E-Book, Deutsch, 488 Seiten
Mützlitz Hexagon
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-86762-361-2
Verlag: Uhrwerk-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Pakt der Sechs
E-Book, Deutsch, 488 Seiten
ISBN: 978-3-86762-361-2
Verlag: Uhrwerk-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine dämonische Verschwörung bedroht Frankreich
Frankreich, 1642: Dämonenjünger schüren Angst und Verzweiflung in den Herzen der Menschen. Gegen sie stellen sich die Musketiere des Schwarzen Banners, arkane Kämpfer, die weder Tod noch Teufel fürchten. Allerdings vermögen auch sie nicht den Mord am Gouverneur der Provinz Poitou zu verhindern. Als die magiebegabte Kammerdienerin Cécile die Flucht vor den Mördern ergreift, gewinnt sie in dem Musketier Armand einen unerwarteten Verbündeten. Doch schon bald müssen sie sich entsetzlichen Feinden und ihren persönlichen Abgründen stellen.
Währenddessen kommt der Befehlshaber des Schwarzen Banners, César de Rochefort, auf Geheiß Kardinal Richelieus Verrätern an Krone und Dreifaltigkeit auf die Spur. Dabei stößt er auf eine Verschwörung, die sich von den höchsten Kreisen des Königreichs bis in die Domänen der Hölle erstreckt.
Fern von Paris obliegt es allein Cécile, Armand, Rochefort und ihren Verbündeten, den dunklen Pakt der Dämonendiener zu zerschlagen und Frankreichs Sturz in die Finsternis abzuwenden.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1
Frankreich, Juli 1642. Cécile lief vorsichtig den Gang hinunter. Dunkelheit umfing sie. Lediglich durch einen Schlitz am Ende des Korridors fiel ein wenig Licht, kaum ausreichend, um die eigenen Füße zu erkennen. Von dort hinten hörte sie die Stimmen der Herrschaften, denen sie heute ein letztes Mal aufwartete. Obwohl sie den schmalen Korridor während des Abends bereits oft durchquert hatte, kannte sie im Gegensatz zu den anderen Bediensteten noch immer nicht alle Stufen, Absätze oder versteckten Stolperfallen. Nach wie vor war also höchste Vorsicht geboten, denn schließlich sollte der gelungene Abend nicht in einer Katastrophe enden. Die junge Kammerdienerin war emsig darauf bedacht, nichts auf dem Silbertablett verrutschen zu lassen, das sie trug. Umständlich streckte sie die Arme nach vorne, um nicht an die Wände zu stoßen. Dennoch musste sie sich beeilen, durfte doch der Nachtisch keinesfalls kalt sein, wenn sie ihn servierte. Es handelte sich dabei um die neueste Sensation des Küchenchefs: ein bislang in Frankreich unbekanntes Rezept, das er von einem Freund aus Spanien erhalten hatte und nun unter dem Namen »Crème fermé« als eigene Kreation ausgeben wollte. Cécile hatte in der Küche beobachtet, wie er dessen Oberfläche umständlich erhitzt hatte, bis sie zu einer kristallinen Kruste verschmolzen war. Das war offenbar das Besondere an diesem Dessert. Sie kannte sich nicht mit derlei Süßspeisen aus, denn es war ihr zum ersten Mal vergönnt, ihrem Herrn und seinem Gast die verschiedenen Gänge zu servieren. Immerhin konnte man nichts von der Crème verschütten, wenn man sich schon so beeilen musste. Chefkoch Antoni hatte ihr mit Schlägen gedroht, wäre sie zu langsam und die Crème bereits erkaltet. Cécile zweifelte nicht daran, dass er die angekündigte Strafe durchsetzen würde, sollte sie zu lange benötigen. Der Umstand, dass der Kammerherr ihr noch eine Karaffe Cognac sowie dazugehörige Kristallgläser auf das Tablett gestellt hatte, erschwerte die Aufgabe zusätzlich. Ihre Arme brannten, als sie die leichte Tür, die aus dem Botengang in den Großen Salon des Hauses führte, mit dem Fuß aufstieß. Die anderen Domestiken hatten das