E-Book, Deutsch, 312 Seiten
Neumann Neumann - 100 Jahre
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7557-6880-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Taschenbuch
E-Book, Deutsch, 312 Seiten
ISBN: 978-3-7557-6880-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Zwei Lebensgeschichten: Der Vater, Jahrgang 1918, Schlossermeister, und der Sohn, Jahrgang 1950, Physiker. Leben quer durch Europa, von Ostpreußen bis in die schottischen Highlands. Initiiert vom Enkel und Sohn: "Papa, sag, wie war das mit Opa? Und dem Krieg? Wie ist man als Kind aufgewachsen in der Nachkriegszeit? Was war in Karlsruhe, in Paris? Was hast du in der Schweiz gemacht? Was war mit dem VW Bully in Marokko? Und wie hast du Mama gefunden? Und Dingwall, was ist das für ein Ort? Warum leben wir jetzt in Oberbayern? Wie hast du das Haus gebaut? Mit wem? Wie baut man eine Terasse mit 3 Kleinkindern zwischen den Beinen? Wie kommt man darauf Picassos zu malen mit Sand, Kleber und Streichhölzern? Und deine Enkelin frägt, wer den "Zug übers Meer" gemalt hat? Und warum? Wir sehen Fotos, wissen aber nicht um deren Bedeutung. Und deine Freunde? Wie kam es zu den Freundschaften? Schreib alles mal auf..."
Bernd Neumann, Jahrgang 1950, aufgewachsen als Flüchtlingskind in Ludwigshafen am Rhein. Lebte erst im Rhein-Neckar Gebiet, Mannhein, Heidelberg, dann Karlsruhe, Paris und Münchener Voralpengebiet. Über seine berufliche Tätigkeiten erlebte er europäisches Bewusstsein in Sprache, Menschen und Länder. Verheiratet mit einer Schottin erweiterte sich sein Blick auf Menschen in Großbritannien, Familien, Landschaften bis ins schottische Hochland.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Wie alles begann
So in der Zeit ab 1984 begann Erich Neumann, geboren am 24.2.1918, Schlossermeister und Waagenbauer, seine Lebenserinnerungen zu schreiben. Er wollte seinen Kindern etwas zurücklassen über ihre Herkunft und ihre Vorfahren. Zurückgezogen in einem Kellerabteil der Thüringerstraße 24 in Ludwigshafen am Rhein, bei Glühlampenlicht, Heizung und Radio, begann er seine Aufzeichnungen, gestützt lediglich aus seinen Erinnerungen, handschriftlich niederzuschreiben. In einer Schrift, die halb Sütterlin, halb lateinische Schrift war. Die einzige Quelle, die er hatte, waren tatsächlich nur seine Erinnerungen an diese Zeit, einige Bilder hatte er noch. Schriftliche Unterlagen, Dokumente, Briefe hatte er fast nicht. Folgen des Krieges, das blieb alles zurück in Frankfurt an der Oder. Als praktischer und sparsamer Mensch benutzte er als Manuskript eine der vielen Kopien der Doktorarbeit seines Sohnes "Inaugural Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Ruprecht Karl Universität Heidelberg, vorgelegt von Diplom-Physiker Bernd Neumann aus Frankenthal mit dem Titel „Experimente zum Aufbruch von Li-6 Ionen“. Doktorarbeiten zu dieser Zeit in 1979 mußten in einer Auflage von mindestens 30 Exemplaren publiziert werden und zur Zeit als mein Vater seine Aufzeichnungen begann, lagen noch einige Kopien im Keller... Einseitig bedruckt, konnten die leeren Rückseiten der Seiten beschrieben werden. Die letzte Seite der Doktorarbeit seines Sohnes wurde so zur ersten Seite seiner Erinnerungen… Und so beginnt es... Erich Neumann, Ludwigshafen, im Jahr 1986 Einfach so dahin gelebt... „Ostpreußen, du Land der stillen Seen und der rauschenden Wälder. Hoch im Norden unserer deutschen Heimat, umworben und umkämpft so lange man denken kann. Wikinger, Hanseaten, Mongolen, Hunnen, Russen und Slowenen