Popescu | Ewig und eins | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Popescu Ewig und eins

Roman
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-492-97020-4
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)

Roman

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-492-97020-4
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Sie dachten, ihre Freundschaft wäre für immer. Doch dann kam das Leben. Nach sieben Jahren Funkstille sehen sich Ben, Jasper und Ella auf einem Klassentreffen wieder. Als die Feierlichkeiten zu Ende gehen, beschließen die drei, noch weiter zusammen um die Häuser zu ziehen. Wie damals. Nur für eine Nacht. Doch noch immer sind viele Fragen offen, und je später es wird, desto schneller schlägt Ellas Herz - bis ein paar über die Jahre hinweg gerettete Worte es brechen lassen. Vielleicht für immer.

Adriana Popescu, 1980 in München geboren, arbeitete als Drehbuchautorin für das Deutsche Fernsehen, bevor sie als freie Redakteurin für verschiedene Zeitschriften und schließlich als Autorin für mehrere renommierte Buchverlage Romane schrieb. Sie lebt mit großer Begeisterung in Stuttgart.

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Comeback
Manchmal habe ich Angst, dass wir eines Tages nur noch eine Erinnerung sind und langsam verblassen. »Wow! Du hast die beiden also ewig nicht mehr gesehen?« Für meinen Geschmack schaut Kerstin, die 20-jährige Studentin am Steuer, etwas zu selten auf die Straße vor sich. Immerhin befinden wir uns auf einer dreispurigen Autobahn und fahren entspannte 220 Stundenkilometer, und wenn wir schon dabei sind: Sie sollte sich auch anschnallen und den Schulterblick beim erneuten Einfädeln zumindest antäuschen. Okay, sie könnte auch mal den Blinker setzen. Gerne nur, wenn sie die Spur wechseln, überholen oder abbiegen will. »Ja. Sieben Jahre. Eine gefühlte Ewigkeit.« »So alt siehst du gar nicht aus.« In ihrer Überraschung reißt Kerstin das Lenkrad nach rechts und zwängt sich somit – vermutlich ungewollt – zwischen einen LKW und einen Kombi, dessen Fahrer wütend gestikuliert, was ich im Rückspiegel erkenne. Das würde Kerstin auch, wenn sie den Rückspiegel so einstellen würde, dass sie zur Abwechslung mal sieht, was hinter uns passiert. Vielleicht würde sie ihn dann sogar auch mal in Gebrauch nehmen. Tut sie aber nicht. Also lasse ich mich etwas tiefer in den Sitz ihres roten VW Golf GTI sinken und bete schnell noch mal zu einer höheren Macht, irgendeiner Gottheit – oder wer auch immer für das Überleben im Straßenverkehr zuständig ist. Wenigstens drängelt sie, seit wir uns über mein anstehendes Abiturtreffen unterhalten, keine BMWs mehr von der linken Spur. Ein echter Lichtblick, wenn ich nicht lesen könnte, dass der LKW vor uns im November zum TÜV muss. »Aber … trifft man sich normal nicht nach fünf Jahren oder zehn oder so?« Kerstin sieht mich ernsthaft irritiert an, ohne auch nur eine Schrecksekunde an Massenkarambolagen oder unsere Sterblichkeit zu denken. »Ja, eigentlich sollte es unser Fünfjähriges werden, aber die Chaoten, die für die Planung zuständig waren, haben ziemlich lange dafür gebraucht. E-Mail-Verteiler aktualisieren, perfekten Termin finden, keine Schulferien erwischen, Geburtstermine abwarten … Solche Dinge.« Das nächste Autobahnschild lässt mich kurz aufatmen: »Stuttgart 80 km«. Ich habe es fast überlebt. »Und ihr hattet gar keinen Kontakt? Nicht mal über Facebook?« Kerstin starrt mich noch immer ungläubig von der Seite an, während sie links ausschert, um den LKW doch noch zu überholen – natürlich ohne dabei auch nur einen Blick auf die Fahrbahn zu werfen. Wie um alles in der Welt macht sie das nur? »Nein, nicht mal über Facebook.