Muchamore Top Secret. Der Clan
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-641-12006-1
Verlag: cbj
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die neue Generation 1
E-Book, Deutsch, Band 1, 400 Seiten
Reihe: Top Secret. Die neue Generation
ISBN: 978-3-641-12006-1
Verlag: cbj
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ryan ist eben erst von Cherub als Agent angeworben worden. Er hat gerade einmal seine Grundausbildung hinter sich und jetzt bekommt er seinen ersten Auftrag. Der führt ihn nach Kalifornien: Dort soll er sich mit Ethan anfreunden, dem jüngsten Spross aus einem kriminellen Clan, der Geschäfte im Wert von Milliarden von Dollars macht. Noch ahnt niemand, dass diese Mission sich zu einer der größten in der Geschichte von Cherub entwickeln wird …
Knallharte Action, spannend bis zur letzten Seite!
Robert Muchamore, Jahrgang 1972, lebt und arbeitet in London. Als Teenager träumte er davon, Schriftsteller zu werden. Er wusste nur nicht, worüber er schreiben sollte. Daher arbeitete er dreizehn Jahre als Privatdetektiv, doch als sich sein Neffe darüber beschwerte, dass es nichts Vernünftiges zu lesen gäbe, beschloss er, das Schreiben wiederaufzunehmen. Seine Agentenreihe TOP SECRET wurde in über 28 Länder verkauft und zum internationalen Millionenbestseller.
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2
Ryan war nicht besonders unordentlich, aber dennoch schien es immer etwas Besseres zu tun zu geben, als in seiner Freizeit das Zimmer aufzuräumen. Er ließ seine Trainingssachen in der Wanne liegen, benutzte sein Deo und spülte sich kurz den Mund mit Mundwasser aus. Dann durchwühlte er die Haufen um sein Bett herum, bis er saubere Unterwäsche, ein sauberes graues CHERUB-T-Shirt und Cargohosen fand.
Bevor er nach unten lief, spielte er mit dem Gedanken, den Knopf aus seinem Ohrloch zu nehmen. Er hatte sich das Loch am Wochenende zuvor stechen lassen, in der Hoffnung, dadurch cooler und rebellischer auszusehen. Aber immer wenn er sein Zimmer verließ, war er sich des Ohrrings deutlich bewusst und hatte das Gefühl, dass ihn alle anstarrten und glaubten, dass er wie ein Idiot aussähe.
Doch am Ende ließ er ihn drin, denn schließlich wartete Zara auf ihn, und wenn er daran herumspielte, würde das Ohr nur wund werden.
Als er die Doppeltür zum Büro der Vorsitzenden erreichte, holte er tief Luft und bemerkte, dass seine Hände zitterten. Vielleicht hatte er Ärger, vielleicht war das aber auch die richtige Mission, nach der er sich sehnte, seit er vor acht Monaten die Grundausbildung geschafft hatte.
»Aha, der Mann der Stunde«, begrüßte ihn Zara und stand vom Sofa auf.
In dem Büro mit der hohen Decke standen auf der einen Seite ein Winkelschreibtisch und Aktenschränke und auf der anderen Ledersofas vor einem Kamin. Dankbar nahm Ryan die Klimaanlage zur Kenntnis, als er eintrat.
Zara stellte Ryan einer blendend aussehenden Frau Anfang zwanzig vor. »Ich glaube, du kennst Amy Collins noch nicht, oder?«
Ryan schüttelte Amy ehrfurchtsvoll die Hand. Sie hatte schulterlange blonde Haare, ein perfektes Gesicht, vorwitzige Brüste und einen göttlichen, sonnengebräunten Körper. Über dem Bund ihrer abgeschnittenen Jeans zeigte sich der Streifen eines Stringtangas.
»Hi«, sagte er.
»Hübscher Ohrring«, bemerkte Amy. »Ich habe deine Akte gelesen. Schön, dich persönlich kennenzulernen.«
»Hi«, wiederholte Ryan, dessen Gehirn sich gerade in Brei verwandelte. Als ihm Zara die Hand auf die Schulter legte, zuckte er zusammen.
»Du bist ja so nervös, Ryan«, bemerkte sie. »Aber ich verspreche dir, wir beißen nicht.«
Ryan ärgerte sich, dass man ihm seinen Gemütszustand so leicht ansehen konnte.