führten erbitterte Kriege um das Land an der Memel und seinem schönen Ostseestrand mit 500 km Küstenlänge. Kiefern wuchsen nicht allzu groß, von den dauernden Winden ständig geschüttelt und schief zur Landseite gedrückt. Ostpreußen, du Land in dem der Bernstein an die Küsten gespült wird: Das Gold aus dem Meer. Vor Millionen von Jahren war die ganze Ostsee noch Land mit Kiefern bewachsen, wie man sie heute noch auf den Mehrungen sieht. Nur waren sie größer mit mächtigen Stämmen sich am Boden haltend. Wurden die Stämme verletzt, so schützte sich der Baum mit der Absonderung aus Harz, um die Wunde zu verschließen. In der Eiszeit wurde das ganze Land überschwemmt, die Bäume vermoderten, nur das Harz überdauerte. Versteinert, mit Einschlüssen von Baumsamen und kleineren Insekten, die damals am klebrigen Harz hängen blieben, wird das Bernstein heute noch gefunden und an manchen Stellen wird im Bergbau danach gesucht. Im Mittelalter wurde Bernstein mit Gold aufgewogen. Die Stadt Allenstein, nicht so groß wie Königsberg, der Hauptstadt von Ostpreußen, aber mit ihren damals 25 Tausend Einwohnern, ist der Mittelpunkt dieser Seenlandschaft mit Industrie und Handelshäusern. Große Kornspeicher standen am Stadtrand. In ihnen wurde das Korn gelagert bis es nach Berlin und in andere große Städte transportiert wurde. Ostpreußen war die Kornkammer des Deutschen Reiches, riesige Güter wurden von Grafen und Baronen unterhalten. Diese rauhe Landschaft mit ihrer Weite und auch stillen Winkeln in vom Wald eingeschlossenen Seen oder leise flutenden Bächen mit überhängenden Erlen an ihren Ufern prägte einen Menschenschlag, der durch harte Arbeit von kräftiger Statur, aber wortkarg war, immer sprungbereit ist, sich zu verteidigen: den Ostpreußen. Suche das Land auf einer Landkarte, fahre mit dem Finger darüber, schließe die Augen und denke: da komme ich her. Im Dezember 1825 liegt Elbing wie meistens unter einer Nebeldecke. Nur mit Mühe hatte sich der Frachter Scholle II mit viel Nebelhorn und ganz langsam an den Werften vorbei zu seinem Liegeplatz geschlichen. Mit einer Verspätung von 6 Stunden waren sie von Norwegen mit ihrer Erzladung angekommen. Am Morgen wollten sie wieder auslaufen nach Danzig, um Holz zu laden und nach Lübeck zu bringen. Zwei Seeleute hatten abgeheuert, einer von ihnen war Gottlieb Neumann, 24 Jahre alt, gelernter Schmied. Ein ganz vernünftiger Kerl, gut an Bord zu gebrauchen. Er träumte oft von Amerika. Zusammen verbrachten sie den Abend in Elbing in der „roten Laterne“ und am nächsten Morgen machte sich Gottlieb Neumann, mein Urgroßvater, auf den Weg nach Allenstein, wo seine Eltern wohnten. Danach wollte er dann nach Amerika. In dieser Zeit wanderten viele junge Leute nach Amerika aus, um dort ihr Glück und Lebensunterhalt zu machen. Mit einem Fuhrwerk ging es weiter Richtung Allenstein. Bei der Familie des Fuhrmanns konnte er übernachten. Er wurde dort gut verpflegt. Beim Essen klopfte es an der Tür und ein Mädchen kam herein. „Meine Nichte Elli“ sagte die Hausmutter. Nachdem Elli sich gesetzt hatte, sah Gottlieb im Schein der Lampe, daß sie verweinte Augen hatte. „Was ist los Mädchen“ wollte er wissen. Ihr Vater war von einem Pferd beim Beschlagen an der Schulter verletzt worden. Der Arzt aus Bartenstein war da und hatte gesagt, es würde schlecht aussehen und die Schulter wäre gebrochen. Elli saß Gottlieb gegenüber, ein hübsches Mädchen, so um die 22 Jahre. Ihre dunkelblonden Haare hatte sie zu einem Knoten gebunden. Beim Tanz im Dorfkrug kamen