O`Brien | Wie Inseln im Strom | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Reihe: MIRA Taschenbuch

O`Brien Wie Inseln im Strom


1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-95576-253-7
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Reihe: MIRA Taschenbuch

ISBN: 978-3-95576-253-7
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Lacy Morgan, elegant in blauer Seide, hat in den letzten Jahren viel Bildung erworben. Doch eins hatte sie darüber vergessen - wie man fühlt. Denn als Adam damals ging, nahm er ihre Liebe mit. Und so ist aus Lacy im Lauf der Zeit eine kühle Schönheit mit einem Herz aus Eis geworden. Adam Kendall erkennt sie kaum wieder, als er nach Pringle Island zurückkehrt. Vorsichtig versucht er, ihre seelischen Wunden zu heilen und den Panzer um ihr Herz zu durchbrechen.

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1. KAPITEL


“Oh, mein Gott, was ist denn mit dem Baby?” Der entsetzte Aufschrei war in der ganzen Halle zu hören. “Lacy! Wo steckst du? Das Baby ist verkehrt herum!”

Das angeregte Geplauder in der überfüllten Reithalle verstummte für einen Moment. Über hundert Gäste hatten sich in den umgebauten Stallungen des Barnhardt-Anwesens versammelt, um sich festlich bewirten zu lassen. Es war eine Spendenveranstaltung zugunsten der geplanten Neugeborenenstation im Krankenhaus von Pringle Island.

“Lacy! Komm her!”

Zwei Dutzend Gesichter wandten sich mit diskreter Neugier Lacy Morgan zu. Andere Gäste streckten die Köpfe aus den Boxen, die einst die acht Pferde der Barnhardts beherbergt hatten. Heute Abend waren dort die Gegenstände ausgestellt, die später versteigert werden sollten.

“Lacy, komm schnell!” Die aufgeregte Stimme klang immer schriller. “Um Himmels willen, sieh dir dieses Baby an!”

Lacy seufzte stumm. Niemand außer Tilly Barnhardt konnte diese Tonlage treffen – und so lange halten! Und außer der exzentrischen alten Lady hätte niemand hier gewagt, in so einer hochkarätigen Gesellschaft zu kreischen.

“Entschuldigen Sie mich. Ich glaube, man ruft nach mir.” Lacy lächelte dem Gentleman zu, der sie seit einer halben Stunde mit allem langweilte, was es über Warentermingeschäfte zu wissen gab. Sie nahm sich ein Glas Champagner vom Tablett eines Kellners, hob ihren langen blauen Seidenrock leicht an und glitt über das polierte Parkett.

Tilly Barnhardt, ihre mütterliche Freundin, stand in der ehemaligen Sattelkammer vor einem riesigen Ölgemälde und starrte es mit gerunzelter Stirn an.

“Tilly, meine Liebe, bitte nicht so laut.” Lacy reichte ihr das Glas. “Die Hälfte deiner Gäste denkt bereits, dass hier jemand umgebracht wird.”

“Aber sieh doch! Sieh dir an, was diese Trottel gemacht haben!” Mit dramatischer Geste zeigte Tilly auf das Gemälde. “Das ist der Verengeti! Unser Knüller! Das Highlight der gesamten Versteigerung – und irgend so ein Idiot hat ihn verkehrt herum aufgehängt! Ist das zu fassen?”

Lacy strich ihr liebevoll über die Schulter und fühlte dabei den abgewetzten Samt. In diesem alten Kleid hatte Tilly zwei US-Präsidenten getroffen, drei Ehemänner geheiratet und Spenden in Höhe von rund fünf Millionen Dollar für das Krankenhaus eingetrieben. Als reiche Witwe des beliebtesten Frauenarztes von Pringle Island könnte sie es sich eigentlich leisten, für jeden Tag der Woche ein neues Kleid zu kaufen. Aber wie Tilly immer zu sagen pflegte, sie konnte sich auch leisten, es eben nicht zu tun. Ihr fehlender Snobismus war das, was Lacy am meisten an ihr gefiel.

