Paretti | Tara Calese | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

Paretti Tara Calese


1. Auflage 2022
ISBN: 978-87-28-46944-6
Verlag: SAGA Egmont
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

ISBN: 978-87-28-46944-6
Verlag: SAGA Egmont
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Sommer 1980 in New York: Als Tochter eines Mafia-Bosses hat Tara Calese bereits viele Tragödien durchlebt, unter anderem die Ermordung ihrer Mutter. Als sie gerade wieder glücklich zu sein scheint, folgt der nächste Schlag. Auf der Hochzeit ihres Bruders wird ein Mordversuch an einer jungen Frau der rivalisierenden Mafia-Familie verübt. Hat ihr Vater etwa was damit zu tun? Tara wird in einen Strudel aus Geheimnissen und Intrigen gezogen und weiß bald nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Spannend und mitreißend erzählt Sandra Paretti eine Geschichte von Familien, Gewalt und Liebe.

Sandra Paretti (1935-1994) wurde als Irmgard Schneeberger in Regensburg geboren und verfasste in erster Linie Gesellschaftsromane. Parettis Werke wurden in 28 Sprachen übersetzt, wodurch sie bis heute zu einer der meistgelesenen deutschsprachigen Autorinnen zählt. Ihr Werk 'Der Wunschbaum' wurde zudem als TV-Serie adaptiert.
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Das Gestüt von Tony Calese


Donnerstag, 17. April 1980

»Zum Schluß, Ladies und Gentlemen, möchte ich Ihnen das Pferd zeigen, auf das ich persönlich die größten Hoffnungen setze, den Einjährigen Sergeant Pepper.« Tony Calese stand in der Mitte der Koppel. Etwas mehr als mittelgroß, schlank, muskulös, verkörperte er den Prototyp des Reiters. Als Züchter von Polo Ponies hatte er im Staate New York eine Monopolstellung, was Vollblüter betraf, war er ein Newcomer. Was ihm bisher fehlte, war ein Siegpferd. Würde es Sergeant Pepper sein?

Tara glaubte fest an die große Zukunft von Sergeant Pepper. Daß er etwas Besonderes war, hatte sich schon gezeigt, als er zur Welt gekommen war. Tara war dabei gewesen. Normalerweise hatten neugeborene Füllen Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Man mußte sie der Stute zum Trockenlecken hinschieben, man mußte ihnen zeigen, wo es die Milch gab. Nicht so Sergeant Pepper. Von der ersten Sekunde an war er vollkommen selbständig. Er besaß Unternehmungslust, Intelligenz, Unerschrockenheit und war für ein Pferd mit diesen Eigenschaften erstaunlich gutmütig. Nur wenn ihm etwas nicht paßte, wurde er eigensinnig. Tara konnte nur hoffen, daß ihn die Ansammlung von Menschen rund um die Koppel nicht störte, und daß der Stallbursche, der ihn vorführte, keinen Fehler machte. Sie wünschte, Tony hätte ihr diese Aufgabe übertragen. Ihr hatte Sergeant Pepper noch nie Schwierigkeiten gemacht.

Tara war mit Pferden aufgewachsen; als Fünfjährige hatte sie das erste Pony bekommen, mit zehn hatte sie bereits auf einem großen Pferd gesessen und zum Schrecken ihrer Mutter verkündet: »Ich werde Jockey.«

Rund um die Abzäunung drängten sich die geladenen Gäste. Es waren Rennstallbesitzer, Trainer, Jockeys. Männer, die auf den Rennplätzen erbittert gegeneinander kämpften, Männer, die sich bei Auktionen ohne Rücksicht auf Verluste die interessanten Pferde wegschnappten. Im Moment allerdings ruhten die Feindseligkeiten. Während sie auf Sergeant Pepper warteten, diskutierten sie das bevorstehende Old Glory Sale. Das war die große Auktion von Vollblütern, die am Wochenende im Yonkers Raceway stattfinden würde.