sie sich näher und Elli erzählte von zu Hause von der Schmiede und ihren Eltern und daß sie sich Sorgen um ihren Vater machte. Am nächsten Tag gingen sie zum Schmied Müller, Ellis Vater, und er war einverstanden, daß Gottlieb für die Zeit seiner Krankheit in der Schmiede arbeiten würde. Nach einem Aufenthalt bei seinen Eltern in Allenstein kehrte Gottlieb nach Worien zurück. Elli begrüßte ihn mit strahlenden Augen und so fragte er sie, ob sie ihn heiraten wollte. So wurde geheiratet und nach einem Jahr, anno 1837 bekam Elli ein Mädchen, welches die glücklichen Eltern Augustine nannten. Gottlieb war mächtig stolz, es sollte sein einziges Kind bleiben. So vergingen die Jahre. Gottlieb führte die Schmiede weiter. Aus Augustine war eine Frau geworden. Sie hatte eine gute Stelle auf dem Gut Worien bekommen. Ihre Mutter Elli war mit 45 Jahren gestorben. Gottlieb war nun auch schon 60 Jahre und machte sich Sorgen um die Zukunft. Wieder einmal war Erntedankfest auf dem Gut Worien im Jahr 1866. Es wurde getanzt und gelacht. Augustine und der Verwalter Katuweit kamen sich näher und Augustine wurde schwanger. Der Kindesvater zeigte jedoch keine Verantwortung und so verließ Augustine das Gut Worien und ging nach Bartenstein, wo sie in einem Geschäftshaushalt eine Stelle als Köchin bekam. Gottlieb blieb in Worien (Worienen = Woryny) und wurde mit 66 Jahren neben Elli beerdigt. [Anmerkung: Erich Neumann hat die schriftstellerischen Freiheiten genutzt... Polen im Juli 2004 - auf den Spuren meiner Vorfahren ...www.gegner-suenkler.de/Ostpreussen/Spurensuche.pdf Hallo Herr Neumann, ich freue mich immer, wenn es außer mir noch jemanden gibt, der sich für Worienen interessiert. ...Dieser kleine Ort hat mich über lange Zeit fasziniert. Ich habe nun alle möglichen Unterlagen noch einmal durchgesehen, aber leider finde ich den Namen Katuweit* nirgends. Um 1867 müßte Worienen eigentlich noch dem Gutsbesitzer Christian Gustav Gützlaff gehört haben, der dann das Gut irgendwann verkaufen musste... Viele Grüße aus Oldenburg Irmi Gegner-Sünkler] [* Im Sommer 2012, nachdem ich mich ein paar Jahre mit meiner Ahnenforschung beschäftigt hatte, sind wir nach Polen in die Masuren gefahren. Mit einer Reisegruppe aus Schwerin sind wir in Ribnitz-Damgarten in den Bus zugestiegen und in das alte Ostpreußen gefahren und haben die "Heimat unserer bzw. meiner Vorfahren" besucht. Rückblickend natürlich zu spät, denn die Eltern, die man hätte fragen können, nach Orten und Lebensstätten, waren schon gestorben]. Bartenstein, etwa 25 km von Allenstein entfernt, war eine Kleinstadt mit 30 000 Einwohnern. Dort wohnte Augustine. Sie hatte von dem Kaufmann König, der eine Gemischtwarenhandlung betrieb, in einem Seitenhaus Zimmer und Küche bekommen. Am 21. 11. 1867 wurde die Hebamme geholt und mit ihrer Hilfe gebar Augustine einen Jungen, den man Albert nannte. Mit 14 Jahren hatte Albert seine schulische Laufbahn beendet und auf Anraten von Herrn König sollte er nun eine Berufsausbildung bekommen. Albert wollte entweder Schmied oder Schlosser werden und so bekam er eine Lehrstelle in Allenstein in einer Schlosserei. In dem Betrieb wurden Einzelteile für die Eisenbahn angefertigt. Nach 3 Jahren Lehrzeit bestand er seine Gesellenprüfung. Nach seiner Freisprechung blieb er noch einige Zeit bei seinem Meister. Wie es damals so üblich war, mußte ein junger Geselle auf die Wanderschaft. Es war das Jahr 1886 und Albert wanderte über Bromberg, Landsberg, Küstrin nach Berlin und zurück über Stettin, Kolberg,...