“Er ist nicht verkehrt herum”, erklärte Lacy und betrachtete das wilde Durcheinander aus blauen und pinkfarbenen Flecken, das Verengetis Markenzeichen war. In der Mitte bildeten sie ein Baby in den Armen einer Frau, die unverkennbar auf dem Kopf stand. Vermutlich wollte der Künstler damit etwas über die kosmische Bedeutung der Mutterschaft aussagen, aber Lacy ahnte, dass Tilly dafür wenig Verständnis aufbringen würde. “Das soll so sein, Tilly.”

Tilly schnaubte. “Blödsinn.” Sie studierte das Gemälde und legte dabei den Kopf so schräg, dass Lacy schon um den Sitz ihrer steifen weißen Perücke fürchtete. “Wirklich?” Sie sah Lacy an. “So?”

Lacy nickte. “Ich fürchte, ja.” Sie hob das Champagnerglas, und dieses Mal nahm Tilly es ihr ab.

“Nun ja.” Mit einem einzigen Schluck leerte die alte Lady das Glas. “Nun ja.” Sie warf Lacy einen belustigten Blick zu. “Du hast ja Kunst studiert, da kennst du dich wohl aus.”

Lacy lächelte versöhnlich. “Stimmt.”

Es war ein alter Scherz zwischen ihnen. Tilly war die einzige Frau in der Stadt, die sich von Lacys akademischen Lorbeeren nicht beeindrucken ließ. Und Lacys verstorbener Ehemann hatte sich darüber immer geärgert. Malcolm Morgan war es ungemein wichtig gewesen, dass jeder ihn dafür bewunderte, was für eine kultivierte und gebildete Frau er aus der armen kleinen Lacy gemacht hatte.

Lacy selbst war es vollkommen gleichgültig, wie die Leute über ihre Verwandlung dachten. Was hatte akademisches Wissen damit zu tun, ob man Kunst und Schönheit zu schätzen wusste? Noch heute erinnerte sie sich daran, wie sie vor zehn Jahren auf einem Schulausflug zum ersten Mal ein richtiges Gemälde gesehen hatte. Keine Universität konnte einem das ehrfürchtige andächtige Gefühl vermitteln, das das geniale Talent des Künstlers damals in ihr ausgelöst hatte.

Aber jetzt, da Kunstwerke für sie zu etwas Alltäglichem geworden waren, ging ihr der Anblick nicht mehr so unter die Haut wie damals. Ja, sie war wirklich Malcolms Geschöpf, nicht wahr? Lacy Morgan, elegant in blauer Seide, mochte viel Wissen angehäuft haben. Doch eins hatte sie darüber vergessen – wie man fühlte.

Und es waren nicht nur Gemälde, die sie inzwischen kaltließen. Nach all den Jahren unter Malcolms Obhut brauchte sie nur einen Takt zu hören, um zu wissen, aus welcher Oper er stammte. Aber keine Arie hatte jemals so auf sie gewirkt wie jene Rock-‘n’-Roll-Ballade, nach der sie einst im Regen mit Adam Kendall getanzt hatte …

Adam Kendall. Vielleicht musste sie heute Abend an ihn denken, weil sie sich auf den Tag genau vor zehn Jahren hier mit ihm getroffen hatte, um allein zu sein. Wenn sie wollte, könnte sie das frische Heu riechen und den Mondschein in den neugierig blinzelnden dunklen Augen der Pferde sehen – wie damals.

Lacy hakte sich bei Tilly ein und zog sie mit sich aus der Sattelkammer. “Lass uns zurückgehen”, sagte sie. “Es wird der Neugeborenenstation nicht helfen, wenn die Leute darüber tuscheln, dass wir Babys verkehrt herum aufhängen. Außerdem kann Howard Whitehead es nicht abwarten, dir alles über Warentermingeschäfte zu erzählen.”

Tilly rümpfte die Nase. “Der alte Knabe wird zehntausend Dollar spenden, da bin ich sicher – aber erst, nachdem er uns zu Tode gelangweilt hat.” Sie lächelte Lacy zu. “Ehrlich, mir ist schleierhaft, wie du es schaffst, so ruhig zu bleiben. Das ist übermenschlich. Verlierst du denn nie die Fassung?”

