E-Book, Deutsch, 304 Seiten
Pfeiffer Celfie und die Unvollkommenen
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-440-15768-8
Verlag: Kosmos
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 304 Seiten
ISBN: 978-3-440-15768-8
Verlag: Kosmos
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Celfie Madison ist ein seltsames Wesen. Sie kommt aus Farbek, dem Reich der Fantasie, und ist ein Mensch gewordener Gedanke. Ihr Denker, der skrupellose Geschäftsmann Glenn Single Despott, verfolgt einen finsteren Plan. Er will Farbek erobern, um die Gedanken der ganzen Menschheit zu kontrollieren. Doch Celfie will sich nicht benutzen lassen. Sie flüchtet aus Glenns Kommandozentrale, denn gute Gedanken können sich selbstständig machen! Gemeinsam mit dem Sprayer Kyle und ein paar unvollkommenen, aber sehr lebendigen Graffitis, versuchen sie Glenn aufzuhalten. Wird es ihnen gelingen oder wird er bald in jedem Kopf sein und jede Idee besitzen?
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Zur Quelle der Herrschaft
Zufrieden drückte Glenn auf die Fernbedienung, mit der er die Drohne steuerte, die Celfie verfolgte. Ihre Augen strahlten. Endlich! Denn das hieß, er kam seinem Ziel näher. Glenn hatte Celfie geschaffen. Dafür hatte er sich Hugo geholt, der ihm das Malen beigebracht hatte und sich als der perfekte Diener herausgestellt hatte. Die Augen des Mädchens hatte er aus kostbarstem, staubfeinem Diamant- und Türkismehl und einem Hauch frisch geschlagenen Kristalls gemalt. Ein einziges Gramm dieser einzigartigen Spezialfarbe kostete mehr, als ein normaler Mensch in einem Jahr verdiente. Dafür leuchteten ihre Augen wie kein zweites Augenpaar auf dem ganzen Planeten. Es waren Leben spendende Augen, dachte Glenn. Doch davon wusste Celfie ja noch nichts. Es ging dabei um den dritten Punkt auf Glenns Liste: Augenschein. Celfies Augen würden Dinge erwecken, die in die Gedanken der Menschen Einzug halten würden. Und von den Gedanken zu Taten war es dann nur noch ein winziger Schritt, dem sich niemand mehr würde entgegenstellen können. Er lächelte der kleinen Celfie im schimmernden Monitor seines Computers zu. Ja, geh nur weiter, trage meinen Plan in die Welt, dachte Glenn zufrieden. Tu, wozu ich dich geschaffen habe. In diesem Moment klopfte es an die Tür. „Wer da?“, rief Glenn, obwohl er genau wusste, dass nur einer es wagte, ihn zu stören. „Ich bin’s, Hugo. Ich habe eine wichtige Neuigkeit für dich!“ Glenn Despott zögerte. Seit Celfie da war, klopfte Hugo jeden Abend an die Tür von Glenns Privatgemächern. Angeblich, um irgendetwas Wichtiges zu berichten. Ihre Anwesenheit schien ihn zu verunsichern. Vermutlich trieb ihn aber bloß die Angst um seine Mutter um. Glenn hatte sich nämlich Hugos Mutter angenommen und ließ den kleinen Maler im Unklaren, wo diese sich aufhielt. Angst machte Menschen so nützlich. Es war so einfach. Diese Einfachheit gefiel ihm. Mit einem Knopfdruck ließ er die goldene Tür aufschwingen. „Hugo, mein Lieber“, begrüßte er ihn überschwänglich. „Ich vermute, es ist sehr dringend?“ „Ja, aber ja! Ja, ja, ja!“, stieß Hugo hervor, während er eintrat und gleichzeitig versuchte, einen Blick auf Glenns Kontrollanzeigen zu erhaschen. Glenn beobachtete den kleinen Maler, während er mit seinem Hirschlederstuhl ein Stück vom Schreibtisch wegrollte, sodass Hugo freie Sicht erhielt. Dazu murmelte er scheinbar nachdenklich: „Hast du Fortschritte in der Nanoschrift erzielt?