Popescu | Versehentlich verliebt | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Popescu Versehentlich verliebt

Roman
14001. Auflage 2014
ISBN: 978-3-492-96816-4
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-492-96816-4
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Auf dem Weg nach Berlin bleibt die Reisebuchlektorin Pippa am Stuttgarter Flughafen hängen - und das ausgerechnet über die Feiertage! In der überfüllten Wartehalle lernt sie den ebenfalls gestrandeten Lukas aus Hamburg kennen, und schon bald erwärmt sein frecher Charme ihr chronisch gebrochenes Herz. Dann passiert es: Bevor Pippa es verhindern kann, hat sie sich versehentlich verliebt. Doch wohin geht die Reise für die beiden? Heute noch? Oder erst morgen? Denn der nächste Abflug kommt bestimmt ...

Adriana Popescu, 1980 in München geboren, arbeitete als Drehbuchautorin für das Deutsche Fernsehen, bevor sie als freie Redakteurin für verschiedene Zeitschriften und schließlich als Autorin für mehrere renommierte Buchverlage Romane schrieb. Sie lebt mit großer Begeisterung in Stuttgart.
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Schnee, so weit das Auge reicht. Als hätte sich die Stadt eine weiße Daunendecke über den Kopf gezogen. Nur die Lichter, die wie Sterne in den Abend hineinfunkeln, lassen darauf schließen, dass dieser Teil der Welt noch bevölkert ist.

I’m dreaming of a white Christmas … Schön und gut, aber ich heiße nicht Bing Crosby und träume auch nicht von weißen Weihnachten. Ich träume ohnehin sehr selten und wenn, dann kann ich mich kaum an den Traum und die wirren Zusammenhänge erinnern. Eigentlich nie. Selbst als meine beste Freundin mir einen Traumfänger aus ihrem USA-Urlaub mitgebracht hat, stellte sich keine Besserung ein. Können wir traumlosen Schläfer uns also nicht von solchen Songs distanzieren?

Ich gebe es in der Öffentlichkeit zwar nicht zu, aber ich bin eher so ein »Last Christmas«-Typ. Ich denke lieber an letztes Jahr zurück und wundere mich darüber, welchen Typen ich da im Vollsuff geküsst habe, weil mir klar wurde, dass Benny nicht unter dem Weihnachtsbaum liegen würde. Ich trinke nämlich genauso selten wie ich träume, also fast nie. Deswegen fiel mir die Einschätzung auch ungemein schwer, wie viel von dem Cuba Libre wohl zu viel sein würde. Das ist, als ob man mich fragt: »Schätze doch mal, wie alt ich bin.« Da habe ich eine Trefferquote von 100Prozent – und zwar für eine Blamage! Manche Partner meiner engsten Freundinnen haben schon wochenlang kein Wort mehr mit mir gesprochen, weil die vorsichtige Antwort »42?« ungefähr zwölf Jahre am richtigen Ergebnis vorbeiging. Ich kann auch Entfernungen nicht besonders gut schätzen. Das erklärt, wieso ich mich bei den Bundesjugendspielen um mindestens zwei Ehrenurkunden betrogen fühle. »Das müssen einfach mehr als 15Meter gewesen sein.« Von meinem Standpunkt aus flog der Ball damals mindestens 30Meter weit! Würde ich jetzt mal schätzen.

Aber ausgerechnet jetzt, da ich schätze, dass ich heute keine große Chance mehr auf einen Flieger nach Berlin habe, ausgerechnet jetzt, da meine gesamte Familie dort auf mich und meine Geschenke wartet, scheint sich das Blatt zu wenden und ich werde zu einer grandiosen Schätzerin. Vielen Dank auch, liebes Schicksal. Manchmal wünschte ich wirklich, mein Schicksalsbeauftragter hätte eine E-Mail-Adresse, damit ich meine Beschwerden direkt an ihn senden könnte. Wieso schätze ich meinen Kontostand am Ende des Monats nie richtig ein? Dann muss ich wieder das Notfall-Sparschwein plündern, um dem Sushi-Lieferanten den Betrag bar auszuzahlen, weil mein Konto mal wieder überzogen ist. Ich schätze, mein Schicksalsbeauftragter macht das einfach gerne mit mir. Vermutlich wollte er mal Drehbuchautor für eine mittelmäßige deutsche Soap werden – und jetzt tobt er sich eben in meinem Leben aus. Schönen Dank!

