E-Book, Deutsch, 480 Seiten
Niemann-Rabe / Teodorczyk / Santur Hundefreuden & Katzenabenteuer
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7519-2616-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Erzählungen und Gedichte über Tierwelten
E-Book, Deutsch, 480 Seiten
ISBN: 978-3-7519-2616-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Vom fernen Ruf des Gimpels ist zu hören. Eine Safari in das Moremi-Wildreservat in Botswana führt direkt durch Löwenrudel. Flamingos bekommen an anderer Stelle ihren Auftritt. Werner Hetzschold zeigt in seiner Elefantenerzählung, wie sehr das Bevölkerungswachstum und andere Faktoren ein rasantes Artensterben entfachen. Von der vergeblichen Suche nach einem gesichteten Wolf in der Nachkriegszeit wird berichtet. Eine Gerichtsverhandlung dreht sich um ein abgebranntes Lager auf Feuerland, in dem Biberfallen aufbewahrt wurden. Zur Sprache kommen aber nicht nur die eingebürgerten Dammbauer, sondern die ganze unaufgearbeitete Geschichte des Landes. Von Tigerpythons in Florida und ihrem Schicksal handelt ein Beitrag. Ein Gedicht zeigt, wie Singvögel gezählt werden. Aus dem Gartenteich hinter dem Haus bedient sich ein Graureiher an Fischen. Der Band enthält zahlreiche Hundegeschichten, Katzen dagegen kommen häufiger in den Gedichten vor. Einem Bauer wird sein Pferd in goldener Farbe angestrichen. Wie kann man Eidechsen vor Katzenkrallen schützen?
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Renate Kinzel
Die Geschichte eines ganz besonderen Vogels
Manchmal kommt alles zusammen. Da mein Sohn arbeitslos war und für ihn keine Aussicht bestand, in naher Zukunft Arbeit zu bekommen, jedenfalls nicht in Konstanz, übernahm er den Haushalt, und meine Schwiegertochter konnte studieren. Und genau zum gleichen Zeitpunkt, da ihr Auslandsemester begann, bekam er Arbeit, aber in Bremen! Was tun mit dem Kind? Nun, da bin ja noch ich, die Großmutter. So lebte meine Enkelin Maja ein halbes Jahr bei mir. Sie war gerade in die zweite Klasse gekommen und wünschte sich sehnlichst ein Haustier, was Mama aber nicht erlaubt hatte. Um ihr den Aufenthaltsort bei mir – ohne Mama und Papa – zu versüßen, wäre zu überlegen, ob ich mir ihretwegen ein Haustier zulegen sollte. Ein Hund kam nicht infrage. Gassi gehen jeden Morgen? Nein! Eine Stubenkatze mag ich nicht, denn Katzen müssen herumstreunen können. Ich aber wohne in einem Hochhaus, und sie hätte keine Möglichkeit, ohne menschliche Hilfe wieder nachhause gehen zu können. Aber ein Vogel wäre machbar. Nun wohnte Maja bei mir. Als ich ihr sagte, dass wir zusammen einen Wellensittich kaufen würden, holte sie gleich ihre Malstifte, erschuf einen grünen Vogel auf dem Papier und befestigte das Blatt, versehen mit der Überschrift „Mein Vogel ist da!“ an der Wohnungstür. Aus der Bücherei hatte sie ein Buch geholt, dessen Protagonist, ein Wellensittich, Aram genannt wurde. Und deshalb bekam unser Aram auch diesen Namen. Erst später stellten wir vergleichend fest, dass Aram größer als seine Artgenossen war. Stärke bewies er gleich am ersten Abend. Laut Ratschlag der Dame in der Tierhandlung sollten wir den Käfig abends mit einem Tuch abdecken, damit der Vogel schlafen konnte. Das gefiel Aram nicht. Durch das Gitter zupfte er mit seinem Schnabel so lange an dem Tuch, bis es herunterfiel. Kaum zu ertragen – nicht nur für ihn, sondern auch für uns – war die Woche, die er im Käfig bleiben sollte, um