“ Hugo schluckte hörbar. „Ich komme voran, Glenn! Sehr gut sogar! Die in den Bildern versteckten Nanobuchstaben werden immer kleiner und dringen auch schon fast wie von selbst von dort in die Gehirne vor, um ihre Botschaften zu verbreiten. Es wird ein Meisterwerk. Ein Meis-ter-werk!“ Glenn verzog keine Miene. Wahrscheinlich merkte der feiste Maler nicht einmal, dass er seit Monaten dasselbe erzählte. Aber das war Glenn jetzt egal. Denn wenn Celfie Madison tat, was er sich erhoffte, dann war das gesamte Projekt mit der Nanoschrift bald auch offiziell hinfällig. „Die kleinen Buchstaben“, wiederholte Glenn deswegen jetzt, als würde er sehr intensiv nachdenken. „Wie klein sind sie denn jetzt? Wie viele passen auf einen Quadratzentimeter?“ „Siebzehn!“, verkündete Hugo und strahlte dabei tatsächlich, während er begierig auf Glenns Monitor schielte. „Das heißt, du hast Fortschritte gemacht.“ „Natürlich! Aber natürlich fehlt da auch noch etwas“, nickte Hugo, während er in winzigen Schritten versuchte, dem Monitor näher zu kommen. „Aber nicht mehr viel! Wenn ich die Buchstaben erst kleiner habe, dann schaffe ich es ja bald, 100 auf der Fläche eines Streichholzkopfes unterzubringen. Und dann steht da: Glenn Single Despotts Supersonderangebot! Einmalige Chance!“ Hugo strahlte über beide Wangen. Er kniff die Augen zusammen und versuchte zu erkennen, was auf dem Bildschirm zu sehen war. Gleichzeitig sprach er weiter: „Und die Leute werden es lesen, ohne es wirklich zu bemerken. Sie werden deine Botschaften lesen, als würden sie es träumen.“ Hugo Gelbstift hüpfte fast bei seinen Worten, die Glenn schon tausendmal zuvor von ihm gehört hatte. Natürlich würde der kleine Maler es nicht schaffen, die Nanoschrift zu vervollkommnen. Aber das war egal, denn Glenns Absichten zielten sowieso in eine ganz andere Richtung. Plötzlich deutete Hugo auf den Monitor. „Ist das nicht deine Gefangene da?“ „Ja“, murmelte Glenn lässig. „Sie ist mir abgehauen. Aber hör mal …“ Glenn lächelte aufmunternd und zugleich bedrohlich. „Die Nanoschrift ist kostbar, Hugo! Steck deine ganze Kraft da rein. Stell dir vor, deine 101 kleinen Buchstaben, die du eines Tages in einem einzigen kleinen Punkt unterbringen wirst, fliegen dem Leser von selbst ins Auge. Mithilfe der Nanoschrift werden die Menschen gar nicht merken, dass sie mit Werbung gefüttert werden!“ „Ja, äh, sicher …“ Hugo wischte sich über die Augen, die ihm seit Monaten tränten. Die mikroskopische Arbeit machte ihm zu schaffen. Dann holte er rasch Luft. „Aber deine Gefangene?! Sie ist wirklich entkommen? Aus dem Moonson Tower? Weggelaufen? Einfach so? Wie geht das?“ „Sie ist eben weggerannt. Wie, weiß ich auch nicht“, sagte Glenn so leise, dass Hugo sich noch weiter vorbeugen musste, um ihn besser verstehen zu können. Jetzt machte er fast einen Knicks vor Glenn. „Aber du beobachtest sie doch! Wie kann sie da abgehauen sein?“, rief der kleine dicke Maler. Glenn lächelte. Er hatte Hugo genau da, wo er ihn haben wollte. „Sie war nicht wichtig, Hugo. Bei wirklich wichtigen Dingen würde mir so etwas nie passieren.