Norman | Dalai Lama. Ein außergewöhnliches Leben | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 560 Seiten

Norman Dalai Lama. Ein außergewöhnliches Leben

E-Book, Deutsch, 560 Seiten

ISBN: 978-3-7325-9521-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Die Botschaft des Dalai Lama von Frieden und Mitgefühl findet bei Menschen aller Glaubensrichtungen Anklang. Doch bei allem Weltruhm bleibt er als Persönlichkeit schwer fassbar. Jetzt liefert Alexander Norman, der langjährige Wegbegleiter und renommierte Oxford-Wissenschaftler für die Geschichte Tibets, die endgültige Biografie - einzigartig, vielschichtig und manchmal sogar schockierend. Die Lebensgeschichte eines der radikalsten, charismatischsten und beliebtesten Weltführers von heute.
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Einführung Waldorf Astoria Hotel, New York, August 1989 Voller Elan gehe ich geradewegs auf die Rezeption zu und bringe mein Anliegen vor. »Ich suche Mr. Tenzin Tethong, den Privatsekretär Seiner Heiligkeit des Dalai Lama.« Unter dem Arm trage ich den Manuskriptentwurf der Autobiografie des Dalai Lama, Das Buch der Freiheit, an der ich die letzten Monate gearbeitet habe. Die Empfangsdame blickt mich stirnrunzelnd an. Vielleicht liegt es an meinem starken britischen Akzent. »Mr. … wer?«, fragt sie gedehnt. Heute, gut drei Jahrzehnte später, wäre eine solche Reaktion undenkbar. Als einer der bekanntesten Menschen der Welt füllt der Dalai Lama die größten Stadien von Sydney bis São Paulo, von Oslo bis Johannesburg. Mit rund zwanzig Millionen hat er mehr Twitter-Follower als der Papst, und seine Internetpräsenz wächst stetig. Er erhielt den Friedensnobelpreis, die Goldene Ehrenmedaille des Kongresses der Vereinigten Staaten sowie den Templeton-Preis für den Beitrag zum Fortschritt der Religion, die am höchsten dotierte seiner zahlreichen Auszeichnungen. Er ist Ehrenbürger so vieler Städte und Träger so vieler Ehrentitel, dass es kaum möglich wäre, sie alle einzeln aufzuzählen. Sein Konterfei ziert das Ziffernblatt von Armbanduhren, ist als Bildschirmschoner erhältlich, und die Amazon-Website gibt detaillierte Einblicke in mehr als zweihundert Bücher, die aus seiner Feder stammen. Die Verkaufszahlen einzelner Titel gehen in die Millionen. Ohne jeden Zweifel ist der Dalai Lama eine der berühmtesten und beliebtesten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in der heutigen Zeit. Doch bei all dem Hype um seine Person, der ihn zu einer Art Superstar gemacht hat, weiß kaum jemand etwas über ihn selbst oder über die Kultur, die er verkörpert. Und ein Großteil dessen, was wir wissen, ist von Missverständnissen begleitet. So gehen beispielsweise viele davon aus, dass der Dalai Lama ein religiöser Führer sei – eine Art buddhistischer Papst. Doch im Unterschied zum Papst, der den alleinigen Führungsanspruch über jeden Priester und Prälaten in der christlichen Kirche erhebt, besitzt der Dalai Lama keinerlei Hoheitsgewalt über irgendeinen anderen Lama oder Mönch. Er ist auch nicht das Oberhaupt seiner eigenen Glaubenstradition und auch nicht der Führer irgendwelcher Teilgruppen innerhalb dieser Tradition. Und streng genommen ist er noch nicht einmal Vorsteher des Klosters, dem er angehört. Wenn der Dalai Lama also sagt, wie er es häufig tut, er sei »nur ein einfacher buddhistischer Mönch«, dann ist dies nicht Ausdruck gebotener Bescheidenheit, sondern schlichtweg die Wahrheit. Alle Dalai Lamas (von denen der heutige der vierzehnte ist) waren von jeher einfache buddhistische Mönche. