderen Völker Russland nicht nur Respekt...



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