Einige dieser Männer kannte Tara, die anderen – und das war die Mehrzahl – sah sie zum erstenmal bei einer Pferdeschau auf Tonys Gestüt. Woher kam plötzlich dieses allgemeine Interesse? Die Antwort war einfach: Schon vor Wochen hatte Tony das Gerücht in Umlauf gesetzt, der sagenumwobene ägyptische Rennstallbesitzer Sheik Nessir – er besaß nicht weniger als 500 Rennpferde – interessiere sich für Sergeant Pepper. Gerüchte dieser Art waren im Rennsport an der Tagesordnung und meistens lösten sie sich in Luft auf. Nicht in diesem Fall. Tony hatte nicht gepokert. Gestern abend war Sheik Nessir in den Sportnachrichten des Fernsehens als Interviewgast aufgetreten, ein kompakt gebauter Mann in einem englischen Maßanzug mit fleischigem Gesicht und orientalischen Augen, der in Oxford studiert und dem die englische Königin für seine Verdienste um den englischen Rennsport den Titel Sir verliehen hatte. Ja, er würde beim Old Glory Sale mitbieten, Rennpferde wären nun einmal seine Leidenschaft. Ein Hobby neben den Pferden? Nein, das gäbe es nicht in seinem Leben. Ob er bereits Kontakte zu amerikanischen Züchtern hätte? Ja, er würde morgen das Gestüt von Tony Calese besuchen.

Das hatte eingeschlagen wie eine Bombe. Deswegen waren all die Leute hier; die Neugier hatte sie hergetrieben. Tara entging nicht, daß die Blicke der Anwesenden immer wieder in die Richtung wanderten, wo, umringt vom Calese Clan, Sheik Nessir stand. Er trug einen Kamelhaarmantel und einen weichen Hut und wirkte seltsam städtisch unter den anderen, die alle sportlich gekleidet waren.

Der Apriltag war wolkenlos, kalt und windig; jetzt, gegen Abend, frischte der Wind noch mehr auf und fegte in Böen über das flache Gelände.

Aus Gesprächsfetzen entnahm Tara, daß die anderen Rennstallbesitzer befürchteten, Nessir würde die Preise hochtreiben. Es fielen Worte wie Rennsport-Mafia, Schiebung und internationales Wettsyndikat. Galten die Vorwürfe Nessir? Galten sie ihrer Familie? Sie hatte keine Zeit, darüber zu grübeln, denn eine Hand legte sich auf ihre Schulter und eine vertraute Stimme sagte: »Tara, fast hätte ich dich nicht erkannt in deinem Jockeyblazer.«

»Dennis, was tust du hier?«

»Ich habe heute das neue Auto bekommen und wollte es dir zeigen.«

»Den Excalibur?«

»Die perfekte Kopie vom Mercedes Kabrio 1937. Die Mädchen werden Schlange stehen für eine Spazierfahrt – aber du sollst es als erste sehen. Komm . . .« Er wollte sie mit sich ziehen, aber sie schüttelte den Kopf. »Jetzt geht’s nicht.«

»Komm schon, Pferde hast du jeden Tag.«

»Sergeant Pepper ist jetzt an der Reihe.«

»Für mich ist ein Pferd wie das andere.«

»Siehst du da drüben den Mann im Kamelhaarmantel, das ist Sheik Nessir, der größte Rennstallbesitzer der Welt, er ist eigens wegen Sergeant Pepper nach Amerika geflogen. Ich muß sehen, wie er auf das Pferd reagiert. Es dauert nur ein paar Minuten.«

»Die paar Minuten kenne ich. Dann ist es dunkel. Du mußt den Wagen bei Tageslicht sehen. Rot wie die Feuerwehr.«

