Nentwig | Invasive Arten | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 128 Seiten, Gewicht: 140 g

Nentwig Invasive Arten


1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-8463-3383-9
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 128 Seiten, Gewicht: 140 g

ISBN: 978-3-8463-3383-9
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



"Invasive Arten" sind diejenigen nicht-einheimischen Arten (Pflanzen und Tiere), die auf vielfältige Weise von außerhalb Europas nach Europa gelangen, sich hier etablieren und nach einer gewissen Eingewöhnungsphase stark vermehren. Sie beeinträchtigen die einheimische Biodiversität und richten jährlich hohen wirtschaftlichen Schaden an.

Dieses Buch zeigt, auf welche Weise nicht-einheimische Arten nach Europa gelangen und wie sich deren Vermehrung negativ auswirkt: auf die Umwelt, die Landwirtschaft, die Infrastruktur und auch auf die menschliche Gesundheit. Der Autor stellt Kontroll- und Bekämpfungsmöglichkeiten vor und beschreibt, wie vorbeugende Maßnahmen aussehen müssen – denn Vorbeugen ist einfacher als Bekämpfen.

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Warum invasive Arten?
Entstehung und Anpassung von Arten 7
Einheimische Arten, Biodiversität und Koevolution 8
Natürliche Ausbreitung 9
Nicht-einheimische Arten .10
Warum immer mehr nicht-einheimische Arten? . 14
Warum werden Arten invasiv? .18
Artenzahlen einheimischer und nicht-einheimischer Arten 21
Neue Wissenschaft 24
Invasive Arten im Profil
1 Absichtliche Freisetzung 25
Haustiere 25
Nutz- und Zierpflanzen 28
Jagdwild, Besatzfische, Krebse 33
Heimtiere und Befreiungsaktionen 36
2 Unbeabsichtigte Verschleppung 38
Blinde Passagiere im Container 38
Verunreinigungen 39
Straßen-, Schienen- und Luftfahrzeuge 41
Schiffe und Schifffahrtswege 45
Krankheiten und Schädlinge in Pflanzenmaterial 50
Mit dem tierischen Wirt 54
Gefangenschaftsflüchtlinge .. 56
3 Beeinträchtigung der einheimischen Biodiversität 59
Verarmung statt Bereicherung 59
Verdrängung durch Konkurrenz 62
Fressfeinde 64
Krankheitserreger und Parasiten 66
Hybridisierung 67
Umstrukturierung eines Ökosystems 69
4 Wirtschaftlicher Schaden . 73
Landwirtschaft 73
Tierische Produktion 77
Waldwirtschaft 81
Infrastruktur 81
Gesellschaftliche Aspekte 83
5 Schädigung der menschlichen Gesundheit 87
Verletzungen und Allergien 87
Krankheitserreger 89
Parasiten 92
6 Kontrolle und Bekämpfung 93
Grundsatz: Saubere Produkte 93
Vorsorgeprinzip 94
Handelsbeschränkungen 96
Bekämpfungsmaßnahmen 97
Ausrottung ist möglich 99
Forschung ist wichtig 103
7 Gesetzliche Grundlagen 104
Internationale Konventionen 104
Europäische Union 106
Nationale Regelungen 107
Verursacherprinzip 110
8 Information und Öffentlichkeit 112
Die öffentliche Meinung 112
Informationssysteme und schwarze Listen 113
Anhang
Glossar 116
Internetadressen 118
Literatur 119
Register 124


