E-Book, Deutsch, Band 1, 304 Seiten
Reihe: Der kleine Strickladen
Oswald Der kleine Strickladen in den Highlands
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7499-0468-6
Verlag: HarperCollins eBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Familienroman. Mit kreativen Strickanleitungen
E-Book, Deutsch, Band 1, 304 Seiten
Reihe: Der kleine Strickladen
ISBN: 978-3-7499-0468-6
Verlag: HarperCollins eBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Schottland im Herbst, ein altes Fotoalbum, Familiengeheimnisse und die große Liebe
Eisige Winde fegen über den Loch Lomond, und die Hügel der Highlands glühen in den Farben des Herbstes. Erst seit Kurzem weiß Maighread, dass in dieser zauberhaften Landschaft ihre Wurzeln liegen, denn hier lebt ihre Großmutter. Vielleicht ist ein Ausflug in die Vergangenheit ihrer Familie genau die Ablenkung, die sie nach der Trennung von ihrem Freund braucht. Allerdings ist Maighreads Großmutter vorerst alles andere als begeistert vom Auftauchen ihrer Enkelin. Aber Maighread hat genug zu tun, schließlich hat der gemütliche Wollladen in dem kleinen Ort am Loch Lomond ihren heimlichen Traum von solch einem Strickparadies geweckt. Vielleicht ist es genau diese Leidenschaft für das Handarbeiten, die Maighread und ihre Großmutter näher zusammenbringt.
»Herzerwärmend und unterhaltsam.«
Susanne Oswald ist Bestsellerautorin - ihr Traum wurde wahr. Die gebürtige Freiburgerin liebt das Meer. Gemeinsam mit ihrem Mann am Strand spazieren zu gehen und den Abend vor dem Kamin mit Strickzeug auf dem Schoß ausklingen zu lassen, ist für sie das Schönste. Mit dem Kopf ist sie fast immer bei ihren Heldinnen und Helden, und es macht sie glücklich, ihre Fantasie Wirklichkeit und Buchstaben zu Geschichten werden zu lassen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 2
Joshua
Joshua McLoughlin kam frisch geduscht und zufrieden vor sich hin summend aus dem Bad. Die Vorfreude auf den Tag machte ihm gute Laune.
Die Probennahme auf dem Loch Lomond war immer wieder ein Vergnügen. Dieses Mal sicher noch mehr als im Hochsommer. Joshua liebte die Zeit auf dem Wasser außerhalb der Saison ganz besonders, denn dann hatte er den See meist für sich allein.
Barfuß durchquerte er sein Arbeitszimmer, trat an die in die Rundung des Turmzimmers eingelassene Fensterfront und warf einen prüfenden Blick nach draußen.
»Verflixtes Wetter«, murmelte er. Plötzlich war er um einiges weniger gut gelaunt.
Callwell Castle lag nur einen kurzen Spaziergang vom See entfernt. Die dazugehörigen Ländereien erstreckten sich bis zum Fuße des Ben Lomond. Hier gab es Natur satt.
Wenn man Einsamkeit suchte, war man hier genau richtig, und dennoch hatte man auch die Möglichkeit, sich unter Menschen zu mischen. Besonders am Südufer des Lochs war immer etwas los.
Heute allerdings konnte Joshua nichts von all der Schönheit sehen, von der er wusste, dass sie sich zu seinen Füßen ausbreitete. Die Wolken hingen so tief, dass sie die von blühender Heide überzogenen Hügel berührten. Noch nicht einmal die Auffahrt zum Castle, die links unterhalb seines Fensters lag, war durch den Nebel erkennbar.
Joshua seufzte ein wenig frustriert. Er liebte das raue Wetter, und auch der häufige Regen, wie er für Schottland typisch war, störte ihn nicht. Wenn aber so wie heute aus den Regenschauern Sturzbäche wurden und der Wind dafür sorgte, dass das Wasser von allen Seiten gleichzeitig kam, dann verlor selbst er die Lust am Draußensein. Das war kein Regenwetter mehr, es glich eher einer Sturmflut. Noch ein bisschen mehr, und er müsste beginnen, eine Arche zu bauen.
Der Herbst hatte es in diesem Jahr eilig. Es war erst Ende September, und er präsentierte sich schon jetzt von dieser rauen Seite.
Hier drinnen allerdings knisterte das Kaminfeuer und schenkte dem Raum Behaglichkeit, die Hunde lagen dösend davor und ließen sich das Fell wärmen.