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Große Fünfte Dalai Lama einer der mächtigsten Männer Asiens war oder dass die Dalai Lamas immer schon von vielen Menschen verehrt wurden, auch weit über das Schneeland hinaus (wie die Tibeter selbst ihre Heimat oft bezeichnen). Aus politischer Sicht jedoch waren die Dalai Lamas niemals nur »einfache« Menschen wie Sie und ich. Beginnend mit dem Großen Fünften Dalai Lama, waren sie allesamt – theoretisch zumindest – weltliche Führer eines Volkes, dessen Land von der Größe her Westeuropas entspricht. Begrenzt von Pakistan im Westen, erstreckt es sich über mehr als 2500 Kilometer bis nach China im Osten und von der Mongolei im Norden über gut 1600 Kilometer bis nach Indien, Nepal und Myanmar im Süden. Kaum bekannt jedoch ist, dass der derzeitige Dalai Lama 2011 sein Amt als politischer Führer der Tibeter zugunsten eines demokratisch gewählten Laien als Volksvertreter aufgab und seither nur mehr als ihr spiritueller Lehrer fungiert, was in sich durchaus schlüssig erscheint: Lama ist die tibetische Übersetzung des Wortes guru aus dem Sanskrit und bedeutet »spiritueller Lehrer«. Zu all den Missverständnissen kommt noch hinzu, dass das Bild des Dalai Lama als ewig lächelnder Heiliger weder ihm als Person gerecht wird noch der Tradition, die er repräsentiert. Denn dieses Bild erzählt nichts von seinen außerordentlichen Verdiensten um die Entwicklung einer tibetischen Diaspora-Gemeinde, die mittlerweile eine Viertelmillion Menschen umfasst. Es erzählt nichts davon, wie er ein Volk vereinigt hat, das entlang geografischer, indigener und konfessioneller Linien über lange Zeit tief gespalten war. Es erzählt auch nichts davon, wie er allen Tibetern die Institution des Dalai Lama in einer nie da gewesenen Weise erschlossen hat. Es erzählt nichts von den politischen Reformen, die er durchgesetzt hat. Es erzählt nichts von seinen beachtlichen Erfolgen als großer spiritueller Lehrer und auch nichts davon, dass er zweifelsohne einer der höchstgelehrten Meister des Vajrayana-Buddhismus ist, die im vergangenen Jahrhundert in Erscheinung traten. Es erzählt nichts von dem enormen Einfluss, den er auf die Gestaltung der modernen Welt hatte und bis heute hat. Vor allem aber erzählt es nichts von einer Kultur, die zu den außergewöhnlichsten gehört, die sich je auf unserem Globus entwickelt haben, und auch nichts von der komplexen und oft turbulenten Geschichte, der diese Kultur entstammt. So geht es mir in diesem Buch vor allem darum, Taten und Werke des Dalai Lama in den Kontext der tibetischen Geschichte und Kultur zu stellen. Gleichwohl möchte ich ein Streiflicht darauf werfen, unter welchen Bedingungen die weltliche Herrschaft über Tibet, die der Dalai Lama bis ins hohe Alter innehatte, ihren Anfang und ihr Ende nahm. Denn ohne eine gewisse Kenntnis seiner Person, seiner Prägung und seiner Herkunft werden wir wohl nicht nur die historische Dimension seiner Leistungen verkennen, sondern auch die gewaltigen Herausforderungen, die er immer wieder zu meistern hatte. Insbesondere aber möchte ich zeigen, welche inneren Motive den Dalai Lama bewegen, so zu handeln, wie er es tut – Motive, die sich wiederum aus seinem Verständnis der tibetischen Tradition speisen. Und damit bin ich an dem Punkt angelangt, an dem ich die Geschichte beginnen lasse, am Urquell seiner Inspiration, dem Bodhisattva-Gelübde, das er einst im Alter von fünfzehn Jahren ablegte. Geleitet von unermesslichem Mitgefühl, gelobte er, all seine Gedanken, Worte und Taten so zu lenken, dass sie dem Wohle aller fühlenden Wesen in ihrem Streben, alle Arten von Leid zu überwinden, dienlich seien. Die Lebensgeschichte des Dalai Lama kann somit als ein Lehrstück verstanden werden, das aus der Perspektive der buddhistischen Tradition heraus zeigt, was wahres Mitgefühl wirklich ist und wie sich dieses so verstandene Mitgefühl in der alltäglichen Welt