E-Book, Deutsch, 226 Seiten
Reihe: Narr Studienbücher
Ein Arbeitsbuch
E-Book, Deutsch, 226 Seiten
Reihe: Narr Studienbücher
ISBN: 978-3-8233-0281-0
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Prof. Dr. Karin Pittner und Dr. Judith Berman lehren Linguistik am Germanistischen Institut der Ruhr-Universität Bochum mit einem Schwerpunkt auf Syntax und Morphologie sowie aktuellen Entwicklungen im heutigen Deutsch.
Autoren/Hrsg.
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2.1 Wortarten
Zunächst aber zu den Wortarten. Aufgrund ihrer Eigenschaften ist es uns z.B. möglich, die unbekannten Wörter in folgendem Satz aus einem Nonsense-Text bestimmten Wortarten zuzuordnen. (1) Der Benziplauk prümst das Wenzipül. Benziplauk und Wenzipül können aufgrund ihrer Position im Satz als Substantive identifiziert werden, denn sie erscheinen nach einem Artikel, was eine für Substantive typische Position ist. Man könnte an dieser Stelle im Satz andere zur Klasse der Substantive gehörige Wörter einsetzen. Hier haben wir ein distributionelles Kriterium zur Identifizierung eingesetzt. Unter der Distribution eines Elements versteht man die Positionen im Satz, in denen ein Element auftreten kann. Auch das Wort prümst lässt sich aufgrund seiner Position im Satz einer Wortart, nämlich den Verben, zuordnen. Hier kommt allerdings noch ein weiteres Merkmal hinzu: -t ist als Flexionsendung eines Verbs erkennbar. Hier haben wir also ein morphologisches Kriterium für die Zuordnung zu einer Wortart. Wörter können also aufgrund von zweierlei Kriterien Wortarten zugeordnet werden, nämlich syntaktisch-distributionellen und morphologischen Kriterien. Semantische Kriterien spielen dagegen eher eine untergeordnete Rolle. Dies liegt zum einen daran, dass es sehr schwer ist, eine gemeinsame Semantik z.B. für alle Substantive oder alle Verben zu definieren, die nicht wegen ihrer Allgemeinheit eine bloße Leerformel ist. Zum anderen sind natürlich morphologische und distributionelle Eigenschaften leichter zu beobachten und zu überprüfen als semantische. Bei dem folgenden Überblick über die Wortarten werden daher vor allem die ersten beiden Kriterien berücksichtigt. Anhand morphologischer Eigenschaften lassen sich Wörter zunächst in flektierbare (veränderbare) und unflektierbare (unveränderbare) einteilen. Bei den flektierbaren ergeben sich anhand der Flexion wieder zwei Gruppen, nämlich deklinierbare und konjugierbare Wörter. Nach morphologischen Kriterien erhalten wir also die in Abbildung 1 dargestellte Klassifikation: Einteilung in Wortarten nach morphologischen Kriterien Deklinierbar sind alle Wörter, die Kasus-, Genus- und Numerusmarkierungen tragen können. Dazu gehören Substantive, Adjektive, Pronomen und Artikel, die im Deutschen folgende Merkmale aufweisen können: Kasus: Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ Numerus: Singular, Plural Genus: Maskulinum, Femininum, Neutrum Konjugierbar sind alle Wörter, die Person-, Numerus-, Tempus-, Modus- und Genus verbi-Kennzeichnungen tragen können. Die konjugierbaren Wörter sind alle Verben. Verben können im Deutschen folgende Merkmale tragen: Person: 1., 2., 3. Numerus: Singular, Plural Tempus: Präsens, Präteritum, Perfekt, Plusquamperfekt, Futur I und II Modus: Indikativ, Konjunktiv, Imperativ Genus verbi: Aktiv, Passiv Verbformen, die Person- und Numerusmarkierungen tragen, sind finite Verbformen. Partizipien und Infinitivformen fehlen diese Merkmale, sie stellen infinite Verbformen dar. 2.1.1 Deklinierbare Wortarten