Mit Blick auf den Holzstapel neben der Feuerstelle rieb Joshua sich über seinen frisch gestutzten Bart. Er würde noch einmal für Nachschub sorgen müssen, damit sie Callwell Castle warm durch den Winter brachten. Der Vorrat im Schuppen war schnell verbraucht, wenn es so früh mit der Kälte losging.
Die Jogginghose saß locker auf Joshuas Hüfte, und auf seiner nackten Brust schimmerte die Haut noch feucht von der Dusche. Gedankenversunken rubbelte er sich die rotbraunen Haare trocken. Eigentlich müsste er sie mal wieder schneiden lassen, aber mit dem Winter vor der Tür kam ihm die Wolle auf dem Kopf gerade recht. Die Schafe scherte man schließlich auch nicht mehr, wenn es bereits kalt wurde.
Damit argumentierte er auch immer, wenn Eilidh ihm wieder einmal durch die Haare fuhr und dabei ihren tadelnden Blick aufsetzte, als wäre er ein unerzogener Lausbub. Sie hatte nie akzeptiert, dass er kein kleiner Junge mehr war, und Joshua mochte sie viel zu gern, als dass er ihr deshalb böse sein könnte.
Eilidh gehörte quasi zur Familie. Sie war schon vor seiner Geburt Haushälterin auf Callwell Castle gewesen und würde wohl auch immer hierbleiben. Er konnte sich das Haus ohne sie nicht vorstellen. Sie war die gute Seele, die aufpasste, dass ihre beiden Männer nicht verhungerten und »immer frische Unterwäsche in der Schublade hatten«. Letzteres betonte Eilidh bei jeder Gelegenheit mit einem Augenzwinkern. Sie liebte es, Joshua zu necken. Die Schmutzwäsche war zu einem Running Gag zwischen ihnen geworden.
Nach seinem Wiedereinzug hatte Joshua versucht, das Waschen selbst zu übernehmen, wie es sich seiner Meinung nach für einen modernen, unabhängigen Mann gehörte. Aber diese Rechnung hatte er ohne Eilidh gemacht, denn damit hatte er ihr fest verankertes Weltbild ins Wanken gebracht. Das konnte sie nicht dulden. Also hatte sie zum Gegenangriff angesetzt. Gegen ihren schottischen Dickschädel kam selbst der stärkste Highlander nicht an – das hätte Joshua gleich klar sein müssen, er hatte es schließlich als Kind oft genug versucht und war immer mit Bravour gescheitert. So auch dieses Mal.
Nachdem Joshua das erste Mal selbst eine Fuhre Wäsche in die Maschine getan hatte, hatte Eilidh kein Wort mehr mit ihm geredet und ihn bei jeder Gelegenheit mit abfälligem Schnauben gestraft. Es hatte nicht lange gedauert und Joshua hatte seinen Widerstand aufgegeben, sich gefügt und fortan Eilidh seine Wäsche überlassen.
Seither war die Welt in Callwell Castle wieder in Ordnung.
Beim Gedanken daran lachte Joshua in sich hinein.
In der Spiegelung des Fensters fiel ihm auf, wie seine Bauchmuskeln auf jede seiner Bewegungen reagierten. Auch das Muskelspiel von Brust und Oberarmen konnte sich sehen lassen, wie Joshua zufrieden feststellte. Das Leben am Loch Lomond tat ihm ganz offensichtlich gut.
Andere stemmten Gewichte oder rannten mithilfe eines Laufbands stumpfsinnig auf der Stelle – selbst im sonnigen Kalifornien. Einige seiner Kommilitonen hatten sich sogar regelmäßig auf die Sonnenbank gelegt, statt am Strand echte Sonne zu tanken.
Für ihn war das nichts. Je weniger Wände er um sich hatte, desto besser. Bewegung draußen im Wald und auf dem See war seiner Erfahrung nach der beste Trainer. Die Arbeit mit den Schafen tat ihr Übriges. Und alles zusammen kam nicht nur dem Körper zugute, sondern auch der Seele.
Joshua lebte von Herzen gern in Schottland. Während seines Studiums hatte er ein Jahr in Kalifornien verbracht und sich bereits nach kurzer Zeit nach dem schottischen Klima gesehnt. Die ewig gleich laue Luft war ihm auf die Nerven gegangen, die Wärme hatte ihn eingelullt und seinen Verstand träge werden lassen. Da half es nur wenig, dass er das Surfen für sich entdeckt hatte. Selbst die Küste und das kalifornische Wasser konnten nicht mit Schottlands Schönheit und Naturgewalt mithalten. Und so war es keine Frage für ihn gewesen, nach dem Abschluss wieder in seine Heimat zurückzukehren.
