Pancake | Liebe ist Nuttengerede | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 216 Seiten

Pancake Liebe ist Nuttengerede

Die zwölf Stories des Breece D'J Pancake
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-86337-155-5
Verlag: Weissbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die zwölf Stories des Breece D'J Pancake

E-Book, Deutsch, 216 Seiten

ISBN: 978-3-86337-155-5
Verlag: Weissbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Geschichten von Breece D'J Pancake, geschrieben in den Siebzigern des letzten Jahrhunderts, entführen uns in die Berge und Täler West Virginias, in spärlich besiedelte Gegenden, hin zu Menschen, die hart arbeiten, rau miteinander umgehen, die trinken, sich prügeln, Opossums jagen und mit ihren alten Autos rücksichtslos durch die Landschaften brettern - und die davon träumen, eines Tages ein besseres Leben zu haben. Bis dahin aber harren sie aus. Pancakes Geschichten haben einen wundersam eigenen Ton, eine beeindruckend eigene Sicht auf die Bewohner eines Landes, denen, mitten in Amerika, der 'american dream' ein Fremdwort ist. Wir lesen sie, staunend, weil sie modern und heutig sind, uns unmittelbar ansprechen und in unsere eigene Zeit verweisen.

Breece D'J Pancake wurde 1952 in Milton/West Virginia geboren. Nachdem er die Marshall Universität in Hurlington/West Virginia besuchte, unterrichtete er Englisch an zwei Militärschulen in Virginia. Danach nahm er an einem Programm für Kreatives Schreiben der Universität Virginia in Charlottesville teil. Der Autor starb 1979 in Charlottesville. Zu Lebzeiten wurden seine Kurzgeschichten hauptsächlich in 'The Atlantic' veröffentlicht.

