Moore Die heimliche Braut
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-95576-245-2
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 192 Seiten
Reihe: MIRA Taschenbuch
ISBN: 978-3-95576-245-2
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Schottland im Jahr 1240: Zwei Bedingungen muss diejenige erfüllen, die Sir Nicholas, Lord of Dunkeathe, zur Frau nimmt: Sie soll eine Normannin sein und ein großes Vermögen besitzen. Jede der jungen Damen, die sich auf seinem Schloss versammelt haben, erfüllt diese Bedingungen, und jede von ihnen würde mit Freuden sein Leben und sein Lager teilen - Nicholas braucht nur eine zu erwählen. Schnell fällt sein kundiger Blick auf eine blonde Schönheit: Diese Frau muss es sein! Aber ausgerechnet Riona Mac Gordon ist nicht nur Schottin - sondern auch völlig mittellos. Die Herrscherin über sein Herz wird sie in einer einzigen leidenschaftlichen Nacht. Nicht jedoch Lady of Dunkeathe, solange Nicholas auf seinen Bedingungen besteht ...
Margaret Moore ist ein echtes Multitalent. Sie versuchte sich u.a. als Synchronschwimmerin, als Bogenschützin und lernte fechten und tanzen, bevor sie schließlich zum Schreiben kam. Seitdem hat sie zahlreiche Auszeichnungen für ihre gefühlvollen historischen Romane erhalten, die überwiegend im Mittelalter spielen und in viele Sprachen übersetzt wurden. Sie lebt mit ihrem Mann, mit dem sie seit über 20 Jahren verheiratet ist, ihrer Familie und zwei Katzen in Toronto, Kanada.
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1. KAPITEL
“Bitte, Riona! Sprich du mit ihm!”, flehte der achtzehnjährige Kenneth Mac Gordon, während er neben seiner älteren Cousine den kleinen Innenhof des Holzforts von Glencleith durchschritt. “Vielleicht hört er wenigstens auf dich! Ob Thane oder nicht – wir sind nun einmal arm! Er sollte nicht jedem hergelaufenen Habenichts, der vor dem Tor auftaucht, Essen und Obdach gewähren! Sonst bringt er uns alle noch an den Bettelstab!”
“Aye”, stimmte Riona Mac Gordon zögernd zu, “aber es wird ihm das Herz brechen, in Zukunft niemanden mehr in seinem Festsaal zu bewirten.”
Nachdrücklich hieb sich der rothaarige Kenneth die Faust in die Handfläche. “Vater darf sich nicht länger etwas vormachen. Wir sind arm und werden immer ärmer. Er kann nicht irgendwelche Fremden, denen er begegnet, auf ein Mahl und ein Nachtlager einladen!”
Riona beschwichtigte ihn. “Ich werde ein Wörtchen mit ihm reden. Mal sehen, ob ich ihn zu der Einsicht bringen kann, dass wir vorsichtiger haushalten müssen.” Inzwischen waren sie am Tor angelangt. Ganz in der Nähe pickten und scharrten Hühner in der festgetrampelten Erde bei den Stallungen. Die Holzpalisaden, welche den äußeren Befestigungsring bildeten, kippten bereits an etlichen Stellen um, und das Tor selber hätte nicht einmal einem entschlossenen Kind standhalten können. “Vielleicht hat er ein offenes Ohr, wenn ich ihm sage, dass er dir nichts weiter hinterlassen wird als ein Fleckchen steinigen Grund und eine heruntergekommene Fluchtburg.”
“Erzähl ihm lieber, dass auch für dich nicht die geringste Mitgift bleibt!”
“An einer Mitgift liegt mir nichts”, betonte Riona. “Dein Vater hat schon genug geleistet, indem er mich als kleines Mädchen bei sich aufnahm und wie eine eigene Tochter behandelt hat. Im Übrigen bin ich inzwischen zu alt, um noch an eine Eheschließung zu denken. Die Blüte der Jugend habe ich längst hinter mir, und Freier, die mir als Gemahl zugesagt hätten, boten sich nicht an.”
“Du bist nicht zu alt! Jenen Hagestolz aus Arlee focht dein Alter nicht an!”
“Freilich, weil er an die fünfzig war – und so gut wie zahnlos obendrein! Wenn ich solche wie den zur Wahl habe, sterbe ich lieber mit Freuden als Jungfer.”
