E-Book, Deutsch, Band 491, 115 Seiten
Palmer Seewölfe - Piraten der Weltmeere 491
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-95439-899-7
Verlag: Pabel eBooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Hafenfestung
E-Book, Deutsch, Band 491, 115 Seiten
Reihe: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
ISBN: 978-3-95439-899-7
Verlag: Pabel eBooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der düstere Zweidecker eröffnete das Feuer auf die West-Bastion von Santiago de Cuba. Brüllend spien seine Riesengeschütze Feuer, Rauch und Eisen aus. Dann geschah das schier Unfaßbare: Einer der schweren Brocken der 'Caribian Queen' durchbrach die Bastion und landete genau im Pulverdepot. Ein gellender Schrei, von mehreren Spaniern gleichzeitig ausgestoßen, ertönte - und dann platzte die Festung auseinander. Ein Feuerball glomm dort, wo der Kern der Explosion war. Rauch stob nach allen Seiten. Die Trümmer wirbelten hoch in die Luft, die Gestalten der Soldaten wurden wie Puppen ins Wasser oder auf die Landzunge katapultiert...
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2.
Don Diego de Campos wandte den Kopf, als das Schott des Krankenraumes wieder zuklappte. „Was ist los?“ fragte er. „Nichts, Señor“, entgegnete der Erste Offizier der „Sant Jago“. „Ein paar Seeleute haben hereingeschaut, sind aber gleich wieder weggegangen.“ Er hatte Luiz, Marco, Felipe und Pablo sehr wohl erkannt. Er hütete sich aber, dies seinem Kommandanten anzuvertrauen. Es hatte keinen Sinn, de Campos jetzt unnötig aufzuregen. Es war schon genug Unheil angerichtet worden – zuviel Unheil. Don Diego de Campos’ Gesicht war verkniffen. „Die Hauptsache ist, daß wir hier jetzt nicht belästigt werden“, sagte er. „Und daß der Feldscher nicht zu früh zurückkehrt.“ „Richtig, Señor.“ De Campos berührte vorsichtig seine Kinnlade. Sie tat noch arg weh, schien aber nicht ausgerenkt zu sein, wie es anfangs den Anschein gehabt hatte. Mit anderen Worten: der Señor Generalkapitän war praktisch unversehrt. Er konnte eingesperrt werden, wie Juan de Alvarez es angeordnet hatte. Doch das Bergen und Verarzten der Schiffbrüchigen war vordringlich. Über dem hektischen Geschehen an Bord der „Monarca“ rückte die Episode mit de Campos wieder etwas in den Hintergrund. De Campos’ Verstand arbeitete messerscharf. Er wußte, daß er diese Chance ausnutzen mußte. „Sehen. Sie nach, wo die anderen Offiziere unseres Schiffes sind“, befahl er dem Ersten. „Holen Sie sie her, wenn es geht.“ „Ja, Señor.“ „Und geben Sie auf den Feldscher acht. Und auf de Alvarez. Und auf die verdammte Achterdecksbande dieses Meutereischiffes!“ Der Erste Offizier der „Sant Jago“ versprach, all dies zu beachten. Er verließ den Krankenraum. Er warf nur noch einen knappen Blick über die Schulter und sah, wie sich der Generalkapitän leise fluchend von seinem Lager erhob. Der Erste hielt nach Luiz, Marco, Pablo und Felipe Ausschau, konnte sie aber nirgends entdecken. Dem Himmel sei Dank, dachte er, sie haben sich verzogen. Was sich bei einem neuerlichen Zusammenstoß von de Campos mit diesem Luiz und Felipe abspielen würde, mochte der Mann sich gar nicht ausmalen. Auf der Kuhl entdeckte der Erste den Zweiten und auch den Dritten Offizier der „Sant Jago“, dann noch den Feldscher und einen Teniente. Der Feldscher war viel zu beschäftigt, es war nur richtig, ihn bei den Verletzten zu belassen. So winkte der Erste Offizier – er hieß Zardoya – den Zweiten und den Dritten zu sich heran. Den Teniente ebenfalls. Als sie dicht beieinander standen, fragte Zardoya: „Und der Bootsmann?“ „Tot“, erwiderte der Zweite. Sein Name lautete Imprensa. „Wo der Profos abgeblieben ist, weiß auch kein Mensch“, erklärte der Dritte Offizier, der Consanez hieß. Um den ist es nicht schade, dachte Zardoya, doch er sprach es nicht laut aus. Vielmehr sagte er: „Die Capitán will uns sprechen.“ „De Alvarez?“ fragte Imprensa. Zardoya senkte die Stimme. „Natürlich nicht. De Campos.“ „Was hat er jetzt vor?“ fragte der Teniente. „Ich habe nicht die geringste Ahnung“, murmelte der Erste Offizier. „Hoffentlich streicht er die Flagge“, sagte Consanez und wies dabei zum Himmel. „Hier gibt es bald wieder Donner, aber nicht von Kanonen, sondern von einem tüchtigen Gewitter.“ „Los“, sagte Zardoya. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Sie marschierten zum Vordeck und verschwanden. De Alvarez beobachtete sie zwar, dachte sich aber nichts weiter dabei. Außerdem war er viel zu beschäftigt. Die Unterbringung der Schiffbrüchigen mußte organisiert werden. Zardoya, Imprensa, Consanez und der Teniente stießen zu Don Diego de Campos. Dieser begrüßte die Off ziere nicht etwa freudig erregt, sondern musterte sie kalt aus zusammengekniffenen Augen. Er erkundigte sich nur kurz nach dem Bootsmann, dem Profos, dem Rudergänger und einigen anderen Männern der „Sant Jago“. Die Offiziere gaben ihm Auskunft. Mit keinem Wort rechtfertigte sich de Campos dafür, daß er die Kriegsgaleone als erster verlassen hatte. Er schien dies für eine Selbstverständlichkeit zu halten. Jedenfalls hatten die Offiziere diesen Eindruck. Du Schweinehund, dachte Consanez, bist feige wie ein Hase. Du hättest uns alle absaufen lassen, es hätte dich einen Dreck gekümmert. Er hütete sich aber, auch nur andeutungsweise eine Bemerkung fallenzulassen. „Wir werden es diesen Verrätern und Meuterern zeigen“, sagte de Campos. „Ich übernehme das Kommando über die ‚Monarca‘.“ „Wie denn?“ entfuhr es Zardoya. „Das ist doch ganz einfach!“ zischte der Generalkapitän. „Wir stürmen das Achterdeck!“ „Ganz ohne Feuerwaffen?“ fragte Consanez. „Sie haben doch Ihre Pistolen“, erwiderte de Campos barsch. Imprensa hätte um ein Haar hämisch aufgelacht. Er konnte es sich gerade noch verkneifen. Er sagte jedoch: „Das Pulver ist naß geworden, Señor. Das ergibt sich zwangsläufig, wenn man ins Meer springt, um sich zu retten.“ De Campos wollte darauf eine geharnischte Antwort geben, ließ es aber bleiben. Er brauchte diese Männer und mußte sich ihre Loyalität sichern. Daß es nicht einfach war, de Alvarez und dessen Leute zu überwältigen, war de Campos klar. Aber er setzte auf das Überraschungsmoment. Ein blitzschneller Handstreich, und de Alvarez war erledigt. „Wir besorgen uns trockenes Pulver“, sagte der Generalkapitän. „Und vielleicht noch ein paar zusätzliche Waffen. Los, Beeilung. Es wird Zeit, daß wir hier rauskommen.“ Sie verließen den Krankenraum. De Campos rieb sich zwar immer wieder die noch schmerzende Kinnlade. Aber sonst fühlte er sich wieder recht wohl. An Zorn und Haß gegen de Alvarez mangelte es nicht – und genau diese Wut war es, die ihn vorantrieb. Ungehindert erreichten die fünf Männer der „Sant Jago“ die Waffen- und Munitionskammern der „Monarca“. Es gelang ihnen auch, den Riegel aufzubrechen und das Schott zu öffnen. „Gut!“ zischte de Campos, als der Erste Offizier von dem Riegel zurücktrat. „Schnell!“ Sie schlüpften ins Innere der Kammern. Licht konnten sie nicht entfachen. Aber ihre Augen gewöhnten sich rasch an die hier herrschende Dunkelheit. De Campos riß eine Muskete an sich und öffnete ein Pulverfaß. „Bedienen Sie sich!“ zischte er seinen Männern zu. Zardoya, Imprensa, Consanez und der Teniente bewaffneten sich mit Musketen, Pistolen und frisch gefüllten Pulverhörnern. Sie rüsteten sich auf den geplanten Handstreich so gut wie möglich aus. Aber sie hatten ihre gelinden Zweifel, was den Erfolg des Unternehmens betraf. War es nicht besser, zu streiken? Nein – die Campos war immer noch ihr Vorgesetzter. Mußten sie nicht seine Befehle befolgen? Oder wollten sie auch als Verräter und Meuterer eingestuft werden? Widerstreitende Gefühle bewegten diese Offiziere. Noch gelang es ihnen nicht, sich darüber klar zu werden, wie sie sich verhalten sollten. Es war Mittag, aber den Lichtverhältnissen nach zu urteilen, ging es bereits auf den Abend zu. Mit wachsender Besorgnis verfolgte der Seewolf die Wetterentwicklung. Die „Isabella IX.“, die „Caribian Queen“, die „Le Griffon“ und die „Empress of Sea II.“ lagen immer noch hier, an der westlichen Caicos-Bank in der Nähe des Inselchens French Cay. Doch es wurde Zeit, das Weite zu suchen. „Mißtrauisch?“ fragte Ben Brighton. „Bist du es nicht?“ „Wir haben allen Grund dazu“, erwiderte Ben. Auch ihm war nicht entgangen, wie sich die Situation geändert hatte: in den Vormittagsstunden hatte es damit begonnen, daß die westliche Kimm immer schärfer und gestochener hervortrat, während die Kimm im Osten bis nach Südosten dunstig war. Der Wind hatte von Nordosten auf Osten gedreht, dann auf Südosten. Jetzt, gegen die Mittagsstunde, hatte er kräftig zugelegt. Der Dunststreifen über der östlichen Kimm war dunkler geworden und begann zu steigen. Ein weiterer Umstand gab den Männern an Bord der vier Schiffe zu denken: Die stets gegenwärtigen Seevögel waren verschwunden. „Klarer Fall“, urteilte nun auch Big...