sich an denselben in seiner Eigenschaft als Futterplatz zu gewöhnen. Stundenlang, nur unterbrochen von kurzen Pausen, rüttelte er am Gitter in der Hoffnung, seinem Gefängnis entfliehen zu können. Endlich durfte er es verlassen, flog hoch auf die Schrankwand und schimpfte, was das Zeug hielt. Auch über Nacht blieb er dort, wollte auch am nächsten Tag nicht herunter. Aber er muss doch Nahrung zu sich nehmen und vor allem trinken! Also stellten wir Körnchen und Wasser außerhalb des Käfigs für ihn bereit. Unsere Hoffnung erfüllte sich: Jedes Mal, wenn er allein im Zimmer war, nahm das Futter ab. Aram lernte bald, dass für ihn keine Gefahr drohte, und wurde sehr zutraulich. Maja konnte ihn sich jederzeit auf die Schulter setzen und mit ihm in der ganzen Wohnung herumspazieren. War ich allein, setzte er sich manchmal auf meinen Schoß. Unglaublich, wieviel Wärme so ein kleines Wesen verströmen kann! Nicht nur Körner soll ein Vogel bekommen, sondern auch Grünzeug. Doch das uns Empfohlene rührte er nicht an. Stattdessen bediente er sich an den Topfpflanzen, die in langer Reihe auf dem Fensterbrett standen. Man konnte bald an vielen Blättchen seine Pickspuren entdecken. „Oma, schau!“ Ganz aufgeregt kam Maja zu mir in die Küche gerannt und hielt mir die Zeitung unter die Nase. Da stand tatsächlich: Ein Christusdorn ist giftig und für Vögel schädlich. Aram aber hielt sich gern auch auf dieser Pflanze auf. Ich wagte ein Experiment, nahm Aram auf die Hand und ging zum Fenster. Dort zeigte ich auf die Pflanze, sagte „nein, nein“, wobei ich den Zeigefinger hin und her bewegte und den Kopf schüttelte. Danach zeigte ich auf seine Lieblingspflanze, einem sehr hoch gewachsenen, bereits mit vielen Pickspuren verzierten Geldbaum, auf dem er abends zu sitzen, in die Dunkelheit zu schauen und zu singen pflegte. Ich sagte „ja, ja“, nickte und setze ihn auf die Pflanze. Die nächsten Tage hieß es scharf beobachten. Aram mied die Pflanze. Da der Christusdorn auch nach ein paar Tagen keine Löchlein aufwies, konnten wir sicher sein, dass er sich auch in unserer Abwesenheit nicht mehr darauf niederließ. So wie er das angebotene Grünfutter mied, interessierte er sich auch nicht für das extra gekaufte Spielzeug im Käfig. Aber aus einem Holzwägelchen die Plättchen des Flohspiels hinausbefördern, das machte Spaß! Na, und erst die Kandisstückchen aus der Zuckerdose zu schnappen und auf dem Tisch zu verstreuen, welch ein Vergnügen! Ebenso war es mit Schaukel und Glöckchen. Er nahm beide erst an, als ich sie aus dem Käfig geholt und an der Gardine befestigt hatte. Wir spielen zu dritt Catan. Aram sitzt auf seinem Geldbaum und schläft. Plötzlich wecken ihn die für ihn ungewohnten Geräusche. Da geschieht doch etwas Aufregendes, da muss ich dabei sein! Und schwups, landet er auf dem Spielfeld und versetzt alle Ortschaften, unsere Protestrufe ignorierend. Mensch ärgere dich nicht spielte er noch lieber, weil sich die Köpfe von den Püppchen so leicht in den Schnabel nehmen ließen. Deshalb haben wir es von vornherein zusammen mit ihm gespielt. Wer gewonnen hat? Ist das eine Frage? Allmählich erkundete er die ganze Wohnung und entschloss sich, die Vormittage in meinem Schlafzimmer zu verbringen, weil dort bis zum frühen Nachmittag die Sonne durchs Fenster scheint. Da er gern schaukelte, kaufte ich für diesen Raum eine zweite Schaukel und befestigte sie an einer langen Schnur, die ich quer