Nordmann | Dr. Karsten Fabian 208 - Arztroman | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 208, 64 Seiten

Reihe: Dr. Karsten Fabian

Nordmann Dr. Karsten Fabian 208 - Arztroman

Die Rivalin kam ins Heidedorf
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7325-6205-3
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Die Rivalin kam ins Heidedorf

E-Book, Deutsch, Band 208, 64 Seiten

Reihe: Dr. Karsten Fabian

ISBN: 978-3-7325-6205-3
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Ulla Ullmanns Tage im Heidedorf Altenhagen verliefen bis vor Kurzem völlig ruhig und ereignislos. Bis sie Magnus Herwart kennenlernt: einen älteren Mann, der nach einem Blutsturz völlig hilflos im Straßengraben liegt. Ulla bringt ihn zu Dr. Fabian.

Florentine Fabian bietet ihm an, bis zu seiner Genesung in ihrer Mühle zu wohnen, wo Ulla ihn auch betreut und pflegt. Herr Herwart erzählt Ulla von seinem Leben, seinem offenbar missratenen Sohn, dessen hochmütiger Freundin, und er weiht sie in einen ungewöhnlichen Plan ein, der Ullas ganzes Leben verändern wird ...

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»Mistvieh«, schimpfte Wanda Reuter. »Warum kommst du ausgerechnet zu mir?«

Sie setzte die Einkaufstaschen ab und sah der Katze, die sich rasch zwischen Ziersträuchern verdrückte, wütend nach, denn eine schwarze Katze, die einem frühmorgens schon über den Weg lief, kündete nichts Gutes an.

Die Haushälterin des Pastors behauptete zwar, nicht abergläubisch zu sein, doch gewisse Begebenheiten nahm auch sie als Warnung.

Seufzend griff sie nach den Taschen, stieß mit einem Fuß die Pforte zum Pfarrgarten auf und ging auf das Haus zu. Dabei hatte Wanda es sehr eilig, denn vor dem Mittagessen wollte sie noch einer Freundin einen Besuch abstatten.

Rasch verstaute sie die gekauften Lebensmittel im Kühlschrank und in der Vorratskammer, griff zu der Pralinenschachtel, die sie für ihre Freundin Thekla besorgt hatte, und betrachtete sie argwöhnisch.

Schon mehr als einmal hatte Pastor Stolzenburg sie darauf hingewiesen, dass es angebracht sei, die Geschenke nicht mehr in glänzendes Papier zu verpacken und mit Schleifen zu versehen, damit die Müllberge nicht noch größer wurden.

Bei seinen Vorträgen hatte Wanda sich stets verständig gezeigt, doch nun, als sie die Pralinenschachtel betrachtete, konnte sie sich nur mit Mühe dazu durchringen, sie nicht in hübsches Papier einzuwickeln.

»Als ob wir damit noch etwas ändern könnten«, sagte sie ungehalten, als sie das Geschenk in die Handtasche schob und sich wieder zur Tür wandte.

Thekla Kruse wohnte ein wenig außerhalb von Altenhagen in einem kleinen reetgedeckten Haus, das das Herz eines jeden Romantikers höherschlagen ließ.

Wanda schritt kräftig aus. Sie hatte es eilig. Höchstens ein Stündchen konnte sie sich erlauben, denn das Mittagessen musste pünktlich auf dem Tisch stehen.

Als Wanda das Haus erreichte, blieb sie am Zaun stehen und sah verwundert zu Thekla hinüber, die auf der Bank neben dem alten Fliederbusch saß und die warmen Sonnenstrahlen genoss.

»Ich denke, du liegst im Bett!«, rief Wanda fast vorwurfsvoll, als sie das Gartentor aufstieß und aufs Haus zuging.

»Im Bett sterben die meisten Leute«, konterte Thekla und lachte eine Spur zu heftig, denn sofort wurde sie von bellendem Husten geschüttelt. Keuchend rang sie nach Luft und wischte sich die Tränen von den Wangen. »Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort, das wolltest du doch sagen?« Sie deutete flüchtig neben sich. »Komm, setz dich zu mir.«

Wanda Reuter ließ sich nieder und stellte die Handtasche auf den Schoß. Jetzt wäre es an der Zeit, Thekla die Pralinen zu überreichen. Leichte Röte überzog Wandas Gesicht. Zum ersten Mal in ihrem Leben überreichte sie ein Geschenk ohne hübsche Verpackung, und irgendwie kam Wanda sich schäbig vor.