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Trilobiten
Ich öffne die Tür des Lasters und steige hinunter auf die mit Backsteinen gepflasterte Nebenstraße. Ich schaue noch einmal auf den Company Hill, der ganz abgewetzt und rund ist. Vor langer Zeit war er richtig zerklüftet und stand wie eine Insel mitten im Teays River. Über eine Million Jahre hat es gedauert, um diesen glatten kleinen Hügel aus ihm zu machen, und ich habe ihn überall abgesucht, auf der Suche nach Trilobiten. Ich denke daran, dass er schon immer da war und immer da sein wird, zumindest so lange das irgendeine Rolle spielt. Die Luft ist rauchig vor Sommer. Ein Schwarm Spatzen segelt über mir vorbei. Ich bin in dieser Gegend geboren und wollte eigentlich nie weg. Ich erinnere mich, wie Paps’ tote Augen mich ansahen. Sie waren richtig trocken, und das hat etwas aus mir herausgerissen. Ich schließe die Tür, steuere auf das Café zu. Auf der Straße fällt mir ein Flecken auf: Der Beton hat die Umrisse von Florida, und ich erinnere mich, was ich in Ginnys Jahrbuch schrieb: »Wir werden von Mangos und Liebe leben.« Und dann ist sie ohne mich abgehauen – seit zwei Jahren ist sie nun schon ohne mich da unten. Sie schickt mir Postkarten mit Flamingos und Leuten drauf, die mit Alligatoren ringen. Nie fragt sie mich was. Ich fühle mich wie ein Idiot wegen dem, was ich geschrieben habe, und gehe in das Café. Es ist leer, und ich erhole mich in der gekühlten Luft. Die kleine Schwester von Tinker Reilly schenkt mir Kaffee ein. Ihre Hüften sind schön. Sie sind ein bisschen wie die von Ginny und gehen in hübschen Kurven in ihre Beine über. Solche Hüften und Beine machen sich am besten, wenn sie die Gangway hoch in ein Flugzeug steigen. Sie geht zum anderen Ende der Theke und stopft den Rest ihres Eisbechers in sich hinein. Ich lächle sie an, sie ist noch minderjährig. Kleine Schlampen und schwarze Schlangen sind die zwei Sachen, die ich nicht mal mit einer Fensterstange anfassen würde. Einmal habe ich eine alte schwarze Schlange als Lederpeitsche benutzt, dem Vieh den Kopf abgerissen, und Paps hat mich damit grün und blau geschlagen. Ich muss daran denken, wie Paps mich ziemlich wütend machen konnte. Ich grinse. Ich denke an letzte Nacht, als Ginny anrief. Ihr Alter hatte sie vom Flughafen in Charleston abgeholt. Sie langweilte sich. Können wir uns sehen? Klar. Vielleicht einen heben gehen? Klar. Immer noch derselbe alte Colly. Immer noch dieselbe alte Ginny. Sie redete wie aufgezogen. Ich wollte ihr erzählen, dass Paps gestorben und Mom drauf und dran war, die Farm zu verkaufen, aber sie redete und redete. Das war mir nicht geheuer. So wie mir die Becher nicht geheuer sind. Ich blicke auf die Becher, die an Haken im Fenster hängen. Namensschilder kleben darauf, eine Schicht aus Fett und Staub haftet an ihnen. Es gibt vier davon, und einer gehörte Paps, aber das ist nicht der Grund, warum sie mir nicht geheuer sind. Der sauberste ist der von Jim. Sauber, weil er ihn noch benutzt. Trotzdem hängt er da mit den anderen. Durch das Fenster kann ich sehen, wie Jim die Straße überquert. Seine Gelenke sind vor Arthritis ganz eingerostet. Ich frage mich, wie lange es wohl noch dauert, bis ich zu krächzen anfange, aber Jim ist alt, und es ist mir nicht geheuer, seinen Pokal da oben hängen zu sehen. Ich gehe zur Tür und helfe ihm beim Reinkommen. Er sagt: »Sag jetzt die Wahrheit.« Und seine alte Pranke drückt mir in den Arm. Ich sage: »Ich kann damit nichts anfangen.« Ich helfe ihm auf seinen Stuhl. Ich ziehe diesen knubbeligen Stein aus meiner Tasche und knalle ihn vor Jim auf den Tresen. Er dreht ihn mit der Hand um, untersucht ihn. »Eine Schnecke«, sagt er. »Vielleicht aus dem Perm. Hast du wieder gekauft, ja?« Bei ihm kann ich nicht gewinnen. Er weiß alles. »Aber ich kann einfach keinen Trilobiten finden«, sage ich. »Es gibt einige«, sagt er. »Nicht viele. Die meisten der Aufschlüsse hier in der Gegend sind zu neu für sie.« Das Mädchen bringt Jim Kaffee in seinem Becher, und wir sehen ihr nach, wie sie zurück in die Küche stöckelt. Schöne Hüften. »Hast du das gesehen?« Er deutet mit dem Kopf auf sie. Ich sage: »Weicher Sandstein.« Ich erkenne Minderjährige aus einer Meile Entfernung. »Verdammt, in Michigan hat das Alter eines Mädchens deinen Vater und mich nie abgehalten.« »Sag die Wahrheit.« »Klar. Du musst das nur planen, damit du die erste Ladung raushaust, wenn deine Hosen noch oben sind.