« Dort sind wir zwar noch befreundet, aber unser »Kontakt« beschränkt sich seit Jahren darauf, dass ich ab und an schaue, was sie gepostet haben. Ben wohnt alle drei Monate in einer anderen Stadt und hält sich mit kleineren Jobs bei Filmproduktionsfirmen über Wasser, und Jasper bereist die ganze Welt, wo er bei Vernissagen seine Gemälde bestaunen lässt. Er hat es von uns dreien am weitesten gebracht. Momentan wohnt er in Kapstadt, soweit ich weiß. Ich versuche, nicht zu oft auf ihren Profilen herumzulungern, weil ich die beiden dann noch viel mehr vermisse und mich frage, wie es nur dazu kommen konnte, dass wir gar keinen Kontakt mehr haben. Wir! Ausgerechnet wir. »Das ist krass. Meine Freunde von damals und ich, wir sind noch voll tight.« Süß, wie sie »von damals« betont und es so klingen lässt, als würde zwischen ihrem Abitur und dem heutigen Tag mindestens ein Menschenleben liegen. Dabei klebt auf der Heckscheibe noch immer ein großes, ausgeblichenes »Abi 2013« von letztem Jahr. Irgendwie niedlich – und irgendwie saublöd. Jetzt fühle ich mich alt, dabei bin ich noch nicht mal 30. Noch lange nicht! »Und das wird sich auch niemals ändern, echt jetzt.« Fast empört blickt Kerstin endlich wieder durch die Frontscheibe. »Wir bleiben immer Freunde. Immer.« Dann tritt sie das Gaspedal noch etwas mehr durch. Wie schnell kann so ein GTI überhaupt fahren? Hat er auf beiden Seiten Airbags? Und vor allem: Habe ich meinen Organspendeausweis eingepackt? »Best friends forever.« Inzwischen spricht sie nur noch mit sich selbst und murmelt alle zwei Kilometer freundschaftserhaltende Mantras vor sich hin. Zumindest sieht sie mich jetzt nicht mehr so an, als wäre ich aus einem anderen Jahrhundert in ihrem Wagen gelandet. Danke, liebe Mitfahrzentrale, für dieses Abenteuer! Ich lehne meinen Kopf an die kühle Fensterscheibe und betrachte die Sommerlandschaft, die viel zu schnell an uns vorbeizieht. So wie mein Leben. Sieben Jahre nach dem Abi komme ich also tatsächlich wieder nach Hause. Zurück in die Stadt, die ich wie meine Westentasche kenne, in der ich aufgewachsen bin und einmal glücklich war – und eine kleine Berühmtheit. Okay, man hat mich nicht auf der Straße erkannt und um ein Autogramm gebeten. Dafür gibt es einfach zu wenige Leute, die sich für Ballett begeistern. Meine Eltern haben trotzdem einen ganzen Ordner voll mit Zeitungsberichten über mich gesammelt. Ich habe es geliebt zu tanzen, und ich war auch gut darin. Seit ich fünf Jahre alt war, habe ich Ballettunterricht genommen, und als ich dann mit sieben an der renommierten Stuttgarter John-Cranko-Ballettschule aufgenommen wurde, konnte ich mein Glück kaum fassen. Vormittags saß ich ganz normal in der Schule, nachmittags hat meine Mutter mich in die Innenstadt gefahren, wo meine musikalische und rhythmische Begabung gefördert wurde – am Ende sechs Mal in der Woche. Ich war die jüngste Tänzerin, die jemals bei einer der großen Cranko-Produktionen im Opernhaus Stuttgart die Julia in »Romeo und Julia« von Sergej Prokofjew tanzen durfte, vor ausverkauftem Haus. Alle waren sich damals sicher: Aus der kleinen Ella Klippenbach wird mal was ganz Großes! Die erobert die Herzen und Bühnen der Welt im Sturm! Kurz schließe ich die Augen. Die Musik des Orchesters setzt ein. Der Vorhang geht langsam auf, und der Zuschauerraum liegt dunkel vor der hell erleuchteten Bühne. Dennoch meine ich, in den Augen der Zuschauer in den ersten Reihen wachsende Bewunderung zu erkennen, als ich beginne, mich zu bewegen, während ich loslasse und das tue, was als Bestimmung durch meine Adern fließt. Die tiefe Leidenschaft, die durch meinen Körper strömt und mich antreibt. Weiter, immer