E-Book, Deutsch, Band Band 215, 348 Seiten
Ortmann Machtvolle Verhandlungen
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-647-37035-4
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Zur Kulturgeschichte der deutschen Strafjustiz 1879–1924
E-Book, Deutsch, Band Band 215, 348 Seiten
Reihe: Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft
ISBN: 978-3-647-37035-4
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Format: PDF
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Die Strafjustiz des Kaiserreichs gilt bislang als Ort der Skandalprozesse und Klassenjustiz einerseits oder mit der Kodifikation der bis heute geltenden Strafprozessordnung von 1879 als Beginn der modernen Rechtsprechung andererseits. Doch Alexandra Ortmann zeigt, dass die Bevölkerung trotz einer strukturellen Machtasymmetrie in der gerichtlichen Auseinandersetzung faktisch gut informiert war und machtvoll agierte. Es gelang ihr, sich von ihrer Rolle als Untertanen zu mündigen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu entwickeln und demokratische Haltungen und Praktiken einzuüben. Die Strafjustiz spiegelt dabei die allgemeinen gesellschaftlichen Machtauseinandersetzungen wider. Im Gericht und in der Rechtspolitik zeigt sich ein Verhandeln um Macht zwischen den um ihre Elitenstellung ringenden, zumeist bürgerlichen Juristen und der breiten Bevölkerung, das exemplarisch für die zeitgenössische Gesellschaft war.Die Studie zur Strafjustiz des Kaiserreichs und der frühen Weimarer Republik berücksichtigt erstmals die Perspektiven aller Beteiligten: die der ›Laien‹, Juristen, Medien, Kirchen und Vereinen. Durch die Analyse von Strafprozessen im ländlichen Bayerisch-Schwaben und eine dekonstruktivistische Lesart der reichsweiten juristischen Fachliteratur zeichnet sie den Justizalltag nach.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Weltgeschichte & Geschichte einzelner Länder und Gebietsräume Deutsche Geschichte
- Rechtswissenschaften Recht, Rechtswissenschaft Allgemein Rechtsgeschichte, Recht der Antike
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Geschichtliche Themen Kultur- und Ideengeschichte
Weitere Infos & Material
1;Cover;1
2;Title Page;4
3;Copyright;5
4;Table of Contents;6
5;Body;10
6;Einleitung;10
7;Teil I: Das Selbstbild der Strafjustiz im Kaiserreich und in der frühen Weimarer Republik;24
7.1;1. Wahrheit und Form als widerstreitende Verfahrensziele;25
7.1.1;1.1 Die Suche nach der Wahrheit;26
7.1.1.1;1.1.1 Religion als Fundament der juristischen Wahrheitssuche;28
7.1.1.2;1.1.2 Die Wahrheit im Meineidsverfahren – Fallbeispiel I aus dem ländlichen Allgäu: Der gestohlene Deichel;33
7.1.2;1.2 Die Suche nach dem formal korrekten Verfahren;38
7.1.2.1;1.2.1 Die Uneindeutigkeit der Gesetze;39
7.1.2.2;1.2.2 Die ›juristische Varianz‹ – ein methodisches Plädoyer am Beispiel der Voruntersuchung;47
7.2;2. Die Multiperspektivität der Gerichtsakte;54
7.2.1;2.1 Die juristische Logik der Gerichtsakte;55
7.2.1.1;2.1.1 Die Akte als Beweis – Ziele der Aktenführung;55
7.2.1.2;2.1.2 Aufbau der Akte – Fallbeispiel II aus dem ländlichen Allgäu: Die ermordete Magd;57
7.2.1.3;2.1.3 Protokolle als Verschriftlichung von Dialogen;62
7.2.1.4;2.1.4 Das juristische Narrativ der Akte;66
7.2.2;2.2 Die Gerichtsakte als vielstimmige historische Quelle;67
7.3;3. Die juristische Identität;71
7.3.1;3.1 Die Abgrenzung der juristischen Profession;74
7.3.1.1;3.1.1 Die Abwehr von robentragenden Frauen;74
7.3.1.2;3.1.2 Rechtskonsulenten als »Winkeljuristen«;76
7.3.1.3;3.1.3 »Laienrichter« – Geschworene und Schöffen;78
7.3.2;3.2 Arbeitsteilung und Konflikte im Gerichtssaal;87
7.3.2.1;3.2.1 Unabhängig, leitend, gerecht? Der Strafrichter;87
7.3.2.2;3.2.2 Richtend, verteidigend, anklagend? Der Staatsanwalt;90
7.3.2.3;3.2.3 Objektiv, genau, einseitig? Der Untersuchungsrichter;93
7.3.2.4;3.2.4 Ehrenhaft, unparteiisch, verdächtig? Der Verteidiger;96
