Müchler | Beste Feinde | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 312 Seiten

Müchler Beste Feinde

Frankreich und Deutschland – Geschichte einer Leidenschaft
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-8062-4509-7
Verlag: Theiss in Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Frankreich und Deutschland – Geschichte einer Leidenschaft

E-Book, Deutsch, 312 Seiten

ISBN: 978-3-8062-4509-7
Verlag: Theiss in Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Deutschen und ihre Franzosen: Eine Amour fou über 1000 Jahre Seit 1945 sind sich Deutschland und Frankreich so nahegekommen wie nie zuvor in der Geschichte. In Europa bestimmt das Tandem Paris-Berlin den politischen Takt. Die Partnerschaft am Rhein ist zu einer festen Größe geworden. Doch das war nicht immer so! Günter Müchler zählt nicht nur wegen seiner fulminanten Napoleon-Biographie zu den profundesten Frankreich-Kennern. In 'Beste Feinde' schildert er in abgeschlossenen, glänzend geschriebenen Vignetten, wie und warum sich die rivalisierenden Nachbarn seit Jahrhunderten bekämpfen, schmähen - und lieben! Denn insgeheim respektieren die Franzosen die »boches« und beneiden die Deutschen die »Froschfresser«. - Die deutsch-französische Geschichte - charmant, pointiert und kurzweilig erzählt - Dynastische Rivalitäten: Wie aus Nachbarn und Verwandten Erbfeinde wurden - Warum das Französische trotz jahrhundertelanger Feindschaft Leitkultur war - Wie der Élysée-Vertrag die deutsch-französische Freundschaft besiegelte - Überblick über die wechselhafte Geschichte der beiden zentralen Länder Europas   Komplizierte Beziehungen und ein Happy End: Der lange Weg zum europäischen Gedanken Seit im 9. Jahrhundert das Reich Karls des Großen in ein westfränkisches und ein ostfränkisches Reich zerfiel, waren beide Länder schicksalhaft aneinander gebunden. Günter Müchler zeigt mit leichter Hand die ganze Bandbreite der deutsch-französischen Beziehungen: die Kämpfe - von der Schlacht bei Bouvines 1214 bis zum Zweiten Weltkrieg -, den Kulturaustausch - von Madame de Staël bis Heinrich Heine -, und die gegenseitige Konkurrenz und Inspiration - von Ludwig XIV. bis Valéry Giscard d'Estaing. Sein Buch ist ein Lesegenuss für kulturhistorisch Interessierte und literarisch Bewanderte, für Frankophile wie Frankophobe, kurz: für historische Gourmands.

Günter Müchler ist passionierter Frankreichkenner und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Französischen Revolution und Napoleon. Er studierte Geschichte und Politikwissenschaft und wechselte nach Stationen bei verschiedenen Zeitungen 1987 zum Rundfunk. Bis 2011 war er Programmdirektor von Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur und DRadio Wissen. Mit einer fulminanten Biographie legt er im Frühjahr 2019 die Synthese seiner langjährigen Beschäftigung mit dem großen Korsen vor.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Einleitung ___ 7
1 Kaiser Ottos Waterloo ___ 14
2 Der Türke: "Erbfeind der Christenheit" ___ 22
3 Fuggers Geld verhindert Franz I. ___ 30
4 Tacitus und die "deutsche Einfalt" ___ 34
5 Vom Nachahmungseifer der Deutschen ___ 40
6 "Die Völker zum Weinen bringen": Franzosen wüten in der Pfalz ___ 48
7 Revolution I: "Oh, wenn ich itzt Franzose wäre" ___ 54
8 Revolution II: Die Mainzer Jakobiner ___ 74
9 Revolution III: La belle mort des Adam Lux ___ 84
10 Hochmut und Vorurteil ___ 98
11 "Vergessen Sie nicht, daß ich Karl der Große bin" ___ 108
12 Die Schöne und das Biest ___ 114
13 Der Tod des Buchhändlers Palm ___ 122
14 Im Reich des Königs Lustigk ___ 126
15 Agamemnon in Erfurt ___ 134
16 Eine Französin in Deutschland ___ 140
17 Heinrich von Kleist: "Schlagt ihn tot!" ___ 150
18 Ernst Moritz Arndt erfindet die Erbfeindschaft ___ 158
19 Autodafé auf der Wartburg ___ 168
20 Jahn und die gescheiterte Jugendrevolte ___ 176
21 Grenzgänger und Vermittler ___ 184
22 "Hinauf, Patrioten, zum Schloß!" ___ 198
23 Victor Hugo am Schicksalsfluss ___ 204
24 "Die Wacht am Rhein" ___ 210
25 Frankreich entdeckt den Erbfeind ___ 216
26 Zwischen Mühlsteinen: Das Elsass ___ 232
27 Kultur contra Zivilisation: Der Erste Weltkrieg ___ 240
28 Vercors, Camus und der "Erzengel in der Hölle" ___ 252
Epilog: Von Reims nach Verdun ___ 264
Anhang ___ 290
Literatur ___ 291
Anmerkungen ___ 298
Personenregister ___ 307
Bildnachweis ___ 312