“Nachdem du dich vom Krankenlager erhoben und davon überzeugt hast, dass alles in guten Händen ist, bevor du für immer die Augen schließt!”, bemerkte Kenneth.
“Irgendjemand muss sich ja um dich und deinen Vater kümmern!”
“Richtig, und um die restlichen Leute von Glencleith. Sag, wie viele Hütten hast du in den vergangenen zwei Wochen besucht? Wie viele Beschwerden hast du anhören und auf eigene Faust schlichten müssen, weil du Vater damit nicht behelligen wolltest?”
Riona lächelte. “Das macht mir nichts aus. Und den Frauen ist es ohnehin lieber, wenn sie sich mit ihren Sorgen an mich wenden können.”
“Gut und schön, doch hältst du Vater dadurch allen Verdruss vom Halse, obwohl ihm ein wenig Ärger recht gut tun würde. Vielleicht geht ihm ja endlich ein Licht auf, wenn wir ihm darlegen, dass mir kein Geld und dir keine Mitgift bleibt!”
Mit einem Stoßseufzer lehnte Riona sich rücklings gegen die Palisadenwand. Die Hölzer ächzten dermaßen beängstigend, dass sie sich unverzüglich wieder aufrichtete. “Ach, hätte Onkel doch viel Geld und ein schönes Lehen, damit er nach seinem Gutdünken und ohne Sorgen leben könnte! Es wäre nur recht und billig, gibt es doch keinen gütigeren und großzügigeren Mann auf der Welt. Von seiner Gastfreundschaft könnten jene normannischen Lords sich wahrlich eine Scheibe abschneiden!”
“Aye!” Kenneth wischte sich eine Locke seines Kraushaars aus der Stirn und trat nach einem Kieselstein. “Eines Tages, Riona, wird sich alles zum Besseren wenden. Ich verspreche es!”
“Zumindest dürfen unsere Leute sich des Wissens erfreuen, dass du ihnen ein ebenso guter Clanführer sein wirst wie dein Vater – wenngleich auch ein wenig praktischer veranlagt.”
Die Bemerkung zauberte ein Lächeln auf Kenneth’ sommersprossiges Gesicht, welches noch immer eher die Züge eines Jünglings als eines Mannes aufwies. “Hoffentlich! Ist der alte Mac Dougan wirklich so sterbenskrank, wie er zu sein vorgibt? Solange ich denken kann, liegt er auf Leben und Tod!”
“Es ist nicht gut um ihn bestellt, so blass, wie er ist”, erwiderte Riona. “Ich habe versucht, ihn zum Verlassen seines zugigen Cottage zu bewegen, doch davon wollte er nichts wissen.”
“Nahm einfach nur das Essen und das Brennholz, das du ihm brachtest, was?”
“Aye, aber ich mache mir Sorgen um ihn, wie er so ganz allein dort haust. Vielleicht kann ich ihn überreden …”
“Holldrihi und holldrihoo, die holde Maid aus Killamagroo …” Urplötzlich dröhnte laut eine singende Männerstimme von jenseits des Tores, so dass die beiden wie Bluthunde erstarrten, die eine Fährte witterten.
“Da ist Vater ja!”, bekundete Kenneth unnötigerweise, denn in ganz Glencleith gab es nur einen, der so laut und oft der Sangeslust frönte. “Er hört sich glücklich an. Sehr glücklich sogar!”
Riona ersparte sich den Hinweis darauf, dass Onkel Fergus generell so aufgeräumt klang. Hätte er unglücklich geklungen, wäre das Anlass zur Besorgnis gewesen.
“So besteht wohl Hoffnung, dass er einen guten Preis für die Wolle erzielt hat”, vermutete sie, während sie das Tor öffnete.
“Wünschen wir uns vor allem, dass er unterwegs nicht ein halbes Dutzend Hausierer oder Hungerleider aufgelesen hat!”, ergänzte Kenneth. “Wäre ich nur mit ihm gefahren! Ich hätte es ja getan, aber er ist aufgebrochen, bevor ich von der Jagd zurück war. Fast möchte man glauben, er hat’s absichtlich gemacht!”