Lacy lachte. “Bei einem Mann, der zehntausend Dollar spenden will? Nein.”

Arm in Arm schlenderten sie zurück in die einstige Reithalle, begrüßten Freunde und Bekannte und beantworteten Fragen zu den ausgestellten Kunstwerken, als Karla Karlin, die im Verwaltungsrat des Krankenhauses saß, auf sie zugeeilt kam. “Oh, da seid ihr ja”, begann sie atemlos. “Lacy, du wirst nicht glauben, wer hier ist! Und er hat nach dir gefragt!”

Tilly stöhnte auf. “Wenn es Howard Whitehead ist, sag ihm, dass du uns nicht gefunden hast.”

Karas Augen glitzerten aufgeregt. “Nein, nein. Es ist jemand Neues. Na ja, ganz neu ist er nicht, aber …” Sie zerrte Lacy in die Mitte der Gästeschar. “Oh, du wirst gleich sehen. Du wirst es nicht glauben. Er ist absolut … Ich meine, er ist wirklich … Komm schon, Lacy. Beeil dich!”

“Ich komme ja”, versicherte Lacy ihr belustigt und ein wenig neugierig. Hoffentlich war es nicht schon wieder so ein zweitklassiger Schauspieler. Mit seinen malerischen Straßen zog Pringle Island viele Fernsehteams an. Im vergangenen Jahr hatte ein Seifenopernstar für Aufsehen gesorgt, als er an einer Tankstelle Kondome kaufte. “Also wirklich, Kara, wenn du nicht willst, dass ich über meinen Rock stolpere und deinen Sensationsgast auf allen vieren begrüße, musst du langsamer gehen.”

Kara holte tief Luft und drückte Lacys Hand. “Na gut. Aber sieh selbst!”, sagte sie und blieb stehen.

Lacy ließ ihren Blick über die Menge wandern und hielt nach dem rätselhaften Neuankömmling Ausschau. Falls es sich mal wieder um einen Prominenten handelte, würde sie Begeisterung heucheln müssen. Schauspieler beeindruckten sie nicht besonders. Nicht mehr. Eigentlich beeindruckte sie kaum etwas.

Die meisten Gesichter hier waren ihr vertraut. Howard Whitehead hatte sich ein neues Opfer gesucht. Der Krankenhausdirektor redete jetzt auf den Bürgermeister ein. Die jungen Frauen, die ehrenamtlich bei der Betreuung der Patienten halfen, standen zusammen und flirteten mit einem attraktiven Kellner. In einer Ecke hatten sich die Künstler, deren Werke für die Auktion gespendet worden waren, versammelt, um über ihre Arbeit zu diskutieren.

Und dann war da die Gruppe von Frauen an der Bühne. Mit glitzerndem Brillantschmuck und verführerischem Lächeln umringten sie einen großen dunkelhaarigen …

Oh nein. Das konnte doch nicht sein.

Aber er war es. Selbst aus der Entfernung konnte sie erkennen, dass seine Augen blau waren. So blau wie ihr Kleid. Und urplötzlich wurde ihr bewusst, warum sie dieses Kleid so liebte, warum sie es überhaupt gekauft hatte, warum sie es so oft wie möglich trug. Nervös tastete Lacy nach dem Ausschnitt. Die Seide war kühl unter ihren zitternden Fingern. Niemand im Raum konnte wissen, warum sie sich selbst nach zehn Jahren noch in Seide hüllte, die genau die Farbe seiner Augen hatte.

“Ich …” Kara wartete auf eine Antwort, doch Lacy brachte keinen vollständigen Satz heraus. Ihre Lippen schienen ihr nicht mehr zu gehorchen. “Er …”

“Genau.” Kara schmunzelte triumphierend. “Siehst du, was ich meine?”

Ja, Lacy sah es. Sie war unfähig, sich abzuwenden. Reglos stand sie da und starrte ihn an.

Ihre Hilflosigkeit schien ihn zu amüsieren. Sein Blick richtete sich auf ihr dunkelbraunes Haar, das sie zu einem lockeren Nackenknoten hochgesteckt hatte. Für ihn hatte sie es früher immer offen...



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