Oliver | Die Diebin und der Ritter des Königs | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 423, 256 Seiten

Reihe: Historical

Oliver Die Diebin und der Ritter des Königs


1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7515-3159-7
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 423, 256 Seiten

Reihe: Historical

ISBN: 978-3-7515-3159-7
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



London im 13. Jahrhundert: Ein Fremder macht der armen Waisen Eva Siward ein verlockendes Angebot. Viele Silberstücke erwarten sie, wenn sie Ritter Nicholas D'Amberly ein wichtiges Schriftstück entwendet. Eva lässt sich auf das gewagte Unterfangen ein - und besiegelt damit ihr Schicksal. Denn der Bestohlene verfolgt sie quer durch London, und ihre Flucht endet in seinen Armen. Erst will Nicholas ihre Beute zurück, dann raubt er ihr einen Kuss, der ebenso bedrohlich wie verheißungsvoll ist! Plötzlich muss die Diebin gegen ihr eigenes Verlangen ankämpfen, gegen ihren sehnsüchtigen Wunsch von einer Zukunft mit ihrem Herzensritter ...

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2. KAPITEL


Durch schmale gewundene Gassen gingen die Freundinnen zum Kai, wo die große Brücke demnächst in Sichtweite auftauchen würde.

Sobald sie das andere Themseufer unbeschadet erreichten, würden sich Evas ungestüme Herzschläge verlangsamen. Hinter dem Stadttor, im Getümmel der Innenstadt, würde sie wieder dort sein, wohin sie gehörte. Daheim.

Daheim im Herzen der Stadt. Daheim in Schmutz und Abfall. Nicht dass Eva so etwas in ihrem kleinen, aber ordentlichen Quartier zuließ, das sie mit Marguerite teilte – oberhalb eines Gastbetriebs nahe der Queenhithe-Werft.

Nur eine kurze Treppe musste sie bewältigen, um der alltäglichen Mühsal im populären Lokal zu entrinnen. Sie arbeitete nicht nur in der Schankstube, sondern half auch in der Brauerei. Auf das Bier war sie besonders stolz. Aber ohne den Einfluss und den Schutz Simons des Raben fühlte sie sich immer noch unsicher.

Nach seinem Tod hatte Eva erwartet, sie könnte im Gasthaus weiterhin für Kost und Logis arbeiten. Natürlich nicht für alle Zeiten. Wenn sie sich nur einen einzigen Fehler erlaubte, würde der Wirt sie vor die Tür setzen.

Und eine alleinstehende, mittel- und obdachlose Frau wäre auch auf den Straßen der Innenstadt gefährdet. Deshalb hatte sie das Angebot des fremden Mannes sofort angenommen. Für eine fabelhafte Summe hatte sie nichts weiter tun müssen, als einen Kronenritter zu bestehlen. Diese Gelegenheit wollte sie für einen Neuanfang nutzen – fern von London.

Hoffentlich zusammen mit ihrer jüngeren Freundin …

Sie hatte sich gelobt, für Marguerite zu sorgen. Denn das Mädchen erinnerte sie an ihr eigenes Schicksal – an die jüngere Eva, die vor einigen Jahren ebenfalls vor ihren Schwierigkeiten geflohen und auf den Londoner Straßen gelandet war.

Schaudernd stellte sie sich vor, welches Unheil Marguerite ohne den Beistand einer erfahrenen Beschützerin erlitten hätte. Wahrscheinlich würde irgendein Schurke sie zwingen, in der berüchtigten Popkirtle Lane ihren Körper zu verkaufen. Dieses Elend hätte Eva gedroht, wäre sie nicht dem großherzigen fürsorglichen Simon begegnet und zur Diebin ausgebildet worden.

Genau genommen kümmerten sich die Freundinnen seit Simons Tod umeinander, weil es sonst niemanden in ihrem Leben gab.

„Ah, da vorn ist die Brücke“, verkündete Eva.