Für eine weitere Unterteilung der deklinierbaren Wörter müssen nun vor allem distributionelle Kriterien herangezogen werden. 2.1.1.1 Substantive Substantive (auch: Nomina) unterscheiden sich von allen anderen deklinierbaren Wortarten dadurch, dass ihr Genus unveränderlich ist. Sie treten in der Regel zusammen mit einem Artikel oder Pronomen auf, die die Referenz des Substantivs festlegen. Man kann unterscheiden zwischen Appellativa (Gattungsnamen): Löwe, Kind, Vase, Tisch, … Stoffsubstantiven: Sie bezeichnen Mengen, die ihrer Natur nach nicht zählbar sind: z.B. Mehl, Reis, Holz, … Abstrakta: bezeichnen Nicht-Gegenständliches wie Liebe, Hass, Hoffnung, Tod, Freiheit, … Eigennamen: z.B. Peter, Eva, Struppi, Meier, … Diese Klassen von Substantiven verhalten sich in Bezug auf das Auftreten eines Artikels unterschiedlich. Stoffsubstantive, Abstrakta und Eigennamen können oft ohne Artikel stehen. Bei einigen Substantiven treten Genusschwankungen auf: der/das Teller, die/der Butter, der/das Radio (dialektale bzw. regionale Variation) Der Genuswechsel kann mit einer Bedeutungsveränderung verbunden sein: der/das Band, die/das Steuer, der/das Tor. Nicht alle Substantive können Pluralformen bilden, manche treten nur im Singular auf, wie bestimmte Stoffsubstantive (z.B. Reis, Mehl, Sand), Eigennamen und manche Abstrakta (z.B. Hass, Wut, Eifersucht). Umgekehrt können einige Substantive nur im Plural erscheinen (z.B. Geschwister, Alpen). 2.1.1.2 Adjektive Adjektive sind größtenteils komparierbar, d.h. zu ihnen können ein Komparativ und ein Superlativ gebildet werden (z.B. groß – größer – am größten). Adjektive sind deklinierbare Wörter, die zwischen Artikel und Substantiv stehen (attributive Verwendung) und als Teil des Prädikats zusammen mit einem Kopulaverb auftreten (prädikative Verwendung). Bei prädikativer Verwendung bleibt das Adjektiv stets unflektiert. der gute Wein – der Wein ist gut Bestimmte Adjektive sind auf eine dieser beiden Verwendungsweisen festgelegt: der gestrige Tag – *der Tag ist gestrig (nur attributiv) die Freunde sind quitt – *die quitten Freunde (nur prädikativ) Die Adjektive, die nur prädikativ auftreten können, sind stets unflektiert und können daher streng genommen gar nicht zu den deklinierbaren Wörtern gerechnet werden. Engel (2004:421f.) bezeichnet sie als „Kopulapartikel“. Neben ihrer attributiven und prädikativen Verwendungsweise lassen viele Adjektive auch eine adverbiale Verwendungsweise zu: der Wein schmeckt gut, er fühlt sich schlecht In dieser Verwendungsweise bleiben Adjektive stets unflektiert. 2.1.1.3 Artikel Artikel treten stets zusammen mit einem Substantiv auf. Zwischen Artikel und Substantiv können nur Adjektive und ihre Erweiterungen treten. Die Funktion der Artikel ist es, die Referenz des Substantivs festzulegen. Man unterscheidet den bestimmten (der, die, das etc.) und den unbestimmten Artikel (ein, eine etc.), der im Plural entfällt. Der bestimmte Artikel kennzeichnet eindeutig identifizierbare Größen, die häufig im situativen oder sprachlichen Kontext präsent sind. Der unbestimmte Artikel kennzeichnet dagegen (noch) nicht eindeutig identifizierte Größen. Häufig lässt sich auch der Kasus nicht am Nomen, sondern nur am Artikel erkennen. 2.1.1.4 Pronomen Pronomen treten entweder anstelle eines Artikels auf, z.B. dieses Buch (Demonstrativpronomen) oder sie stehen anstelle von Artikel + Substantiv: sein Kind – es, der Mann – er (Personalpronomen). Eine Reihe von Pronomen können sowohl in Artikelposition wie auch anstelle von Artikel + Substantiv auftreten: Das ist mein Buch/meines. Die Unterscheidung von Artikel und Pronomen ist schwierig, manche Grammatiken fassen sie in einer Klasse zusammen (etwa als „Stellvertreter und Begleiter des Nomens“). Die Grammatiken, die eine Unterscheidung machen, legen unterschiedliche Kriterien zugrunde. Darüber hinaus lassen sich die Artikel und die artikelartigen Pronomen zu einer Klasse zusammenfassen, den sog. Determinatoren (da sie die Referenz des...