»Hat der Doktor dir denn erlaubt, das Bett zu verlassen?«, fragte die Haushälterin, während sie umständlich am Verschluss der Tasche hantierte.

»Ich hab ihn nicht gefragt.« Thekla lächelte verschmitzt. »Wozu auch? Die frische Luft tut mir gut. Außerdem macht das Liegen mich fix und fertig. Lass nur, ich weiß schon, was gut für mich ist.«

»Weißt du, ich habe an die Umweltverschmutzung gedacht, als ich die Pralinen gekauft habe, und deswegen habe ich sie nicht eingepackt. Der Pastor sagt auch immer …«

»Donnerwetter, sind die für mich?«, unterbrach Thekla ihre Freundin, und ihre Zungenspitze glitt schnell über die Lippen, denn Süßigkeiten waren ihre große Leidenschaft, da konnte sie einfach nicht Nein sagen.

»Weißt du, und ich bin ganz der Ansicht unseres Pastors«, fuhr Wanda fort, die recht unglücklich die Pralinen betrachtete. »Deswegen habe ich auf hübsches Geschenkpapier verzichtet.«

Sie redete und redete und merkte nicht, dass ihr Gegenüber bereits krampfhaft schluckte.

»Willst du mir sie nun geben oder nicht?«, fragte Thekla in ihrer direkten Art, und als sie Wandas erstaunten Blick auffing, lachte sie. »Na ja, mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen, und unser Pastor hat ja völlig recht, wenn du das hören willst.«

Kategorisch streckte Thekla die Hand aus und nahm die Pralinen entgegen.

»Du scheinst wirklich schon wieder gesund zu sein«, bemerkte die Haushälterin leicht pikiert, als sie beobachtete, wie ihre Freundin das Zellophanpapier hastig abriss, den Deckel zurückklappte und genüsslich nach einer Praline griff, die sofort zwischen ihren Lippen verschwand.

»Wunderbar«, nuschelte Thekla und schloss die Augen. »Einfach wunderbar, Wanda.«

Die sah verstohlen auf die Armbanduhr. Wenn sie den Sauerbraten noch rechtzeitig auf den Tisch bekommen wollte, musste sie sich beeilen.

»Du, ich sehe morgen wieder nach dir«, sagte sie. »Brauchst du noch etwas Besonderes? Soll ich dir etwas einkaufen?«

»Morgen werde ich mich selbst auf den Weg machen«, erwiderte Thekla, die keinen Blick von den kleinen braunen Köstlichkeiten in der Schachtel ließ. »Es ist lieb gemeint, Wanda, aber morgen schaue ich mal bei dir vorbei, wenn’s dir recht ist.«

»Komm nach dem Mittagessen, da hab ich mehr Zeit für dich«, antwortete die Haushälterin und drückte Theklas Hand. »Und übernimm dich nicht, du musst dich noch schonen!«

»Wenn ich mich mit einem Stück Kuchen bei dir gestärkt habe, kann mir nichts mehr passieren!«, rief Thekla Wanda nach und lachte, als sei ihr ein guter Witz gelungen.

Sie denkt auch nur ans Essen, dachte Wanda, die sich an der Gartenpforte umdrehte und der Freundin zuwinkte, bevor sie sich wieder auf den Heimweg machte.

***

Schon nach einigen Minuten Fußmarsch sah Wanda rechts eine kleine Herde Heidschnucken über eine Wiese ziehen.

»Schäfchen zur Rechten, es kommt nur vom Schlechten«, sagte Wanda halblaut, und sie war versucht, wieder ein Stück zurückzugehen, dann wären die Schafe zu ihrer Linken gewesen, und das war immer ein gutes Zeichen.

Doch der Sauerbraten, der in die Röhre musste, hielt sie davon ab.

