Sisteron
Für all diejenigen, die von Grenoble über die Route Napoléon gen Süden fahren, ist Sisteron das „Tor zur Provence“. Der von steilen Felswänden eingerahmte Durance-Durchbruch ist fürwahr ein würdiges Eingangstor.
„Segustero“ nannten die Römer ihr Kastell, Spuren davon sind bis auf ein ausgegrabenes Mausoleum allerdings so gut wie nicht erhalten. Das Kastell und die kleine Ansiedlung dienten zur Sicherung der Via Domitia, der wichtigsten römischen Handelsstraße in dieser Region. Zu Beginn des 6. Jh. wurde Sisteron Bistum und blieb es bis zur Französischen Revolution; mehrere Synoden und Konzile haben kurz nach der Bistumserhebung hier stattgefunden. Wegen der verkehrstechnischen und strategischen Bedeutung von Sisteron errichteten
die Grafen von Forcalquier im Mittelalter eine mächtige Zitadelle, um den Zugang zur Provence besser kontrollieren zu können. Sisteron wurde im 14. Jh. erneut befestigt, wovon noch einige Stadtmauertürme zeugen. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die historische Bausubstanz im August 1944 durch einen Bombenangriff der Alliierten, der gegen die deutschen Besatzer gerichtet war und 400 Todesopfer forderte, stark in Mitleidenschaft gezogen, doch konnten die Schäden weitgehend behoben werden. Die Altstadt mit ihren verwinkelten Gassen, überdachten Durchgängen (Andrônes) und kleinen Plätzen ist immer noch einen Spaziergang wert: Neben einem Uhrturm mit provenzalischem Glockenkäfig und der ehemaligen Kathedrale Notre-Dame-des-Pommiers gilt die hoch gelegene Zitadelle als Hauptsehenswürdigkeit. Heute leben die Einwohner Sisterons einerseits vom Tourismus, andererseits von der intensiven Schafzucht der Umgebung. Das Lammfleisch aus Sisteron (Agneau de Sisteron) ist nicht nur in Feinschmeckerkreisen wegen der wohlschmeckenden Weidekräuter begehrt. Seit dem Jahr 2005 ist das heimische Lamm mit einer kontrollierten Herkunftsbezeichnung (IGP) geschützt.
Sehenswertes
Citadelle: Die in den Wirren der Religionskriege schwer beschädigte mittelalterliche Zitadelle wurde 1597-1600 von Jean Errard, einem Kriegsingenieur Heinrichs IV., nicht nur instand gesetzt, sondern den zeitgenössischen Anforderungen gemäß erweitert. Errard sicherte die Zitadelle mit geböschten Mauern und vorgeschobenen Bastionen ab. Zeitweise diente die Zitadelle auch als Gefängnis, so schmachtete der spätere polnische König Johann-Kasimir 1639 hinter den dicken Mauern des Donjons (Burgturms), nachdem er unvorsichtigerweise Kardinal Richelieu in die Fänge geraten war. Wem der Aufstieg (etwa 15 Minuten) zu steil ist, kann in den Sommermonaten auch mit einer Bimmelbahn hinauffahren. Oben angekommen, lassen sich die Wälle geruhsam inspizieren und eine einmalige Aussicht auf den Zusammenfluss von Durance und Buëch genießen. Ganz oben erhebt sich die im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigte Chapelle Notre-Dame de Château in einer besonders exponierten Lage. Informationen über die Geschichte der Wehranlage erteilen die aufgestellten Pappkameraden per Tonband.
? Die Zitadelle und das Musée de la Citadelle sind von Ostern bis 11. Nov. tägl. 9-18 Uhr, in der Hochsaison 9-19 Uhr zu besichtigen. Eintritt 7,30 €, erm. 3 €. Infos unter citadelledesisteron.fr. Musée Archéologique Gallo-Romain: Sisteron lag an der Via Domitia und war schon in der Antike besiedelt. Das erst 2016 inmitten der Altstadt eröffnete archäologische Museum präsentiert Funde aus der Umgebung in einem ansprechenden Rahmen, wobei der Schwerpunkt der Ausstellung auf den römischen Begräbnisriten liegt.
? 8, rue Sauniere, Di-Sa 10-12 und 14-17 Uhr. Eintritt frei!
Notre-Dame-des-Pommiers: Die ehemalige Kathedrale an der Place Général de Gaulle ist ein romanischer Bau aus dem 12. Jh. Die Architektur weist deutlich lombardische Einflüsse auf, worauf auch der Wechsel zwischen hellen und dunklen Quadern zurückzuführen ist. Reich dekoriert ist die Westfassade, die ursprünglich noch wie viele Kirchen in den Alpes de Sud eine Vorhalle besaß. Ungewöhnlich ist das dunkle, kryptenhafte Innere der dreischiffigen Kirche.
? April bis Nov. tägl. 15-18 Uhr, Di-Fr auch 10-12 Uhr.
