Paretti | Lerche und Löwe | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 2, 160 Seiten

Reihe: Geliebte Caroline

Paretti Lerche und Löwe


1. Auflage 2022
ISBN: 978-87-28-46937-8
Verlag: SAGA Egmont
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 2, 160 Seiten

Reihe: Geliebte Caroline

ISBN: 978-87-28-46937-8
Verlag: SAGA Egmont
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Das vornehme Paris ist im Bann der schönen Caroline. Mit ihrer verführerischen Art verzaubert sie die Männer in ihrer Nähe und könnte jeden haben. Doch sie entscheidet sich, den Herzog von Belômer zu heiraten. Am Abend vor der geplanten Hochzeit wird dieser jedoch plötzlich verhaftet. Was hat es damit auf sich? In 'Lerche und Löwe', dem zweiten Teile der Caroline-Trilogie, setzt Sandra Paretti die Geschichte um eine junge Frau und ihr aufregendes Leben in Frankreichs Hauptstadt fort. -

Sandra Paretti (1935-1994) wurde als Irmgard Schneeberger in Regensburg geboren und verfasste in erster Linie Gesellschaftsromane. Parettis Werke wurden in 28 Sprachen übersetzt, wodurch sie bis heute zu einer der meistgelesenen deutschsprachigen Autorinnen zählt. Ihr Werk 'Der Wunschbaum' wurde zudem als TV-Serie adaptiert.

