Nowicki | Die Flucht der Glasmacherin | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 404 Seiten

Reihe: Die Glasmacherin-Saga

Nowicki Die Flucht der Glasmacherin

Historischer Roman | Die Glasmacherin-Saga 1
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-98952-454-5
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Historischer Roman | Die Glasmacherin-Saga 1

E-Book, Deutsch, Band 1, 404 Seiten

Reihe: Die Glasmacherin-Saga

ISBN: 978-3-98952-454-5
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Keine Heimkehr sondern Flucht in die Fremde 1291: Nach dem grausamen Tod ihrer Eltern bei dem Mameluckensturm auf Akkon, hat die junge Sofia Ziani keine Wahl, als mit den Waffenknechten Hug und Tomas aus dem Heiligen Land zu fliehen. Nichts ist ihr geblieben als ein Korb voller Glaswerke, die Aufzeichnungen ihres Vaters und der Wunsch, sein Erbe als Glasmacherin fortzuführen. In ihrer venezianischen Heimat muss sie jedoch feststellen, dass ihr einstiger Verlobter Marco den Besitz der Zianis an sich gerissen hat. Durch seine Intrigen werden Sofia und ihre Gefährten des Mordes beschuldigt und eine abenteuerliche Flucht über die Alpen gen Norden beginnt. Doch die Männer des Dogen sind Ihnen dicht auf den Fersen, denn Sofia trägt ein Dokument von unschätzbarem Wert bei sich: die erste Rezeptur für reines Glas ... Der mitreißende Auftakt der neuen historischen Saga von Stefan Nowicki - für alle Fans von Sabine Weiß und Peter Dempf.

Stefan Nowicki, geboren 1963, studierte Germanistik, Politik, Kunstgeschichte, Philosophie und Theologie. Er arbeitet unter anderem als freier Kulturjournalist für verschiedene Zeitungen und lebt im Chiemgau. Der Autor im Internet: stefannowicki.de Der Autor auf Facebook: facebook.com/stefannowicki.w.u.t Stefan Nowicki veröffentlichte bei dotbooks bereits den Bestseller »Die Kreuzfahrerin«, in dem er die abenteuerliche Lebensgeschichte der jungen Deutschen Ursula erzählt, und »Der Sohn der Kreuzfahrerin«, in dem er sich Ursulas Sohn Shakib widmet, sowie die Trilogie »Tochter des Gauklers« mit den Einzelromanen »Die Tore von Hameln«, »Die Stadt der Lügen« und »Die Stunde der Hoffnung« - auch als Sammelband erhältlich unter dem Titel »Die Tochter des Gauklers«. Als letztes erschien Stefan Nowickis Roman »Die Flucht der Glasmacherin« als Auftakt seiner »Glasmacherin-Saga«.
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Kapitel 1


Hafenstadt Akkon, 18. Mai 1291

»Sofia! Sofia, wo bleibst du?«

Bei der schrillen Stimme der Mutter schoben sich ihre Augenbrauen zusammen, und zwischen ihnen entstand eine tiefe Furche des Unwillens und des Zorns. Tagelang hatte sie auf die Eltern eingeredet, ihnen die Neuigkeiten von den Gassen zugetragen, sie auf die Feuer in den Vierteln hingewiesen und zum Aufbruch gedrängt. Und jetzt konnte es auf einmal nicht schnell genug gehen.

Hastig zog sie das mit Perlen verzierte Netz von ihrem Hinterkopf, und die dunklen Locken ergossen sich über ihre Schultern. Sie sah sich im Zimmer.

»Sofia!«

»Ja doch! Ich komme!«

Mit finsterem Blick nahm sie das auf dem Tisch liegende, schmucklose Tuch auf und musterte es angewidert. Ein Seufzen entfuhr ihr, als sie sich daran machte, die Fülle ihrer Locken damit erneut zu bändigen und sie darunter zu verbergen. Es war von eben solcher Schlichtheit wie das Gewand, das der Vater ihr besorgt hatte.

»Es ist sicherer. Wir müssen wie einfache Leute aussehen, sonst wollen alle nur an unser Geld, ganz zu schweigen vom Feind.« Das waren seine Worte gewesen. Sofia sah sehnsüchtig auf ihre Kleider, die über den Rändern der geöffneten Truhen lagen. Sie hatte nicht alle einpacken dürfen. Es waren teure Stoffe, verziert mit Stickereien und von leuchtenden Farben.

»Sofia!« Diesmal war es die mahnende Stimme des Vaters.

Noch einmal überflog sie die Unordnung. Hatte sie etwas vergessen? Sie schüttelte heftig den Kopf, wie um diesen Gedanken abzuschütteln, dann lief sie aus dem Zimmer und die Treppe hinab.