Basis-Infos
Einwohner 7700
Verbindungen Regelmäßige Zugverbindungen nach Lyon, Grenoble, Briançon, Valence, Manosque, Aix und Marseille (2 Std.). Gare de Sisteron, Avenue de la Libération, Tel. 3635. Busverbindungen bestehen nach Nizza, Marseille, Genf, Grenoble, Gap, Briançon, Barcelonnette, Digne, Embrun, Forcalquier und in die umliegenden Täler. Der Busbahnhof (Gare routière) liegt zentral beim Rathaus, place de la République, Tel. 0492612218. Veranstaltungen Festival des Nuits de la Citadelle, von Mitte Juli bis Mitte Aug. werden im Hof der alten Zitadelle Tanz, klassische Musik sowie Theateraufführungen dargeboten (nuitsdelacitadelle.fr). Fête de l’Agneau, riesiges Grillfest um das berühmte Sisteroner Lammfleisch, am 3. So im Mai. Markt Jeden Mittwoch- und Samstagvormittag. Zudem findet jeden 2. Sa des Monats ein großer ganztägiger Markt statt.
Schwimmen Am Ufer der Durance lockt am Anfang ein künstlicher kleiner See mit diverser Infrastruktur zum Baden (Plan d’Eau des Marres). 2027 soll ein neues Centre aquatique im Val de Durance eröffnen.
Wandern Lohnenswerte Kurzwanderung (3 Std.) entlang des Sentier Botanique du Molard. Der Wanderpfad beginnt hinter der Gendarmerie in der Avenue Jean-Moulin, erklärt werden an sieben Stationen Aufbau und Funktion des Waldes. Wer an einer geführten Wandertour teilnehmen will, wendet sich an an das Office de Tourisme.
Übernachten / Essen & Trinken
*** Grand Hôtel du Cours, alteingesessenes Hotel - seit drei Generationen in Familienbesitz - mit Patina und empfehlenswertem Restaurant (das beste in Sisteron) mit großer Straßenterrasse, schräg gegenüber dem Busbahnhof. Das einzige, was den dritten Stern rechtfertigt, sind wahrscheinlich die Minibar und ein Aufzug. Einen schönen Blick haben die Zimmer zur Cathédrale hin. Abends treffen sich nicht nur die Hotelgäste im Restaurant. Große Terrasse. Menüs zu 28,50 und 36 €, mittags 19,50 €. Gebührenpflichtige Garage. Von März bis Mitte Nov. geöffnet. Die Zimmer sind etwas altertümlich und klein. Allée de Verdun, Tel. 0492610451, hotel-lecours.com. €€ Sisteron: Tour de la Médisance
Mein Tipp *** Le Patio de Sophie, die Innenarchitektin Sophie Vincendeau eröffnete 2018 dieses intime Hotel im historischen Zentrum, das zwei alte Häuser verbindet. Es gibt nur sieben sehr liebevoll eingerichtete Zimmer. Kleines Restaurant vorhanden. 208, rue Droite, Tel. 0492684210, lepatiodesophie-sisteron.com. €€€ *** Le Cottage de Sophie, nach dem Erfolg ihres Stadthotels eröffnete Sophie Vincendeau ein herrliches kleines Landhotel mit sechs geschmackvollen Zimmern und Suiten. Herrlicher Panoramablick, zum Relaxen gibt es einen beheizten Pool (12 x 4 m). Von April bis Okt. geöffnet. Das Cottage liegt in Goubin bei Valernes, 4 km nördl. von Sisteron. Tel. 0492684210, lepatiodesophie-sisteron.com. €€€€ ** Tivoli, seit der fast abgeschlossenen Renovierung gefällt dieses im Zentrum gelegene Hotel mit seinen geschmackvollen Zimmern samt Laminatboden. Preislich keinesfalls überteuert. Netter Empfang. Wer möchte, kann sein Auto in der hoteleigenen „Tiefgarage“ parken (6 €). Im Restaurant gibt es Menüs ab 26 € (So und Mo Ruhetag). Terrasse 21, place René Cassin, Tel. 0492622668, le-tivoli.worhot.com. €€ La Citadelle, das direkt am Durance-Durchbruch gelegene Hotel-Restaurant gefällt mit seiner großen Terrasse und den leuchtend grünen Tischen. Die Küche ist regional ausgerichtet, so beispielsweise Pied et Pacquets (Lammfüße und Kutteln) als Hauptgang für 21 €. Auch Zimmervermietung. 126, rue Saunerie, Tel. 0492611352, hotel-lacitadelle-sisteron.com. €-€€ Au Romarin, mitten in der Fußgängerzone gelegen, versteht sich dieses Restaurant auf eine ländliche Küche, wobei selbstverständlich auch das berühmte Lamm von Sisteron nicht fehlen darf: Agneau de Sisteron 24 €. Und die Stimmung in dem gewölbeähnlichen Raum ist ebenfalls...