Moser-Sollmann / Jelinek | Alles für Österreich | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Moser-Sollmann / Jelinek Alles für Österreich

Wie die Volkspartei seit 80 Jahren Geschichte schreibt
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-99001-825-5
Verlag: edition a
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Wie die Volkspartei seit 80 Jahren Geschichte schreibt

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-99001-825-5
Verlag: edition a
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



April 1945. Noch tobt Krieg auf österreichischem Boden. Aber: Im Wiener Schottenstift treffen sich ein Dutzend Männer und gru?nden die Österreichische Volkspartei. Der Name ist Programm. Zehn Tage später wird die Republik Österreich (wieder) errichtet. Zahlreiche Geschichten aus achtzig Jahren illustrieren, was die Volkspartei im Kern ausmacht: ihr Selbstverständnis als die staatstragende Partei Österreichs.

Christian Moser-Sollmann ist promovierter Kulturwissenschaftler und arbeitet als wissenschaftlicher Leiter fu?r Ideengeschichte und politische Philosophie am Campus Tivoli. Sein Buch »Noble Lu?gen« erschien 2024 beim Milena Verlag. Gerhard Jelinek ist promovierter Jurist, Autor zahlreicher zeitgeschichtlicher Bu?cher und war als Journalist unter anderem bei der Presse, der Wochenpresse sowie viele Jahre beim ORF und bei ServusTV tätig.
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Die Gründung von Partei und Republik: Wie die Volkspartei entstand


»Am 14. April 1945 erhielt ich die Zimmer im Schottenstift, die vorher eine Wehrmachtsdienststelle waren, und wir gründeten die Volkspartei.« So einfach beschreibt der Mediziner und ÖVP-Mitbegründer Herbert Braunsteiner später die Gründung der . Aber ganz so einfach war es nicht. Nach dem gewaltsamen Ende der Ersten Republik und der Auslöschung Österreichs durch Hitler-Deutschland – unter stillschweigender Duldung der damaligen alliierten Westmächte - beginnen die Vorbereitungen für eine Neugründung einer christdemokratischen Sammelbewegung schon in den Gefängniszellen und in den Barackenlagern der Nazi-Konzentrationslager. Es sind – heute weitgehend vergessene – Männer wie Lois Weinberger, Felix Hurdes und Herbert Braunsteiner, aber auch bekannte Namen wie Leopold Kunschak und Leopold Figl, die in qualvoller Gefangenschaft und oft in Todesgefahr darüber nachdenken, wie nach diesem Krieg wieder ein freies und demokratisches Österreich auferstehen könnte. Alle Aktivisten eint ein Gedanke: Sollte sich das Glück und die Chance auf einen Neubeginn ergeben, müssten alle Parteien gemeinsam von vorne anfangen. Der Hass auf das jeweils andere politische Lager, der den Untergang Österreichs beschleunigt hat, müsste überwunden werden. Eine der unmissverständlichen Lehren aus dem Untergang der Ersten Republik lautet für Weinberger und Kunschak, die ideologische Zersplitterung nach dem Neuanfang Österreichs zu überwinden.