»Warum hast du nicht vorher angerufen?«

»Habe ich. Hat deine Mutter dir nichts ausgerichtet?«

»Nein.«

»Das ist jetzt schon das dritte Mal. Sie hat was gegen mich.«

»Sie hat es vergessen.«

»Nein, nein, sie tut es mit Absicht. Sie ist anders zu mir als früher.«

»Das bildest du dir ein.«

»Und du bist auch anders. Ich mach’ den ganzen Weg von Harvard hierher, und du . . .« Dennis verstummte. Es war zwecklos. Tara hörte ihm nicht mehr zu. Tony Calese hatte die Hand gehoben, und der Stallbursche setzte sich mit Sergeant Pepper in Bewegung. Dennis Lloyd blieb nur noch eine Geste stummen Protests. Er stellte sich mit dem Rücken zur Koppel und zündete sich eine Zigarette an. Aber auch damit beeindruckte er Tara nicht. Im Moment existierte er überhaupt nicht für sie. Gebannt blickte sie auf das Pferd.

Dennis Lloyd war der einzige Sohn des Multimillionärs Meredith Lloyd, dessen Haus am jenseitigen Ufer des Hudson, genau gegenüber von Sunset Hill, lag. Es war ein großer Besitz, jede Menge Personal. Was fehlte, war die Frau im Haus. Dennis’ Mutter war eines Tages mit einem unentdeckten Genie – einem Lyriker – verschwunden, und vagabundierte seither mit diesem Mann durch die Welt.

Die Wärme, die Dennis zu Hause entbehrte, hatte er in Sunset Hill gefunden, im Kreise der Familie Calese. Aber das Wichtigste an Sunset Hill war für ihn Tara. Sie wurde die Schwester, die er sich von klein auf gewünscht hatte, ein Mädchen, das jünger und schwächer war als er, das er beschützen, dem er imponieren konnte. In Taras Nähe hatte er schon mit vierzehn das Gefühl gehabt, ein richtiger Mann zu sein. Inzwischen war er zwanzig und aus der brüderlichen Zuneigung war Liebe geworden. Als er das bemerkte, war er zuerst erschreckt gewesen, dann hatte er sich vehement dagegen gewehrt. Tara war sechs Jahre jünger als er, sie war noch ein Kind, außerdem katholisch und streng behütet. Selbst wenn sie seine Liebe erwidern sollte, würden Taras Eltern eine Wartezeit erzwingen. Aus diesen Gründen und als eifriger Student von allen möglichen Sexualkunde-Büchern hatte er sich vorgenommen, diese aussichtslose Liebe durch ein intensives Sexleben auszutreiben. Die Voraussetzungen in Harvard schienen gut, Mädchen gab es in Hülle und Fülle, der Haken war nur: diese Zwanzigjährigen waren keine Mädchen mehr. Sie waren richtige Frauen und schüchterten den unerfahrenen Dennis so ein, daß alle seine Dates in einem Fiasko endeten. Nach einem Jahr vergeblicher Anläufe hatte er es aufgegeben. Zum Teufel mit Kinsey und den Sex-Aposteln, er wollte das Mädchen, das er liebte. Er wollte Tara. Und so kam er jeden Augenblick von Harvard herüber, um Tara zu sehen. Vor einem Monat hatte er sie ohne Erlaubnis der Eltern nach New York entführt, und sie hatten bis zwei Uhr morgens in einer Disco getanzt. Natürlich hatte es eine Szene gegeben, und natürlich hatte er sich entschuldigt. War es möglich, daß Taras Mutter ihm das noch immer nachtrug? Oder ahnte sie instinktiv, wie es um ihn stand, und sah in ihm eine Gefahr für Tara? Dennis sah sie jenseits der Koppel stehen, neben ihr Massimo. Sie trug einen grünen Lodenmantel und darüber ein rotes Cashmeretuch, das sie fröstelnd über der Brust zusammenhielt. Der Wind spielte mit ihrer blonden Mähne. Ein merkwürdiges Paar, dachte Dennis, die junge schöne Diana und der...



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