umsetzen lässt. An dieser Stelle sei kurz erläutert, wie ich die Begriffe »Tradition« und insbesondere »tibetische Tradition« in dem vorliegenden Buch verwende. Wenn ich sage, dass der Dalai Lama die tibetische Tradition exemplifiziere, dann meine ich all das, was von Generation zu Generation weitergegeben wurde und wird – und zwar nicht nur lange tradierte Praktiken der Tibeter, sondern auch die vielen Überzeugungen und Glaubensvorstellungen, die mit diesen Praktiken verbunden sind. Wenn ich zum Beispiel darüber schreibe, dass es nach tibetischer Tradition viele Höllen gebe, einige heiß, andere eiskalt, dann meine ich damit, dass dies nach dem Verständnis und der Ansicht der meisten orthodoxen Gläubigen innerhalb dieser Tradition genau so der Fall ist. Ich will damit nicht behaupten, dass alle Tibeter immer und überall daran geglaubt hätten (oder glauben), aber der Großteil eben schon. Und wo ich gerade von Tradition rede, noch ein Wort zur tibetischen religiösen Tradition: Im Buddhismus, wie ihn die Tibeter praktizieren, gibt es zwar einzelne lokale Ausprägungen, wenn man so will, aber keinesfalls etwas wie einen spezifisch tibetischen Buddhismus. Aus tibetischer Sicht ist der Buddhismus, wie er innerhalb dieser Tradition bewahrt und gelebt wird, die höchste, vollkommenste Form des Buddhismus – auch wenn einige seiner Lehren und Praktiken von Andersgläubigen als heterodox erachtet werden. Da mir daran liegt, den Dalai Lama in den Kontext der tibetischen Kultur und Geschichte zu stellen und seine Biografie als ein lebendiges Beispiel dessen zu zeigen, was wahres Mitgefühl nach tibetischer Tradition bedeutet, ging es mir weniger darum, das nachzuerzählen, was der Dalai Lama sagt. Seine spirituellen Botschaften ebenso wie seine politischen Ansichten finden sich in Hunderten von Büchern und vielen Tausenden Video- und Audio-Aufzeichnungen, die in sechzig Jahren Exil entstanden sind – für alle Interessierten mehr als genug Quellen also, um in die spirituellen und politischen Philosophien des Dalai Lama einzutauchen. Wie er nun tatsächlich ist, der Dalai Lama, ist für mich die zweitrangige Frage. Was er tatsächlich meint – nicht nur mit dem, was er sagt, sondern auch mit dem, was er tut –, ist für mich die oberste Frage überhaupt. Gewiss, es gibt bestimmt viele erzählenswerte persönliche Details, aber meiner Meinung nach berichten sie uns viel weniger über den Mann, zu dessen religiösen Bekenntnissen einige gehören, die eine Reihe von Autoritäten der Gelug-Schule als äußerst gewagt ansehen. Wie der Dalai Lama die tibetische Tradition interpretiert und formt und insbesondere, wo er davon abweicht, sind für mich die spannenderen und aufschlussreicheren Fragen sowie, aus historischer Sicht, auch bedeutsamer als Fragen nach seiner Lieblingsfernsehsendung oder seinen Hobbys. Und nur nebenbei, Naturdokumentationen sieht er am liebsten (er ist ein Fan...


Alexander Norman hat mit dem Dalai Lama an mehreren seiner meistverkauften Bücher gearbeitet, darunter seiner Autobiografie Das Buch der Freiheit und seiner wichtigsten ethischen Schrift Das Buch der Menschlichkeit. Er ist der Autor einer von der Kritik gefeierten Geschichte der Dalai Lamas und Träger des Ordens des Weißen Lotus.

Regina Schneider ist Amerikanistin (M.A.) und erfahrene Literaturübersetzerin in den Bereichen fiction und non-fiction. Sie übersetzt aus dem Englischen, u. a. Werke von Slavoj Žižek, Shahriar Mandanipur, sowie Biografien, u. a. von The Beatles, Michael Moore, Rose McGowan. Für ihre Arbeit erhielt sie mehrfach Stipendien und Auszeichnungen. Daneben ist sie Dozentin für deutsche Sprache an internationalen Universitäten und Hochschulen.


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