1 Absichtliche Freisetzung
Zusammenfassung Menschen nahmen während ihrer globalen Ausbreitung und der Eroberung ihrer Umwelt ihre jeweiligen Haustiere, besonders gut zur Bejagung geeignete Wildtiere sowie ihre Nutzpflanzen mit, damit sie überall eine möglichst gute Lebensgrundlage hatten. Auch Zierpflanzen und Heimtiere wurden weltweit verbreitet, denn man wollte sich am neuen Standort wohlfühlen. Viele dieser am neuen Ort nicht-einheimischen Arten entkamen der menschlichen Obhut und konnten sich in der neuen Umgebung als selbstständige Population etablieren.
Haustiere Die Kulturgeschichte des Menschen ist seit vielen Tausend Jahren untrennbar mit seinen Haustieren verbunden (Nentwig 2005). Pferd, Rind und Schwein gehören seit 6000–9000 Jahren, Ziege, Schaf und Hund seit 10 000–16 000 Jahren zu den regelmäßigen Begleitern des Menschen in Eurasien, wo diese Tiere domestiziert wurden. Es erstaunt daher nicht, dass diese Haustiere überall dahin mitgenommen wurden, wohin sich die Menschen ausbreiteten. Sofern die Tiere unter menschlicher Kontrolle blieben, war außerhalb des durch den Menschen genutzten Bereiches kein nennenswerter Einfluss auf die Umwelt zu befürchten. Die Tierhaltung war jedoch oft extensiv, das heißt, das Vieh wurde in großen und nicht abgegrenzten Bereichen lange Zeit sich selbst überlassen, sodass regelmäßig Tiere entkamen und verwildernde Populationen aufbauen konnten. Diese wurden oftmals als zusätzlich jagdbares Wild hoch geschätzt. Hieraus entstand der Brauch, bei Entdeckung einer bis dahin unbekannten Insel einige Haustiere auszusetzen, meist Ziegen, Schafe, Schweine oder Esel. Die Tiere etablierten sich leicht und waren bei einem nächsten Besuch der Insel willkommenes Jagdwild. Im Laufe weniger |25? ?26| Jahrhunderte sorgte die europäische Seefahrt auf diese Weise dafür, dass alle geeigneten Inseln der Weltmeere, aber auch alle neu besiedelten Festlandbereiche durch die häufigsten Haustiere besiedelt wurden. Verwilderte Ziegen (Capra hirta) haben vermutlich den stärksten Einfluss auf die natürliche Vegetation, da sie beim Fressen sehr wenig wählerisch sind. Sie können selbst dann noch Nahrung finden, wenn andere Pflanzenfresser dies nicht mehr können, da sie Stängelteile und Wurzeln, Äste und Baumrinde fressen, ja auch in die Bäume hineinklettern, sodass ein Gebiet völlig überweidet werden kann. Hierdurch verschwinden viele Pflanzenarten, und der Lebensraum verändert seine Struktur. Einheimische Arten können daher in einer Region mit vielen verwilderten Ziegen verhungern. Verwilderte Schafe (Ovis ammon aries), Esel (Equus asinus asinus) und Pferde (Equus caballus) wirken sich in vielen Bereichen ähnlich wie Ziegen aus, wenngleich sie etwas weniger destruktiv sind. Verwilderte Esel kommen beispielsweise auf Zypern, in den USA und in Australien vor. In den USA ist bekannt, dass einheimische Dickhornschafe (Ovis canadensis) unter der Konkurrenz durch Esel leiden (Marshal et al. 2008). Im Inneren von Australien leben schätzungsweise 1,5 Millionen verwilderte Esel, die einen starken Einfluss auf die einheimische Vegetation haben und hierdurch auch einheimische Herbivore gefährden. Ähnlich verhält es sich in Australien mit verwilderten Dromedaren (Camelus dromedarius), die im 19. Jahrhundert als Packtiere aus Asien eingeführt wurden, später aber entkamen oder freigelassen wurden. Über eine Million verwilderte Dromedare machen in vielen Regionen dieses trockenen Kontinents Schutzmaßnahmen für die Vegetation zunichte und bedrohen einheimische Pflanzen und Herbivore (McLeod & Pople 2008). Katzen (Felis silvestris catus) erfahren als Haustiere seit ihrer Domestikation vor 5000 Jahren in Ägypten in allen Kulturen große Wertschätzung. Daher erstaunt es nicht, dass Katzen weltweit verbreitet wurden und überall Populationen aus verwilderten Hauskatzen aufbauen konnten. Als Raubtiere haben sie einen großen negativen Einfluss vor allem auf die lokalen Populationen der Reptilien, Kleinsäuger und Vögel. In vielen urbanen Gebieten reduziert der überhöhte Katzenbestand einheimische Brutvögel (Lepczyk et al. 2003). In abgeschlossenen Arealen wie ozeanischen Inseln wirken sich verwilderte Hauskatzen noch dramatischer auf einheimische Vogelarten aus. Viele Populationen wurden stark zurückgedrängt, sogar die völlige Ausrottung von einzelnen Vogelarten ist belegt. Verwilderte Hunde (Canis lupus familiaris) stellen vor allem in Siedlungsgebieten ein nicht zu unterschätzendes Hygieneproblem dar. Herumstreunende Rudel zeigen zudem aggressives Verhalten gegenüber dem Menschen, und es kommt regelmäßig zu Bissverletzungen, manchmal mit tödlichen Folgen für Menschen. |26? ?27|