Er hatte Glück gehabt. Seine jetzige Arbeit war wie auf ihn zugeschnitten. Die staatliche Forschungsstation war neu gegründet worden, gerade als Joshua nach dem Studium auf Arbeitssuche gewesen war. Als er gehört hatte, worum es bei den Untersuchungen gehen sollte, war er sofort begeistert gewesen. Die Einheit widmete sich der Erforschung der Klimaerwärmung und den Folgen für die Natur in England.
Joshua hatte die Highlands als Bereichsleiter unter sich und betreute selbst die Gegend um den Loch Lomond. Regelmäßige Wasserproben, Temperaturmessungen und organisierte Zählungen von Fisch-, Wildtier- und Pflanzenbeständen gehörten dazu. Genauso wie Naturbeobachtung.
Umweltschutz und die schottischen Seen lagen Joshua von jeher am Herzen, besonders natürlich der Loch Lomond. Er mochte die Forschungsarbeit und konnte sogar den dazu hin und wieder notwendigen Schreibtischzeiten etwas abgewinnen. Aber niemals könnte er sich einen Vollzeitbürojob vorstellen. Er brauchte die Freiheit der Natur. Das alles konnte er nun miteinander verbinden, und er genoss sein Leben genau so, wie es war. Die Entscheidung, nach Schottland zurückzukehren, hatte er noch nicht eine Sekunde bereut.
Außerdem hatte er seine geliebten Schafe, die ihn für vieles entschädigten. Diese Tiere hatte er schon als Junge gemocht. Sein Großvater hatte eine große Herde Scottish Blackface gehalten, und Joshua hatte ihm so oft wie möglich bei der Arbeit geholfen. Heute war er stolz und glücklich, diese Tradition fortführen zu können, auch wenn die Leidenschaft für die Schafzucht eine Generation übersprungen hatte.
John McLoughlin, Joshuas Vater, mochte Lamm allenfalls im Stew oder als Braten mit Kartoffelbrei. Auch zu gegrillten Lammkoteletts sagte er nicht Nein. Nur mit den lebenden Schafen wollte er nichts zu tun haben, und so hatte er nach dem Tod von Joshuas Großvater die Herde kurzerhand an einen Nachbarn verkauft.
Joshua hatte damals nicht zu Hause gelebt und es deshalb nicht verhindern können. Doch nach seiner Rückkehr nach Callwell Castle hatte er ziemlich schnell neue Tiere angeschafft und den Bestand wieder aufgebaut. Dabei hatte er sich nach ausgiebigen Erwägungen für die Rassen Bluefaced Leicester und Wensleydale entschieden und damit den Schwerpunkt auf die Wolle gelegt.
Der Erfolg der letzten Jahre gab ihm recht. Inzwischen waren beide Herden zusammen auf etwa einhundertfünfzig Tiere angewachsen, wobei die Wensleydales sich etwas stärker vermehrten. Es gab häufig Zwillingsgeburten, und die Mütter nahmen ihre Lämmer meist problemlos an; es gab nur wenige Ausfälle.
In diesem Frühjahr hatte es sogar zweimal Drillinge gegeben, was natürlich mehr Aufwand für Joshua bedeutete, da er zufüttern musste, aber selbst das war reibungslos verlaufen. Joshua war sehr zufrieden mit der Entwicklung und hoffte, dass es genauso weiterging.
Er mochte nicht nur die Schafe, sondern alles, was mit ihrer Haltung zusammenhing. Die Gänge über die Weiden, das Treiben der Herde, das Schnauben, Blöken und neugierige Schnuppern.
Schafe waren sehr speziell und eigen. Jedes hatte einen eigenen Charakter, und einige seiner Tiere hatten Komikertalent. Sie brachten Joshua mit ihren Sprüngen und Kapriolen immer zum Lachen. Die Tiere kannten ihn gut, denn er hielt sich so oft wie möglich bei ihnen auf. Sie mochten ihn und vertrauten ihm – darauf war Joshua stolz.
Selbst die schweißtreibende Zeit der Schur, die so mancher Schafzüchter verfluchte, genoss er. Er mochte es, den Tieren so nahe zu sein,...