Einleitung


Mitten im Krieg von 1870/71 schrieben sich der französische Philosoph Ernest Renan und sein deutscher Kollege David Friedrich Strauss Briefe. An einer Stelle der Korrespondenz brach bei Renan die Verzweiflung durch: „Das große Unglück der Welt ist, daß Frankreich Deutschland nicht versteht und Deutschland Frankreich nicht.“1

Andere Zeiten? Gewiss. Seit 1945, seit Ende des zweiten „Dreißigjährigen Krieges“ (de Gaulle), sind Deutsche und Franzosen einander so nahegekommen wie nie zuvor in der Geschichte. Von den Regierungen gefördert, ist ein dichtes Beziehungsgeflecht entstanden. Städtepartnerschaften und Jugendaustausch haben millionenfache Begegnungen herbeigeführt. In Europa bestimmt das „Tandem“ Paris-Berlin den politischen Takt. Vielerorts in der Welt gilt die deutsch-französische Freundschaft als Markenzeichen und als Beweis dafür, dass Fortschritt in den Beziehungen rivalisierender Völker und Staaten möglich ist.

Institutionell verfugt und von breiter Zustimmung getragen, ist die Partnerschaft am Rhein zu einer festen Größe geworden, zu einer Art Besitztitel, der in kaum einer Risikoanalyse auftaucht. Manchmal würde man sich mehr Wachsamkeit wünschen. Nichts auf der Welt ist für immer gesichert. Die Klopfzeichen sind unüberhörbar. Nach dem Abschied von der globalen Bipolarität droht dem alten Kontinent die Randständigkeit. Nationalistisches Ego-Denken greift um sich. Sollte es in Europa übermächtig werden, würde auch die deutsch-französische Freundschaft Schaden nehmen.

Dass Nachbarschaft Freundschaft begründet, ist weder in der Natur noch in den Staatenbeziehungen die Regel. Gute Nachbarschaft will gewollt sein. Sie kommt zustande durch Rücksichtnahme, die die Kenntnis des Anderen und die Respektierung seiner Interessen voraussetzt. Ein weiterer Zugang ist gemeinsam erfahrenes Leid. Wer begriffen hat, dass Feindschaft nur Unheil bringt, wird bereit sein, neue Wege zu gehen.

Deutsche und Franzosen mussten erst durch die Schule jahrhundertelanger Feindschaft gehen, ehe sie sich eines Besseren besannen. Es war nach dem schrecklichsten aller Kriege, dass Freundschaft als Landmarke künftiger nachbarschaftlicher Beziehungen überhaupt gedacht werden konnte. Adenauer und de Gaulle waren realistische Visionäre. Sie betrachteten Deutschland und Frankreich in einem sehr nüchternen Sinn als Schicksalsgemeinschaft. Schuman und Monnet fanden ein geeignetes Mittel, die Transformation von der Erbfeindschaft zur Freundschaft zu organisieren: die Vereinigten Staaten von Europa. Zwei Generationen danach steht fest: Das Experiment ist geglückt. Die Leistung kann nur ermessen, wer auf die Geschichte der Erbfeindschaft zurückschaut. Das ist der Sinn dieses Buches.