Die Haustür stand offen, Mutter und Vater standen wartend neben dem hoch bepackten Handkarren, Brandgeruch lag in der Luft. Der Wind trieb dunkle Rauchschwaden über den Ausschnitt des Himmels, den sie vom Hof aus sehen konnte. Am Karren angekommen. nahm sie die aus dünnen Zweigen geflochtene Kraxe auf. Sie war nicht schwer. Vater hatte nur die schönsten und wichtigsten Stücke eingepackt. Einen Moment lang schob sich ihre Erinnerung vor das Chaos um sie herum, und sie sah sich mit Mutter und den anderen Fasserinnen zwischen unzähligen Körben die zerbrechlichen Gläser in feuchtes Stroh packen. Der Handel mit dem edlen Produkt Venedigs, aber auch seine Herstellung waren einer der Gründe für den Wohlstand ihrer Familie hier im Outremer, aber auch in der Lagunenstadt. Das friedliche Bild entglitt ihr.

Vater hatte das Tor schon geöffnet. Sie sah Leute vorbeieilen, alle mit geöffneten Mündern, doch der Lärm von den Mauern der Stadt überdeckte alles, auch die Rufe der Flüchtenden; es war ohrenbetäubend. Von überall her kamen die Schreie und Rufe. Von den Mauern drang das schrille Kampfgeschrei aus unzähligen Mamelukenkehlen herüber, dazwischen das Klirren der Waffen und immer wieder das Zischen und Rauschen der Wolken tausender Pfeile, die über die Stadtbefestigung hinweg zwischen die Häuser prasselten. Aber das Allerschlimmste waren die dumpfen Einschläge der von Katapulten gegen die Mauern geschleuderten Felsbrocken. Hunderte der sogenannten schwarzen Ochsen schossen Steine und Feuertöpfe durch die Luft. Ihre Einschläge waren kaum einzeln wahrnehmbar. Es war, als trommelten alle Dämonen der Unterwelt mit Fäusten gegen die Tore der Hölle, begleitet vom Donnern hunderter Kriegstrommeln. Lautlos wie Monde zogen Felsbrocken, groß wie Ochsen, ihre Bahn durch die Luft, geschleudert von den mächtigsten aller Wurfmaschinen. Ihre Namen, »Der Siegreiche« und »Der Wütende«, waren allen bekannt. Ein jeder hatte gesehen, wie viel Zerstörung allein eines ihrer Geschosse bewirkte, wenn es gegen die Wehrgänge und Türme, aber auch bis ins Innerste der Stadt flog.

Es war einen Monat her, da hatten die Tapfersten der Tempelritter versucht, in einem Überraschungsangriff bei Nacht zu den Maschinen vorzudringen, um sie zu zerstören. Doch das Schicksal war gegen sie gewesen, und sie konnten ihr Ziel nicht erreichen.

Sofia und ihre Eltern zogen unwillkürlich die Köpfe ein, als das unheilvolle, wütende Fauchen eines gewaltigen Feuertopfs aufbrauste und die Luft über ihnen erfüllte. Der Flugbahn folgend schätzte Sofia, dass die mannsgroße, mit Pech und griechischem Feuer gefüllte Amphore nur wenige Gassen entfernt einschlagen würde. Die Brände, die von diesen Geschossen verursacht wurden, waren kaum zu löschen. Die schwarzen Löcher, die in fast jedes Viertel gerissen worden waren, zeugten davon. Ihre Mutter bekreuzigte sich. Sofia meinte die Erde beben zu spüren.

Vor drei Tagen war der äußere der beiden Mauerringe, die die Stadt schützen sollten, aufgegeben worden. Der ständige Beschuss, aber besonders die von tausenden feindlichen Arbeitern geschwächten Fundamente brachten Mauern und Türme zum Einsturz. Zahlreich wie Ameisen hatten sie sich, in Gräben vor den Blicken und Pfeilen der Verteidiger durch Schilde und Matten geschützt, an die Befestigungen vorgewagt und die Bollwerke untergraben. Nur den Rittern und ihren treuen Soldaten war es zu verdanken, dass der Feind nicht sogleich in die Stadt eindrang. Doch wie Wellen am Strand warfen sich die Mameluken unablässig gegen den letzten Schutzwall.

Der Vater ergriff die Deichsel des Karrens und forderte sie mit einem Blick auf anzupacken. Sie zogen gemeinsam an, und die Mutter schob. Der Karren ächzte, knirschend malmten die Räder durch den Staub des Hofes.