Als meine Mutter mir vor zwei Monaten eröffnet hat, dass sogar mein Bruder wieder mit seiner Frau – ich nenne sie liebevoll »das Tier« – nach Berlin kommen würde, habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als an Weihnachten einfach krank im Bett zu liegen und eine geniale Ausrede für meine Absage zu haben, aber man gewöhnt sich ja schließlich an alles, sogar an die hoch ansteckende Weihnachtsstimmung überall. Startschuss sind dabei die ersten Nikoläuse und Lebkuchen in den Supermärkten so kurz nach Ostern. Außerdem kommt mit dem Duft nach frisch gefallenem Schnee, süßem Glühwein und heißen Maroni auch die Erinnerung an das Highlight jedes Weihnachtsabends zurück: der Rehbraten meiner Mutter, das beste Festessen der Welt. So habe ich mich irgendwann also doch mit dem Gedanken abgefunden, neben der Frau mit der Figur eines Profiboxers zu sitzen und mir derbe Witze samt fester Schläge auf den Rücken antun zu müssen – und zwar immer dann, wenn sie einen ihrer Witze übermäßig gut findet. Also immer. Was aber viel schlimmer ist: Ganz nebenbei verschwindet auch noch der Löwenanteil des guten Rehbratens, den meine Mutter mit viel Liebe zubereitet hat, auf ihrem Teller. Vor einigen Jahren wusste sie nicht einmal, dass man Rehe essen kann, und zeigte ernsthaft beunruhigende Wissenslücken im Fachbereich Biologie auf: »Rehe …«, ich zitiere sie hier wörtlich, »… das sind doch diese Pferde mit Geweih«. Der niedliche Versuch meines Bruders, es am Beispiel von Bambi etwas zu verdeutlichen, scheiterte kläglich.

Wie dem auch sei, jetzt stehe ich jedenfalls am Weihnachtsnachmittag hier auf dem Stuttgarter Flughafen und wünsche mir nichts sehnlicher, als bei meiner Familie zu sein. Aber daraus wird wohl nichts. Könnte ich jetzt vielleicht doch lieber die Telefonnummer meines Schicksalsbeauftragten haben? Dem würde ich nämlich mal meine Meinung ins Ohr schreien und dann um einiges entspannter wieder auflegen. Wobei … Bei meinem Glück würde ich stattdessen wahrscheinlich über eine Dreiviertelstunde in der Warteschleife und bei Musik von Helene Fischer hängen bleiben.

Ich hatte schon ein mieses Gefühl, als mein Chef vor zwei Wochen in mein Büro gestürmt kam und mir mitteilte, dass ich diesmal die Delegation aus China zu einer Stadtrundfahrt durch Stuttgart begrüßen dürfe. Freiburg wäre ja noch okay gewesen, aber nein, da die Verlagszentrale in Stuttgart sitzt, wurde die ganze Aktion in die Landeshauptstadt verlegt. Ich kenne mich in Stuttgart nicht besonders gut aus, aber den Weihnachtsmarkt am Schlossplatz würde sogar ich finden.

»Pippa, es wird Zeit, Ihnen endlich mehr zuzutrauen!«

Pippa, das bin ich: Philippa Wunsch, neunundzwanzig Jahre alt, Redakteurin für Reiseführer. Ich arbeite seit vier Jahren für die deutsche Zweigstelle einer chinesischen Verlagsgruppe und noch nie durfte ich irgendeine Aufgabe übernehmen, die den Besuch von unseren Arbeitgebern betraf. Für gewöhnlich wurde mein Kollege Hannes geschickt, der kein Wort Chinesisch spricht und dessen Englisch in etwa so gut ist wie mein Schätzvermögen. Ich nehme an, ich habe mich klar ausgedrückt. Dafür hat Hannes seit einem halben Jahr eine neue Freundin und die ist, wie sollte es auch anders sein, die Liebe seines Lebens. Dieses Weihnachten feiern sie in der Sonne, an einem weißen Strand mit kristallklarem Wasser und einem exotischen Cocktail direkt aus einer Kokosnuss.

»Alle anderen haben ja Familie oder Partner«, fuhr mein Chef fort, als er von mir keine spontanen Widerworte zu hören bekam. »Die können an Weihnachten nicht weg, aber ich dachte, Sie als Single machen das bestimmt gerne.«

Er musste mich ja nicht bei jeder Gelegenheit an meinen Familienstand – ledig – erinnern, ich wusste auch so, dass Benny nicht mehr da war. Also bin ich, die auserwählte »Single-Dame ohne feste Bindung, Kinder oder Haustiere«, mit dem Zug von Freiburg nach Stuttgart gefahren, wo ich die Herrschaften aus Fernost zwei Tage lang durch die liebevoll geschmückte Schwabenmetropole geleitete und dabei viel Lob und sogar Anerkennung abbekam.

