E-Book, Deutsch, Band 85, 210 Seiten
Reihe: Dorian Hunter
Parker Dorian Hunter 85 - Die Lebensuhr
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-95572-085-8
Verlag: Zaubermond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 85, 210 Seiten
Reihe: Dorian Hunter
ISBN: 978-3-95572-085-8
Verlag: Zaubermond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Coco Zamis konnte mit der Uhrmacherin eine Abmachung treffen. Aber noch immer ist nicht klar, wer die geheimnisvolle Frau ist und was sie will. Als Dorian Hunter von den Ereignissen in Wien erfährt, fragt er sich, ob die Uhrmacherin eine gute Verbu?ndete abgeben wu?rde. Doch dann findet Salamanda Setis ihre Lebensuhr.
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Kapitel 2
Salamanda war nicht davon ausgegangen, dass Kiwibin so spät noch wach war. Aber in der Küche schimmerte Licht und es roch nach … Borschtsch. »Bah.« Die Rabisu rümpfte die Nase. Sie wusste nicht, was schlimmer stank – Kohl oder Rote Bete. Mit den Essgewohnheiten ihres Mitbewohners würde sie sich nie anfreunden. Es kostete Unmengen von Duftkerzen, den Alltag mit ihm erträglich zu halten. Eigentlich war es erstaunlich, dass sie das WG-Leben mit Kiwibin trotzdem schätzte. Noch ein Rätsel, das sie bisher nicht ergründet hatte. Oder ergründen wollte. »Hallo?«, rief sie, schlüpfte aus den Stiefeln und ließ die schwere Lederjacke einfach auf den Boden fallen. Misstrauisch spähte sie in die Küche. »Hallo.« Kiwibin stand am Herd und rührte in einem Topf. Einem riesigen Topf. Ein halbes Pferd hätte darin Platz gefunden. »Ähm, erwarten wir Besuch?« Salamanda hob die Brauen. »Um diese Zeit?« »Nein, ich habe mich nur mit den Zutaten verschätzt.« Er grinste. »Der KGB legt bei der Ausbildung seiner Agenten keinen großen Wert aufs Kochen.« »Warum auch?« Sie grinste zurück. »Ich wette, du bist seit Langem der Erste, der diese Küche benutzt. Dorian weiß vermutlich nicht mal, wie man den Herd anstellt.« »Da könntest du recht haben.« Sie umrundete achtsam das hohe Gewürzregal, auf dem das Salz stand. Eine Rabisu fürchtete wenig mehr als die tückischen Körnchen, die ihren Körper schneller verbrennen konnten als lodernde Flammen. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie das Salz strikt aus dem Haus verbannt, aber Kiwibin zuliebe duldete sie es. Sie hielt sich ohnehin nur selten in der Küche auf. Und er wusste Bescheid und hielt das Salz sorgfältig von ihr fern. »Warum kochst du überhaupt so spät?« »Ich bin nicht eher dazu gekommen. Ich hab das Wohnzimmer gestrichen. Die Spuren deines letzten Kampfes von den Wänden entfernt.« »Oh. Hm.« »Wie wäre es mit Danke? Ich hab auch alles wieder aufgeräumt. Wo warst du?« »Unterwegs«, erwiderte sie einsilbig. Er probierte, nickte stolz, legte dann den Kochlöffel weg und musterte sie prüfend. »Alles klar? Was ist passiert?« Aber hallo, dachte Salamanda. Der Russe schien sie ja mittlerweile verflixt gut zu kennen. Bastets mysteriöse Warnung hatte sie verwirrt, sicher, aber merkte man ihr das so deutlich an? Das gefiel ihr nicht. Sie ließ sich äußerst ungern in die Karten schauen. Unwillkürlich runzelte sie die Stirn. »Du musst es mir nicht erzählen«, sagte er sofort. »Ich meine, es geht mich ja nichts an, was du …« »Schon gut«, unterbrach sie ihn. »Es ist tatsächlich etwas passiert.