Im Mittelalter lebten Deutsche und Franzosen friedvoll nebeneinander. Bloß ein einziges Mal fielen sie übereinander her. In der Schlacht von Bouvines zog Kaiser Otto IV. den Kürzeren gegen König Philipp II. August. Nebenbei bemerkt bezeichneten die Beifügungen „deutsch“ und „französisch“ damals nicht Völker, sondern Himmelsrichtungen. Die Deutschen waren die Ostfranken, die Franzosen die Westfranken, Zweige eines Baumes. Dass Bouvines die kriegerische Ausnahme war, kam so, weil die Interessen beider aus dem karolingischen Imperium hervorgegangenen Reiche früh auseinanderliefen und sich ihre Wege deshalb nicht kreuzten. Die deutschen Kaiser nutzten ihre Kräfte in einer Vielzahl von Italienzügen ab. Die Hauptbeschäftigung der französischen Könige bestand in der Abwehr ihrer mächtigsten Vasallen, der Engländer.

Das Wort „Erbfeind“ tauchte zuerst unter Kaiser Maximilian I. auf. Mal wurde das Etikett den Franzosen aufgeklebt, mal den Türken, dem „Erbfeind der Christenheit“. In der Zeit Maximilians entbrannte der Zweikampf Habsburg gegen Valois, eine dynastische Rivalität, die Europa über lange Zeit in Atem hielt. Auch jetzt zählten nationale Scheidungen noch wenig. 1519 hätten die deutschen Kurfürsten Franz I. von Frankreich bedenkenlos zum Kaiser gewählt, wären die Bestechungsgelder Jakob Fuggers nicht so reichlich für den Enkel Maximilians geflossen, der als Karl V. den Thron bestieg.

In der Neuzeit zählten die „Häuser“, nicht die Völker. Ein zusätzliches Loyalitätsmuster entstand durch die Glaubensspaltung. Man war einer konfessionellen Gruppe zugehörig und bestimmte den eigenen Platz in scharfer Abgrenzung zur Gruppe der Anderen. Die Anderen, das waren aus reformatorischer Sicht die „Welschen“, Angehörige des romanischen Sprachraums wie die Franzosen, die dem Papsttum anhingen und verdorben waren wie die „ganze Rotte Sodoms“ (Luther). Das Stereotyp des sittenlosen Franzosen hat hier seinen Ursprung. Zur Selbstidentifikation bot die wiederentdeckte Tacitus-Schrift über die Germanen eine Vorlage. Tacitus hatte die nördlichen Barbaren als ein durch keine Zivilisation verbogenes Urvolk beschrieben. Daraus destillierten Humanisten die „deutsche Einfalt“. Mochten die Deutschen auch grob in ihren Gebräuchen sein, so waren sie doch gerade und unverbildet und unterschieden sich positiv von französischer Eitelkeit und Raffinesse.

Frankreich ging aus dem Dreißigjährigen Krieg gestärkt hervor, Deutschland befand sich am Tiefpunkt. Ludwig XIV. konnte die Pfalz ohne Gegenwehr verwüsten. Erstmals trat Frankreich als aggressive und kriegerische Macht in Erscheinung. Dessen ungeachtet war im Barock das Französische die unbestrittene Leitkultur. Die deutschen Fürsten bauten große Schlösser und geometrische Gärten à la Versailles, und wer auf sich hielt, trug französische Kleidung und übte sich in geistvoller Konversation. Über die deutsche Krankheit Nachahmungssucht schrieben Philosophen anklagende Traktate, doch nur mit mäßigem Erfolg.