Das Bekenntnis zu Österreich als eigenständigem Staat war zwischen 1938 und 1945 keine »wohlfeile Attitüde«, wie es der Historiker Ernst Bruckmüller nennt, sondern ein buchstäblich lebensgefährliches Bekenntnis. Der Gewerkschafter und Widerstandskämpfer Lois Weinberger war wie viele seiner Gesinnungsfreunde ein Patriot, der für seine politische Überzeugung auch im Konzentrationslager und in der Todeszelle 275 E im Wiener Landesgericht eingestanden ist. Dorthin waren Lois Weinberger, Felix Hurdes und Leopold Figl aus dem Polizeigefängnis im Februar 1945 verlegt worden, um vor dem Volksgerichtshof angeklagt zu werden. Das bedeutete den fast sicheren Tod unterm Fallbeil. Der »Volksgerichtshof« hatte offenkundig Verhandlungstermine für die christlich-sozialen Patrioten unter dem Druck der anrückenden »Roten Armee« festgesetzt. Leopold Figl schrieb damals: »Wie nahe der Tod war, konnte ich Nacht für Nacht hören, wenn vom Gefängnishof herauf der dumpfe Schlag des Fallbeils in die Zelle hallte.« In diesen Zellen beginnen die politischen Planungen für die Zeit nach einer erhofften Befreiung. Die Gruppe um Weinberger, Hurdes und Figl wird Ende Jänner 1945 aus dem KZ Mauthausen nach Wien ins Polizeigefangenenhaus verlegt und Wochen später ins Landesgericht. Auf den Zellentüren ist ein großes »V« aufgemalt. Es ist kein gutes Zeichen. Es steht für »Volksgericht«. Und das bedeutet de facto ein »Todesurteil«.

Leopold Figl wurde bald nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im März 1938 verhaftet und mit dem sogenannten »Prominententransport« ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Es sind vor allem Funktionäre des damaligen autoritären Ständestaates, hohe Regierungsbeamte und Justizangehörige, wie der 67-jährige Oberprokurator Robert Winterstein, die auf den Fahndungslisten der Gestapo stehen. Bundeskanzler Kurt Schuschnigg kommt nicht nach Dachau, er wird ins Gestapo-Hauptquartier ins Hotel »Metropol« gebracht und dort mehrere Monate inhaftiert, ehe er im KZ Sachsenwald interniert wird.

Leopold Figl kommt erst nach fast 2000 Tagen wieder frei. Am 8. Mai 1943 schreibt Figl nach seiner überraschenden Heimkehr ins Gästebuch seiner Familie: »Zu Haus ist’s am schönsten.« In den Tagen nach der Befreiung treffen Julius Raab und Leopold Figl einander. Der Baumeistersohn Raab verschafft dem Bauernfunktionär Figl eine Anstellung als Bauleiter im Weinviertel. Obwohl die Gestapo die KZ-Entlassenen überwacht und sein Bewegungsspielraum eingeengt ist, kann Figl seinen Beruf als Bauleiter für Fahrten in Niederösterreich nützen. So knüpft er heimlich wieder Kontakte zu Bauernbundfunktionären und legt bereits in den Kriegsjahren das Fundament für einen Neuaufbau des Bauernbunds.

Der Gewerkschafter Lois Weinberger wiederum trifft Gesinnungsfreunde in der Werkstätte des Schusters und ehemaligen Gewerkschaftsfunktionärs Ferdinand Rechberger am Wiener Neubaugürtel. Er bereitet im Untergrund einen Neubeginn der christlichen Gewerkschaften nach der NS-Herrschaft vor. In einem privaten Garten in Grinzing begegnet Weinberger dem aus Dachau zurückgekehrten Felix Hurdes, gemeinsam nehmen sie Kontakt zum Bauernfunktionär Josef Reither auf, womit sich die bündische Struktur der späteren Volkspartei bereits in der Zeit des Widerstandes abzuzeichnen beginnt.