schmutzige Geschirr der Hauptgänge entfernt, sodass sie das vorläufig letzte Mal ins Speisezimmer trat. Wieder erfasste sie diese Aufregung, die sie seit dem Moment ergriffen hatte, da der Kammerherr ihr mitgeteilt hatte, dass sie erstmals helfen würde, dem Herrn Vicomte Charles de Châtellerault am Abend die Speisen zu servieren. Konzentriert brachte sie die letzten Schritte bis zum Esstisch hinter sich. Sie hoffte, dass der Seigneur und sein Gast das Zittern in ihren Armen nicht bemerkten, als sie das Tablett vorsichtig abstellte. Es klapperte beim Aufsetzen etwas, aber die Herrschaften schienen keinerlei Notiz davon zu nehmen, und zu ihrer Erleichterung war auch nichts umgefallen. Zuerst servierte sie das Dessert des Gastes. Sie beeilte sich, ihm die Keramikschale, die auf einem silbernen Unterteller drapiert war, zu reichen, ohne dabei in unhöfliche Hast zu verfallen. Erleichtert spürte sie, dass von dem Gefäß noch Wärme ausging. Sie verbeugte sich kurz vor dem Mann, der lediglich als Marquis de Cinqmars vorgestellt worden war. Der junge Adlige, wahrscheinlich nur wenige Jahre älter als sie, ignorierte sie schon den ganzen Abend und beachtete sie auch dieses Mal nicht. Cécile war zwar von den älteren Bediensteten berichtet worden, dass solch ein Verhalten schlichtweg normal für die hohen Herrschaften sei, dennoch ärgerte sie sich ein wenig, dass er sie nicht einmal mit einem dankbaren Lächeln, vielleicht einem Nicken oder wenigstens einem Blick bedachte, nachdem sie ihn und seinen Gastgeber stundenlang bedient und ihnen jeglichen Wunsch von den Augen abgelesen hatte. Es wäre ihr Dank und Lohn genug gewesen. Andererseits war sie froh darum, dachte sie, während sie das Dessert auch dem Vicomte servierte. In unmittelbarer Gegenwart des Marquis fühlte sie sich nicht wohl. Als sie dicht neben dem langhaarigen Aristokraten stand und die bauchigen Gläser mit einem Schluck Cognac füllte, verspürte sie erneut Unbehagen, sogar stärker als zuvor. Der Marquis hatte sie weder beachtet noch berührt. Dennoch erschien es ihr, als habe er seine Präsenz in diesem Moment auf sie gerichtet, obwohl er gerade mit dem Vicomte plauderte. Cécile fühlte sich vollkommen von ihm durchdrungen, beinahe, als stünde sie entblößt vor ihm und offenbarte ihm gleichzeitig ihre schlimmsten Ängste und geheimsten Wünsche. Kaum dass sie es wahrnahm und ihre Hände zu zittern begannen, verschwand das Gefühl wieder – ebenso schnell, wie es sie überkommen hatte. Die junge Frau wusste nicht, ob sie diese nie zuvor verspürte Empfindung erschrecken müsste. Stattdessen ertappte sie sich dabei, es als durchaus angenehm empfunden zu haben. Für wenige Augenblicke war sie dem fremden Adligen schutzlos ausgeliefert gewesen. Was es auch gewesen wäre, sie hätte alles für ihn getan. Was war nur mit ihr los? Ihre Sinne mussten ihr einen Streich spielen! Wahrscheinlich lag es an der Müdigkeit, an der Erschöpfung nach einem Arbeitstag mit mehr als sechzehn Stunden. Cécile kniff kurz die Augen zusammen, um einen klaren Blick zu bekommen. Sie schenkte den Cognac ein und überzeugte sich davon, dass es den Herrschaften an nichts mehr fehlte. Dann trat sie zwei Schritte zurück und deutete eine Verbeugung gegenüber dem Vicomte an. »Dank ihr, sie darf sich zurückziehen«, sagte er, und sie meinte, den Anflug eines Lächelns zu erkennen. »Sehr wohl, Seigneur«, nickte sie und knickste artig. »Wir möchten nicht mehr gestört werden. Sollten wir noch etwas benötigen, werde ich es den Camérier wissen lassen.