Gleich, ob man das Französische anhimmelte oder verurteilte: Die deutsche Oberklasse war fest auf Frankreich fixiert. Daran änderte auch die Revolution nichts. Jetzt waren es nicht mehr Äußerlichkeiten, die die Nachbarn im Osten magisch anzogen, sondern die Verlockungen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. In großer Zahl pilgerten Intellektuelle nach Paris, dem Schauplatz des Weltspektakels, um sich alsbald desillusioniert abzuwenden. Mit der Rigorosität von Konvertiten bestritten die Enttäuschten den Franzosen das Recht, die Fahne der Freiheit voranzutragen, und empfahlen als deutschen Weg zur Freiheit die Reform, die Revolution von oben. Mit dem Aufstieg Bonapartes zog Frankreich die Deutschen dann wieder in den Bann. Welche Kraft ging doch von der nation une et indivisible aus! Und wie schwach war Deutschland dagegen! Es den Franzosen gleichzutun, den deutschen Nationalstaat zu bauen, stand ab jetzt auf der Tagesordnung. Doch zuerst musste Napoleon beseitigt werden. „Schlagt ihn tot! Das Weltgericht, fragt euch nach den Gründen nicht!“, eiferte Heinrich von Kleist, und andere Dichter folgten ihm. Nach der Katastrophe der Großen Armee in Russland war die Situation da. Der Kampf gegen die Fremdherrschaft wurde zur nationalen Sache.

Eine Sonderstellung in der Phalanx nationalistischer Vordenker nimmt Ernst Moritz Arndt ein. Arndt dachte über die Befreiung hinaus. Er ahnte, dass nach dem Sieg über Napoleon die Deutschen wieder zurückfallen würden in die alte Lethargie und Zersplitterung. Der Franzosenhass, den er predigte, sollte deshalb mehr bewirken als eine momentane Aufwallung, die nötig war, um den Feind über den Rhein zu treiben. Der Hass sollte von Dauer sein, weil die Deutschen einen „Vereinigungspunkt“ brauchten, um einig zu bleiben und bei sich selbst zu sein. „Ich will den Haß gegen die Franzosen, nicht bloß für diesen Krieg, ich will ihn für immer“, schrieb Arndt. Der Hass solle glühen „als die Religion des deutschen Volkes, als ein heiliger Wahn in allen Herzen“. Damit stellte Arndt das Verhältnis zu den Nachbarn auf eine historisch neue Stufe. Der Hass auf Frankreich wurde als Hebel zur Herstellung der Einheit gleichsam institutionalisiert. Es entstand der Mythos der Erbfeindschaft.

Im Vormärz änderte sich die Kampflage. Hauptgegner der Liberalen mit ihrer Doppelforderung nach Freiheit und Nation war das System Metternich, das nach dem Sieg über Napoleon weder Demokratie noch Einheit zugelassen hatte. Für eine Weile trat Frankreich als Verhinderer der deutschen Sehnsüchte in den Hintergrund, die Revolution von 1830 ließ sogar die alte Liebesbeziehung wieder aufflammen. Arndts Hasslehre hatte sich nicht durchgesetzt. Dass noch Glut unter der Asche war, zeigte sich dann allerdings 1840. In der Rheinkrise, mutwillig vom Zaun gebrochen durch die Regierung in Paris, bliesen die Poeten die Kriegstrompeten gegen die „Welschen“ wie zuletzt 1813.

Die Rheinkrise rückte das Deutschland-Bild der Franzosen zurecht. Lange war Deutschland transrhenanisch nur ein geografischer Begriff gewesen. Frankreich hatte sich mit Habsburg/Österreich duelliert. Es hatte den Aufstieg Preußens in die Liga der Großmächte zur Kenntnis genommen. Aber Deutschland? Die ungefügte Landmasse in...


Günter Müchler ist passionierter Frankreichkenner und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Französischen Revolution und Napoleon. Er studierte Geschichte und Politikwissenschaft und wechselte nach Stationen bei verschiedenen Zeitungen 1987 zum Rundfunk. Bis 2011 war er Programmdirektor von Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur und DRadio Wissen. Mit einer fulminanten Biographie legt er im Frühjahr 2019 die Synthese seiner langjährigen Beschäftigung mit dem großen Korsen vor.



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