Anfang Mai 1944 treffen einander Figl, Edmund Weber und der frühere Landeshauptmann Josef Reither in einer alten Pressgasse in Judenau, einem kleinen Ort im Tullnerfeld. Es ist Florianitag. Es wird gefeiert. Je mehr Menschen auf der Gasse sind, desto besser wirkt die Tarnung. Hinter einer alten Weinpresse reden die »Verschwörer« fünf Stunden lang und beschließen den Bauernbund neu zu gründen. Figl wird »geschäftsführender Bauernführer«. Edmund Weber, der später als Pressechef von Figl arbeitet, beschreibt den politischen Leitgedanken des damaligen Treffens: »Österreichs Freiheit und Selbstständigkeit kann nur von den Bauern und dem Arbeitertum garantiert werden. Wenn diese sich nicht vertragen, dann ist das das Ende der Demokratie.« Alle diese Geheimtreffen, die der späteren Parteigründung dienten, eint eine Überzeugung: Die neue Partei sollte alle Österreicherinnen und Österreicher über Berufs- und Standesgrenzen hinweg vertreten. Neben dieser programmatischen Offenheit stand von Anfang auch die Vernetzung mit dem organisierten Widerstand gegen den Nazi-Terror im Mittelpunkt des politischen Handelns. Lois Weinberger pflegte beispielsweise Kontakte zu den führenden Persönlichkeiten des deutschen Widerstandes, zum ehemaligen Christgewerkschafter Jakob Kaiser und zum ehemaligen Oberbürgermeister von Leipzig, Carl Goerdeler. Diese Vernetzung mit allen demokratisch gesinnten Kräften des politischen Widerstands war bitter nötig. Denn das misslungene Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 in der »Wolfsschanze« verschärfte die Lage für Tausende, die als politisch unzuverlässig galten. In einem Racherausch verhaftete die SS jeden, der auch nur irgendwie in Kontakt zu den Attentätern stehen hätte können. Auch in Österreich schlägt die Gestapo erbarmungslos zu. Am Morgen des 6. Oktobers holen drei Gestapo-Männer den Bauernbund-Politiker aus seiner Wohnung. Figl weiß bereits seit Tagen, dass er auf der Fahndungsliste steht. »Sein« Gestapo-Referent hat es ihm verraten. Längst von einem Spitzel ausgekundschaftet, wird auch Lois Weinberger zwei Monate nach dem misslungenen Attentat auf Hitler vom 20. Juli von der Gestapo verhaftet und bis zur Befreiung am 6. April in mehreren Gefängnissen, im Bunker von Mauthausen und zuletzt im Todestrakt des Wiener Landesgerichtes eingekerkert. Die Anklage lautet auf Versuche zur Wiedererrichtung Österreichs, eine Verurteilung hätte den sicheren Tod bedeutet. Auch Felix Hurdes wird auf Befehl von Ernst Kaltenbrunner, dem Leiter des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin, nach einem Verrat durch einen Konfidenten neuerlich von der Gestapo verhaftet mit der Begründung, »sich für eine Geheimorganisation, die sich die Wiederherstellung eines selbständigen Österreichs zum Ziele gesetzt hat, hochverräterisch betätigt zu haben«. Hurdes wird bei seinen Befragungen schwer misshandelt und zu Falschaussagen genötigt. Neben Figl, Weinberger und Hurdes wird auch Kaplan Heinrich Maier neuerlich verhaftet und nach Mauthausen gebracht. Der Gottesmann wird im KZ gefoltert, schließlich mit den anderen nach Wien ins Landesgericht gebracht, und dort nach einem Scheinprozess kurz vor Kriegsende enthauptet. Seine letzten Worte waren: »Es lebe Christus, der König. Es lebe Österreich!«

Erst nach der Befreiung Wiens durch die Rote Armee öffnen sich am 6. April die Gefängnistore für die politischen Gefangenen. Lois Weinberger und Leopold Figl, die den NS-Terror im KZ überlebt haben, kommen endlich frei. Noch ist die Situation in Wien völlig unübersichtlich, noch sind Schergen der Gestapo unterwegs. In den Straßen der Stadt liegen hunderte Tote; Leopold Figl versteckt sich in den ersten Tagen in einem Keller bei der Rochus-Kirche in Wien-Landstraße. Dann beginnt er mit der Neugründung demokratischer Institutionen. Im Westen Österreichs wird nach wie vor gekämpft; Adolf Hitler feiert im Berliner Führerbunker noch seinen Geburtstag. Die Sowjetarmee hat Wien nach wochenlangem Kampf erobert, viele Teile der Stadt liegen in Schutt und Asche. Die Bevölkerung hungert. Pro Tag gibt es gerade 500 Kalorien.

Im alten...



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