« Er ließ seine Mannschaftsration auf kleiner Flamme weiterköcheln und zog mit Salamanda ins Wohnzimmer um, wo es intensiv nach frischer Farbe roch statt nach Essen. »Mach nur so weiter«, grummelte sie. »Bald ist mein Vorrat an Duftkerzen erschöpft.« Sie ließ sich in einer Couchecke nieder und massierte sich die Schläfen, um einen klareren Kopf zu bekommen. Kiwibin goss sich in der Zwischenzeit ein Glas Wodka ein. »Willst du auch einen?« »Nein, danke.« Sie schüttelte sich. »Du siehst aber aus, als hättest du ihn nötiger als ich.« »Dann trink einen für mich mit.« »Von mir aus.« Achselzuckend stellte er die Flasche vor sich ab. Der Couchtisch war aus massivem, dunkel getöntem Holz und nicht aus Glas wie der vorherige. Überhaupt waren etliche Möbel in der Abraham Road neu. Beim Angriff des Ordens von Delphi war einiges zu Bruch gegangen. Der heftige Kampf, den Salamanda sich mit den Ordensbrüdern geliefert hatte, hatte die Einrichtung mächtig verwüstet. Inzwischen sah es wieder weitgehend wohnlich aus. Kiwibin hatte sich beim Renovieren ziemlich geschickt angestellt und Salamanda hatte den Eindruck, als hätte ihm die Arbeit gut getan. Nach der Sache mit Mainica, der Eisdämonin, war er eine Weile völlig verstört gewesen. In letzter Zeit schien er sich wieder gefangen zu haben. Salamanda sagte es ihm zwar nicht, aber sie war froh, dass er noch hier war. Eigentlich hätte sie erwartet, dass er ins Hauptquartier umsiedeln würde. Alle Mitglieder von Dorians Team zogen die Jugendstilvilla in der Baring Road vor, nicht zuletzt deshalb, weil sie besser gegen Dämonen geschützt war. Genau aus diesem Grund konnte Salamanda sie nicht betreten. Aber Kiwibin war bei ihr geblieben, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, die Gesellschaft einer Vampirin zu bevorzugen. Sie wusste manchmal nicht, was sie davon halten sollte. Ja, anfangs hatte er sich in ihrer Nähe am sichersten gefühlt, aber nachdem Mainica besiegt war, gab es für ihn keinen Grund mehr, sich zu fürchten. Außerdem hatte Salamanda selbst ihm in der Vergangenheit mehr als einmal übel mitgespielt, ihr dämonischer Charakter ließ gar nichts anderes zu. Warum also blieb er weiterhin an ihrer Seite? Sie blickte ihn forschend an. »Anatolij?« »Ja?« »Warum …?« Sie presste die Lippen zusammen. »Ach, nichts.« Manche Dinge blieben besser ungefragt. Ihr fiel auf, dass sie nicht einmal wusste, wie sein wahrer Vorname lautete. Anatolij hieß er höchstwahrscheinlich nicht. Kiwibin besaß lediglich die Erinnerungen von Anatolij Sokolow, mit dem Salamanda vor langer Zeit durch die halbe Welt gereist war und dem sie sich auf besondere Weise verbunden fühlte. Er hatte damals viel für sie getan und am Ende klaglos sein Leben geopfert. Wenn sie heute Kiwibin ansah, glaubte sie oft, den Anatolij aus ihrer Vergangenheit vor sich zu haben. Auch wenn er es natürlich nicht war. »Hast du was von Dorian und dem Team gehört?«, fragte sie. Falls Kiwibin durchschaute, dass sie damit nur von einem anderen Thema ablenken wollte, so zeigte er es nicht. »Sie sind noch in Südafrika, soweit ich weiß«, sagte er ruhig. »Fred Archer hält allein in der Villa die Stellung. Die anderen wollen sich vor Ort überzeugen, dass keines der Fischwesen entkommen konnte und der Orden von Delphi endgültig besiegt ist. Nicht dass der Spuk eines Tages von neuem beginnt.