»Amy war früher CHERUB-Agentin«, erklärte Zara. »Sie ist 2005 ausgeschieden und arbeitet seit Kurzem für die TFU in Dallas – eine international einsetzbare Eingreiftruppe, die von Dr. Denise Huggan geleitet wird.«
Die Frau mit dem Cape stand auf, doch selbst mit ihren hochhackigen Stiefeln reichte sie Ryan kaum bis zu den Augenbrauen.
»Freut mich, Sie kennenzulernen, Dr. Huggan«, sagte Ryan höflich und schüttelte ihr die knorrige Hand mit den altertümlichen Silberringen.
»Nenn mich Dr. D.«, erwiderte sie mit ihrem schrillen New Yorker Akzent. »Auf etwas anderes reagiere ich nicht.«
Sie stieß ein lautes, falsches Lachen aus und Zara forderte ihn auf: »Setz dich, Ryan. Amy und Dr. D. haben die höchste Sicherheitsstufe, daher darfst du offen über dein Training oder deine Erfahrungen als CHERUB-Agent sprechen.«
Als sich Ryan neben Amy auf das Ledersofa setzte, warf er einen Blick auf die Akten und Dokumente, die auf dem Tisch ausgebreitet waren. Insbesondere bemerkte er einen der markanten roten Ordner, in denen CHERUB-Agenten ihre Einsatzunterlagen bekommen.
»Ich kriege also endlich eine richtige Mission?«, stieß er hervor.
»Ja, endlich«, lachte Zara. »Du hast dir deswegen schon ein wenig Sorgen gemacht, nicht wahr?«
Verlegen bemerkte Ryan, dass Amy und Dr. D. in ihr Lachen mit einstimmten.
»Ich weiß genau, wie es Ryan geht«, meinte Amy mitfühlend. »Wenn man mit der Grundausbildung fertig ist, hält man sich für absolute Spitzenklasse. Aber dann will man auch raus und sich in der Realität beweisen.«
»Genau«, bestätigte Rayn. »Ein paar Jungs, die mit mir zusammen in der Grundausbildung waren, haben schon große Einsätze hinter sich, während ich hier seit acht Monaten auf dem Campus Däumchen drehe und mich frage, ob die von der Einsatzleitung vergessen haben, dass ich überhaupt existiere.«
»Ich habe auch acht Monate auf meinen ersten Einsatz warten müssen«, bekannte Amy, die über den Zufall lächeln musste.
»Das Problem ist, dass man nie die richtigen Agenten hat«, erklärte Zara. »Wir hatten zum Beispiel mal einen sehr begabten Agenten, der fließend Urdu und Pashto sprach und über ein Jahr auf dem Campus saß. Dann war er gerade zu einer Mission aufgebrochen, als ich eine zweite absagen musste, für die er ideal gewesen wäre.«
»Ich verstehe das«, sagte Ryan. »Ich will mich ja auch gar nicht beschweren.«
»Das weiß ich«, erwiderte Zara herzlich. Sie hielt inne, um einen Schluck Kaffee zu nehmen, und wechselte dann das Thema. »Dr. D. ist die Leiterin einer neuen internationalen Taskforce, die man TFU nennt. Das steht für Transnational Facilitator Unit. Es ist eine relativ kleine Einheit, die von der Regierung der Vereinigten Staaten finanziert und von befreundeten Ländern wie Großbritannien mit zusätzlichen Agenten und Ressourcen unterstützt wird.«
Amy bemerkte Ryans verdutzten Gesichtsausdruck und fragte: »Hast du eine Ahnung, was das sein soll?«
»Nicht wirklich.«
Dr. D. lachte kreischend.
»Das hat niemand!«, rief sie. »Die Hälfte meiner Bosse in Washington auch nicht. Im Prinzip geht es darum, dass es Terroristen gibt, die etwas in die Luft jagen wollen. Es gibt organisiertes Verbrechen wie die Mafia in Italien oder die japanische Yakuza, aber an deren Spitze stehen die transnationalen Facilitators oder Vermittler. Sie sind reich, gut organisiert und betreiben illegale Transport- und Schmugglernetzwerke, durch die Verbrechen auf globaler Ebene überhaupt erst möglich werden.«
»So eine Art FedEx für Verbrecher?«, fragte Ryan.