« Ich schaue auf die Fensterbank. Sie ist übersät mit vertrockneten Fliegenskeletten. »Warum seid ihr aus Michigan weg, Paps und du?« Die Falten um Jims Augen werden noch tiefer. »Der Krieg«, sagt er und schlürft seinen Kaffee. Ich sage: »Er ist nie mehr dahin zurückgekehrt.« »Ich auch nicht. Ich wollte immer – dorthin oder nach Deutschland –, nur, um mich mal umzusehen.« »Ja, er hat mir versprochen, mir zu zeigen, wo ihr das ganze Silber und das andere Zeug im Krieg vergraben habt.« Er sagt: »An der Elbe. Ist vermutlich längst nach oben gepflügt worden.« Meine Augenhöhlen spiegeln sich in meinem Kaffee, der Dampf zieht um mein Gesicht, und ich merke, wie ich Kopfschmerzen kriege. Ich schaue hoch, um Tinkers Schwester um ein Aspirin zu bitten, aber sie kichert in der Küche. »Da hat er auch die Wunde abgekriegt«, sagt Jim. »An der Elbe. Er war lange weggetreten. Kalt, Gott, war das kalt da. Ich dachte schon, er wäre tot, aber dann kam er wieder zu sich. Sagt zu mir ›Ich bin ein Mal um die Welt gekommen‹. Sagt ›China ist so schön, Jim‹.« »Geträumt?« »Weiß nicht. Hab vor Jahren aufgehört, mir über so was Gedanken zu machen.« Tinkers Schwester taucht mit ihrer Kaffeekanne auf, um ein Trinkgeld von uns lockerzumachen. Ich bitte sie um ein Aspirin und sehe, dass sie einen Pickel auf dem Schlüsselbein hat. Ich erinnere mich nicht an Bilder von China. Ich betrachte die Hüften der Kleinen. »Will Trent immer noch euer Grundstück für dieses Siedlungsprojekt?« »Klar«, sage ich. »Mom wird wahrscheinlich auch verkaufen. Ich kann die Sache nicht so in Schuss halten, wie Paps das konnte. Das Zuckerrohr sieht verdammt übel aus.« Ich trinke meinen Becher aus. »Gehe heute abend mit Ginny aus.« »Gib ihr das von mir«, sagt er. Er berührt meinen Schwanz. Ich mag es nicht, wenn er so über sie redet. Er sieht, dass ich das nicht mag, und sein Grinsen gefriert. »Hab eine Menge Gas für ihren Alten gefunden. Ein Teufelskerl war das, bis seine Frau abgetreten ist.« Ich drehe mich auf meinem Hocker um, klopfe ihm auf die schwache alte Schulter. Ich denke an Paps und versuche, einen Witz zu machen. »Du stinkst so übel, bestimmt ist der Leichenbestatter hinter dir her.« Er lacht. »Du warst das hässlichste Baby, das je geboren wurde, weißt du das?« Ich grinse und gehe durch die Tür. Ich kann hören, wie er die Kleine ruft: »Komm mal rüber zu mir, Schatz, ich erzähl dir einen Witz.« Der Himmel ist mit einem Film überzogen. Die Hitze brennt durch das Salz auf meiner Haut, zieht sie zusammen. Ich werfe den Laster an, fahre Richtung Westen die Autobahn entlang, die im ausgetrockneten Bett des Teays gebaut wurde. Die Ebene ist weit, und die Hügel ringsum sind wie gelbliche Wellen, die die Sonne nicht wegbrennen kann. Ich fahre an einem Schild vorbei, das die Works Progress Administration aufgestellt hat: »Überwacht von George Washington, die Teays-River-Autobahn.« Ich sehe Felder und Rindvieh an Stellen, wo jetzt Gebäude sind, fantasiere sie mir aus einer längst vergangenen Zeit her. Ich biege von der Hauptstraße ab zu unserem Haus. Wolken lassen das Sonnenlicht in unserem Hof hell und dunkel aufblitzen. Ich schaue auf die Stelle am Boden, wo Paps hinfiel. Mit ausgestreckten Armen und Beinen lag er im dichten Gras, nachdem ein Splitter von einer alten Wunde bis in sein Gehirn vorgedrungen war. Ich erinnere mich, wie ich dachte, wie zerschlagen sein Gesicht aussah mit den Abdrücken vom Gras darauf. Ich erreiche die Scheune und lasse meinen Traktor an, dann fahre ich zu der Erhebung am Ende unseres Grundstücks und halte an. Ich sitze dort, rauche, schaue mir noch einmal das Zuckerrohr an. Die Reihen schlängeln sich dicht übers Feld, aber um sie herum ist eine Art Narbe aus Lehm, und die Blätter haben eine leicht violette Braunfäule. Ich rege mich nicht auf wegen der Braunfäule. Ich weiß, das Zuckerrohr ist schon zu weit hinüber, um sich über die Braunfäule Sorgen zu machen. In der Ferne macht jemand Holz, und die Axthiebe hallen als Echo bis zu mir. Die Hänge rundherum wirken wie gebacken,...


Breece D'J Pancake wurde 1952 in Milton/West Virginia geboren. Nachdem er die Marshall Universität in Hurlington/West Virginia besuchte, unterrichtete er Englisch an zwei Militärschulen in Virginia. Danach nahm er an einem Programm für Kreatives Schreiben der Universität Virginia in Charlottesville teil. Der Autor starb 1979 in Charlottesville. Zu Lebzeiten wurden seine Kurzgeschichten hauptsächlich in "The Atlantic" veröffentlicht.



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