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1
Im Brand der sinkenden Sonne jagte der Braut-Troß die Küstenstraße nach Saint-Malo dahin. Der Staub wirbelte unter den Hufen der Pferde, ihre Mähnen flogen im Wind. Die beiden silberbeschlagenen Karossen und die Gepäckwagen, auf denen sich die Sandelholzkisten türmten, ächzten in den Federn. Über allem lag die stumpfe Schmutzpatina einer Dreihundertmeilenfahrt. Aber Caroline ging es immer noch nicht schnell genug. Sie hätte Pferde gebraucht, die schneller waren als ihre Wünsche. So nah am Ziel kannte ihr Herz keine Geduld mehr. Ihr gegenüber saß Philippe. »Ich glaube, noch nie sind Kutschen so schnell von Paris nach Saint-Malo gekommen. Wenn seine Yacht so schnell war wie wir, muß er den Cup des Prinzregenten gewonnen haben.« Caroline antwortete nur mit einem Lächeln. Sie hatte die Regatta der Hochseesegler um die Isle of Wight, die der Herzog mitmachte, ganz vergessen, und jetzt lenkte etwas anderes ihre Aufmerksamkeit auf sich. In der Ferne tauchte die Silhouette der bretonischen Hafenstadt auf: die Stadtmauer mit ihren Toren, von Regen, Wind und Sonne ausgewaschene Giebel, Zinnen aus dem Grau alten Silbers schoben sich in den Himmel, überragt vom Filigran der gotischen Kathedrale. Dort, in Saint-Vincent, würde sie morgen an seiner Seite vor dem Altar knien, am Tag der Tagundnachtgleiche, wie es seit Generationen in ihrer Familie Tradition war. Aus der Komtesse Caroline de la Romme Allery würde an diesem 23. September 1815 die Herzogin von Belômer werden. Philippe rückte neben sie. »Dort! Das ist das Schloß!« Von dem weißen Saum der Brandung umspült und durch eine Mole mit dem Land verbunden, glich Schloß Mortemère mit den vier Ecktürmen aus dem 16. Jahrhundert eher einer Wasserfeste. Ein Trupp Reiter kam ihnen entgegen. Eine Pferdelänge vor der ersten Kutsche teilten sie sich. Im vollen Galopp zogen sie die Zügel an. Die Kutschen rollten durch das Spalier der Pferde. Plötzlich war die Luft voller Blumen. In den Steigbügeln stehend, warfen die Männer Rosen über die Kutsche der Braut. Von dem Kordon der Berittenen umgeben, rollte der Zug der Kutschen weiter. Sie bogen von der breiten Straße auf einen schmaleren Weg ab, der im Schatten der Festungswälle von Saint-Malo in einem weiten Bogen abwärts führte. Aus der grünen See stieg Schloß Mortemère auf, alt und unzerstörbar wie der Fels, aus dem seine Mauern und Türme wuchsen. Auf den Ecktürmen wehten Fahnen. Donnernd rollten die Kutschen über die Bohlen der mit Mauern und Zinnen befestigten Mole in den Schloßhof. Ein Gärtner war mit einem Gehilfen beschäftigt, die Portale und Fenster mit frischem Grün und bunten Blumengirlanden zu umwinden. Zimmerleute hämmerten an einem Tanzpodium. Mägde trugen in flachen Körben frischen Lachs ins Haus. An einem eisernen Gestell hingen Wildbret, abgezogene Lämmer, rote Rinderhälften. Aus den offenen Fenstern der Küche zog würziger Pastetenduft über den Hof. Über allem lag das tiefe Leuchten des vergehenden Tages, der zu zögern schien, als gebe ihm das farbenprächtige Bild der Kutschen, der Reiter, der jubelnden Menschen einen Grund, länger zu verweilen. Mit einem Ruck kam die Kutsche vor dem Portal zum Stehen. Philippe sprang heraus und reichte Caroline die Hand. Dann eilte er zu der zweiten Kutsche, um Eliette, der Halbschwester des Herzogs, die mit ihnen aus Paris gekommen war, herauszuhelfen. Pagen rollten einen blauen Läufer aus, in den mit Goldfäden das Wappen der Herzöge von Belômer, der Phönix, eingewebt war.   Lächelnd schritt Caroline durch das Spalier der Menschen, die alle einen Blick dieser Frau erhaschen wollten, die einen Mann bezaubert hatte, dessen Herz für uneinnehmbar gegolten hatte. Sie war nur wenige Schritte vom Portal entfernt, da trat aus dem Halbdunkel Leblanc, der Vermögensverwalter des Herzogs. Seine Verbeugung vor Caroline war mehr Höflichkeit eines Herrschers als Ergebenheit eines Dieners. »Komtesse – im Namen des Herzogs, Willkommen auf Schloß Mortemère!« Sie stand vor der Schwelle, zu der sie ein so weiter Weg geführt hatte – und zögerte. So nahe am Ziel überfiel sie Bangigkeit. Die ganzen letzten Wochen hatte sie sich nie eingestanden, daß in der Melodie ihres Glücks ein dunkler Ton mitschwang. Jetzt war er unüberhörbar. Sie wehrte sich dagegen. Sie wollte nicht denken, daß das Glück auch diesmal vielleicht nur ein Trugbild war. Aber sie war in ihrem Leben schon durch zu viele Schrecken gegangen, um in diesem Augenblick die Kontrolle über sich zu verlieren. Sie richtete den Blick auf Leblanc. »Geben Sie mir Nachricht, wenn die Yacht des Herzogs gemeldet wird.