»Gar kein schlechter Vergleich«, fand Amy. »Bei einem transnationalen Vermittler kann es sich um ein oder zwei gut vernetzte Individuen handeln oder auch eine größere Gesellschaft mit eigenem Transportnetzwerk und mächtigen politischen Verbindungen. Was alle Vermittler gemein haben, ist die Fähigkeit, Verbrechen in allen möglichen Teilen der Welt durchführbar zu machen.
Sie können einen südamerikanischen Drogenfabrikanten mit einer Street-Gang auf den Philippinen in Verbindung bringen oder gefälschte Medikamente aus Indien an einen korrupten Beamten des Gesundheitswesens in Afrika verkaufen, der den Ausbruch einer Seuche kontrollieren soll.«
»Das Problem, das Rechtssysteme und Geheimdienste dabei haben«, fuhr Dr. D. fort, »ist, dass diese transnationalen Vermittler fast immer von armen und korrupten Staaten aus operieren, die nicht über die finanziellen oder rechtlichen Mittel verfügen, um mit ihnen fertig zu werden. Sie verdienen Milliarden, sind aber praktisch unantastbar. Die TFU ist die erste Einheit, die sich auf diese Spitze des organisierten Verbrechens spezialisiert hat.«
»Interessant«, fand Ryan und sah Amy an. »Du arbeitest also auch für die TFU?«
Amy nickte.
»Ich habe bis vor sechs Monaten in Australien gelebt, aber jetzt bin ich im Hauptquartier der TFU in Dallas. Wir sind nur ein kleines Team mit begrenzten finanziellen Mitteln, aber Dr. D. hat aus der ganzen Welt ausgezeichnete Mitarbeiter rekrutiert und wir können bereits erste Erfolge verzeichnen.«
»Und jetzt haben wir eine Spur, die zu einem der größten Vermittler von allen führt«, fügte Dr. D. dramatisch hinzu.
»Und wer ist das?«, wollte Ryan wissen.
»Man nennt diese Gruppe meist den Amarov-Clan«, erklärte Dr. D. »Sie haben ihr Hauptquartier in Kirgistan in Zentralasien. Den Kern ihrer Geschäfte bildet eine Flotte von siebzig Frachtflugzeugen. Damit transportieren sie zum Teil legale Ladung, aber das meiste Geld machen sie durch Schmuggel: Drogen, Waffen, hochwertige Fälschungen und illegale Einwanderer.«
»Warum kann man sie denn nicht aufhalten, wenn sie so viele Flugzeuge haben?«, wollte Ryan wissen. »Man muss doch nur ein paar Drohnen nach Ker … Kir … Kirgidingens da schicken und ihre Flugzeuge abschießen.«
Dr. D. lachte. »Wenn das nur ginge. Der Amarov-Clan hat weitreichende politische Verbindungen. Jeder weiß, was sie da treiben, aber Kirgistan liegt in der politisch sensiblen Zone zwischen Russland und China.
Irena Aramov besticht seit zwanzig Jahren Politiker, Militärs und Bürokraten in Russland und China. Sollten Amerika oder Europa gegen den Aramov-Clan in Kirgistan einschreiten, würde es gewaltigen Ärger mit den Russen und Chinesen geben.«
Ryan hatte zwar keine Ahnung, wo er Kirgistan auf einer Landkarte hätte suchen sollen, verstand aber von Amys und Dr. D.s Erklärungen genug, um zu bemerken: »Die einzige Möglichkeit, den Aramov-Clan zu Fall zu bringen, ist also, ihn zu infiltrieren und von innen heraus zu vernichten?«
»Genau!«, bestätigte Dr. D. fröhlich. »Ach, weißt du, Ryan, ich habe so ein gutes Gefühl bei deiner Aura! Ich spüre, dass wir sehr gut zusammenarbeiten werden!«
Ryan bemerkte, wie Amy und Zara verlegene Blicke tauschten. Dr. D. schien ein schräger Vogel zu sein.
»Und was spiele ich für eine Rolle?«, fragte Ryan.
Amy neigte sich vor und wandte sich zu Ryan, um ihm zu erklären: »Vor drei Wochen hat die CIA, die die Stationen in Afghanistan überwacht, ein verschlüsseltes Telefongespräch zwischen dem Hauptbüro des Aramov-Clans in Kirgisien und einer Frau namens Gillian Kitsell in Santa Cruz in...




