E-Book, Deutsch, 216 Seiten
Pfenninger 1622 - Die Schlacht bei Höchst
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-347-55469-6
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Bericht aus dem 30jährigen Krieg
E-Book, Deutsch, 216 Seiten
ISBN: 978-3-347-55469-6
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der 30-jährige Krieg erscheint heutzutage sehr weit in der Vergangenheit zu liegen. Dabei hat er unser Land, von der Sprache bis zur kollektiven Psychologie, entscheidend geprägt. Die Schlacht bei Höchst im Jahre 1622 war dabei entscheidend für den weiteren Verlauf des Krieges. Basierend auf einer umfassenden Quellenrecherche werden die Ereignisse rund um die Schlacht hier zum erste Mal detailliert rekonstruiert. Das reich mit zeitgenössischen Abbildungen illustrierte Buch beschreibt aber auch leicht zugänglich die Gesellschaft und den Alltag der Menschen im 17. Jahrhundert. Vor Allem aber ist es eine spannende Geschichte von Krieg, Plünderungen und Größenwahn, aber auch von großem strategischen Geschick, persönlichem Mut und bürgerlichem Heldentum, die es wert ist, erzählt zu werden.
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Die Vorgeschichte
Die Schlacht bei Höchst wird heute als Teil des 30-jährigen Krieges begriffen, der von 1618 – 1648 dauerte. Aber am Anfang des Jahres 1622 konnten es die Menschen natürlich nicht wissen, dass der Konflikt, der als regionaler Streit in Böhmen begonnen hatte, noch so lange dauern sollte und fast das ganze Reich in den Ruin treiben würde. Begonnen hatten die bewaffneten Auseinandersetzungen im Sommer 1618, aber direkt davon betroffen waren bis dahin nur begrenzte Teile des Reiches. Zuvor hatte das Reich in der Folge des Religionsfriedens von Augsburg 1555 eine über 60-jährige Periode von relativer Stabilität und Friedlichkeit erlebt, die zu einer wirtschaftlichen Blüte führte. Im Westen des Reiches war der Krieg erst im Sommer 1620 angekommen, so dass immer noch die Hoffnung bestand, dass der Krieg bald zu Ende wäre.
Was aber war der Grund für die Auseinandersetzungen? Wie so oft in der Geschichte führte eine lange, komplexe Kette von Umständen und Ursachen zu dem Konflikt, der in der Folge zu der Schlacht bei Höchst führte. Um die Handlungen der agierenden Personen besser verstehen zu können, ist es deshalb notwendig, die Vorgeschichte zumindest zu skizzieren.
Der böhmische Aufstand
Begonnen hatte alles damit, dass die böhmischen Stände, die Vertretung des privilegierten Teils der böhmischen Bevölkerung, mit den österreichischen Habsburgern brachen und Friedrich V. Pfalzgraf bei Rhein zum König wählten. Das Königreich Böhmen war seit Jahrhunderten ein wichtiger Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Am Anfang des 17. Jahrhunderts war der böhmische Thron seit etwa einhundert Jahren mit katholischen Habsburgern besetzt. Der größte Teil der böhmischen Bevölkerung und auch des Adels hing jedoch der einen oder anderen Form des Protestantismus an. Nachdem Kaiser Matthias ab 1612 damit begonnen hatte, die von seinem Vorgänger Rudolf II 1609 gemachten Zusagen zur Religionsfreiheit nach und nach wieder zurückzunehmen, eskalierte die Situation unter seinem Nachfolger Ferdinand im Jahre 1618. Ferdinand war ein glühender Katholik – man könnte auch sagen, ein religiöser Extremist – der umgehend versuchte, eine Rekatholisierung Böhmens einzuleiten und sämtliche Privilegien wieder zu kassieren. Da dies unter Bruch ihrer verbrieften Rechte geschah, widersetzten sich die böhmischen Stände. Am 23. Mai drangen Vertreter der Stände in den Sitz der habsburgischen Verwaltung, die Prager Burg, ein und stellten die anwesenden verhassten Statthalter vor ein improvisiertes Gericht. Nach einem hitzigen Streitgespräch wurden schließlich drei habsburgische Beamte aus einem Fenster in einigen Metern Höhe geworfen. Magistrate, mit denen man nicht einverstanden war, aus Fenstern zu werfen, hatte in Prag eine gewisse Tradition. Knapp 200 Jahre zuvor war so ein Fenstersturz schon der Auslöser der ebenfalls religiös motivierten Hussitenkriege gewesen. Während damals jedoch alle Gestürzten zur Sicherheit noch erschlagen wurden, ging die Sache dieses Mal glimpflich ab. Da sich unter dem Fenster ein Misthaufen befand, kamen die Habsburger Magistrate mit dem Schrecken davon. Dass es den Aufständischen jedoch ernst gewesen war, zeigte sich daran, dass sie noch auf die Flüchtenden schossen, allerdings vergeblich.
Abbildung 1
Karte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation um 1618. Diese Karte stellt eine grobe Vereinfachung dar, in Wirklichkeit waren die territorialen Verhältnisse noch viel komplizierter. Die Gebiete, in denen ein Habsburger herrschte, sind hellgelb gehalten. Kirchliche Territorien haben eine lila Färbung. Territorien ähnlicher Färbung innerhalb der dunklen, dick markierten Reichsgrenze wurden von verschiedenen Mitgliedern verwandter Herrscher-familien gehalten, zum Beispiel die der Wittelsbacher in Grüntönen, Hohenzollern in blau, Sachsen in Rosa.