Die schwarze Katze, die heute Morgen ihren Weg gekreuzt hatte, die Schafe, die zu ihrer Rechten geweidet hatten, das waren Vorboten des Unglücks.

Pünktlich servierte Wanda das Essen, und Pastor Leberecht Stolzenburg musste sich schon während der Suppe einen Vortrag über den Aberglauben anhören.

»Was soll in unserem Altenhagen schon passieren?«, beschwichtigte er seine Haushälterin, die die tiefen Teller abräumte und den Sauerbraten auftrug. »Du lieber Himmel, mir läuft fast täglich eine schwarze Katze über den Weg, und trotzdem breche ich mir nicht jeden Tag einen Arm oder ein Bein.«

Wandas Gesicht rötete sich leicht. Sie schätzte es nicht, wenn der Pastor sich über sie lustig machte. Sie hielt den Blick gesenkt und schwieg verbissen.

»Der Aberglaube ist nicht auszurotten«, wetterte Pastor Stolzenburg. »Aber Sie sind ja noch Gold gegen die fromme Helene.«

Wandas Lippen zitterten ein wenig, denn sie betrachtete es keineswegs als Kompliment, mit der Wirtin vom »Blechernen Krug« verglichen zu werden.

»Lassen Sie den Kopf nicht hängen«, sagte der Pastor und klopfte ihr kameradschaftlich auf die Schulter. »Sie werden sehen, die Tage vergehen wie immer, und nichts Unrechtes wird geschehen.«

»Und ich sage Ihnen, es kommt etwas auf uns zu«, orakelte die Haushälterin düster. »Zwei schlechte Zeichen an einem Tag.« Sie schüttelte den Kopf. »Das lasse ich mir nicht von Ihnen ausreden, Pastor. Es liegt was in der Luft.«

»Ja, ein kräftiges Gewitter!«, rief er mit Donnerstimme. »Und das entlädt sich gleich über Ihrem Haupt, wenn Sie nicht damit aufhören. Der Herrgott weiß, wie ich gegen diesen Unsinn ankämpfe, aber er ist einfach nicht auszurotten.«

»Wer, der Herrgott?«, warf Wanda ungewöhnlich schlagfertig ein.

»Wanda, jetzt ist es genug!«, wetterte der Pastor, der sein cholerisches Temperament nicht mehr zügeln konnte. »Wollen Sie denn mit aller Gewalt erreichen, dass mir der Sauerbraten nicht mehr schmeckt?«

Sie hob die linke Augenbraue und musterte ihn in einer Art, die ihm das Blut schneller durch die Adern trieb.

»Jeder kann glauben, was er will, Herr Pastor«, versicherte sie. »Wir leben in einem freien Land.«

Pastor Stolzenburg legte das Besteck auf den Tellerrand und schob die Hände unter den Tisch, um die Fäuste zu verstecken. Nichts war ihm verhasster als Aberglaube, gegen den er – und der beste Beweis saß ihm gegenüber – vergeblich ankämpfte. Bisweilen hatte er den Eindruck, im finstersten Mittelalter zu leben.

»Jeder kann denken und glauben, was er will, Herr Pastor, und wenn ich mich vor bestimmten Dingen fürchte, so spreche ich aus Erfahrung, das können Sie mir ruhig glauben.«

»Gar nichts glaube ich Ihnen«, entgegnete er mürrisch und griff wieder zum Besteck. »Und jetzt tun Sie mir den Gefallen, und lassen Sie mich in Ruhe essen.«

Schweigen senkte sich zwischen die beiden, und insgeheim bereute Wanda bereits, dieses Thema angeschnitten zu haben, wusste sie doch, wie empfindlich der Pastor darauf reagierte.

Wanda verließ das Esszimmer, um den Nachtisch zu holen, und ihre Gedanken beschäftigten sich nach wie vor mit den Attributen des Aberglaubens, die in Wandas Augen ein Wink des Schicksals waren.

Erst neulich hatte sie nachts ein Käuzchen schreien gehört, das – und das hatte sie schon die Mutter gelehrt – stets den Tod eines Menschen ankündigte. Und tatsächlich, zwei Tage später war...



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