“ Er sah Hugo in die Augen und kostete die Angst aus, die darin aufleuchtete. „Außerdem hat eine meiner automatischen Drohnen sofort die Verfolgung aufgenommen. So, wie bei jedem, der den Moonson Tower unerlaubt verlässt.“ Er blickte Hugo direkt in die Augen, der den Blick sofort senkte. „Übrigens lässt deine Mutter dich herzlich grüßen.“ Hugo erbleichte. „Meine Mutter. Ja, wo ist sie denn? Immer noch in dem Heim?“ „Natürlich“, nickte Glenn. „Im besten Heim, das es gibt. Genau, wie ich es dir versprochen habe. In guter Obhut.“ „Und wo ist das? Ich meine, wann darf ich sie dort besuchen?“ Hugo wirkte jetzt wie ein Fisch auf dem Trockenen, der um Wasser bettelte. „Natürlich wenn du mit deiner Arbeit fertig bist“, lächelte Glenn. „Das findet deine Mutter auch, erst sollst du deine Arbeit machen.“ „Findet sie das?“, rief der kleine Maler. „Das hat sie mir gestern noch gesagt, ja“, nickte Glenn sanft. „Am Telefon.“ „Und mit mir wollte sie nicht sprechen?“ Hugo klang weinerlich. Langsam und mitleidig schüttelte Glenn den Kopf. „Ich habe ihr gesagt, dass du wirklich zu beschäftigt bist. Aber sie denkt an dich!“ Glenn schenkte Hugo ein Lächeln. „Außerdem brauche ich dich jetzt hier. Hättest du Lust, dir mit mir gemeinsam anzusehen, was die kleine Celfie unternimmt? Ich dachte, sie würde uns nützlich sein können, aber in diesem Fall, tja …“ Glenn schnalzte mit der Zunge. Hugo zog sich einen zweiten Stuhl heran. „Ja, natürlich gucke ich zu. Und ich dachte schon, du hättest sie hergebracht, um mich bei der Arbeit zu überprüfen.“ „Aber Hugo!“, rief Glenn. „Die Nanoschrift kann niemand außer dir in die Welt bringen. Du bist ihr Erfinder, du hattest die Idee – du bist ihr Meister! Wie kommst du nur darauf, ich würde dich von einem kleinen Mädchen aus Farbek überprüfen lassen?“ Hugo starrte auf den Monitor. „Tja, ich, also …“ Schließlich sagte er: „Grüß bitte meine Mutter von mir, Glenn! Ja? Und … Farbek? Den Namen habe ich noch nie gehört. Auf welchem Kontinent liegt das Land eigentlich noch mal?“ Glenn hatte schon Angst gehabt, Hugo hätte das Wort Farbek überhört. Aber irgendwie musste Glenn den Maler schließlich auf das vorbereiten, was hoffentlich gleich eintreten würde. „Farbek ist ein Landstrich im hinteren Asien, in dem die Leute mit alten Giften und Tränken operieren“, erklärte er. „So gut wie unbekannt.“ „Ach so, aha, verstehe“, Hugo nickte und tat so, als ob er irgendwas verstünde. Jetzt sah Glenn Hugo fragend an. „Hast du wirklich gedacht, ich hätte sie zu deiner Kontrolle geholt?“ Der kleine Mann erstarrte. „Nein“, murmelte er untertänig. „Natürlich nicht. Ich hatte nur nicht verstanden, warum sie hier ist, und war mir etwas unsicher.“ „Darüber bin ich aber wirklich froh“, entgegnete Glenn. „Denn pass auf! Du sollst dir niemals unsicher sein. Tu einfach nur, was ich sage, und glaube daran. Was hältst du von einem kleine Spiel unter Freunden? Wir beobachten Celfie zusammen. Und wenn sie etwas Ungewöhnliches tut, darf derjenige von uns, der es zuerst bemerkt, ihr einen Streich spielen.“ „Einen Streich?“, wiederholte Hugo. „Hm, hm!“, machte Glenn. „Einen Streich. Du weißt doch, was das ist? Hugo räusperte sich. „Natürlich, Glenn. Natürlich kenne ich so was.“ „Sehr gut!“ Glenn Single Despott schob seinen Hirschlederstuhl wieder näher an den Monitor und drängte Hugo zur Seite. „Dann schauen wir jetzt mal, was...