Müller | Die Syntax-Pragmatik-Schnittstelle | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 239 Seiten

Reihe: narr studienbücher

Müller Die Syntax-Pragmatik-Schnittstelle

Ein Studienbuch

E-Book, Deutsch, 239 Seiten

Reihe: narr studienbücher

ISBN: 978-3-8233-0095-3
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Gegenstand dieses Buches sind Phänomene an der Syntax-Pragmatik-Schnittstelle, z.B. die Vorfeldbesetzung, Versetzungsstrukturen an den Satzrändern, die Verbstellung, zentrale vs. periphere Nebensätze. Das Ziel ist es, anhand der betrachteten Strukturen aufzuzeigen, inwiefern bestimmte (syntaktisch auffällige) Strukturen mit bestimmten Diskursfunktionen/informationsstrukturellen Status einhergehen. Das Buch ist keine reine Einführung in die Pragmatik/Informationsstruktur oder Syntax, sondern zeigt auf, an welchen Stellen die ansonsten meist in Isolation behandelten Konzepte interagieren. Aufgaben zu den verschiedenen Kapiteln erleichtern das Verständnis.
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Vorwort

1. Hintergründe
1.1 Syntaktische Aspekte
1.2 Informationsstruktur
2. Vorfeldbesetzung
2.1 Drei Möglichkeiten der Vorfeldbesetzung
2.2 Präferenzen der Vorfeldbesetzung
3. Das linke Mittelfeld
3.1 Die Position von Topiks im Mittelfeld
3.2 Evidenz für die Topikposition
3.3 Konsequenzen der Analyse
3.4 Beispielanalyse
4. Herausstellungen nach links
4.1 Typen der Herausstellung nach links
4.2 Linksversetzung und Hängendes Topik
5. Herausstellungen nach rechts
5.1 Typen der Herausstellung nach rechts
5.2 Rechtsversetzung und Reparatur-Nachtrag
5.3 Die Rechtsversetzung im Diskurs
5.4 Die Syntax der Rechtsversetzung
6. Verbdritt-Strukturen
6.1 Gibt es Verbdritt-Sätze im Deutschen?
6.2 Verbdrittsätze in der Zeitungssprache ein Wettbewerbsmodell
6.3 Verbdrittsätze in der gesprochenen Umgangssprache Kiezdeutsch
7. Wurzelphänomene
7.1 Strukturelle und lexikalische Wurzelphänomene
7.2 Erklärungsansätze
7.3 Die Verbzweit-Stellung als Wurzelphänomen im Deutschen