7.3.2.5;3.2.5 Sorgfältig und vielseitig: Der Gerichtsschreiber;102
7.4;4. Das juristische Selbstbild – ein Fazit;106
8;Teil II: Die Öffentlichkeit als Machtfaktor im Kaiserreich;110
8.1;1. Orte der Kommunikation in strafgerichtlichen Verfahren;115
8.1.1;1.1 Justizpaläste als Orte von Macht, Religion und Hierarchie;116
8.1.2;1.2 Die Öffentlichkeit des juristisch Geheimen;123
8.1.2.1;1.2.1 Geheimnis und Öffentlichkeit im Gerichtssaal;124
8.1.2.2;1.2.2 Die geheime Voruntersuchung im öffentlichen Raum – Schwäbische Gaststätten als Orte gerichtlicher Handlungen;127
8.1.2.3;1.2.3 Die sicht- und hörbaren Recherchen vor Ort;132
8.2;2. Das mediale Bild des Gerichts – lokale und überregionale Informationen;137
8.2.1;2.1 Das Gericht als Nachbar – der Nachbar vor Gericht;139
8.2.1.1;2.1.1 Alltagsjustiz in der schwäbischen Lokalpresse;140
8.2.1.2;2.1.2 Juristische Logiken und personenbezogene Informationen in der schwäbischen Lokalpresse;142
8.2.2;2.2 Das Sensationelle und Unterhaltende der Strafjustiz;147
8.2.2.1;2.2.1 Prozesse auf der Titelseite – die überregionale Gerichtsberichterstattung;148
8.2.2.2;2.2.2 Die Justiz als Objekt der Literatur;149
8.2.2.3;2.2.3 Verbrechen und Gericht im Film;152
8.3;3. Konflikte zwischen Juristen und Öffentlichkeit;157
8.3.1;3.1 Lauter werdende und vielfältige Kritik an der Justiz;157
8.3.2;3.2 Die Einschränkung der Öffentlichkeit als Reaktion auf Kritik;162
8.3.2.1;3.2.1 Die Öffentlichkeit als Enttäuschung;164
8.3.2.2;3.2.2 Schleichende Rückkehr nicht-öffentlicher Verhandlungen ab den 1880ern;169
8.3.3;3.3 Rechtsberatung als lokale und reichsweite gesellschaftliche Partizipation um 1900;174
8.3.3.1;3.3.1 Wenig Hilfe für mittellose Angeklagte;175
8.3.3.2;3.3.2 Kampf gegen die Männerjustiz;178
8.3.3.3;3.3.3 Gerichtssäle als Ort des Klassenkampfes;180
8.4;4. Öffentlichkeit, Partizipation und Konflikte – ein Fazit;186
9;Teil III: Die Partizipationschancen der ›Laien‹ vor Gericht – eine Fallstudie aus Bayern;190
9.1;1. Die Zeugenvernehmung – informativ und gefürchtet;191
9.1.1;1.1 Vernehmungen als Orte der Information;191
9.1.1.1;1.1.1 Fragekorsette statt freier Rede;192
9.1.1.2;1.1.2 Wissenserwerb der Zeugen durch die Fragetechniken;194
9.1.1.3;1.1.3 Schweigen und Reden als machtvolles Zeugenverhalten;196
9.1.2;1.2 ›Laien‹ als Gefahr für die Wahrheitssuche;201
9.1.2.1;1.2.1 Die juristische Furcht vor lügenden Zeugen;202
9.1.2.2;1.2.2 Die abgeschafften Beweisregeln als Hilfsmittel;204
9.2;2. Das unverzichtbare Verhör;210
9.2.1;2.1 Der äußere Rahmen;210
9.2.2;2.2 Das asymmetrische Gespräch;212
9.2.2.1;2.2.1 Paternalismus und Misstrauen der Juristen;213
9.2.2.2;2.2.2 Das Geständnis als Ziel?;216
9.2.2.3;2.2.3 Die juristische Varianz des Paragraphen 136 Reichsstrafprozessordnung;218
9.3;3. Die juristischen Kenntnisse der ›Laien‹;229
9.3.1;3.1 Von Delikten, Strafen und Rechten;231
9.3.2;3.2 Gleiche Kriterien der Glaubwürdigkeit;234
9.4;4. Aktives Prozessieren;244
9.4.1;4.1 Die Anzeige als Mittel im dispute process;244
9.4.1.1;4.1.1 Die Anzeige als Abwägungsprozess;245
9.4.1.2;4.1.2 Die Meineidsanzeige als Frage der Ehre;249
9.4.2;4.2 Wissen wird Macht;253
9.4.2.1;4.2.1 Eingaben, Recherchen, Briefe und Annoncen;256
9.4.2.2;4.2.2 Die Beeinflussung von Zeuginnen und Zeugen;259
9.4.3;4.3 Die Gefahr selbstbewussten Prozessierens;263
9.4.3.1;4.3.1 Die beleidigende Beschwerde;263
9.4.3.2;4.3.2 Die Pathologisierung der Beschwerde;266
9.4.3.3;4.3.3 Partizipation trotz Repressionsansätzen;267
9.5;5. ›Laien‹ zwischen Partizipation und Hemmnissen – ein Fazit;270
10;Zusammenfassung: Staatsbürger vor Gericht;274
11;Zeitleisten;286
12;Dank;290
13;Abkürzungen;294
14;Quellen- und Literaturverzeichnis;296
14.1;Ungedruckte Quellen;296
14.2;Gedruckte Quellen;297
14.3;Literatur;313
15;Register;342
15.1;Personenregister;342
15.2;Ortsregister;344
15.3;Sachregister;345