Im Interesse der Familienharmonie verzichtete Riona lieber auf den Hinweis, dass Kenneth mit seinem Verdacht durchaus richtig lag. Sie hatte versucht, ihren Onkel zu überreden, auf die Rückkehr des Sohnes zu warten – mit dem Ergebnis, dass er ihren Einwand kurzerhand beiseite wischte und darauf verwies, bereits mit Wolle gehandelt zu haben, ehe sie überhaupt geboren worden war. Das entsprach zwar der Wahrheit, doch Riona wurde den Gedanken nicht los, dass er sich schon seit damals übers Ohr hauen ließ.
“Solange er bei guter Stimmung ist”, schlug Kenneth vor, “wäre jetzt vielleicht der geeignete Zeitpunkt, ihm ins Gewissen zu reden, er möge doch mehr … oder weniger …”
“Ich knöpfe ihn mir gleich vor”, entgegnete Riona. Ein Hinauszögern hätte ihr die Aufgabe ohnehin nicht erleichtert.
Durch das unbewachte Tor zog die uralte Mähre nun den Karren. Auf dem Sitzbrett thronte Onkel Fergus, gekleidet in seine wollene Schottentracht, den Umhang tief unter dem stattlichen Bauch gegürtet, das Leinenhemd halb über dem Gürtel hängend. Strähnen seines schulterlangen grauen Haars hatten sich dem Lederriemen, mit dem er seine Lockenpracht ansonsten bändigte, entzogen. Er wirkte dermaßen zerzaust, dass Riona vermutlich angenommen hätte, er habe getrunken. Aber Onkel Fergus trank nur selten übermäßig, und im Dorfe erst recht nicht.
“Und ich führte sie soooo aus Killamagrooooo!” Schwungvoll brachte er das Lied zu Ende, um dann strahlend auf Sohn und Nichte herunterzuschauen wie ein triumphierender Heerführer, der von einem langen und beschwerlichen Feldzug heimkehrt. “Aha! Da seid ihr beide ja!”, rief er aus, wobei er die Zügel losließ und sich erhob. Er breitete die Arme aus, als wolle er die gesamte kleine Wehranlage umarmen, mitsamt Palisaden, Steingebäuden und allem Drum und Dran. “Riona, meine Schöne! Ich habe interessante Neuigkeiten für dich!”
Ungeachtet des bevorstehenden Gespräches und trotz ihrer Befürchtungen hinsichtlich des für die Wolle erzielten Preises konnte Riona sich ein Lächeln nicht verkneifen. Eine Schönheit war sie zwar lediglich in den Augen ihres liebevollen Onkels, aber seine Anrede gab ihr stets das Gefühl, möglicherweise doch ein klein wenig schön zu sein.
“Was für Nachrichten! Und wenn ich gewartet hätte, hätte ich sie vielleicht gar verpasst!”, verkündete er mit einem missbilligenden Seitenblick auf seinen Sohn. Dann drehte er sich um und machte sich ans Absteigen, wobei sein Umhang sich beinahe an einer Ecke des Sitzbrettes verhakt hätte.
Mit einem milden, leisen Kraftausdruck zupfte er den Wollstoff los und bedeckte seine bloßen Knie.
“Macht dir dein Rücken Beschwerden?”, fragte Riona besorgt, während ihr Cousin und sie vorstürzten, um dem Alten zu helfen. “Du hast doch nicht etwa beim Abladen der Wolle geholfen?”
“Nein, nein, meine Schöne”, versicherte er. “Die ganze Arbeit habe ich den jungen Spunden von Mac Heath überlassen.”
Kenneth warf Riona einen verärgerten Blick zu. Dieser Mac Heath war nicht eben als ehrbarer Kaufmann bekannt. Riona zweifelte nicht, dass Kenneth, hätte er denn das Sagen, kein Wort mit dem Kerl wechseln, geschweige denn Wolle an ihn verkaufen würde.
“Warum Mac Heath?”, wollte Kenneth wissen.
“Weil er mir den besten Preis bot.”
Riona und Kenneth wechselten einen weiteren Blick, der Fergus diesmal nicht entging.
“Aber, Kinder!”, schalt er, wenngleich selbst Kritik bei ihm stets recht jovial klang. “Solche Blicke sind unangebracht. Ich hielt mich an deinen Vorschlag, Kenneth, und fragte etliche Händler, wie viel sie wohl zahlen würden. Mac Heath bot am meisten.”
Nach Rionas Vermutung lag das daran, dass Mac Heath seine Waagschalen beschwerte. Aber bevor sie näher darauf eingehen konnte, legte Onkel Fergus Sohn und Nichte bereits schwungvoll die Arme um die...