Akklimatisierungsgesellschaften In der Mitte des 19. Jahrhunderts war die Welt weitgehend auf die Kolonialmächte aufgeteilt. Viele Europäer lebten in Übersee, vermissten aber ihre europäische Tier- und Pflanzenwelt, von der sie annahmen, dass sie besonders schön und nützlich sei. Gleichzeitig entdeckten sie in den Kolonien Arten, von denen sie überzeugt waren, dass diese auch in Europa gebraucht werden könnten. Unter den Auswanderern bildete sich daher schnell eine Gruppierung heraus, die mit einer fast systematischen Prüfung der möglichen Einbürgerung von Arten in Europa und in Übersee begann, die sie «wissenschaftlich» nannten. Man glaubte in dieser vordarwinistischen Zeit, dass es leicht möglich sei, den ausgewählten Arten die Eigenschaften anzuzüchten, die sie für ein Überleben in der neuen Heimat benötigten. Um dies in einem größeren und wirtschaftlich abgesicherten Rahmen betreiben zu können, wurde 1854 von französischen «Wissenschaftlern» und Bewohnern der französischen Überseegebiete in Paris die erste Akklimatisierungsgesellschaft mit dem Ziel gegründet, exotische Tiere und Pflanzen vor allem in Frankreich einzubürgern. Mit unterschiedlichem Erfolg versuchte man in den folgenden Jahren, Frankreich mit importiertem Bambus und Eukalyptus, Seidenraupen, Fasanen und Zebras zu bereichern. Schnell gründeten sich nach diesem Muster weitere Akklimatisierungsgesellschaften. 1860 entstand die Acclimatisation Society of the United Kingdom, nach deren Vorbild sich allein in Neuseeland 30 lokale Gesellschaften bildeten. Diese Gesellschaften waren für den Import von Tieren und Pflanzen nach Neuseeland verantwortlich, aus dem sich manch zweifelhafte Bereicherung der Natur ergab. Die Beteiligung von «Wissenschaftlern» an diesen Gesellschaften, die Durchführung von sogenannten Tests und die Diskussion von Sicherheitsmaßnahmen erzeugten eine Art Pseudosicherheit, zumal Begriffe wie Floren- und Faunenverfälschung oder die Vorstellung von invasiven Arten noch nicht existierten. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts änderte sich der Blickwinkel, und Importe neuer Arten wurden weitgehend eingestellt. Nun änderte sich die Einstellung zu diesem Vorgehen, die Akklimatisierungsgesellschaften wurden an den Pranger gestellt und geschlossen, manche wandelten sich in Jagd- und Angelvereine um, einige sogar in Naturschutzvereine. |27? ?28|
Alle Haustiere haben ihre speziellen Krankheiten und Parasiten, und viele übertragen sie auch auf verwandte Wildtierarten. Oft genug reagieren diese dann empfindlicher als die Haustiere, und es kommt zu Massensterben unter den Wildtieren. Die Rinderpest, eine meist tödlich verlaufende Viruserkrankung der Rinder und anderer Wiederkäuer, wurde bereits mit den Hunnen und Mongolen im 4. bzw. 13. Jahrhundert von Asien nach Europa verschleppt. Noch im 18. Jahrhundert fiel ihr der größte Teil der europäischen Rinderbestände zum Opfer. Intensive seuchenhygienische Bemühungen führten einerseits dazu, dass die Krankheit seit 1881 in Deutschland nicht mehr ausbrach. Andererseits brachte die italienische Armee noch 1887 infizierte Rinder nach Äthiopien, von wo aus sich das Virus in ganz Afrika ausbreitete. In den 1890er-Jahren und 1982–1984 kam es südlich der Sahara zu einem großflächigen Ausbruch der Rinderpest, die nicht nur einen großen Teil der Hausrinder tötete, sondern auch auf verwandte Wildtiere übersprang, sodass es unter den Streifengnus (Connochaetes taurinus) und Kaffernbüffeln (Syncerus caffer) zu einem Massensterben kam. Da diese Massensterben der Rinder auch Hungersnöte bei den Hirtenvölkern auslösen und eine Schutzimpfung möglich ist, führte die Food and Agriculture Organization (FAO) der UNO ein spezielles Impfprogramm durch, das zum Ziel hat, die Rinderpest weltweit bis 2010 auszurotten. Nutz- und Zierpflanzen Die ausgeprägte Gartenkultur, die sich in den letzten Jahrhunderten in vielen Regionen Europas entwickelt hat, verlangte immer mehr und immer ungewöhnlichere Pflanzenarten. Daher wurden ständig neue, nicht-einheimische Zierpflanzen eingeführt und gehandelt. Aus den Gärten entkamen viele Pflanzen durch Samen, mit Gartenabfällen oder durch Erdtransporte und siedelten sich in der Umgebung an (Abb. 4). Ein kurzer Auszug aus der deutschen Liste der nicht-einheimischen Pflanzen liest sich wie eine Gattungsliste aus einem Gartenkatalog: Achillea, Adonis, Alchemilla, Allium, Alyssum, Anchusa,...


Nentwig, Wolfgang
Prof. Dr. Wolfgang Nentwig lehrte an der Universität Bern und ist emeritiert.



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