„Dem Himmel sei Dank!“, murmelte Marguerite. „Allmählich tun mir die Füße weh.“

„Leider müssen wir vor unserer Heimkehr noch eine gewisse Strecke zurücklegen.“

„Das weiß ich.“ Das jüngere Mädchen kicherte leise. „Aber die Brücke führt mir vor Augen, dass wir bald zu Hause sind.“

„Freu dich nicht zu früh!“, mahnte Eva. „Um diese Zeit geht es hier immer noch lebhaft zu.“

Sie bezahlten den Zoll an der Wache, dann behielt Eva mit ihrer Warnung recht.

Auf der Brücke herrschte dichter Verkehr, nur langsam kamen sie voran. Trotz der späten Stunde verkauften zahlreiche Kaufmänner ihre Waren an die dicht gedrängte Kundschaft – von Wein- und Kurzwarenhändlern und Messerschmieden bis hin zu Bogenmachern und Befiederern von Pfeilen.

Im Schneckentempo passierten die beiden Freundinnen die Thomas Becket-Kapelle und die Brückentaverne „Zu den drei Dohlen“, nach den schwarzen Rabenvögeln im Wappen des gemarterten und ermordeten Erzbischofs von Canterbury benannt. Die Taverne war des Heiligen unwürdig, denn wie Eva aus verlässlicher Quelle wusste, wurde darin verwässertes Ale zu überhöhten Preisen ausgeschenkt – im Gegensatz zu dem exzellenten Bier, das sie braute.

Als sie sich umsah, stieß sie beinahe mit einem großen Mann zusammen, der wie eine unüberwindliche Wand vor ihnen stand – und dessen Augen wie Gold aufzuleuchten schienen. Erschrocken hörte sie Marguerite nach Atem ringen.

Großer Gott, wenn sie den Kopf hebt, wenn er erkennt, dass sie kein Junge ist …

In diesem gefährlichen Stadtteil dürften zwei junge Frauen natürlich keine unwillkommene Aufmerksamkeit erregen. Unauffällig drückte Eva ihren Ellbogen in Marguerites Seite, um ihr klarzumachen, was auf dem Spiel stand.

Da verzogen sich die Lippen des Mannes ganz langsam zu einem Lächeln. Höflich lüftete er seinen Hut, trat beiseite und gab ihnen den Weg frei.

Maßlos erleichtert seufzte Eva. Erst jetzt merkte sie, wie krampfhaft sie die Luft angehalten hatte. Ihre Aufregung musste mit dem Kronenritter zusammenhängen, Sir Nicholas D’Amberly. Diese ganze vermaledeite Mission hatte sie viel zu sehr mitgenommen. Je schneller sie mit ihrer Freundin daheim eintraf, desto besser – desto sicherer würde sie sich fühlen.

Sie umklammerte wieder Marguerites Hand, und sie bahnten sich erneut einen mühsamen Weg durch das Gewühl. Den Kopf hochgereckt, hielt Eva Ausschau nach weiteren unerwarteten Hindernissen. Oder nach dem neuerlichen Auftauchen eines Verfolgers mit boshaftem Glanz in den blauen Augen …

Aber nichts dergleichen geschah. Warum zum Geier war ihr eigentlich Sir Nicholas D’Amberlys Augenfarbe bewusst geworden? Auf die kam es nun wirklich nicht an.

„Geht es dir gut, Marguerite?“, murmelte sie aus einem Mundwinkel heraus.

„Ja.“

„Hattest du Angst – wegen dieses Mannes?“ Eva erinnerte sich an die heftige Reaktion ihrer Gefährtin auf die plötzliche Begegnung.

„Meinst du den mit den ungewöhnlichen Goldaugen? Nein, natürlich nicht. Aber dich scheint alles zu beunruhigen, was heute Nacht geschieht.“

„Unsinn!“ Lächelnd schüttelte Eva den Kopf. „Ich fühle mich nur so – beengt zwischen den vielen Leuten.“

„Zum Glück sind wir bereits am Ende der Brücke angekommen.“

Sie passierten das Nordtor in der Stadtmauer, stiegen zum Kopfsteinpflaster der Straße hinab und bogen nach links.