weiter, immer höher lasse ich mich von den Melodien tragen, bis alles um mich herum verschwindet. Ich tanze. Mein Körper wird eins mit der Musik, und erst als der letzte Ton verhallt ist, komme ich wieder zu mir. Dann bricht die Begeisterung in einem lauten Applaus über mich herein. Nicht nur für mich. Für alles: die Musik, die Choreografie, das Bühnenbild, die Kostüme … Der Applaus für das große Ganze. Plötzlich spüre ich, wie sich etwas tief in mir schmerzhaft zusammenzieht. Damals schien alles möglich, heute … kehre ich zum ersten Mal zurück, in meine schwäbische Heimat, wo alles angefangen hat, wo ich einmal glücklich war – wo ich nie wieder hinwollte, weil inzwischen alles vorbei ist. Für immer. So hatte ich mir vor sieben Jahren meine Rückkehr jedenfalls nicht vorgestellt. Ich komme weder mit dem Flugzeug aus dem Ausland noch mit einer großen Limousine. Ich komme nicht mal mit dem Zug, weil sogar das zu teuer geworden wäre. Nein, ich komme mit dem Auto, allerdings nicht mit meinem eigenen – denn ich habe keinen Wagen –, sondern mit einer geschwindigkeitsbesessenen Studentin, die von Stuttgart weiter an den Bodensee zu einem Musikfestival mit »richtig guten DJs und so« fahren wird. Ich komme als Touristin in meine Heimat, und ich mache mir keine Hoffnungen: Ich werde hier mein altes Leben nicht wiederfinden. Ich komme nur als Besucherin, die sich ein paar alte Erinnerungen gönnt, und dann, bevor das Wochenende vorbei ist, wieder in den Norden verschwindet. Zurück nach Hamburg an die Staatsoper, wo ich nicht auf der Bühne stehe, sondern Reisegruppen durch das Haus an der Dammtorstraße führe. Hamburg, das »Tor zur Welt«, ist schon etwas anderes als diese Kesselstadt, die außer Weinbergen und einem Fernsehturm nicht viel zu bieten hat. Das behaupte ich zumindest im Norden, wo man den Süden nicht besonders mag. Ist klar. Also habe ich versucht, mich anzupassen, und behaupte immer wieder: »Stuttgart? Ach was, fehlt mir gar nicht. Wieso auch? Hat ja nicht mal das Meer.« Die Wahrheit ist eine andere: Ich vermisse Stuttgart! Mir fehlen die vertrauten Gerüche und Geräusche, die Stuttgarter Luft, das Leben hier, das Gefühl, wirklich zu Hause zu sein. Das alles habe ich zurückgelassen. Und noch so viel mehr. Sofort blitzt Bens Lachen und das Leuchten seiner grünen Augen in meinem Kopf auf. Ich sehe, wie er und Jasper sich nach einem Tor johlend in die Arme fallen – im VfB-Trikot in der Cannstatter-Kurve. Dann spüre ich, wie er meine Hand nimmt, mich zu sich zieht, mich anlächelt und küsst, während um uns herum Tausende Menschen jubeln. Mein Herz hat gerade spontan an Gewicht zugenommen und hängt jetzt etwas tiefer in meinem Brustkorb. Es ist immer schwer, an die beiden zu denken. Sie fehlen mir. Ich hätte nicht gedacht, dass das letzte Gespräch zwischen Ben und mir – am Flughafen in New...


Popescu, Adriana
Adriana Popescu, 1980 in München geboren, arbeitete als Drehbuchautorin für das Deutsche Fernsehen, bevor sie als freie Redakteurin für verschiedene Zeitschriften und schließlich als Autorin für mehrere renommierte Buchverlage Romane schrieb. Sie lebt mit großer Begeisterung in Stuttgart.

Adriana Popescu, 1980 in München geboren, arbeitete als Drehbuchautorin für das Deutsche Fernsehen, bevor sie als freie Autorin für verschiedene Zeitungen, Zeitschriften, Online-Portale und City-Blogs schrieb. Wenn Adriana Popescu nicht an ihren Texten arbeitet, widmet sie sich der Fotografie oder singt (viel zu laut und falsch) Lieder im Radio mit. Ihre als E-Books selbstverlegten Romane sind große Überraschungserfolge. »Ewig und eins« ist ihr vierter bei Piper verlegter Roman.



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