durchs Zimmer spannte. Hoch oben auf einem Regal nahm er Stellung. Von da ging es im Sturzflug auf die Schaukel, die erst nach etlichen Minuten ihren Schwung verlor. Hielt er sich hier auf, war dies eine gute Gelegenheit, in den anderen Räumen zu lüften. Doch einmal, als ich die Tür zum Wohnzimmer öffnete, flog er mir hinterher. Was für ein Schreck! Aram aber beachtete das offene Fenster gar nicht, drehte nur eine Runde und flog zu seinem „Morgenzimmer“ zurück. Nun ist er verschwunden. Wir suchen die ganze Wohnung nach ihm ab. Sollte er doch durchs offene Fenster hinaus in die Freiheit geflogen sein? Noch einmal suchen wir in allen Räumen. Da, endlich, entdeckt ihn Maja: Im Kinderzimmer hat er sich auf der grüngemusterten Gardine niedergelassen, wo sich sein Gefieder als perfekte Tarnfarbe entpuppt hatte. Ich lese die Zeitung, wähne Aram in meinem Schlafzimmer und erschrecke, als plötzlich Lärm aus der Küche dringt. Was ist denn da los? Aram hat einen Teller entdeckt, auf dem ein Löffel liegt. Ein wunderbares Spielzeug! Den Löffel in den Schnabel nehmen und mit ihm auf den Teller hauen ist eins. Das macht Spaß! Natürlich musste ich wieder lachen, dachte aber nicht weiter darüber nach. Und diese Gedankenlosigkeit hätte beinahe schlimme Folgen gehabt, denn auch beim Kochen ließ ich die Küchentür auf. Ein paar Tage später kam Aram wieder in die Küche geflogen und wollte auf dem heißen Kochtopfdeckel landen. Ich schrie auf. In dem Moment wich heißer Dampf aus dem Topf und Aram drehte sofort ab. Was für eine Reaktionsfähigkeit! Nicht auszudenken… Seitdem blieb die Küchentür, wenn gekocht wurde, immer zu. Wir haben Gäste. Am ausgezogenen Wohnzimmertisch nehmen wir zu acht Platz. Ein Gast wundert sich, dass Aram während wir essen oben auf der Schrankwand sitzt und nicht in seinem Käfig ist. „Wir mussten unseren Wellensittich, wenn wir aßen, immer einsperren“, erzählt er, „weil er sonst in einem Teller gelandet ist. Einmal hat er Spaghetti zerhackt. Der ganze Tisch war mit Tomatensoße bespritzt.“ – „Nein“, meint Maja, „das tut unser Aram nicht!“ Und auch ich verneine es. Aber dieser Spitzbube von Vogel muss das wohl verstanden haben, denn in diesem Augenblick landet er im Sturzflug genau im Teller von diesem Gast. „Das ist unhygienisch!“, schreit er, und eigentlich hätte ich als die Gastgeberin Aram sofort nehmen und in seinem Käfig setzen müssen. Aber ich bin dazu nicht in der Lage, so sehr schüttle ich mich vor Lachen. Auch die anderen Gäste brechen in Gelächter aus. Alle können bald nicht mehr und bekommen Seitenstechen, nur Arams Opfer nicht. Er schaut pikiert drein und ist erst wieder bereit zu lächeln, als Maja Aram in den Käfig gesetzt und ich ihm einen anderen Teller gebracht und neu aufgetan hatte. Seitdem veränderte sich Arams Verhalten. Bei jeder unserer Mahlzeit wollte er dabei sein und seinen Anteil abbekommen. Da er sich zur Mittagszeit noch im anderen Zimmer aufhielt, deckten wir möglichst leise den Tisch, um in Ruhe ohne seine Anwesenheit essen zu können, denn wir bekamen es nicht übers Herz, ihn solange in den Käfig einzusperren. Aber kaum ertönte das geringste Geräusch, mal klapperte ein Löffel, mal klirrte ein Glas, kam er angeschwirrt. Natürlich war es unhygienisch, wenn er in unsere Teller hüpfte. Aber wir fanden eine Lösung: Er bekam sein eigenes Tellerchen, auf das wir kleine Teile von unserem Teller legten, ein Stückchen Kartoffel, eine...