Wieso war es plötzlich so still, dass sie in der Lage war, dies überhaupt zu hören? Sofia sah auf, und sofort war der grausame Lärm wieder allgegenwärtig. Sie zogen auf die Gasse und wurden sogleich vom Strom der Flüchtenden erfasst. Niemand nahm mehr Rücksicht. Es wurde gestoßen, gerempelt und vorwärts gedrängt. Es war nicht einfach mit dem Handkarren. Immer wieder drängten sich Leute an ihnen vorbei und drohten dabei das hochbepackte Wägelchen umzustoßen. Vater schritt kräftig aus, und Sofia hatte Mühe, Schritt zu halten. Kurz schien es ihr, als wollte sich Wehmut wegen des Abschieds in ihrem Kopf ausbreiten, doch der derbe Stoß einer sich vordrängelnden beleibten Frau leerte ihren Geist, und sie war wieder voll und ganz mit dem Ziehen des Wagens und allem um sie herum beschäftigt. Das rücksichtslose Weib kam nicht recht vorwärts, schnaufend und nassgeschwitzt stampfte es neben Sofia her, der säuerliche Geruch ihrer Ausdünstungen stach der jungen Frau in die Nase. Sie trug einen Korb auf dem Rücken und hielt die Arme nach vorne gestreckt, bereit, jeden, der ihr zu nahe kam, zur Seite zu schieben. Ein bisschen sah es so aus, als suchten ihre Hände etwas, woran sie sich klammern konnte, um sich dann mitziehen zu lassen. Sofias Blick glitt von ihr ab, auf den Boden direkt vor ihr und zu den Säumen der Kleider jener, die ihr den Blick in die Gasse versperrten. 

In ihrem Rücken hörte sie schrille Angst, Schreie von Entsetzen und Schmerz gemischt mit dem Kampfgebrüll fremder Zungen.

»Der verdammte Turm ist gefallen!«, rief jemand.

»Welcher Turm?«

»Sie sind am Turm der Verdammnis durchgebrochen!«

Ein Ruck schien durch alle zu gehen, und sie beschleunigten ihre Schritte. Der Turm der Verdammnis war Teil der inneren Mauer, dort, wo sie einen Knick nach Westen machte, und hatte schon immer als eine der Schwachstellen der Befestigung gegolten. Wenn der Feind nun diesen Mauerabschnitt erobert hatte, war ihm der Weg in die Stadt offen.

Sofia wagte nicht, über die Schulter nach hinten zu schauen. Mit der Rechten hielt sie den Griff der Deichsel fest umklammert und zog aus Leibeskräften; mit dem linken Ellenbogen hielt sie sich Vorbeidrängende vom Leib. Vor sich die Füße und Säume von Gewändern, konzentrierte sie sich darauf, Schritt zu halten. Schon nach kurzer Zeit klebte ihr die Zunge am Gaumen. Die Luft war staubig und ließ sie den Geruch der Brände regelrecht schmecken. Das Gedränge wurde immer dichter, sie kamen kaum noch voran.

»Lasst den Karren stehen«, rief einer, der sich vorbeidrängte, »nehmt die Beine in die Hand und lauft!«

Unsicher warf Sofia einen Blick auf ihren Vater. Der zog mit verbissener Miene weiter, die Lippen zusammengepresst, Schweißperlen auf der Stirn. »Den Teufel werden wir tun«, raunte er, als er den Blick der Tochter bemerkte. »Das ist alles, was wir noch haben, und für das Gepäck musste ich den Kapitän der Galeere zusätzlich bezahlen.«

Vor ihnen stolperte eine alte Frau, suchte nach Halt und riss zwei weitere mit sich in den Staub. Helfende Hände versuchten sie aufzurichten, andere sie aus dem Weg zu räumen. Es entstand eine Lücke, und mit einem drohenden Aufschrei legte sich der Vater, all seine Kräfte mobilisierend, ins Zeug. Sofia bemühte sich, Schritt zu halten, und sie kamen ein gutes Stück vorwärts. Die Schreie hinter ihnen wurden immer lauter, dringlicher, voller Schmerz und Qualen. Sie scheute sich, nach hinten zu sehen. Die Gesichter all jener vor ihr reichten aus. Aufgerissene Augen in verbissenen Mienen, in Panik geöffnete Münder. Sie versuchte noch vehementer, nach vorne zu stürmen. Ihr Vater wagte einen Blick über die Schulter und stemmte sich daraufhin noch mächtiger gegen den Zugriemen, den er sich über den Oberkörper gelegt hatte und der noch tiefer in den Stoff seiner Kleider und in seine Muskeln schnitt. Sofia unterstützte ihn, so gut sie konnte. Nicht umsehen. Nicht umsehen!, mahnte sie sich innerlich. Auf einmal kam ihr die Gasse wie eine Schlucht vor, ein enger Durchlass mit schroffen, unbezwingbaren Wänden. Dabei hatte sie doch als Kind hier zwischen den Häusern gespielt, war ohne jegliche Angst den sonnenerhellten Weg bis hinunter zum Hafen spaziert. Jetzt gab es weder Sonne noch sorgloses, freies Herumhüpfen. Sie fühlte sich eingezwängt zwischen den...



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