« Ihre Stimme verriet nichts von ihren Gefühlen. Leblanc verbeugte sich. Die Legende, die dieser Frau vorausging, hatte ihn nicht beeindruckt. Die Schönheit einer Frau hatte nie etwas über diesen Mann vermocht. Er besaß die Stärke jener, die stark sind, weil sie weder Zweifel noch Hoffnung kennen, weder Liebe noch Haß. Aber die Ruhe, mit der sie diesen Augenblick gemeistert hatte, hatte ihn gewonnen. Diese Frau schien seines Herrn würdig zu sein – und auch der Dienste eines Leblanc. »Darf ich Sie führen?« Die Gästezimmer lagen im westlichen Turm. Erst morgen, nach der Trauung, würde die Braut in die neu umgebauten Wohnflügel umziehen. Caroline hatte die Diener angewiesen, die großen Reisekoffer und Kisten unausgepackt stehen zu lassen. Sie stand in dem weiten Rund des Fensters, das den Blick auf das Meer freigab. »Ich verstehe ihn nicht«, sagte Eliette neben ihr, »daß er nicht einmal an einem solchen Tag auf sein Vergnügen verzichten konnte.« Caroline antwortete nicht. Nichts konnte ihre Laune verderben. Mit einem Blick voll Bewunderung und Resignation sah Eliette ihr zu. Sie kam sich uralt vor neben diesem Geschöpf. Viel zu alt und viel zu vorsichtig, um geliebt zu werden. Nie würde ihr die Hingabe dieses Mädchens an den Augenblick möglich sein. Immer würde sie vor dem letzten Schritt zurückschrecken. »Ich habe einfach nicht die Kraft, die man braucht, um das Glück zu halten – so wie Sie.« Fast gegen ihren Willen hatte Eliette zu sprechen begonnen. Caroline schüttelte lachend den Kopf. »Sie kennen ihn doch, Segeln ist seine Leidenschaft. Und Sie wissen auch, daß er, seit es den Regent's Cup gibt, ihm nachjagt. Immer ist er ihm um Haaresbreite verlorengegangen. Aber diesmal hat er ihn gewonnen. Ich spüre es. Und ich habe das Gefühl, er hat ihn allein mir zuliebe gewonnen.« Draußen kamen Schritte näher, dann klopfte es an der Tür. Leblanc näherte sich. Er wies die beiden livrierten Lakaien an, die Silberleuchter in den Raum zu tragen. »Schließt die Läden«, sagte er mit seiner dunklen Stimme, die außer seinen Augen das einzige Lebendige an diesem Mann zu sein schien. »Wir bekommen Sturm!« »Sturm!?« Er hatte den Satz gar nicht an sie gerichtet, aber Caroline zuckte bei diesem Wort zusammen. »Es ist die Zeit der Stürme jetzt, im September. Werden Sie das Essen auf dem Zimmer einnehmen?« »Es eilt nicht. Ich werde mich melden.« Die Tür schloß sich hinter Leblanc und den beiden Dienern. »Ich werde nie ganz klug aus ihm«, sagte Eliette. »Seinen richtigen Namen kennt niemand. Er war neun oder zehn Jahre, ich war noch nicht geboren, als das Meer ihn hier anspülte und die Familie ihn aufnahm. Schon damals waren seine Haare schneeweiß. Daher der Name Leblanc, der Weiße.« Caroline sah wieder die feine, wie gestochene Handschrift des Heiratsvertrages vor sich, den Leblanc aufgesetzt hatte. »Und er verwaltet das Vermögen?« »Es gibt nichts, was in seinen Händen nicht zu Gold würde. Er findet immer neue Quellen; er gräbt alte, in Vergessenheit geratene Lehensdokumente aus, uralte Privilegien. Er bekommt Wegzoll für jedes Stück Vieh, das hier auf den Wochenmarkt getrieben wird; die Gemeinde Dinard-Saint-Enogat hat uns an jedem Osterfest Lebkuchen zu liefern; die Pfarrei von Saint-Vincent schuldet uns zwölf Messen im Jahr – und ich weiß nicht, was noch alles. Die Leute hier nennen ihn nur den König von Saint-Malo. – Fragen Sie mich nicht, was uns alles gehört. Ich kenne mich darin so wenig aus wie der Herzog. Ich weiß nur: In einer Zeit, in der ganze Adelsgeschlechter verarmt sind, in der die Emigranten alles verloren haben, hat Leblanc Geld zusammengetragen, hat es aufgehäuft, vermehrt.«   Aus dem Haus drangen Geräusche geschäftigen Lebens: gedämpfte Stimmen, eilige Schritte, das Klirren beladener Tablette, das Prasseln der Öfen, die von den Gängen aus beheizt wurden, fernes Lachen. Eliette war gegangen. Caroline verschloß die Tür und eilte in das anschließende Schlafkabinett. Auf der Bergère hingebreitet lagen die beiden Roben für die Hochzeit. Die Journalisten der Pariser Modejournale...



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