Literatur
Sachregister


1.2 Informationsstruktur
Analysiert man Sätze wie in Abschnitt 1.1 dargestellt, liegt der Fokus der Betrachtung auf rein strukturellen Eigenschaften. Sätze werden von Sprechern im Gespräch aber natürlich auch zu bestimmten Zwecken verwendet. Da wir uns in diesem Buch für die Zusammenhänge zwischen der grammatischen Form von Sätzen und ihrer Verwendung im Diskurs interessieren, ist es ebenfalls nötig, zunächst einige grundlegende Aspekte auf Seiten der Verwendung von Sätzen zu betrachten. Insbesondere wird bei den Phänomenen in Kapitel 2 bis 7 die Informationsstruktur im Mittelpunkt stehen. Musan (2002: 200) charakterisiert die Informationsstruktur folgendermaßen: Die Informationsstruktur versucht […] unter anderem zu erfassen, dass der Satz nicht nur eine bestimmte INFORMATION AUSDRÜCKT, sondern auch im konkreten Informationsfluss zwischen einem ,Sprecher‘ und einem ,Hörer‘ im weiteren Sinne bestimmte INFORMATIONEN ÜBERMITTELT. Was man sich unter dem übermittelten Anteil einer Äußerung vorstellen und durch welche sprachlichen Mittel diese Information kodiert werden kann, illustrieren wir im Folgenden anhand zweier Dimensionen der Informationsstruktur, der Fokus-Hintergrund-Gliederung (FHG) und der Topik-Kommentar-Gliederung (TKG). 1.2.1 Fokus-Hintergrund-Gliederung
Im Prinzip kann in einem Satz jede Konstituente akzentuiert werden (im Folgenden angezeigt durch Großschreibung). Der Satz in (47) kann realisiert werden wie in (48). (47) Hans wird morgen nach Köln fahren. (48) a. HANS wird morgen nach Köln fahren.   b. Hans wird MORgen nach Köln fahren.   c. Hans wird morgen nach Köln FAHren.   d. Hans WIRD morgen nach Köln fahren.   e. Hans wird morgen nach KÖLN fahren. Akzente sind lokale Modifikatoren der Intonationskontur, die man als Prominenz wahrnimmt. Phonetisch entspricht dies einer Veränderung der Grundfrequenz (Tonhöhe), es geht aber auch eine größere Intensität (Lautstärke) und Dauer (Länge) der akzentuierten Silben einher (vgl. Baumann 1999: 3). In Abbildung 1 sieht man, dass die zweite Silbe von Berlin einen Tonhöhenakzent erhält. Auf der x-Achse ist die Zeit aufgetragen, auf der y-Achse die Frequenz. Abbildung 1: Tonakzent (Féry 1993: 66) Strukturell sind die Sätze in (48) identisch. Es treten jeweils die gleichen Wörter und Konstituenten auf, die zudem dieselbe syntaktische Funktion erfüllen. Die Sätze drücken auch alle dieselbe Proposition aus, nämlich dass Hans am folgenden Tag nach Köln fahren wird. Aus diesem Grund sind alle Sätze aus (48) unter genau denselben Umständen wahr. (48a) ist wahr, wenn Hans morgen nach Köln fahren wird. Gleiches gilt für (48b) bis (48e). Dennoch sind die Sätze aber nicht komplett identisch. Sie sind nicht – was die Voraussetzung für Synonymie wäre – in jedem Kontext füreinander austauschbar. Die Sätze haben vielmehr unterschiedliche Verwendungsbedingungen. (48e) kann z.B. eine Antwort auf die Frage in (49) sein. (49) A: Wohin wird Hans morgen fahren?   B: Hans wird morgen nach KÖLN fahren. Man kann auf die Frage in (49) aber mit keinem anderen der Sätze aus (48) antworten, wie (50) zeigt. (50) A: Wohin wird Hans morgen fahren?   B: #HANS wird morgen nach Köln fahren.   B': #Hans wird MORgen nach Köln fahren.   B'': #Hans wird morgen nach Köln FAHren.   B''': #Hans WIRD morgen nach Köln fahren. Die Antworten in (50) sind nicht ungrammatisch, doch man hat das Gefühl, dass sie nicht recht passen. Wenn Sätze nicht ungrammatisch, sondern eher inadäquat sind, zeigt man dies durch die Raute # an. Man sagt auch, die Sätze sind markiert. Ändert man die Frage, ist ein anderer Satz aus (48) passend, die anderen eignen sich aber wiederum nicht als Antwort (vgl. z.B. (51)). (51) A: Wer wird morgen nach Köln fahren?   B: HANS wird morgen nach Köln fahren.   B': #Hans wird MORgen nach Köln fahren.   B'': #Hans wird morgen nach Köln FAHren.   B''': #Hans WIRD morgen nach Köln fahren.   B'''': #Hans wird morgen nach KÖLN fahren. Man stellt fest, dass die Sätze völlig akzeptabel sind, wenn man mit der akzentuierten (man sagt auch fokussierten) Konstituente die Antwort gibt. Nimmt man an, dass das, was durch eine w-Frage erfragt wird, fehlende, unbekannte, unerwartete Information ist, während der Rest des Satzes bekannt, akzeptiert und erwartbar ist, lässt sich über einen Satz wie den zweiten Satz in (52) sagen, dass er in zwei Teile zerfällt. (52) A: Wer wird morgen nach Köln fahren?   B: [Fokus HANS] [Hintergrund wird morgen nach Köln fahren]. Dies ist zum einen akzeptierte und erwartbare Information (wird morgen nach Köln fahren) und zum anderen neue und unerwartete Information (Hans). Eine derartige Gliederung fällt unter die Informationsstruktur eines Satzes. Information der ersten Art gehört zum Hintergrund, Information der letzten Art zum Fokus. Diese Dichotomie von Fokus und Hintergrund stellt eine informationsstrukturelle Dimension dar. Notationell kann man die jeweilige Information klammern und durch Indizes auszeichnen (vgl. (52)). In den obigen Beispielen haben wir zur Diagnostik des Fokusbereichs eines Satzes w-Fragen verwendet. In der Regel erfragt ein w-Pronomen eine neue Information, während über den Rest des Satzes Einigkeit besteht. Die Korrelation zwischen neuer Information und Fokus wird gerne angenommen, es gibt aber auch Beispiele, die zeigen, dass auch Bekanntes fokussiert sein kann. In (53) ist Charlotte durch die erste Äußerung vorerwähnt und somit bekannte Information, dennoch ist diese Konstituente im zweiten Satz akzentuiert und bildet den Fokus. (53) Charlottes Foto ist schön.     – Nein, [Fokus CharLOTte] [Hintergrund ist schön]. (Musan 2010: 52) Aufgrund derartiger Beobachtungen ist vorgeschlagen worden, Fokus nicht als neue Information zu charakterisieren, sondern als Thematisierung von Alternativen (vgl. Krifka 2007: 18). Der Fokus legt dieser Ansicht nach Alternativen zu einer im Satz genannten Einheit nahe, die bei der Interpretation der Äußerung eine Rolle spielen. Über die Natur der...


PD Dr. Sonja Müller lehrt germanistische Sprachwissenschaft an der Bergischen Universität Wuppertal mit einem Schwerpunkt in der Semantik, Pragmatik und Informationsstruktur sowie spezielleren Themen dieser Bereiche.


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