Während die chinesischen Anzugträger allerdings schon heute Morgen abgereist sind und inzwischen sicherlich bereits in London die Weihnachtsmärkte unsicher machen, sitze ich hier in Stuttgart fest, seit Stunden, und die Flocken vor den großen Glasfenstern werden immer größer und dicker. So sieht es also aus, wenn Frau Holle mal zeigt, was sie so kann. Offenbar hat sie heute einen extrem großzügigen Tag, was Schneeflocken angeht, denn nichts geht mehr, zumindest wird das hier gemunkelt, und auch meine Frage, ob ich vielleicht mit dem Zug nach Freiburg in meine kuschelige Einzimmerwohnung kommen könnte, wurde von einer unfreundlichen Dame am Flugschalter mit dieser Auskunft beantwortet: »Auf den Schienen sieht es noch schlimmer aus.«

Also sitze ich hier auf meiner Reisetasche in der Wartehalle, weil Bing Crosby einer überambitionierten Frau Holle die Flausen in den Kopf gesetzt hat, dass wir alle von weißen Weihnachten träumen und es daher an einem Tag wie diesem schneien muss. Wenn ich ein paar ungestörte Minuten mit Frau Holle hätte, würde ich gerne mal ein paar Worte mit ihr wechseln. So von Single-Frau zu Single-Frau. Bei einem Glas Glühwein würde ich sie dann davon überzeugen, dass es Zeit wird, in Rente zu gehen oder uns ausgerechnet an den Reisetagen um Weihnachten herum eine kleine Pause gönnen könnte. Denn mal ehrlich: Schneeweiße Weihnachten sind doch vollkommen überbewertet. Die Leute in wärmeren Gefilden können doch auch sehr gut darauf verzichten. Wie viele Menschen wohl auf den Kontinenten der südlichen Hemisphäre leben? Ich schätze mal, so … Nein, besser nicht, aber es sind bestimmt viele und die feiern alle am Strand in kurzen Hosen und mit einem kühlen Bier in der Hand. Wie um alles in der Welt kann dann ein Song über Schnee an Weihnachten ein Welthit werden?

Wenigstens teile ich das tragische Schicksal, hier für eine hoffentlich sehr kleine Weile festzusitzen, mit einer ganzen Menge anderer Menschen. Zahllose Gestrandete bevölkern die Wartehalle, fluchen und schimpfen, ebenso wie ich. Hektisch ziehen Familien von einem Schalter zum nächsten, Kinder weinen, Paare streiten sich, Manager versuchen die Flugbegleiterinnen abzuchecken. Fast alles wie immer, wäre da nicht die weiße Daunendecke, die uns alle am Weiterkommen hindert.

Ich sitze ruhig auf meiner großen Reisetasche, während mein Blick auf die Anzeigetafel über unseren Köpfen geheftet ist, aber es verändert sich nichts. Noch gebe ich allerdings die Hoffnung auf ein kleines Weihnachtswunder nicht auf. Selten habe ich mir so sehr gewünscht, ein Jedi-Ritter zu sein. Für alle, die mich jetzt auslachen wollen, sei gesagt: In Neuseeland haben sich 70000 Menschen zum Jediismus bekannt. Dort ist es inzwischen als Religion anerkannt. Ha! Da könnte die Macht jetzt doch auch mit mir sein. Konzentriert starre ich auf die...


Popescu, Adriana
Adriana Popescu, 1980 in München geboren, arbeitete als Drehbuchautorin für das Deutsche Fernsehen, bevor sie als freie Redakteurin für verschiedene Zeitschriften und schließlich als Autorin für mehrere renommierte Buchverlage Romane schrieb. Sie lebt mit großer Begeisterung in Stuttgart.

Adriana Popescu, 1980 in München geboren, arbeitete als Drehbuchautorin für das Deutsche Fernsehen, bevor sie als freie Autorin für verschiedene Zeitungen, Zeitschriften, Online-Portale und City-Blogs zu schreiben begann. Wenn Adriana Popescu nicht schreibt, widmet sie sich der Fotografie oder singt (viel zu laut und falsch) Lieder im Radio mit. »Versehentlich verliebt« ist einer der größten E-Book-Überraschungserfolge und nach »Lieblingsmomente« und »Lieblingsgefühle« ihr dritter bei Piper verlegter Roman.



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