Fast hatten sie ihr Ziel erreicht. Nur fast … Noch immer konnte Eva ihre seltsame innere Unrast nicht abschütteln, ein unbegreifliches Kältegefühl jagte einen Schauer über ihren Rücken.

Auf der anderen Straßenseite beschleunigten sie ihre Schritte. Trotz der Erschöpfung, die Eva nach dem ereignisreichen Abend in allen Knochen spürte, zwang sie sich, wachsam zu bleiben.

„Dir ist genauso eigenartig zumute wie mir, nicht wahr?“, zischelte Marguerite neben ihr.

„Und was genau spürst du?“ Unentwegt spähte Eva in alle Richtungen, um etwaige Gefahren zu entdecken, die in den nächtlichen Schatten lauern mochten.

„Dass wir beobachtet und gejagt werden.“

„Um Himmels willen, mach dich nicht lächerlich!“ Um das Mädchen zu besänftigen, drückte Eva wieder einmal seine Hand. „Nach diesem anstrengenden Tag sind wir beide müde. Sobald wir in unseren Betten liegen, ist alles wieder in Ordnung, das verspreche ich dir.“

Von der nahen Werft stiegen Nebelschwaden hoch und umwallten die flinken Beine der Freundinnen. Und Eva erblickte zwei große Männer auf der anderen Straßenseite, die ihnen langsam entgegengingen.

Ihr Puls beschleunigte sich. „Komm, laufen wir – ich will endlich heim.“ Hastig zerrte sie Marguerite in eine schmale Gasse zur Rechten, dann in eine andere. Und in noch eine … Von rasenden Herzschlägen und zu flachen Atemzügen schmerzte ihre Brust.

O Gott, warum fühlte sie sich so schwach, so unfähig, so unerfahren? Das passte nicht zu ihr.

Oft genug war Eva geflohen. Seit sie denken konnte. Ständig war sie irgendwem davongelaufen, hatte sich versteckt, um zu überleben. Doch das kalte Entsetzen, das sie nun peinigte, hatte sie nie zuvor empfunden. Sie befand sich tatsächlich in einer völlig neuen Situation. An diesem Abend fürchtete sie zum ersten Mal in ihrem Dasein, den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Neben ihr keuchte ihre Freundin immer mühsamer, offenbar ebenso verunsichert, während sie einer weiteren gewundenen Gasse folgten. Sie bogen wieder um eine Ecke, und da sahen sie das ersehnte Gasthaus.

Beruhigt drosselten sie das rasante Tempo ihrer Flucht, betraten den Hof, und Evas qualvolle Angst verebbte.

„Ah, endlich sind wir da!“, japste Marguerite und lächelte mit bebenden Lippen. „So schnell könnte ich nicht weiterlaufen.“

„Glücklicherweise ist es nicht mehr nötig. Gehen wir nach oben.“

„Bald komme ich dir nach. Ich hole nur noch ein Tablett mit Ale und einer Mahlzeit. Nach diesem beschwerlichen Tag müssen wir uns stärken.“

Eva nickte und eilte zum Hintergrund des Hofs, öffnete eine Tür und stieg die Treppe zu ihrer Kammer hinauf.

Erleichtert schloss sie die Tür hinter sich, schob den Riegel vor, und ihr Blick schweifte durch das große Zimmer. Alles wirkte genauso, wie sie es verlassen hatte. Zwei ordentlich gemachte Betten nebeneinander, saubere Binsen am Boden …

Und dann entdeckte sie ein einladend flackerndes Feuer im Herd, das einzige Licht, das den ansonsten dunklen Raum ein wenig erhellte. Da wusste sie, dass sie nicht allein war.

Prompt beschleunigte sich ihr Atem erneut. Es gab keinen Zweifel. Irgendwo in den schattigen Ecken lauerte die personifizierte Gefahr, die ihr seit den Ereignissen in Southwark unaufhaltsam gefolgt war.

„Sie sind hier und verbergen sich, Sir“, wisperte sie, „das weiß ich. Wer sind...



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