« Er bedeutete ihr mit einer Handbewegung, dass sie sich zu entfernen hatte. Langsam zog sie sich in den Botengang zurück und schloss so leise wie möglich die Tapetentür, damit sie die Männer nicht unnötig durch ein Geräusch belästigte. Endlich! Cécile seufzte und nahm zum ersten Mal seit Stunden die Spannung aus dem Körper. Harte Arbeit mit tadellosem Auftreten zu verbinden, war weitaus anstrengender, als sie vermutet hatte. Ihr Rücken schmerzte höllisch, die Beine fühlten sich weicher an als die von ihr servierte Crème, und darüber, ob sie den Kopf jemals wieder geschmeidig drehen konnte, wollte sie lieber nicht nachdenken. Sie versuchte, den verspannten Nacken zu lösen, indem sie ihn mit den Fingerkuppen massierte. Es verschaffte nur wenig Linderung, sodass sie beschloss, lieber in die Küche zu eilen, um Antoni Bericht zu erstatten und dann endlich ins Bett zu kommen. Nur ausreichend Schlaf würde Müdigkeit und Schmerzen aus den Gliedern vertreiben. Erneut sandte sie ein Dankgebet zum Himmel, dafür, dass sie am nächsten Tag nicht zu arbeiten hatte. Nach zwei Schritten bemerkte sie, dass etwas sie zurückhielt. Erschrocken wirbelte sie herum, doch da war niemand. Jetzt fange ich wirklich an, zu träumen! Und doch schien es ihr, als habe sie jemand an der Schulter berührt, fast gezogen, so, als solle sie diesen Ort nicht verlassen. Alles Einbildung! Wer sollte sie hier im Gang aufhalten wollen? Der Kammerherr? Antoni? Alle anderen Bediensteten waren längst zu Bett gegangen. Und genau das musste sie ebenfalls schleunigst tun, wenn ihr müder Geist sie nicht endgültig durcheinander bringen sollte. Erneut wollte sie sich zum Gehen wenden, doch anstatt sich vom Salon zu entfernen, schlich sie die wenigen Schritte zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war. Nun musste sie nicht mehr darüber nachdenken, warum sie es tat, oder was sie dazu zwang. Wer wusste schon, wann sie den Seigneur und seine Gäste erneut betreuen durfte? Und wer konnte sagen, wann sie jemanden wie den Marquis, immerhin ein Günstling des Königs und eigens aus dem fernen Paris angereist, wie sie sich hatte sagen lassen, jemals wiedersah? Schon war sie an der Tapetentür angelangt und spähte vorsichtig durch den Schlitz, der gewöhnlich dazu diente, unauffällig zu beobachten, ob der Vicomte oder seine Gäste etwas benötigten. Der Camérier hatte sie und die anderen Mädchen zwar darauf aufmerksam gemacht, doch bislang war sie nicht dazu gekommen, diese Funktion des Dienstbotengangs zu nutzen – sie war ja den ganzen Abend hin- und hergelaufen, um rechtzeitig alle Speisen und Getränke zu servieren. Es schadete allerdings niemandem, wenn sie noch eine Weile hierblieb und den einen oder anderen Blick riskierte. Vielleicht benötigte der Vicomte tatsächlich noch etwas, und dann war sie zur Stelle. Solch eine Aufmerksamkeit wurde sicher honoriert und brachte ihr gegenüber den anderen Mädchen einen Vorteil ein. Als sie aber den Marquis erblickte, der gerade einen Schluck Cognac zu sich nahm, und ihr ein kalter, und doch wohliger Schauer über den Rücken lief, ihr Herz wild zu klopfen begann und ihr Bilder in den Kopf schossen, die sie normalerweise erröten ließen, wusste sie, dass der Grund ihres Verweilens ein gänzlich anderer war. »Ausgezeichnet!« Cinqmars stellte das leere Weinbrandglas auf dem Tisch ab. »Das freut mich«, erwiderte sein Gastgeber mit einem Lächeln und schenkte nach. »Seit fünf Jahren lasse ich mir ausschließlich die Erzeugnisse des Hauses Frapin aus der Grand Champagne kommen. Er produziert nur wenige Dutzend Fässer im Jahr, und ich bin einer der Glücklichen, denen es vergönnt ist, einige davon exklusiv zu beziehen.« »Schätzt Euch glücklich, Monsieur....