Abbildung 2
Die Territorien der sieben Kurfürsten. Die Erzbischöfe von Trier, Köln und Mainz waren selbstverständlich katholisch. Nach der Reformation waren der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der Pfalzgraf bei Rhein pro-testantisch. Die hinsichtlich der Konfession des zukünftigen Kaisers entscheidende Stimme kam also vom böhmischen König.
Durch diesen eklatanten Angriff auf die kaiserliche Autorität war jedoch der Bruch mit den Habsburgern besiegelt. Die böhmischen Stände bildeten ein dreißig-köpfiges Direktorium als Übergangsregierung, erklärten den habsburgischen Regenten für abgesetzt und begannen mit dem Aufbau einer Armee. Gleichzeitig bemühten sie sich um Unterstützung anderer protestantischer Kräfte in Europa, wie den Niederlanden, England und der protestantischen Union, ein Zusammenschluss protestantischer Reichsfürsten und skandinavischer Könige. Zur Finanzierung ihrer Pläne, begannen sie, Eigentum des katholischen Klerus zu konfiszieren; kirchliches Eigentum der jeweils anderen Konfession zu beschlagnahmen war eine bei allen Parteien beliebte Form der Geldbeschaffung. Zunächst hatten die Aufständischen auch einige militärische Erfolge, u.a. durch die vom Herzog von Savoyen finanzierte Armee des Kriegsunternehmers Ernst von Mansfelds, von dem später noch ausführlich die Rede sein wird. Der Wiener Hof reagierte zunächst planlos und konfus auf diese Entwicklungen, die darin gipfelten, dass die Böhmen Ferdinand, der nach dem Tode Kaiser Matthias im März 1619 seine Nachfolge zunächst als König von Böhmen antrat, nicht anerkannten. Im Sommer 1619 verabschiedeten die Stände eine neue Verfassung für Böhmen, die ein Wahlkönigtum vorsahen. Ob sie dies im Rahmen der Reichsverfassung durften, war umstritten; auf jeden Fall schäumte Ferdinand. Kurz darauf wählten die Stände den mit 26 Jahren noch sehr jungen Kurfürst Friedrich von der Pfalz zum König.
Das war aus mehreren Gründen eine folgenschwere Entscheidung. Die Kurpfalz war zwar eine der politisch bedeutendsten weltlichen Herrschaften des Reiches und seit der Reformation eine der führenden protestantischen Mächte. Allerdings blieb das wirtschaftliche und militärische Potential der Kurpfalz angesichts des zersplitterten, mehrfach geteilten Territoriums deutlich hinter anderen Herrschaften wie beispielsweise Sachsen oder Bayern zurück. Das böhmische Direktorium versprach sich trotzdem von dieser Wahl die Unterstützung insbesondere des protestantischen Englands, denn Friedrich war mit Elisabeth Stuart, der einzigen Tochter des gleichzeitig englischen, schottischen und irischen Königs Jacob I verheiratet. Aber auch mit der Unterstützung des ebenfalls calvinistischen Statthalters der Niederlande, Moritz von Oranien und des Königs von Dänemarks wurde gerechnet. Trotzdem war Friedrich nur zweite Wahl, denn zuvor hatte der mächtige lutheranische Kurfürst Johann Georg I von Sachsen das böhmische Angebot dankend abgelehnt, was sich im Nachhinein als weise Entscheidung herausstellte. Dazu war Friedrich ein überzeugter Calvinist und gehörte damit zu einer radikaleren Ausprägung des Protestantismus, der die meisten Lutheraner im Reich und selbst seine eigenen Untertanen mit Skepsis und Ablehnung begegneten.
Am schwerwiegendsten war jedoch, dass mit dieser Wahl die Vorherrschaft der Habsburger im Reich ernsthaft bedroht war. Diesem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehörten Anfang des 17. Jahrhunderts mehrere Dutzend Fürsten-, Herzogtümer und sogar Königreiche an, die zwar praktisch selbständig waren, aber den Kaiser als Reichsoberhaupt anerkannten. Es erstreckte sich von Holstein bis nach Norditalien und von Flandern bis in die heutige Slowakei. Es umfasste damit neben dem größten Teil des deutschen Sprachgebiets auch französische, italienische, tschechische, polnische und einige andere Sprachgebiete. Das Reich war ein Verbund von Herrschaften, welche die Reichgesetze, die Reichsgerichtsbarkeit und die Beschlüsse des Reichstags anerkannten, an denen sie zum Teil durch die Königswahl, die Reichstage und andere ständische Vertretungen gleichzeitig beteiligt waren. Da das Reich auch für eine gewisse Vereinheitlichung der Währungen sorgte, war es der EU in mancher Hinsicht nicht unähnlich. Das Kollegium der Kurfürsten hatte in dieser Verfassung die Aufgabe, den König des Reiches zu wählen, der damit seit 1508 auch automatisch den Kaisertitel beanspruchte. Es bestand aus sieben Mitgliedern, so dass es kein Patt geben konnte. Seit 1592 fanden die Wahl und Krönung in Frankfurt am Main statt. Drei der Kurfürsten waren die katholischen Erzbischöfe der Bistümer Mainz, Köln und Trier. Drei weitere Kurfürsten waren weltlich und seit der Reformation protestantisch: der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg. Die entscheidende Stimme fiel dadurch dem letzten Kurfürsten, dem König von Böhmen, zu.
Da die streng katholischen Habsburger...