« »Ja, darauf kann ich gut verzichten.« Salamanda scheuchte die Erinnerung an ihre kürzliche Niederlage eilig davon. »Was macht dir Sorgen?«, fragte er. Sie seufzte. »Wenn ich das wüsste, wäre ich schlauer.« Sie berichtete ihm von Bastets Botschaft, mit der sie nichts anfangen konnte. Leider hatte auch Kiwibin keine Idee, worauf sich die seltsame Warnung beziehen mochte. Von einer Uhrmacherin, von der irgendeine Gefahr drohte, hatte er keine Kenntnis. »Wir können uns ja morgen mal umhören«, schlug er vor. »Hm, ja, das sollten wir wohl.« Salamanda erhob sich müde von der Couch. »Aber jetzt ziehe ich es vor, schlafen zu gehen.« Wortlos kippte er den letzten Schluck Wodka hinunter und stand ebenfalls auf, um in der Küche den Herd auszuschalten. »Lass bitte die Duftkerzen über Nacht brennen«, rief sie ihm hinterher. »Klar. Das musst du mir nicht jedes Mal extra sagen.« Inzwischen waren sie wirklich ein eingespieltes Team. Gleich darauf lag Salamanda im Bett, doch sie fand keine Ruhe. Störrisch verbissen sich ihre Gedanken in das ungelöste Rätsel, wie ein Hund, der seinen Knochen nicht loslassen wollte. Immer neue, drängende Fragen tauchten auf. Vor wem auch immer Bastet sie warnen wollte, die Göttin tat es bestimmt nicht aus Güte. Eher aus Eigennutz. Salamanda war ihr noch etwas schuldig. Aber war das wirklich die ganze Wahrheit? Oder verfolgte Bastet noch andere, geheime Ziele, die sie nur erreichen konnte, indem sie ihr diese mysteriöse Botschaft übermittelte? Die Warnung verschaffte Salamanda keinen Vorteil, solange sie nicht wusste, wer diese Uhrmacherin überhaupt war. Schlaflos wälzte sie sich hin und her. So unbequem wie heute hatte sie das Bett noch nie gefunden. Sie boxte mehrmals in ihr Kissen und warf es schließlich gegen die Wand. Da fiel ihr das Ticken auf. Vielleicht konnte sie ja bloß deshalb nicht einschlafen, weil diese blöde Uhr so laut tickte. Welche Uhr? Salamanda erstarrte. Das Geräusch war eindeutig und nicht zu überhören. Tick-Tack. Tick-Tack. Tick-Tack … Mit einem Satz sprang sie aus dem Bett. Drehte sie langsam durch? Oder hatte es im Hintergrund schon die ganze Zeit getickt, seit sie die Wohnung betreten hatte? So laut? Warum hatte sie nicht darauf geachtet? Sie ermahnte sich selbst, ruhig zu bleiben. Versuchte sich zu erinnern, in welchem Zimmer es eine Uhr gab, deren Ticken solch einen Lärm veranstaltete. Ihr fiel nichts ein. Hatte Kiwibin bei der Renovierung irgendwo eine neue Uhr aufgehängt? Auf nackten Füßen tappte Salamanda durch die Räume. Aus Kiwibins Zimmer erklang leises Schnarchen. Ihn schien das Ticken nicht zu stören. Sie versuchte, die Herkunft des Geräusches zu orten, aber ihre Sinne waren mittlerweile so überreizt, dass das Ticken von überallher zu kommen schien. Unablässig erklang es weiter – Tick-Tack, Tick-Tack – als wolle es die Rabisu verhöhnen. »Ich finde dich«, schwor sie. Doch nirgendwo hing eine Uhr mit tickenden Zeigern an der Wand. Es gab überhaupt keine sichtbaren Uhren, Salamandas erste Überlegungen waren durchaus richtig gewesen. Lediglich in der Küche stand ein Radiowecker mit rotschimmernder Digitalanzeige, den hatte Kiwibin vermutlich...